Ein Leitfaden zur SAP S/4HANA-Migration

Die Implementierung von S/4HANA birgt Risiken – bietet aber auch Chancen. Wir geben Ihnen Informationen und Best Practices, die den Migrationserfolg sicherstellen.

SAP ist 2022 50 Jahre alt geworden – doch der Pionier für Unternehmenssoftware hat nur kurz zurückgeblickt. Der Fokus ist auf die Zukunft gerichtet. Der Konzern treibt die Einführung seiner ERP-Plattform der nächsten Generation voran: S/4HANA. Die breite Akzeptanz von S/4HANA ist SAP so wichtig, dass es seinen Kunden eine Frist setzt: Bis 2027 sollte der Umstieg von alten ERP-Systemen auf S/4HANA erfolgt sein.

Doch die bevorstehende Deadline ist nicht der einzige Grund für einen Wechsel zu SAP S/4HANA. Laut verschiedener Umfragen sind die meisten SAP-Kunden von den konkreten Vorteilen einer S/4HANA-Migration so überzeugt, dass sie eine solche von sich aus aktiv erwägen oder planen. SAP seinerseits behauptet, dass die Nutzerbasis von S/4HANA jährlich um 18 Prozent wächst.

Dennoch ist eine SAP-Migration kein Kinderspiel. Eine S/4HANA-Implementierung ist mit einem hohen Zeit- und Ressourcenaufwand verbunden – und sollte nicht ohne einen klaren Blick auf den gesamten Prozess unternommen werden.

Die Lektüre dieses Leitfadens unterstützt dabei, die Vorteile, Schritte und Herausforderungen einer S/4HANA-Migration zu verstehen.

Warum auf SAP S/4HANA migrieren?

Die Practice Leader von Deloitte, EY und IBM – drei großen Implementierungspartnern für SAP ERP – verweisen darauf, dass Unternehmen in der Regel aus zwei Gründen auf S/4HANA umsteigen. Zum einen, weil ihre Altsysteme nicht mehr zukunftsfähig sind, zum anderen, weil sie sich ein aktuelleres ERP-System mit Zugang zu Spitzentechnologien wünschen.

Schon in den ersten drei oder vier Jahren nach der Markteinführung von S/4HANA im Jahr 2015 kam die Nachfrage von Unternehmen auf nach einer „echten, unmittelbaren, heißen Plattform“, sagt Jesse Rothermel, SAP Transformation Lead bei EY.

„Das Haus brannte ab, und sie mussten raus: Veraltete Legacy-Architektur oder die ganze Infrastruktur funktionierten nicht mehr. Disparate Systeme wurden den täglichen Geschäftsanforderungen nicht mehr gerecht“, so Rothermel.

„Fusions- und Übernahmeaktivitäten sind ein weiterer Treiber für die Nachfrage nach S/4HANA“, erläutert er. Bei Unternehmen mit unterschiedlichen ERP-Systemen ist eine Konsolidierung sinnvoll, und Unternehmen, die aus ihrer Muttergesellschaft ausgegliedert werden, sollen mit einem modernen ERP neu durchstarten.

In letzter Zeit, so Rothermel, beobachtet EY mehr durchdachte und langfristige Planungen von Unternehmen, die S/4HANA als wichtig für ihre Geschäftsstrategie ansehen – sei es, um eine Reihe von Unternehmen zu übernehmen, sich selbst zu veräußern oder ihr Geschäftsmodell neu zu erfinden und auf Abonnementbasis zu arbeiten.

„Wenn sie ihr Geschäft neu erfinden wollen, sehen IT-Verantwortliche die Möglichkeit, sich auf S/4HANA auszurichten und die Kosten zu rechtfertigen“, sagt er.

Um auf S/4HANA umzusteigen, hat SAP seinen Kunden eine Frist bis Dezember 2027 gesetzt. Damit soll der Vorgänger Business Suite und dessen Kernanwendung, SAP ERP Central Component (ECC), ersetzt werden. Der ECC-Support wird laut Plan 2030 eingestellt. Aber das alles ist nicht der Grund, warum Unternehmen auf S/4HANA umsteigen, behauptet Keith Costello, General Manager für das globale SAP-Geschäft bei IBM.

„Es geht nicht darum, ob SAP den Termin einhalten wird oder nicht. Vielmehr geht es darum, dass die Verantwortlichen ein Unternehmen führen müssen, das bereits alles auf SAP laufen lässt. Und sie werden auch weiterhin alles auf SAP laufen lassen. Die Frage ist nur, welche Version? Wie unterstützt die genutzte Version die strategischen Ziele des Unternehmens?“

Was sind die Vorteile einer S/4HANA-Migration?

