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Wie agnostische KI-Agenten Unternehmensdaten vernetzen

Google will mit Agentspace Datensilos abschaffen und macht die komplette Wissensbasis eines Unternehmens KI-tauglich. Wie die Technologie dahinter funktioniert.

Zahlreiche Softwarehersteller haben bereits KI-Agenten in ihre Systeme eingebettet und stellen ihren Kunden zusätzlich Werkzeuge zur Verfügung, um maßgeschneiderte Spezialagenten zu schaffen.

Salesforce stellt mit der Agentforce-Plattform beispielsweise unmittelbare einsatzfähige Assistenten zur Verfügung, die selbstständig Aufgaben im Kundendienst und Vertrieb übernehmen. SAP integriert KI-Agenten über Joule, Microsoft über Copilot. All diese Lösungen arbeiten hauptsächlich in ihrer herstellerspezifischen Umgebung und stoßen dadurch an Grenzen.

Da die meisten Unternehmen jedoch IT-Systeme verschiedener Anbieter nutzen und ihre Geschäftsprozesse über komplexe Systemlandschaften hinweg verlaufen, können KI-Agenten ihr volles Potenzial erst dann ausschöpfen, wenn sie Daten herstellerübergreifend verarbeiten und mit Drittsystemen kommunizieren können. Hier kommt Google Agentspace ins Spiel.

Was ist Google Agentspace?

Mit Agentspace stellt Google eine Plattform bereit, die isolierte Dateninseln auflöst und Informationen aus diversen Unternehmensquellen einheitlich zugänglich macht. Google bezeichnet es als „Such- und KI-Agenten-Hub“ – eine zentrale Schaltstelle für die multimodale Suche über sämtliche Unternehmensdaten hinweg sowie für die Nutzung und Entwicklung von KI-Agenten. Durch Konnektoren lassen sich neben Google Workspace und anderen Google-Anwendungen auch Systeme von Drittanbietern anbinden. Agentspace kann diese durchsuchen und mit ihnen interagieren. Das Unternehmen bietet sowohl einsatzbereite, vorkonfigurierte KI-Agenten als auch die Möglichkeit, eigene spezialisierte Agenten zu entwickeln. Zudem können Unternehmen künftig auf KI-Agenten von Partnern zugreifen.

Florian Chrometz, SoftwareONE

„Indem Agentspace bisher getrennte Welten miteinander verbindet, eröffnen sich neue, ganzheitliche Anwendungsszenarien. Mitarbeiter nutzen die Plattform als zentrale Oberfläche, um Informationen zu recherchieren und Aufgaben systemübergreifend auszuführen.“

Florian Chrometz, SoftwareONE

Indem Agentspace bisher getrennte Welten miteinander verbindet, eröffnen sich neue, ganzheitliche Anwendungsszenarien. Mitarbeiter nutzen die Plattform als zentrale Oberfläche, um Informationen zu recherchieren und Aufgaben systemübergreifend auszuführen. Sie müssen nicht wissen, wo welche Daten liegen, und nicht mehr zwischen verschiedenen Anwendungen wechseln. Dies spart Zeit und liefert die passenden Informationen. Daten werden deutlich schneller verfügbar.

Wenn ein Vertriebsmitarbeiter beispielsweise einen Termin vorbereitet, kann er den Agenten einfach bitten: „Zeige mir alle Informationen, die wir bisher zu einem Projekt haben.“ Die KI durchforstet dann die angeschlossenen Quellen wie das ERP- und CRM-System, Jira, Outlook, Sharepoint oder Kollaborations-Tools. Der Mitarbeiter erhält Suchergebnisse mit direkten Links zu den Inhalten, die er sofort bearbeiten kann. Die KI durchsucht die angebundenen Systeme nicht nur, sondern interagiert aktiv mit ihnen. Auf Anfrage organisiert sie Termine und versendet Einladungen per E-Mail. Auch Personalverwaltungsprozesse lassen sich mit Agentspace automatisieren: Will ein Mitarbeiter beispielsweise Urlaub beantragen, kann die KI das entsprechende System ansteuern und den Antrag selbstständig ausfüllen.

Wie funktioniert die Technik?

