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Public Cloud: Fünf wichtige Anbieter im Vergleich

Die Produktpaletten der meisten Public Clouds ähneln sich stark. Trotzdem gibt es Unterschiede, die bei der Wahl entscheiden sein können. Wir vergleichen fünf wichtige Anbieter.

Das Geschäft mit Cloud-Services war in den letzten zehn Jahren eines der am schnellsten wachsenden IT-Segmente, mit Investitionssummen, die sich alle zwei bis drei Jahre verdoppelten. Laut Synergy Research erreichten die Ausgaben für Infrastruktur als Service (IaaS) im ersten Quartal 2020 29 Milliarden US-Dollar, 37 Prozent mehr als im ersten Quartal des Vorjahres.

Die COVID-19-Krise hatte einen negativen Einfluss auf den Verlauf der Weltwirtschaft, doch Cloud-Services sind eine der wenigen Branchen, die tatsächlich wachsen konnten.

Eine Umfrage von Snow Software in 250 Unternehmen weltweit ergab, dass 76 Prozent der IT-Führungskräfte ihre Nutzung von Public- und Private-Cloud-Diensten speziell als Reaktion auf die Pandemie erhöht haben und 45 Prozent planen, ihre Cloud-Migrationspläne zu beschleunigen.

Die Kriterien für eine Marktanalyse sind Ansichtssache, die beiden führenden Anbieter öffentlicher Cloud-Dienste sind jedoch auf dem Weltmarkt AWS und Microsoft Azure. Eine Schätzung von Synergy für das zweite Quartal 2020 hat für AWS einen Marktanteil von 33 Prozent ermittelt, während Microsoft 18 Prozent hält.

Auch Google Cloud Platform (GCP), sowie Alibaba und Tencent nehmen weiter an Fahrt auf. Dazu kommen IBM, Oracle und Rackspace als weitere Unternehmen mit einem relevanten Marktanteil bei Cloud-Diensten.

Doch Größe ist nicht alles. Eine andere Möglichkeit, den Cloud-Markt zu analysieren, bietet der IaaS Magic Quadrant von Gartner (Infrastructure as a Service, Infrastruktur als Service), in dem das Analystenunternehmen sieben oder acht unterschiedlich gewichteten Faktoren bewertet, um festzustellen, wie gut ein Anbieter in der Lage ist, Produktversprechen einzuhalten und wie ausgereift seine technische Vision ist.

Zu diesen Faktoren gehören die Bandbreite der angebotenen Dienstleistungen, die Lebensfähigkeit eines Unternehmens, die Preisgestaltung, die Erfolgsbilanz, das Marktverständnis, das Innovationsniveau und die Gesamtstrategie. Auch hier sind AWS, Azure und GCP die führenden Cloud-Anbieter – diejenigen, die sich sowohl in der Ausführung als auch in der Vision auszeichnen.

Eine weitere Möglichkeit, den Cloud-Markt zu untersuchen, sind Umfragen unter IT-Fachleuten in Unternehmen. Die Flexera State-of-the-Cloud-Berichte, die nun im neunten Jahr erscheinen, sind eine wichtige Quelle für aktuelle Informationen und dauerhafte Entwicklungen weltweit.

Die Ergebnisse von Flexera für das Jahr 2020 spiegeln die Rangliste des Marktes wider, wobei AWS, Azure und GCP als die beliebtesten öffentlichen Cloud-Anbieter genannt werden und die Nennungen von Google um 70 Prozent auf ein Drittel aller Befragten gestiegen sind. Die Ergebnisse zeigen, dass Azure bei Cloud-Anfängern beliebt ist, während GCP bei fortgeschrittenen Cloud-Nutzern relativ stark vertreten ist.

Abbildung 1: AWS und Azure sind im Moment die Platzhirsche am Public-Cloud-Markt – aber nicht alternativlos.
Abbildung 1: AWS und Azure sind im Moment die Platzhirsche am Public-Cloud-Markt – aber nicht alternativlos.

In diesem Artikel vergleichen wir fünf der beliebtesten Cloud-Anbieter:

  • AWS

  • Microsoft Azure

  • Google Cloud Platform

  • Oracle Cloud

  • Alibaba Cloud

Wir untersuchen ihre Stärken, Schwächen, bemerkenswerten oder alleinstellenden Merkmale und ihre jeweiligen Zielgruppen.