Die Liste der möglichen Vorteile von SAP S/4HANA ist lang. Die meisten davon ergeben sich aus den Wurzeln von S/4HANA und der zugrunde liegenden In-Memory-Datenbank SAP HANA. Diese beschleunigt Abfragen und Analysen auf großen internen und externen Datenbeständen. Das bestimmende Thema ist dabei die Geschwindigkeit, insbesondere im Vergleich zu ERP auf herkömmlichen Datenbanken.

Abbildung 1: Eine S/4HANA-Migration beinhaltet die üblichen Kompromisse zwischen Brownfield- und Greenfield-Bereitstellungen.
Abbildung 1: Eine S/4HANA-Migration beinhaltet die üblichen Kompromisse zwischen Brownfield- und Greenfield-Bereitstellungen.

Die andere große Gruppe potenzieller Vorteile ergibt sich aus der mandantenfähigen (multi-tenant) SaaS-Architektur von SAP S/4HANA Cloud sowie der engen Integration mit dem SAP Business Network und anderen Cloud-Technologien, darunter KI. Von diesen sind viele auch über die anderen Cloud-Bereitstellungsoptionen von S/4HANA zugänglich.

Hier ist eine Liste der wichtigsten Vorteile:

  • Echtzeit-Analysen auf konsolidierten Daten
  • schnellere Finanzabschlüsse am Ende einer Periode
  • Zugriff auf die neuesten Technologien, einschließlich KI, Chatbots und IoT
  • automatische Updates jedes Quartal
  • eine einfachere Benutzeroberfläche
  • Prozessautomatisierung
  • einfacher zu aktualisierende Geschäftsmodelle

Welche Migrationsmethoden für SAP S/4HANA gibt es?

Unternehmen, die ihr ERP auf S/4HANA umstellen, haben verschiedene Optionen. Welche davon die passende ist, richtet sich danach, wie vollständig der Migrationsprozess ist, ob SAP oder ein Implementierungspartner die Beratungsleistungen erbringt und in wessen Cloud-Infrastruktur das ERP gehostet wird.

Hier sind die drei typische Methoden.

Greenfield. Eine Greenfield-Implementierung ist ein Neuanfang: Dabei wird ein komplett neues ERP-System bereitgestellt, das oft auch auf einer neuen Rechenzentrums- oder Cloud-Infrastruktur läuft. In einigen Fällen handelt es sich um das erste ERP-System eines Unternehmens. Meistens ist eine S/4HANA-Einführung auf der grünen Wiese jedoch ein Wechsel von einem ERP-System eines anderen Anbieters oder von einem älteren SAP-System.

Eine Greenfield-Implementierung hat Vor- und Nachteile: Ein wesentlicher Nachteil von Greenfield ist der Aufwand, der erforderlich ist, um bestehende Geschäftsprozesse in die Arbeitsweise von S/4HANA zu übertragen. Die Verlagerung von Daten aus dem alten ERP-System und die Schulung der Mitarbeiter für das neue System sind die anderen großen Herausforderungen. Auf der anderen Seite ist diese Art der Umstellung aber der beste Weg, um alle erwarteten Vorteile von S/4HANA zu nutzen, zum Beispiel Predictive Analytics, KI-Modellierung, Prozessautomatisierung und Echtzeit-Reporting.

Brownfield. Ein verbreiteter Migrationsansatz ist, mit dem Finanzmodul SAP S/4HANA Finance und seiner Integrationsplattform Central Finance zu beginnen. Der Wechsel zu anderen Modulen wird vorerst aufgeschoben. Eine solche Teilmigration ist machbar, weil das Rechnungswesen ein klassischer Backend-Prozess ist, der sich bei einem Umstieg nicht wesentlich verändert, sagt Carsten Hilker, Global Solution Owner für S/4HANA Central Finance bei SAP. „Sie können das Finanzwesen im Hintergrund ändern, ohne dass es zu Unterbrechungen kommt. Im Frontend ist das anders: Sobald man das Frontend ändert, zum Beispiel die Logistik, geht es um Logistikprozesse und damit um Prozesse mit Kundenkontakt. Das Finanzwesen ist aber immer das Backend. So ändern Sie das Backend einmal, und müssen nichts tun, um die Logistik zu installieren.“

Der Umzug auf S/4HANA Finance ist ein so genannter Brownfield-Ansatz. Das ist der Oberbegriff in der IT für die Weiterverwendung einiger Legacy-Komponenten. Die Debatte um SAP Greenfield versus Brownfield kann hilfreich sein, um der Diskussion um die S/4HANA-Migration einen praktikablen Rahmen zu geben.

