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Rise with SAP: Vor- und Nachteile der All-in-One-Lösung

Mit dem All-in-One-Prinzip verspricht Rise with SAP einen sorglosen Umzug zu S/4HANA. Doch hält es dieses Versprechen? Oder müssen Unternehmen dabei mehr beachten?

SAP S/4HANA hat sich als die entscheidende Plattform für die digitale Transformation von Unternehmen etabliert. Durch die Kombination aus In-Memory-Technologie und Cloud-Infrastruktur ermöglicht sie nicht nur eine effiziente Datenverarbeitung, sondern öffnet auch die Tür für Innovationen durch Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data Analytics. Diese Vorzüge auszuschöpfen, erfordert eine sorgfältige Planung und Ausführung. Eine Migration zu S/4HANA sollte also nicht als bloße Notwendigkeit gesehen werden, sondern als strategische Gelegenheit. Es gilt, Prozesse zu optimieren und das Innovationspotenzial voll zu nutzen.

Damit der Umzug zur S/4HANA-Plattform gelingt, müssen zwei grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden: Es gilt das Umzugsunternehmen klug zu wählen und die optimal passende Cloud-Lösung auszumachen. Die vorherrschenden sind Rise with SAP und Direct Cloud. Bei Rise with SAP handelt es sich um ein SAP-Komplettpaket, das einen scheinbar sorglosen Übergang verspricht, während die Direct-Cloud-Lösung eine enge Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, den Managed Services Providern (MSPs), voraussetzt.

Letztere bieten jedoch nicht nur Hosting und Betrieb, sondern auch begleitende Dienstleistungen, die weit über den Support hinausgehen, den SAP selbst bietet. Das Ziel der Entscheider muss es sein, eine Umgebung zu wählen, die zu den unternehmerischen Bedürfnissen passt und gleichzeitig fortschrittliche Anwendungen unterstützt. Dabei sind Fragen zu beantworten wie:

  • Wie verlässlich ist das Komplettpaket Rise with SAP wirklich?
  • Welche Aufgaben stellen sich, wenn sich ein Unternehmen für diesen Pfad entscheidet?

Apropos Fortschritt: Die im Juli 2023 veröffentlichten Ankündigungen von SAP, signifikante Innovationen nur noch in den Cloud-Produkten der SAP verfügbar zu machen, soll sicherlich Kunden zusätzlich motivieren, den Umstieg zeitnah, aber eben auch ausschließlich zu den SAP-Angeboten zu machen. Erste Äußerungen von Bedenken der SAP-Anwenderorganisationen gibt es bereits. Es scheint ratsam, hier nicht vorschnell längerfristige Bindungen einzugehen, sondern den Verlauf der noch frischen Diskussion zu beobachten. Infrastrukturtechnisch betrachtet sollten wenige Gründe existieren, warum innovative Lösungen ausgerechnet nur noch dann funktionieren sollten, wenn der Hyperscaler Tenant SAP gehört.

Viel Verantwortung liegt beim Kunden

Rise with SAP erscheint auf den ersten Blick als eine verlockende All-in-One-Lösung. Jedoch sollten sich Unternehmensverantwortliche bewusst sein, dass dieses Paket trotz seiner scheinbaren Einfachheit eine Reihe von zusätzlichen Aufgaben und damit verbundenen Kosten mit sich bringt. Zum Beispiel, wenn es um die Verantwortung für Sicherheit und Performance geht. Die liegt in weiten Teilen beim Kunden. SAP stellt zwar sicher, dass das System läuft und kritische Patches eingepflegt werden, doch bei als weniger wichtig eingeschätzten Aspekten obliegt es dem Kunden, den Überblick zu behalten und fundierte Entscheidungen zu treffen.

Um das umzusetzen, benötigt eine Firma spezialisierte Mitarbeiter oder Partner mit technischem Know-how. Im Vergleich zu regelmäßigen Qualitätssicherungstreffen, die bei MSPs Standard sind, müssen Rise-Kunden proaktiv sein und ständig den Zustand ihres Systems überwachen. Denn trotz des Anspruchs, ein All-in-One-Angebot zu sein, braucht Rise with SAP ein eigenes Ökosystem aus Dienstleistungen und Services, das nicht allein von SAP oder vom Kunden selbst bereitgestellt werden kann.

Unverzichtbar: Zusatzkosten kontrollieren

Außerdem hängt die Entscheidung stark von den Kosten ab. Drei Hauptkostenarten sind bei jeder Lösung zu berücksichtigen: Cloud Consumption, Managed Services und SAP-Lizenzkosten. Bei Rise with SAP sind diese Kosten in einem Preis gebündelt und somit weniger transparent, zur genauen Bewertung muss jedoch jede Komponente einzeln betrachtet und berechnet werden. Der Preis für die Cloud Consumption hängt von Faktoren wie Datenmengen, benötigtem Speicher und virtuellen Maschinen ab und lässt sich über die Preisangaben der Hyperscaler recht leicht ermitteln. Bei Managed-Services-Kosten unterstützen Anbieter gerne, wenn sie die Daten der Ziellandschaft erhalten.