1. AWS

In Übereinstimmung mit der allgemeinen Unternehmensstrategie von Amazon, ist AWS ein One-Stop-Shop mit fast 200 Produkten, die in 24 geographischen Regionen mit 77 Verfügbarkeitszonen (unabhängige Datenzentren) und fast 100 privaten Netzwerkzugängen (AWS Direct Connect) erhältlich sind.

AWS ist bestrebt, ein Produkt und eine Konfiguration für jeden Bedarf zu haben, und erweitert sein Portfolio ständig entsprechend der Kundennachfrage und -nutzung. Die meisten Drittanbieter für Services und Anwendungen stellen deshalb sicher, dass ihre Angebote vor allem mit AWS kompatibel und ihre Sicherheits-, Netzwerk-, Speicher-, Analyse-, Machine-Learning- und DevOps-Produkte auf dem AWS Market Place verfügbar sind.

Als größter Public-Cloud-Anbieter hat AWS Zugang zu den neuesten Prozessor-, Netzwerk- und Speichertechnologien und führt diese offensiv bei seinen Kunden ein. AWS entwickelt auch passende Hardware für eigene Kunden, zum Beispiel Nitro-Hardware, Graviton-CPUs und Inferentia-Chips für maschinelles Lernen.

Entwickler, die Spitzenleistung benötigen, kommen somit auf ihre Kosten. Der große und vielfältige Kundenkreis des Unternehmens und die zahlreichen Designhilfen und Partner für Beratung bedeuten, dass es nur wenige – wenn überhaupt – Situationen oder Workloads gibt, die AWS nicht bewältigen kann.

Obwohl das Unternehmen regelmäßig Preissenkungen für ausgewählte Produkte anbietet, führen die komplizierten Preismodelle, das immense Portfolio und die riesige Menge an Berechnungsinstanzen und Zusatzangeboten dazu, dass viele Benutzer durch schlecht konzipierte, nicht optimierte Implementierungen mehr zahlen, als sie eigentlich nutzen.

AWS hat sich lange Zeit gegen die Hybrid Cloud gesträubt und war einer der letzten Anbieter, der Produkte eingeführt hat, die für Unternehmensrechenzentren konzipiert sind. Heute setzt der Provider auf eine Mischung aus seiner Partnerschaft mit VMware und den AWS Outposts.

Das gemeinsame Angebot mit VMware deckt zwar viele hybride Cloud-Anforderungen ab, unterscheidet sich aber kaum von den Angeboten anderer Anbieter. AWS hinkte auch, was die Bereitstellung von verwalteten Kubernetes-Diensten betrifft, Google und Microsoft hinterher, da man weiterhin am selbst entwickelten Produkt Elastic Container Service (ECS) als Containerlösung festhielt.

AWS hat sich mittlerweile dem Branchentrend hin zu Kubernetes angeschlossen, doch viele Entwickler sind nach wie vor skeptisch, wenn es um Erweiterungen des Unternehmens in Richtung Open-Source-Projekte geht.

2. Microsoft Azure

Microsoft mag bei den Cloud-Umsätzen hinter AWS liegen, aber beim Funktionsumfang und der Infrastruktur ist Azure keineswegs zweitklassig. Das Produktportfolio entspricht in Tiefe und Breite effektiv dem von AWS, und seine Einrichtungen umfassen mehr als 50 Regionen (einige mit mehreren Verfügbarkeitszonen), Netzwerk-Point-of-Presence (POPs) und Peering-Standorte.

AWS verfügt zwar über ein paar PaaS-Angebote (Platform as a Service, Plattform als Service) verfügt, hat Azure mit App Service eine viel reichhaltigere Auswahl an Anwendungsplattformen. Diese sind eng mit den Softwareentwicklungsangeboten von Microsoft verknüpft, zu denen Visual Studio, .NET, GitHub und Excel sowie die Unternehmensdaten- und Kollaborationssysteme von Microsoft wie BizTalk, SharePoint und Teams gehören.

Der Umgang mit der Hybrid Cloud stellt einen weiteren markanten Unterschied zwischen Azure und AWS dar. Microsoft war das erste Unternehmen, das mit der Einführung von Azure Stack vor mehr als vier Jahren eine Vision von hybrider Cloud-Service-Konsistenz und betrieblicher Integration formuliert und umgesetzt hat.