Rise with SAP. Rise with SAP wird als Business Transformation as a Service bezeichnet. Dabei handelt es sich um ein Bündel von Produkten und Dienstleistungen, die SAP anbietet, damit Kunden einen schnellen Einstieg in die S/4HANA Cloud und das breitere Ökosystem erhalten. Zu letzterem gehören unter anderem das Beschaffungsnetzwerk SAP Ariba und intelligentes Business Process Reengineering.

Das ERP-System läuft in der Public Cloud von SAP oder in der eines Hyperscalers wie Amazon Web Services (AWS) oder Google Cloud Platform (GCP). Viele der langjährigen Partner für die Systemintegration und Implementierung von SAP übernehmen die Beratung, Entwicklung und Integration, darunter Capgemini, Deloitte, EY, IBM und PwC. Das alles geschieht im Rahmen eines einzigen Vertrags, der die Verwaltung und Koordinierung der verschiedenen Plattformen und Anbieter vereinfachen soll.

Abbildung 2: Die drei größten Herausforderungen der S/4HANA-Migration, laut einer Umfrage von PwC und LeanIX.
Abbildung 2: Die drei größten Herausforderungen der S/4HANA-Migration, laut einer Umfrage von PwC und LeanIX.

Die Beratungsunternehmen haben – auch außerhalb von Rise with SAP – ihre eigenen Methoden und Tools für die SAP S/4HANA-Implementierung. Sie können das Testen von ERP-Programmcode automatisieren, um festzustellen, was auf S/4HANA übertragen werden kann und soll. Sie bieten auch vorgefertigte Konfigurationen von S/4HANA für bestimmte Branchen an.

Wie wählt man einen S/4HANA-Migrationsansatz aus?

Die Wahl der Migrationsmethode, zum Beispiel S/4HANA Finance im Vergleich zu einem anderen Brownfield-Ansatz, fällt normalerweise in die Designphase der Implementierungsplanung, wenn Sie die Strategie und die Roadmap festlegen.

SAP und seine Beratungspartner bieten strenge Strategie- und Planungsprozesse an. Sie analysieren in diesen Prozessen die Faktoren, die bestimmen, welche Migrationsmethode die passende ist. Diese Phase wird oft als Phase null bezeichnet und entspricht den frühen Phasen der Activate-Methode von SAP. Die Terminologie variiert, aber hier sind die wichtigsten Schritte:

  • Evaluieren Sie das aktuelle System. Diese Phase wird Discovery oder Readiness Assessment genannt. Sie beinhaltet die Bewertung des bestehenden ERP-Systems selbst, seiner Daten und der Geschäftsprozesse, auf die sie sich auswirken. Diese Bewertung erfolgt oft mit Unterstützung von Statistiken, um ihre Effizienz zu quantifizieren. Auch die Lizenz- und Wartungskosten werden berücksichtigt, und die Benutzer berichten über ihre Probleme. Die IT-Abteilung nimmt eine Bestandsaufnahme des benutzerdefinierten Codes vor und analysiert die Stammdaten.
  • Überprüfen Sie die Architektur. Hier stellen Sie fest, wie Ihre bestehenden ERP-Module und Geschäftsprozesse mit den verfügbaren S/4HANA-Modulen und -Einsatzoptionen zusammenpassen. Sie entscheiden dann, welche Sie weglassen wollen.
  • Analysieren Sie den zukünftigen Zustand. In diesem Schritt legen Sie fest, was das neue ERP leisten soll. Dies geschieht auf der Grundlage der Anforderungen, die von Benutzern, Abteilungsleitern, Führungskräften und anderen Stakeholdern gesammelt wurden. In diesem Schritt versuchen Sie auch, die Vorteile zu quantifizieren: Das können zum Beispiel Kosteneinsparungen durch die Konsolidierung von ERP-Systemen sein oder der Start eines neuen E-Commerce-Geschäfts. Diese Informationen fließen in den ERP-Business-Case ein, der in der Regel einer der nächsten Schritte ist.

Welche S/4HANA-Optionen sind verfügbar?