Der Bedarf an SAP-Lizenzen wandelt sich im Laufe der Zeit, was ein erhebliches Einsparpotenzial birgt. Unternehmen sollten also sorgfältig analysieren und gegebenenfalls veraltete, nicht verwendete Lizenzen – sogenannte Shelfware – entsorgen. Der Wechsel zu SAP S/4HANA bietet eine ideale Gelegenheit für solche Anpassungen. Das führt zu einer weiteren Kostenart, die bei der Umstellung auf Rise with SAP oft übersehen wird: die begleitenden Dienstleistungen und Services, um das Rise-Angebot auf ein anwender- und IT-freundliches Level zu heben. Diese sind oft höher als erwartet, aber notwendig, um nicht erneut Verantwortlichkeiten in Richtung Kunde zu ziehen, die man bisher erfolgreich auf den MSP übertragen hatte. Erst durch die Kombination dieser vier Kostenarten ist ein realistischer Vergleich zwischen Rise with SAP und einer individuellen Direct-Cloud-Lösung möglich.

SAP auf die Finger schauen

Ein Teil der begleitenden Dienstleistungen ist die Überprüfung, ob das vereinbarte Service-Level-Agreement (SLA) von SAP eingehalten wurde. Der Übergang zu Rise with SAP ist manchmal etwas undurchschaubar und auch nicht unbedingt kundenfreundlich. So gibt es zum Beispiel keine klar formulierte Exit-Strategie. Sind Kunden unzufrieden, weil wiederholt vereinbarte Leistungen von SAP nicht oder unzureichend erbracht wurden, bieten sich wenig Optionen. Kann ein Unternehmen, wenn es den Vertrag nicht verlängern will, seine seinerzeit gekauften Lizenzen wieder nutzen – und wenn ja, zu welchen Konditionen? Kann es zu einem MSP wechseln, ohne Einbußen zu fürchten? Experten, die wissen, wie man vorausschauend plant und bei der Vertragsgestaltung helfen, bieten hier einen Mehrwert.

Sören Genzler, SoftwareOne

„Welche Variante der Migration für ein Unternehmen die richtige ist, wissen Entscheider, wenn sie die verschiedenen Möglichkeiten kennen und diese – mit externer fachlicher Expertise – bewerten.“

Sören Genzler, SoftwareOne

Überwachen, Prüfen, Monitoren – um die vereinbarte Leistung von SAP zu gewährleisten und etwaige Anwendungsprobleme frühzeitig zu erkennen, sind leistungsstarke Monitoring-Tools ein Muss. Unter Rise with SAP wirkt das System häufig wie eine Blackbox, die wenig Einblick bietet, was Probleme und Verzögerungen nach sich ziehen kann. Ohne adäquate Werkzeuge ist es schwierig zu bestimmen, wo die Ursachen dafür liegen: in den hauseigenen Geräten, den Netzwerken oder im SAP-System selbst?

Kurz und bündig

Welche Variante der Migration für ein Unternehmen die richtige ist, wissen Entscheider, wenn sie die verschiedenen Möglichkeiten kennen und diese – mit externer fachlicher Expertise – bewerten. MSP spielen dabei eine tragende Rolle: entweder, weil sie die SAP-Lösung auf einer Direct Cloud umsetzen oder weil sie mit ihrem Know-how auch bei integrierten Lösungen wie Rise with SAP beratend an der Seite des Kunden stehen.

Im Idealfall können sie sogar beides und übernehmen die Funktion der Koordinatoren und vertreten die Interessen des Kunden, soweit es um den optimalen Betrieb des ERP-Systems geht. Monitoring Tools unterstützen dabei, Fehler und drohende Funktionsausfälle rechtzeitig zu erkennen und zu steuern. One size fits all? Ein Prinzip, das noch nie gut funktioniert hat und das gilt auch für den Umzug zu SAP S/4HANA.

Über den Autor:

Seit 2021 ist Sören Genzler für die SAP Solutions bei SoftwareOne in der DACH-Region tätig. Zuvor war er acht Jahre als SAP – SystemX Alliancemanagement EMEA bei IBM – später Lenovo – beschäftigt. Auch in den Bereichen Infrastruktur, Datenbankentwicklung sowie Administration kann er langjährige Kenntnisse aufweisen. Insgesamt blickt er auf über 25 Jahre Erfahrung in der IT-Branche zurück.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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