Agentspace basiert auf dem multimodalen KI-Modell Google Gemini und kombiniert es nach Bedarf mit Google Search und anderen Google-Technologien. Im Vergleich zur Konkurrenz kann Gemini aktuell die meisten Input-Tokens verarbeiten, was das Modell besonders geeignet für große Datenmengen macht. Ein wesentlicher Vorteil von Agentspace besteht darin, dass Unternehmen ihre Daten nicht auf die Plattform übertragen oder duplizieren müssen. Sobald Fremdsysteme über sogenannte Konnektoren angeschlossen sind, kann Agentspace darauf zugreifen.

Google durchsucht die Daten und indexiert sie in einer Vektordatenbank. Dieser Vorgang wird regelmäßig wiederholt, sodass die Antworten von Agentspace aktuell bleiben. Wenn Informationen in einer der Quellen entfernt oder hinzugefügt werden, ändern sich auch die Suchergebnisse entsprechend. Die Daten verbleiben jedoch immer an ihrem ursprünglichen Speicherort, wodurch keine weiteren Instanzen mit den damit verbundenen Risiken entstehen. Zudem übernimmt Google automatisch die in den jeweiligen Systemen festgelegten Zugriffsrichtlinien. Jeder Anwender kann über Agentspace nur auf jene Daten zugreifen, für die er auch im Ursprungssystem berechtigt ist.

Integrierte KI-Kompetenz

Als führender Anbieter von Suchtechnologie bringt Google umfassende Expertise in diesem Bereich in Agentspace ein. Dadurch eignet sich die Plattform hervorragend, um die stetig wachsende Menge an Unternehmensdaten effizient zu bewältigen. Auch im Bereich KI betreibt Google seit Jahren intensive Forschung und entwickelt eigene KI-Modelle sowie Hochleistungshardware. Kunden profitieren so von einem Komplettpaket aus einer Hand und gewinnen strategische Planungssicherheit. Die Wahrscheinlichkeit steht hoch, dass Google auch in Zukunft stark in KI investieren wird. Weniger Abhängigkeiten wirken sich zudem positiv auf die Preisgestaltung aus. In der Vergangenheit hat Google technologische Fortschritte kostenfrei an Kunden weitergegeben, sodass diese von schnelleren KI-Modellen in ihren End-to-End-Prozessen profitierten.

Derzeit steht Google Agentspace noch nicht allgemein zur Verfügung. Die Plattform kann über ausgewählte Partner bezogen und eingerichtet werden. Unternehmen müssen die Plattform in ihre bestehende Systemlandschaft integrieren, Datenquellen anbinden und für Sicherheit und Datenschutz sorgen. Die Implementierung sollte daher durch spezialisierte Dienstleister erfolgen, die mit der Technologie vertraut sind und mit ihrem Fachwissen unterstützen können.

Laurenz Reitsam, SoftwareONE

„Besonders wertvoll für Unternehmen ist die Möglichkeit, individuelle KI-Agenten für fachspezifische Prozesse zu entwickeln. Google bietet hierfür ebenso wie Microsoft und Salesforce geeignete Werkzeuge an.“

Laurenz Reitsam, SoftwareONE

Besonders wirkungsvoll gelingt der Einstieg mit einem Kick-Start-Workshop. In Schulungen, offenen Fragestunden und anhand praktischer Beispiele lernen die Teilnehmer zunächst die Möglichkeiten der neuen Plattform kennen. Welche Tools und Dienste nutzen die Mitarbeiter aktuell? Was sind die wichtigsten Datenquellen im Unternehmen? Daraus ergibt sich, welche Quellen angebunden werden sollten. Anschließend beginnt die eigentliche Implementierung: Der Dienstleister richtet die Agentspace-Instanz ein, konfiguriert die Konnektoren, bindet die Datenquellen an und gewährleistet die Benutzerauthentifizierung. Nach der Feinabstimmung können die Teilnehmer erste praktische Erfahrungen mit Agentspace sammeln.

Eigene Spezialagenten entwickeln

Besonders wertvoll für Unternehmen ist die Möglichkeit, individuelle KI-Agenten für fachspezifische Prozesse zu entwickeln. Google bietet hierfür ebenso wie Microsoft und Salesforce geeignete Werkzeuge an. Darüber hinaus existieren zahlreiche Open-Source-Lösungen auf dem Markt. Unternehmen stehen zunächst vor der Herausforderung, den optimalen Ansatz für ihre Bedürfnisse zu identifizieren. Ein herstellerunabhängiger Berater kann sowohl bei der Auswahl der Plattform als auch bei der Realisierung erster Projekte unterstützen.