SAP hat lange Zeit behauptet, dass S/4HANA mit seinen 400 Millionen Zeilen Programmcode eine komplette Neufassung der Business Suite ist. Was im Laufe der Jahre trotz der Marketing-Behauptungen und oft konfusen Botschaften von SAP immer deutlicher wurde, ist jedoch: Die On-Premises-Version von S/4HANA deckt noch nicht alle wichtigen Funktionsbereiche der Business Suite ab. Das beste Beispiel ist das Human Capital Management. Von diesem hat SAP unverblümt gesagt, dass es nur auf SuccessFactors verfügbar sein wird – einer separaten SaaS-HCM-Suite, die SAP vor Jahren erworben hat – oder einem kommenden Sidecar, das auf der früheren Generation von SAP HCM basiert und auf HANA laufen wird.

Seit dem ersten Rollout von Finance sind weitere wichtige Module hinzugekommen, wie Sales and Distribution, Production Planning, Sourcing and Procurement und Supply Chain Management.

Die Divergenz zwischen der On-Premises Business Suite und On-Premises S/4HANA kann für viele Unternehmen geschäftskritisch sein. Deshalb ist es wichtig, die Fähigkeiten von S/4HANA genau zu prüfen. Oft hängt die Entscheidung davon ab, ob langjährige Anpassungen seitens des Anwenderunternehmens gegen die standardisierten Prozesse, Best Practices, Echtzeit-Analysen und Spitzentechnologien, die S/4HANA bietet, ausgetauscht werden sollen.

Die Unterschiede zum herkömmlichem SAP ERP sind bei S/4HANA Cloud meist noch ausgeprägter. S/4HANA Cloud ist ein mandantenfähiges SaaS. Es ist eine deutlich abgespeckte, etwas generische und größtenteils nicht anpassbare Version von S/4HANA. Zu verstehen, was S/4HANA Cloud tut und was nicht, ist bei der Kaufentscheidung absolut entscheidend.

HANA-Experte Rothermel sagt über S/4HANA Cloud: „Es ist ausgereift und geht weit über das hinaus, was ich mir in den letzten fünf Jahren vorstellen konnte.“ Er fügt hinzu, dass es sich dennoch immer noch an kleinere Unternehmen richtet, die die Software sofort einsetzen können. Die Lösung eignet sich auch gut für zweistufige ERP-Systeme, bei denen ein Unternehmen bereits ECC einsetzt – in der Regel in der Zentrale – und seine SAP-Umgebung schnell auf einen neuen Markt oder eine neue Geschäftseinheit ausweiten muss.

Keith Costello von IBM gibt zu bedenken, dass die Entscheidung für oder gegen S/4HANA Cloud in der Regel von der Größe des Unternehmens abhängt, der Komplexität seiner Geschäftstätigkeit, der Frage, ob diese Geschäftstätigkeit global ist und der spezifischen Branche.

„Die SaaS-Version hat sich in professionellen Dienstleistungsunternehmen als effektiv erwiesen – und wahrscheinlich auch in anderen Unternehmen, in denen sie eingesetzt wurde“, sagt Costello. „Aber ich glaube nicht, dass sie für ein ganzes Fortune-500-Unternehmen geeignet ist. Dafür ist es noch nicht ausgelegt.“

Wenn die Einführung von mandantenfähigem SaaS ERP ein Ziel an sich ist oder S/4HANA als zu riskant erscheint, bietet SAP eine weitere Option: Business ByDesign, das für kleine und mittlere Unternehmen vermarktet wird. Mehr als 11.000 Kunden nutzen es laut SAP, welches das Produkt ständig aktualisiert und eine Roadmap mit geplanten Verbesserungen veröffentlicht. Ein sorgfältiger Vergleich zwischen SAP Business ByDesign und S/4HANA kann viel Zeit und Geld sparen – bevor man sich für das komplexere und teurere, aber auch leistungsfähigere S/4HANA entscheidet.

Alternativen zu SAP S/4HANA sind einen Blick wert, vor allem, wenn SAP keine Priorität hat. Eine mögliche SAP-Alternative ist Workday, das sich aber eher auf SaaS HR und Finanzen konzentriert. Zu den führenden Anbietern von SaaS ERP mit vollem Funktionsumfang gehört SAP-Erzrivale Oracle. Oracle Fusion Cloud ERP ist ein mächtiges SaaS-ERP mit vollem Funktionsumfang. Andere Produktlinien von Oracle umfassen NetSuite, das auf KMUs abzielt, sowie die E-Business Suite und JD Edwards. Alle Systeme haben in der Fertigungsindustrie eine große Basis und stellen eine gute Option dar. Zu den anderen prominenten Marken, die mit den Produkten von SAP und Oracle konkurrieren, gehören Epicor, IFS, Infor, Microsoft, QAD und Unit4.

