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Virtual Tape Libraries: Funktionen, Nutzung, Backup-Strategien
Virtual Tape Libraries sind keine neue Technologie und scheinen an Relevanz verloren zu haben. Wir erklären, wie das bewährte Storage auch heutige Backup-Strategien stärken kann.
Virtual Tape Libraries (VTLs) sind seit den späten 1990er-Jahren etabliert und haben sich kontinuierlich weiterentwickelt. Sie emulieren traditionelle Bandlaufwerke auf diskbasierten Speichersystemen und lassen sich nahtlos in bestehende Backup-Umgebungen integrieren. Dadurch können Unternehmen die Geschwindigkeit von Festplattenspeichern nutzen, ohne bestehende Backup-Workflows umstellen zu müssen.
In den letzten Jahren ist es ruhig um diese Speichertechnologie geworden, was aber nicht bedeutet, dass sie heutige Anforderungen nicht bedienen können oder ihre Relevanz für Backup-Strategien verloren haben. Denn trotz es Aufstiegs von Cloud-basierten Speicherlösungen bleibt der Bedarf an effizienten, schnellen und sicheren Datensicherungslösungen bestehen.
Im August 2025 veröffentlichte das Marktforschungsinstitut Verified Market Reports eine Marktübersicht über die aktuelle Situation des VTL-Segments. Nach Angaben des Instituts verzeichnete der VTL-Markt im Jahr 2024 einen Wert von 1,2 Milliarden US-Dollar. Marktbeobachter prognostizieren bis 2033 einen Anstieg auf 2,5 Milliarden US-Dollar, bei einer jährlichen Wachstumsrate von 8,5 Prozent. Dabei wird das stärkste Wachstum im Zeitraum von 2026 bis 2033 erwartet.
VTLs sind insbesondere relevant für Unternehmen, die bestehende Tape-Infrastrukturen migrieren oder hybride Backup-Strategien implementieren wollen, die lokale und Cloud-Speicherung kombinieren. In erster Linie geht es bei dem Einsatz einer VTL um schnellere Backups und Wiederherstellungen, was mit festplattenbasierten Backup-Systemen zügiger realisierbar ist als mit Bandmedien. Darüber hinaus bieten VTLs, die am eigenen Standort betrieben werden, nicht nur schnellere Restores, sondern auch mehr Kontrolle über die eigenen Daten.
Funktionsweise einer Virtual Tape Library
Eine VTL emuliert physische Bandlaufwerke und Bibliotheken auf Festplattenspeichern. Neuere VTLs nutzen SSDs oder NVMe-Laufwerke, um Backup- und Restore-Zeiten deutlich zu reduzieren. Sie unterstützen typischerweise LTO-Bandformate (LTO-6 bis LTO-10) für die Kompatibilität mit vorhandener Backup-Software.
Viele Systeme bieten Tiered Storage, bei dem aktive Daten auf SSDs und archivierte Daten auf HDDs oder in der Cloud liegen. Zudem unterstützen VTLs Funktionen wie Deduplizierung, Kompression und Verschlüsselung, um Effizienz und Datensicherheit zu erhöhen. Darüber hinaus wird das Management vereinfacht, da keine physischen Prozesse erforderlich sind wie das Beladen, Entladen und Verlagern oder Transportieren von Bändern.
VTLs lassen sich auch dafür nutzen, Backup-Daten in die Cloud weiterzuleiten, um eine weitere Sicherungskopie an einem externen Standort vorzuhalten und ein logisches Air Gap umzusetzen.
Integration mit Backup-Software
VTLs werden häufig mit gängigen Backup- und Recovery-Tools wie Veritas NetBackup, Veeam, Commvault oder IBM Spectrum Protect kombiniert.
Sie können virtualisierte Tape Libraries (VTLs) nahtlos in bestehende Tape-basierten Workflows integrieren, ohne dass Backup-Jobs umprogrammiert werden müssen.
Sicherheits- und Compliance-Funktionen
Um heutige Sicherheitsanforderungen zu bedienen, sind VTLs mit zahlreichen Funktionen ausgestattet. Einige der wichtigen Features für Sicherheit und Compliance sind im Folgenden aufgeführt, wobei die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat.