Denn die Implementierung eigener KI-Agenten gestaltet sich komplexer, als die Anbieter suggerieren. Als ersten Schritt empfiehlt sich die Auswahl eines möglichst kleinen, klar definierten Anwendungsfalls und die Durchführung eines Machbarkeitsnachweises. Stehen überhaupt die richtigen Daten zur Verfügung, um das Problem zu lösen? Falls ja, folgt die Prototypentwicklung. Dabei sollten Unternehmen sicherstellen, dass sich Daten im Hintergrund automatisch aktualisieren und transparente Protokollierungsprozesse existieren. Letzteres hilft, eventuelle Fehler später präzise zu analysieren. Ein großes Problem bei generativer KI bleibt nach wie vor das Risiko von Halluzinationen. Unternehmen müssen gewährleisten, dass der KI-Agent auf die passenden Datenquellen zugreift und zu 100 Prozent verlässliche Informationen liefert. Datenwissenschaftler können die Feinabstimmung übernehmen und die richtigen Parameter justieren.

Die Vorteile der Prozessautomatisierung mit individuellen KI-Agenten lassen sich am besten anhand konkreter Beispiele veranschaulichen: Eine Textilfirma plant die Herstellung eines neuen Stoffgarns in einer bestimmten Farbe. Hierfür entwickelt sie einen KI-Agenten, der bestehende Dokumente und Daten durchforstet, um die optimale Mischung für die gewünschte Farbe zu ermitteln. Künftig müssen Mitarbeiter der KI nur noch ein Bild der Zielfarbe vorlegen – und erhalten eine präzise Anleitung zur Herstellung.

Ein anderes Unternehmen setzt einen KI-Agenten ein, der Ausschreibungen vorsortiert. Zunächst lernt die KI anhand historischer Fälle, wie das Unternehmen standardmäßig mit Ausschreibungen verfährt. Auf dieser Wissensbasis beantwortet sie Fragen zu aktuellen Projekten und füllt Dokumente automatisch aus.

Flexibilität anstatt Lock-in

KI-Agenten bieten enormes Potenzial und werden in diesem Jahr an Dynamik gewinnen. Die KI-Entwicklung wird voraussichtlich weiterhin rasant voranschreiten. Niemand kann jedoch vorhersagen, welches Modell und welcher Anbieter zukünftig führend sein wird. Daher erweist es sich als vorteilhaft, auf eine Plattform zu setzen, die möglichst viele Optionen offenhält. Google Agentspace schafft einen flexiblen Raum für KI-Agenten, unabhängig vom genutzten KI-Modell. Indem die Plattform Datensilos auflöst, gewinnen Unternehmen strategische Beweglichkeit, um sich für kommende Entwicklungen im KI-Bereich optimal zu positionieren.

Über die Autoren:
Florian Chrometz ist Cloud Solution Architect für Google Cloud bei SoftwareOne und seit 2023 Google Developer Expert – eine Auszeichnung, die Google an engagierte Experten mit herausragenden technischen Fähigkeiten vergibt. Nach seiner Ausbildung zum Fachinformatiker bei der Deutschen Telekom AG gründete er als selbstständiger Softwareentwickler und Co-Founder die High5-IT UG. Ab 2019 spezialisierte er sich bei T-Systems auf Cloud-Architektur mit einem besonderen Fokus auf die Google Cloud. Weitere Schwerpunkte liegen in den Bereichen Cloud-Architektur, DevOps, serverlose Technologien und Machine Learning.

Laurenz Reitsam ist seit Oktober 2024 als Presales Services Consultant – Data & AI bei SoftwareOne tätig. Er hat einen Master of Science in Informatik/Data Science und verfügt über vier Jahre Erfahrung in der Machine-Learning-Beratung mit Schwerpunkt Google Cloud. Seine Expertise umfasst Data Science, Machine Learning und künstliche Intelligenz. Seit 2020 ist er in der IT-Branche aktiv und besitzt mehrere Google Cloud-Zertifizierungen, die seine Fachkenntnisse im Bereich Cloud-Technologien belegen.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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