Von den bescheidenen Anfängen mit einer kleinen Untergruppe von Azure-Diensten und einer begrenzten Auswahl an unterstützter Hardware hat sich Azure Stack zu einer Produktlinie entwickelt, die Unternehmensrechenzentren (Azure Stack Hub), Zweigstellen (Azure Stack HCI) und entfernte Edge-Standorte (Azure Stack Edge, früher Data Box Edge) umfasst, die alle vom Azure Resource Manager und der Azure-Arc-Software verwaltet werden.

Die hybride Cloud-Strategie von Azure erstreckt sich auf IoT-Implementierungen (IoT, Internet of Things), innerhalb derer IoT Edge entfernte Geräte verwalten kann, IoT Hub als Schnittstelle für Geräteverwaltung und Datenerfassung fungiert und Azure Sphere Hardware- und Betriebssystemsicherheit bietet.

Durch die umfassende Integration von Windows Server und Anwendungssoftware sowie die Unterstützung von VMware-Umgebungen über CloudSimple eignet sich Azure sowohl für  die Lift-and-Shift-Migration von Legacy-Anwendungen als auch für Cloud-native Anwendungen mit Azure PaaS, nativen Services und Containern.

Die bisherige Geschichte von Ausfällen und langsamen Rollouts von Verfügbarkeitszonen wirft einen Schatten auf die Zuverlässigkeit von Azure als Enterprise-Cloud, daher sollten Azure-Kunden sorgfältig auf Infrastruktur-, Service- und Netzwerkredundanz achten.

3. Google Cloud Platform (GCP)

Obwohl Google eine der fortschrittlichsten Infrastrukturen der Welt betreibt, gelang es nur langsam, in das Cloud-Geschäft einzusteigen. Darüber hinaus musste das Unternehmen sowohl seinen Ruf als vorwiegend Consumer-orientiertes Unternehmen ablegen, als auch die Neigung, nicht sofort rentable Produkte schnell und ohne Rücksicht abzuwerfen.

Nach einigen Turbulenzen an der Spitze brachten jedoch der 2019 als CEO für Google Cloud neu dazu geholte Thomas Kurian und die anschließende Ausrichtung auf Unternehmenskunden eine strategische und operative Konsistenz, die sich in einem Umsatzwachstum niederschlug.

GCPs Service-Angebote erreichen nicht dieselbe Tiefe, die bei AWS oder Azure verfügbar ist, aber seine Compute Engine deckt IaaS (Infrastructure as a Service, Infrastruktur als Service) grundlegend ab. App Engine ist eine überzeugende PaaS sowohl für Webanwendungen als auch für Backend-Services für mobile Anwendungen.

Das Portfolio von GCP ist besonders stark bei Diensten für verwaltete Containerinfrastruktur, Datenanalyse und KI (künstliche Intelligenz) und die Kernnetzwerk- und Sicherheitsinfrastruktur von GCP gilt als herausragend. GCP gehört normalerweise zu den ersten, die neue CPUs, GPUs (Graphics Processing Unit, Grafikprozessor) und eigene Prozessoren, wie den von Google entworfenen TPU-KI-Beschleuniger, in ihren Service aufnehmen.

GCP ist auch bemerkenswert wegen der einfacheren Preismodelle mit sekundengenauer Abrechnung, Automatisierungsrabatte für kontinuierliche Nutzung, entkoppelten Preise für CPU- und Speichernutzung und kundenspezifischen Instanztypen.

Mit seinem containerbasierten Produkt Anthos für Unternehmen, die bereit sind, Legacy-Anwendungen zu modernisieren oder zu migrieren, hat GCP einen weiteren Trumpf ausgespielt. Nichtsdestotrotz ist es nach wie vor am besten für Anwendungen geeignet, die von Grund auf neu in der Cloud entstehen.

GCP fehlt auch die enge Integration von anderen Cloud- und On-Premises-Umgebungen, wie sie Azure Stack oder VMware Cloud auf AWS bieten. Die Übernahme von CloudSimple ist jedoch ein starker Indikator dafür, dass Google zeitnah die Verwaltbarkeit der hybriden Infrastruktur verbessern möchte. Ein weiterer Grund, der Unternehmen davon abhält, GCP auszuprobieren, ist, dass Google nicht über einen vergleichbar großen Kader an Vertriebs-, Support- und Drittanbieter-Beratungsexperten verfügt, wie Azure oder AWS.