- Datenverschlüsselung: Daten werden während der Übertragung und Speicherung verschlüsselt, um unbefugten Zugriff zu verhindern. Dies geschieht meist mit AES 256.
- Proaktive Überwachung: Hardware und Daten werden überwacht und diagnostiziert, um Probleme frühzeitig zu erkennen.
- Integritätsprüfung: Eine automatische Überprüfung der Datenintegrität stellt sicher, dass die Daten nicht verändert wurden.
- Multifaktor-Authentifizierung (MFA): MFA schützt Administratorkonten vor unbefugtem Zugriff durch zusätzliche Sicherheitsebenen.
- Encryption-Manager: Automatisiert und vereinfacht die Verwaltung von Verschlüsselungsschlüsseln. Verschlüsselung kann für Data at Rest und für Data in Flight umgesetzt werden.
- WORM (Write-Once-Read-Many): WORM ermöglicht das Schreiben von Daten, die danach nicht mehr verändert oder gelöscht werden können, was für Compliance-Zwecke wie in DSGVO oder BDSG sehr wichtig ist.
- Tape Retention Lock: Eine Funktion, die Daten vor versehentlichem oder absichtlichem Löschen schützt und somit Compliance-Vorgaben zur Datenaufbewahrung erfüllt.
- Einhaltung von Industriestandards: VTLs können FIPS 140-2-konforme Endpunkte bieten, um sensible Daten zu schützen und die Einhaltung von Vorschriften zu gewährleisten.
- Audit-Protokollierung: Detaillierte Protokolle über Systemaktivitäten helfen bei der Nachvollziehbarkeit und der Einhaltung von Compliance-Anforderungen.
Netzwerk- und Replikationsoptionen
Virtual Tape Libraries (VTLs) bieten Netzwerk- und Replikationsfunktionen, indem sie Daten über Protokolle wie Fibre Channel, iSCSI oder IP übertragen. Die Unterstützung dieser gängigen Protokolle sorgt für eine nahtlose Verbindung zu bestehenden Sicherungsinfrastrukturen zu ermöglichen.
Daten lassen sich an andere Arrays, physische Bandbibliotheken oder Cloud-Umgebungen replizieren, beispielsweise an Azure Archive Blob. Auch das Tiering der Daten wird durch die Replikations- und Netzwerkfähigkeiten der VTL ermöglicht.
Management und Monitoring
VTLs verfügen in der Regel über webbasierte Management-Oberflächen, APIs und SNMP-Schnittstellen für Monitoring und Automatisierung. Das Monitoring kann Kapazitätsauslastung, Fehlerraten, Backup-Fenster und Replikationsstatus in Echtzeit anzeigen. Zu den wichtigsten Managementfunktionen gehören unter anderem:
- Automatisierte Backups und Wiederherstellung: VTLs automatisieren den Backup- und Archivierungsprozess, was die Notwendigkeit manueller Eingriffe und den Versand physischer Bänder reduziert.
- Datendeduplizierung und Kompression: Diese Funktionen helfen, den Speicherplatzbedarf zu reduzieren und die Effizienz bei der Datensicherung zu steigern.
- Datenverschlüsselung: Schützt sensible Daten während des Backups und der Speicherung.
- Katalogverwaltung: Umfasst Funktionen wie Tape-Katalogisierung, die das Nachvollziehen und Verwalten von gesicherten Daten erleichtern.
- SAN-Zoning: Ermöglicht die Verwaltung von Zugriffsberechtigungen innerhalb des Storage Area Networks und sichert die VTL-Umgebung
Einige der wichtigen verfügbaren Monitoring-Funktionen sind die folgenden:
- Leistungsüberwachung: Ermöglicht die Echtzeitverfolgung von wichtigen Metriken wie Verfügbarkeit und Leistung.
- Ressourcen-Monitoring: Bietet Einblicke in die Auslastung der virtuellen Bandbibliothek und ihre Ressourcen.
- Berichterstattung und Dashboards: Bietet integrierte, anpassbare Berichte und Dashboards mit Kontext-spezifischen Drill-Down-Funktionen, um Probleme schnell zu identifizieren und zu lösen.