Neben der On-Premises-Version und der S/4HANA Cloud gibt es drei weitere S/4HANA-Implementierungsoptionen: Private Edition, Extended Edition und Any Premise. Alle drei basieren auf lokalem S/4HANA-Code, der auf einer Art Cloud-Infrastruktur läuft. Sie unterscheiden sich hauptsächlich darin, ob sie in SAP-Rechenzentren oder in den Data Centers eines Drittanbieters laufen, wo sich diese Cloud-Infrastruktur physisch befindet.

Was sind die häufigsten Herausforderungen bei der Migration?

Laut einer Umfrage von PwC und LeanIX, einem Hersteller von Tools für die Unternehmensarchitektur, sind die drei größten Herausforderungen bei der Migration auf SAP S/4HANA komplexe Legacy-Landschaften, ein hoher Anpassungsgrad und unsaubere Stammdaten.

Eine weitere große Herausforderung ist die Klärung der Frage, ob die Plattform über die ERP-Funktionen verfügt, die das Unternehmen benötigt. Diese Klärung muss in der Phase Null erfolgen. Dazu müssen die Funktionen der S/4HANA-Module, die das Unternehmen nutzen will, beispielsweise Beschaffung, Lieferkettenmanagement und Buchhaltung, genau untersucht und die spezifischen Aktionen und Arbeitsabläufe des bestehenden ERP-Systems auf S/4HANA abgebildet werden.

Für Chip Kleinheksel, Principal und Global SAP CTO bei Deloitte Consulting, sind die Anpassungen an die Geschäftsanforderungen und das Änderungsmanagement die größten Herausforderungen. Dies gilt insbesondere bei Greenfield-Bereitstellungen. Weil die Anforderungen in verschiedenen Bereichen des Unternehmens oft unterschiedlich sind, ist es wichtig, der Einführung und dem Änderungsmanagement große Aufmerksamkeit zu schenken. Nur so kann sichergestellt werden, dass das Projekt einen Mehrwert bietet und die digitale Transformation ermöglicht.

Unternehmen haben in der Regel auch mit Daten und deren Integration zu kämpfen, da bestehende IT-Landschaften mit einer Mischung aus lokalen, SaaS- und Private-Cloud-Anwendungen äußerst komplex sein können. Diese müssen in das neue ERP integriert werden.

„Die Einrichtung einer umfassenden Integrationsschicht und eines gemeinsamen Datenmodells ist notwendig, um die Silos zwischen den Anwendungen für die Integration aufzubrechen. Dies muss in und aus dem neu migrierten S/4HANA ERP erfolgen“, sagt der Berater.

Welche Schritte sind für eine erfolgreiche SAP S/4HANA-Migration wichtig?

Bei jedem S/4HANA-Projekt müssen die oben beschriebenen Schritte im Rahmen der Entscheidung für einen Migrationsansatz genau beachtet werden. Dies gilt auch für die Auswahl einer Bereitstellungsoption. Kleinheksel gibt folgende Tipps, um sie auf Kurs zu halten:

  1. Stellen Sie einen gut durchdachten Fahrplan auf. „Wir haben festgestellt, dass es äußerst hilfreich ist, sich die Zeit für eine Phase null zu nehmen. Dabei werden der Umfang, das geschäftliche Engagement, die zukünftige technische Landschaft und die Bereitstellung aufeinander abgestimmt“, sagt er – und bezieht sich dabei auf den Early-Stage-Process von Deloitte. „Die Roadmap muss nicht statisch und nicht im Vorhinein genau festgelegt sein. Es ist in Ordnung, wenn sie sich im Laufe der Zeit ändert, um sie dynamisch an den geschäftlichen Prioritäten auszurichten.“
  2. Bleiben Sie nicht in der Vergangenheit stecken. Kleinheksel betont auch, wie wichtig es ist, die alte Konfiguration nicht wiederherzustellen und an technischen Schulden festzuhalten. Das heißt mit anderen Worten: Verabschieden Sie sich von der vernachlässigten Infrastruktur, den Schulungen und der Dokumentation, die ältere ERP-Systeme in der Regel anhäufen. Vorkonfigurierte Branchenanwendungen, Accelerator und automatisierte Prozesse – Dinge, die Deloitte und Mitbewerber anbieten – können S/4HANA-Anwendern helfen, all das hinter sich zu lassen, so Kleinheksel. Auf diese Weise können Sie sich auf die Nutzung der Funktionen der nächsten ERP-Generation konzentrieren.
  3. Vermeiden Sie, alte Fehler in S/4HANA zu wiederholen. Laut Kleinheksel besteht bei S/4HANA auch die Gefahr, zukünftige technische Schulden aufzubauen. Es ist hilfreich, zu Beginn ein Governance-Modell zu etablieren, das festlegt, in welchen Bereichen Softwareerweiterungen am besten geeignet sind. Dies sollte nicht nur in S/4HANA erfolgen, sondern auch in anderen Teilen des SAP-Ökosystems. Dazu gehören beispielsweise die Business Technology Platform, der Sammelbegriff für die Cloud-, Analytics-, KI-, Machine-Learning- und Integrationsplattformen, von denen S/4HANA einen großen Teil seines Potenzials bezieht. Dies werde zu einem agileren Technologie-Stack führen und eine Belastung und vorzeitige Alterung von S/4HANA als Entwicklungsplattform vermeiden.