4. Oracle-Cloud

Oracle Cloud Infrastructure (OCI) bietet ein Standardset von Cloud-Speicher-, Computernetzwerk-, Datenbank- und Analysediensten zu Preisen, die unter den On-Demand-Raten von AWS liegen. Oracle hat weltweit 18 Regionen für kommerzielle Kunden und neun für Kunden im Regierungssektor aufgebaut. Das ist zwar kleiner als die Infrastruktur bei AWS oder Azure, OCI bietet jedoch eine ausreichende regionale Vielfalt und Redundanz für geschäftskritische Anwendungen.

OCI ist vor allem auf Systeme zugeschnitten, die bereits auf die Nutzung der Oracle-Datenbanken ausgerichtet sind. Es umfasst Bare-Metal-Instanzen und ein Netzwerkservice-Gateway. Dazu kommt ein von Oracle als Autonomous Database bezeichneter Dienst, der seinem Namen zum Trotz nicht ganz ohne Verwaltung vonseiten des Nutzers auskommt.

OCI umfasst auch eine PaaS für Datenbank-, Java- und mobile Backend-Anwendungen, die sich in ERP-, CRM/CX- und HR-SaaS-Produkte integrieren lässt (Enterprise Resource Planing, Customer Relations Management, Customer Experience Management, Human Resources).

Im Vergleich zu seinen größeren Konkurrenten mangelt es der Produktpalette von OCI an Breite, insbesondere in den Bereichen Managementautomatisierung, Hybrid Cloud, KI, DevOps und IoT. Das macht Oracle weniger geeignet für Unternehmen, die Anwendungen nativ in der Cloud aufbauen möchten. Die ausgefeilte Datenbank, die Unterstützung aktueller Datenbanklizenzen und ein vollständiger Satz von SaaS-Unternehmensanwendungen machen Oracle Cloud jedoch zu einer ausgezeichneten Plattform für Legacy-Migrationen, insbesondere für Unternehmen, deren Motivation es vor allem ist, teure Aktualisierungen am Rechenzentrum On-Premises zu vermeiden.

5. Alibaba-Cloud

Alibaba Cloud ist außerhalb ihres Heimatmarktes Ostasien, hauptsächlich China, relativ unbekannt. Sie verfügt jedoch über eine globale Infrastruktur mit 21 Regionen, 63 Verfügbarkeitszonen und 2.800 POPs.

Alibaba Cloud entstand aus dem Bedürfnis der Muttergesellschaft, die Onlinekapazität für Spitzeneinkaufszeiten schnell zu erweitern. Wie seine Konkurrenten kombiniert Alibaba Cloud IaaS- und PaaS-Produkte, die Computing-Ressourcen und Container-Instanzen, Block-, Datei- und Objektspeicher, virtuelle Netzwerke und Dienste, Datenbanken, Analyse-, Sicherheits- und Anwendungsplattformdienste bereitstellen.

Trotz der grundsätzlich globalen Ausrichtung, konzentriert sich Alibaba vorrangig auf den asiatischen Markt mit nur vier Rechenzentren (je zwei) in Europa und den Vereinigten Staaten. Trotz des schnellen Wachstums des Dienstes mit einem Umsatzanstieg von 58 Prozent im 1. Quartal 2020 schätzt Gartner, dass Alibaba Cloud 90 Prozent seines Umsatzes in China erwirtschaftet.

Angesichts des regionalen Schwerpunkts und der kleineren Produktpalette eignet sich Alibaba Cloud am besten für Unternehmen, die Geschäfte in China und Ostasien betreiben. Die schwierige rechtliche Lage und Marktregulationen in China verschaffen Alibaba Cloud dort einen Marktvorteil, unter anderem auch durch ein darauf angepasstes Produktportfolio mit Angeboten wie China Gateway, die sich speziell an ausländische Unternehmen richten, die Zugang zum chinesischen Markt suchen.

Weiter Public-Cloud-Angebote

Die hier vorgestellten Angebote werden die meisten Kunden zufriedenstellen. Es gibt jedoch Gründe, nach Alternativen zu suchen. Wer beispielsweise bereits mit IBM-Systemen und -Software arbeitet, sollte darüber nachdenken, auch die zugehörige Cloud zu verwenden.

KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) hingegen bevorzugen in vielen Fällen lokale Nischenanbieter, die günstige Bare-Metal-Server und Speicher anbieten. Auch, wenn es sich auf dieser Vertrauensbasis meist gut arbeiten lässt, sollten Unternehmen die langfristige Rentabilität und das Engagement dieses Cloud-Partners vorher in Betracht ziehen.

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