- KI-basierte Anomalieerkennung: Nutzt künstliche Intelligenz, um statistisch signifikante Änderungen zu erkennen und Risiken für die Systemgesundheit proaktiv zu identifizieren.
- Alerting (SNMP-Traps): VTLs können Warnmeldungen (Traps) senden, die von einem SNMP-Manager empfangen, interpretiert und nach Schweregrad gruppiert werden, um den Administrator über kritische Ereignisse zu informieren.
Leistung und Skalierbarkeit
Da zahlreiche verschiedene Modelle am Markt verfügbar sind, variiert auch die Leistung und Skalierbarkeit. Generell lässt sich sagen, dass VTLs schnellere Backup- und Recovery-Zeiten bieten, da sie auf Festplatten, in einigen Fällen auf SSDs, basieren. Deduplizierung und Kompression helfen, den Speicherplatzbedarf zu minimieren und die Effizienz zu steigern, indem sie redundante Daten identifizieren und eliminieren und die Daten komprimieren. Die oben genannten Replikationsfunktionen und die Option einer Offsite-Verlagerung der Daten bietet eine erhöhte Datensicherheit und Geschäftskontinuität.
Auch in punkto Skalierbarkeit sind VTLs flexibler als ihre Bandkollegen. Anstatt physische Bänder zu erfordern, können VTLs durch die Erweiterung des zugrunde liegenden Disk-Arrays einfach an die steigende Datenmenge angepasst werden. Sie können die Anzahl und Größe der simulierten Bänder nach Bedarf anpassen, um verschiedene Anforderungen zu erfüllen. Zusätzlich gibt es die Option, eine hybride Lösung umzusetzen. Dafür ermöglichen einige VTLs die Integration mit echten Bandbibliotheken, um Daten entweder auf Disk zu sichern oder für die Langzeitarchivierung auf echte Bänder auszulagern.
Vor- und Nachteile von VTLs
Bevor Unternehmen zwischen einer Lösung mit Magnetbändern und einer Virtual Tape Library entscheiden sollten sie die Vor- und Nachteile der VTLs berücksichtigen.
Vorteile:
- Schnellerer Datenzugriff: Festplattenspeicher bieten im Vergleich zu traditionellen Bandlaufwerken schnelleren Zugriff auf Daten.
- Skalierbarkeit: VTLs lassen sich leicht an wachsende Datenmengen anpassen.
- Integration in bestehende Systeme: VTLs können nahtlos in bestehende Backup-Umgebungen integriert werden.
- Unterstützung moderner Funktionen: Viele VTLs bieten Funktionen wie Deduplizierung und Verschlüsselung.
Nachteile:
- Kosten: Die Anschaffung und Wartung von VTLs kann kostenintensiv sein.
- Komplexität: Die Implementierung und Verwaltung von VTLs erfordert spezialisiertes Fachwissen.
- Abhängigkeit von Festplattenspeichern: VTLs sind auf die Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit von Festplattenspeichern angewiesen.
VTLs sind trotz Cloud-Trends weiterhin ein relevanter Bestandteil moderner Backup-Strategien. Sie kombinieren die Kompatibilität traditioneller Bandlaufwerke mit der Geschwindigkeit und Flexibilität diskbasierter Speicherlösungen. Unternehmen profitieren von kürzeren Backup-Zeiten, effizienter Datenreduktion und sicheren, unveränderbaren Backups.
Anbieter von VTL-Lösungen
Es gibt verschiedene Lösungen am Markt und der Anwender kann zwischen softwarebasierten und hardwarebasierten sowie integrierten VTLs und Cloud-Gateways wählen. Hier sind einige der Anbieter aufgeführt.
StarWind Software
StarWind bietet sowohl Softwarelösungen als auch Hardware-Appliances für Virtual Tape Libraries an. Ihre VTL-Lösungen unterstützen die Integration mit Cloud-Speichern und ermöglichen eine nahtlose Migration von LTO-Bändern in virtuelle Umgebungen. Besonders hervorzuheben ist die Möglichkeit, bestehende LTO-Archive zu virtualisieren, ohne die ursprüngliche Struktur zu verändern.