Best Practices für die Migration

Costello gibt folgende Tipps für eine erfolgreiche SAP S/4HANA-Migration:

  1. Nutzen Sie, was bereits vorhanden ist. Sie müssen nicht bei null anfangen. Beispielsweise können Sie eine S/4HANA-Erweiterung auch kaufen, anstatt sie entwickeln zu lassen.
  2. Denken Sie langfristig. Wenn Sie schon voraussehen, was Sie in einigen Jahren von S/4HANA benötigen, können Sie vermeiden, sich an ein unflexibles Modell zu binden, das überarbeitete, angepasste Systeme erfordert.
  3. Vermeiden Sie Anpassungen. Laut Costello haben sich einige IBM-Kunden bei der Planung ihrer S/4HANA-Migrationsprojekte das Ziel gesetzt, keine Anpassungen vorzunehmen. Dies erfordert in der Regel die Bereitschaft, Standardfunktionen zu verwenden.
  4. Setzen Sie sich ein Zeitlimit. Frühere ERP-Implementierungen dauerten lange. Wenn man sich das Ziel setzte, sie in einem Jahr abzuschließen, konnte man in Panik geraten, weil sie meistens viel länger dauerten. Da SAP und seine Partner jedoch inzwischen vorgefertigte Vorlagen anbieten, ist es möglich, einige Teile des Business in sechs Monaten mit S/4HANA zum Laufen zu bringen. Die Festlegung eines Zeitrahmens von einem Jahr erfordert einen starken Change-Management-Prozess, der auch praktische Erfahrungen einschließt, damit die Benutzer sehen können, wie die Software wirklich funktioniert.

Wie erfolgt die Auswahl eines S/4HANA-Implementierungspartners?

Dutzende von Implementierungspartnern verfügen über viel Erfahrung und eine lange Geschichte mit SAP, die oft Jahrzehnte zurückreicht. Die Auswahl des richtigen Partners für Ihr Unternehmen erfordert eine sorgfältige Prüfung. Hier ist der aggregierte Rat mehrerer Experten:

  • Achten Sie auf eine gute Auswahl an Implementierungsmethoden, automatisierte Tests und Tools für die Datenmigration.
  • Erkundigen Sie sich, wie viele Mitarbeiter für das Projekt vorgesehen sind – und welche davon ausschließlich für Sie arbeiten werden.
  • Achten Sie auf die SAP S/4HANA-Zertifizierung des Partners. Diese ist nicht nur ein Indikator für das Know-how, sondern auch für die Erfahrung der Mitarbeiter bei der Implementierung von S/4HANA.
  • Fragen Sie nach Referenzen für ähnliche Projekte, idealerweise in der gleichen Branche.
  • Erkundigen Sie sich, welche Art von Support nach der Inbetriebnahme des neuen Systems verfügbar ist – und ob dafür zusätzliche Kosten anfallen.
  • Bestehen Sie auf Garantien, dass sich das Projekt nicht verzögert oder das Budget überschritten wird.

Eine enge Zusammenarbeit zwischen Ihrem internen Projektteam, SAP selbst und dem SAP-Partner ist wichtig. Wenn alle auf der Grundlage einer detaillierten Roadmap arbeiten, kann das einen großen Beitrag zu einer erfolgreichen S/4HANA-Einführung leisten.

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