FalconStor
FalconStor bietet eine Virtual Tape Library mit Deduplizierung, Replikation und WORM-Schutz. Sie unterstützt gängige Backup-Software und kann sowohl lokal als auch in hybriden Cloud-Umgebungen eingesetzt werden.
Veeam
Veeam stellt keine eigene VTL-Hardware bereit, unterstützt aber die Integration mit VTLs von Drittanbietern. Dadurch können Unternehmen bestehende Tape-Workflows weiter nutzen und Veeam-Backups nahtlos in virtuelle Tape-Systeme schreiben.
QUADStor
QUADStor bietet eine Open-Source-VTL-Lösung, die Tape-Laufwerke auf Standard-Serverhardware emuliert. Sie richtet sich an Unternehmen, die eine kosteneffiziente und flexible Alternative zu proprietären VTL-Systemen suchen.
IBM
IBM bietet VTL-Funktionalität im Rahmen seiner TS7700 Virtualization Engine. Diese Plattform emuliert Tape Libraries, ist für Hochverfügbarkeit ausgelegt und lässt sich mit physischen Tape-Systemen und Cloud-Speicher kombinieren.
HPE
HPE setzt mit StoreOnce auf Deduplizierungs-Appliances, die auch VTL-Schnittstellen bereitstellen. Die Systeme sind für hohe Backup-Geschwindigkeiten optimiert und können mit Cloud-Buckets oder physischen Tapes kombiniert werden.
SpectraLogic
Spectra Logic integriert VTL-Funktionalität in seine BlackPearl-Plattform. Sie unterstützt Tape-Emulation, Cloud-Anbindung und Verschlüsselung, sodass sich hybride Backup-Strategien mit physischen und virtuellen Bändern umsetzen lassen.
Cybernetics
Cybernetics bietet VTL-Lösungen mit variabler Kapazität und hoher Datentransferrate an. Ihre Systeme unterstützen Funktionen wie Deduplizierung, WAN-Replikation und Cold-Spare-Disks. Die VTLs von Cybernetics sind in verschiedenen Größen erhältlich, von 1 TB bis zu 256 TB, und können mit bis zu 16 virtuellen Laufwerken konfiguriert werden.
Quantum
Quantum bietet mit seiner DXi9000-Serie VTL-Lösungen an, die sich durch hohe Skalierbarkeit und Integration mit bestehenden Backup-Softwarelösungen auszeichnen. Die DXi9000-Serie unterstützt Funktionen wie Deduplizierung, Kompression und Verschlüsselung und kann sowohl lokal als auch in Cloud-Umgebungen eingesetzt werden.
LaserVault
LaserVault bietet mit seiner ViTL-Lösung eine VTL speziell für IBM Power Systems (AS/400, iSeries) an. Diese Lösung unterstützt Funktionen wie Deduplizierung, AES-256-Verschlüsselung und Integration mit IBM Backup-Software. ViTL kann sowohl als Hardware-Appliance als auch als Softwarelösung bereitgestellt werden.
AWS Tape Gateway
Amazon Web Services bietet mit dem Tape Gateway eine Cloud-basierte VTL-Lösung an. Diese Lösung ermöglicht es, physische Bänder durch virtuelle Bänder in Amazon S3 zu ersetzen und dabei bestehende Backup-Softwarelösungen zu nutzen. Das Tape Gateway unterstützt Funktionen wie Deduplizierung, Verschlüsselung und Integration mit Amazon S3 Glacier für kostengünstige Langzeitarchivierung.
Auf einen Blick: Virtual Tape Library (VTL)
Virtual Tape Libraries (VTLs) emulieren Bandlaufwerke auf Festplatten oder SSDs und lassen sich nahtlos in bestehende Backup-Umgebungen integrieren. Sie bieten schnellere Backups und Wiederherstellungen, unterstützen Deduplizierung, Verschlüsselung und Compliance-Funktionen wie WORM. VTLs eignen sich für Unternehmen, die Tape-Umgebungen ablösen oder hybride Backup-Strategien umsetzen wollen. Trotz wachsender Cloud-Nutzung bleibt der Markt relevant: Bis 2033 wird ein Volumen von 2,5 Milliarden US-Dollar prognostiziert.