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Multi Cloud und Hybrid Cloud verstehen und vergleichen

Hybrid und Multi Clouds sind mittlerweile auch in deutschen Unternehmen weit verbreitet. Doch was bedeutet das konkret? Wir erklären die Unterschiede, und für wen sie sich eignen.

Was die Cloud angeht, gleicht keine Architektur der anderen. In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Angebote vervielfacht und Anwender haben das genutzt, um ihre Umgebungen genau ihren Bedürfnissen und Anforderungen anzupassen.

Wer jetzt erst in die Cloud einsteigen möchte, steht deshalb nun vor einer komplexen Angebotslandschaft. Eine der Fragen, die er sich beispielsweise stellen muss, ist: brauche ich eine Hybrid Cloud? Und was ist der Unterschied zur Multi Cloud? Wir erklären in diesem Artikel den Unterschied zwischen den beiden Architekturen und welche Gründe jeweils für und gegen sie sprechen.

Was ist Multi Cloud?

Eine Multi-Cloud-Strategie umfasst zwei oder mehr Cloud-Computing-Plattformen oder -Anbieter. Einige Fachleute würden nur dann von Multi-Cloud sprechen, wenn ein Unternehmen bei verschiedenen Anbietern funktionsgleiche Dienste nutzt – im Gegensatz zu einer Strategie, bei der sich eine Organisation bei jedem Anbieter die Rosinen herauspikt.

Wir bezeichnen in diesem Artikel jedoch beides der Einfachheit halber als Multi Cloud, zumal ersterer Ansatz nur selten zu finden ist. Mit einer Multi Cloud kann ein Unternehmen also beispielsweise einige Aufgaben mit AWS erledigen, andere mit Google Cloud Platform und noch andere mit Microsoft Azure.

Eine Multi-Cloud-Strategie kann je nach Anzahl der beteiligten Clouds und der Art und Weise, wie ein Unternehmen Cloud-Ressourcen oder Dienste nutzt, sehr umfangreich und komplex werden. Setzt ein Unternehmen beispielsweise die IaaS (Infrastructure as a Service) eines Public-Cloud-Anbieters zum Hosten von Workloads ein, kann es daneben SaaS oder PaaS (Software as a Service, Platform as a Service) dritter Anbieter als Produktivitäts-Tools, für die Kostenverfolgung- und -berichterstellung, oder für ähnliche Anwendungszwecke verwenden.

Abbildung 1: Verschiedene Cloud-Architekturen im Vergleich.
Abbildung 1: Verschiedene Cloud-Architekturen im Vergleich.

Vorteile von Multi Cloud

Warum würden IT-Teams also eine solche Komplexität auf sich nehmen? Es gibt einige zwingende Gründe für die Multi Cloud:

  • Reduzieren der Infrastruktur On-Premises. Einige Unternehmen lagern einen Teil oder die gesamte lokale Infrastruktur an Drittanbieter aus, um den Aufwand für Hardware, Software, Wartung und Support zu verringern – zum Beispiel indem sie die von einem Exchange-Server zu Exchange Online wechseln. Oft setzen sie dabei auf Cloud-Angebote des gleichen Anbieters, haben aber für andere Funktionen bereits eine Cloud im Einsatz.
  • Nutzen spezialisierter Angebote. Einige Cloud-Anbieter sind auf bestimmte Kunden und deren Wünsche spezialisiert. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, Test- und Entwicklungsumgebungen bei dem einen Anbieter zu hosten, während man in einer anderen Cloud Services für maschinelles Lernen (ML) und künstliche Intelligenz (KI) in Anspruch nimmt.
  • Optimieren der Kosten. Die Anschaffungskosten für Infrastruktur vor Ort sind immer gleich – egal, wie gut ausgelastet sie ist. Cloud-Ressourcen und -Dienste verwenden hingegen ein Pay-as-you-go-Modell, bei dem Kunden nur für das bezahlen, was sie nutzen.
  • Verbessern der Resilienz und Compliance. Unternehmen müssen sich auf Compliance-Gründen immer auf ihre Infrastruktur verlassen können. Verteilen sie ihre Workloads redundant auf verschiedene Clouds, können sie mehr Anwendungsdatenverkehr bewältigen und die Ausfallsicherheit verbessern. Selbst wenn eine Cloud offline geht, bricht der Betrieb nicht zusammen.
Abbildung 2: Im Idealfall ist in Hybrid Clouds ein VPN zwischengeschaltet, um den Verkehr mit den Cloud-Ressourcen zu regulieren.
Abbildung 2: Im Idealfall ist in Hybrid Clouds ein VPN zwischengeschaltet, um den Verkehr mit den Cloud-Ressourcen zu regulieren.

Herausforderungen der Multi Cloud

Die Komplexität eines Multi-Cloud-Ansatzes geht über das bloße Jonglieren mit Ressourcen, Diensten und Drittanbietern hinaus. Unternehmen, die eine Multi-Cloud-Umgebung nutzen, sehen sich möglicherweise einigen neuen Risiken und Herausforderungen gegenüber, wie zum Beispiel:

  • Sicherheitsrisiken. Sicherheitsverantwortliche mit Multi-Cloud-Umgebungen müssen sich mit mehreren Sicherheitskonfigurationen und Authentifizierungsmethoden auseinanderzusetzen. Oft ist es schwer, eine gemeinsame Sicherheitskonfiguration oder einen gemeinsamen Arbeitsablauf für alle Cloud-Anbieter einzurichten. Außerdem kann in Multi-Cloud-Umgebungen ein hohes Risiko von Sicherheitslücken bestehen.
  • Regulatorische Standards. Obwohl Multi-Cloud-Strategien die Compliance in Bereichen wie der Workload-Resilienz verbessern können, erschweren sie an anderer Stelle das Einhalten gesetzlicher Vorschriften, zum Beispiel was das Aufspüren, Löschen und Verwahren von Daten angeht.
  • Netzwerksicherheit. Bei Workloads und Daten in der Cloud ist es unvermeidlich, dass sensible Geschäftsdaten ein öffentliches Netzwerk wie das Internet durchlaufen. Unternehmen müssen Vorkehrungen treffen, um ihre Sicherheit durch Verschlüsselung zu gewährleisten.
  • Störungen beim Anbieter. Bei Netzwerk- und Provider-Unterbrechungen muss im Betrieb ein eindeutiger Notfallplan vorliegen. Dafür ist es notwendig, dass Verantwortliche wissen, welche Auswirkungen ein Ausfall, eine Cyberattacke auf den Anbieter, das Support-Ende eines wichtigen Diensts und andere unerwartete Ereignisse auf ihren Betrieb haben könnten. Gegebenenfalls muss ein anderer geeigneter Cloud-Anbieter gefunden oder der Dienst ins Haus zurückgeführt werden.

Multi-Cloud-Verwaltungs-Tools

Die Verwaltung und Überwachung von Multi-Cloud-Umgebungen ist somit eine besondere Herausforderung und zeitgleich dringend notwendig, damit die Strategie am Ende aufgeht.

Es gibt Tools, mit denen Administratoren mehrere Clouds auf nur einer Oberfläche überwachen können. Diese Tools unterstützen eine breite Palette von Cloud-Plattformen wie AWS und Azure sowie ergänzende Tools wie Kubernetes zum Verwalten containerbasierter Workloads. Multi-Cloud-Management-Tools sollten auch starke Abstraktion, Orchestrierung und Automatisierung bieten; hinzu kommen Sicherheitsfunktionen wie Identitätsmanagement und Datenverschlüsselung, Kontrolle und Einhaltung der Richtlinien, Leistungsüberwachung und Kostenmanagement.

Was ist eine Hybrid Cloud?

Eine Hybrid-Cloud-Technologiestrategie führt eine Private Cloud oder eine lokale Infrastruktur mit einer Public-Cloud-Umgebung zusammen, um eine einzige Cloud-Computing-Oberfläche zu schaffen, die das Beste aus beiden kombiniert.

Mit Private Clouds können Unternehmen Self-Service-Ressourcen für Softwareentwickler bereitstellen, oder Cloud-native Anwendung lokal ausführen. Indem sie Public und Private Clouds miteinander kombinieren, fügen sie zusätzliche Ressourcen oder spezielle Dienste hinzu.

Arten von Hybrid Clouds

Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Hybrid Cloud ist Einheitlichkeit – konsistenter Zugriff und Bereitstellung von Ressourcen und Diensten, die Public und Private Clouds reibungslos integrieren. Es gibt zwei gängige Ansätze, um eine einheitliche Hybrid-Cloud-Infrastruktur aufzubauen.

Der traditionelle Ansatz besteht darin, einen privaten Cloud Stack aufzubauen, der sich mit gängigen Plattformen wie OpenStack in eine Public Cloud integrieren lassen. Solche Konstrukte werden manchmal als heterogene Hybrid Clouds bezeichnet, da die resultierende Hybrid-Cloud-Infrastruktur Technologien und Plattformen verschiedener Anbieter umfasst.

Ein anderer Ansatz besteht darin, spezialisierte Appliances zu verwenden, die den Software-Stack und die Dienste enthalten, die speziell für die Zusammenarbeit mit der zugehörigen Public Cloud entwickelt wurden. Beispiele für diese Vorgehensweise sind Azure Stack, Google Anthos und AWS Outposts. Diese Art der Bereitstellung wird manchmal als homogene Hybrid Clouds bezeichnet, da die resultierende Infrastruktur Technologien von einem einzigen Public-Cloud-Anbieter umfasst.

Ein Unternehmen muss seine Kosten-, Leistungs- und Verwaltungsanforderungen sowie die Technologie-Roadmap berücksichtigen, um eine Lösung zu finden, die seinen Anforderungen am besten entspricht.

Vorteile der Hybrid Cloud

Hybrid Clouds gehören mittlerweile zu den am weitesten verbreiteten Cloud-Architekturen und das hat mehrere Gründe:

  • Kostenmanagement. Infrastrukturen sind Einmalausgaben, und einige Workloads und Daten gehören auch weiterhin auf eine lokale Infrastruktur, so dass eine leistungsstarke, flexible Private Cloud vor Ort die beste Option ist. Daneben können IT-Teams aber Workloads und Daten in die Public Cloud verlagern, die sie nur vorübergehend nutzen, um die Vorteile bedarfsorientierter Abrechnungssysteme zu realisieren. Das Zusammenführen von Private und Public Clouds zu einer konsistenten Hybrid Cloud vereinfacht die Migration von Workloads und Daten, nach finanziellen Gesichtspunkten..
  • Sicherheit und Compliance. Einige Workloads und Daten müssen aus Sicherheits-, Compliance- und gesetzlichen Gründen auf einer lokalen Infrastruktur laufen. Diese Bedingungen können in einer Hybrid Cloud problemlos erfüllt werden.
  • Skalierbarkeit. Workloads benötigen Flexibilität, um mit wechselndem Datenverkehr umzugehen. Hybrid Clouds ermöglichen es, Workloads und Daten je nach Bedarf zwischen Private und Public Clouds zu verschieben.
  • Business-Agilität. Wettbewerbsvorteile, neue Geschäftsmöglichkeiten und schnellere Markteinführungszeiten hängen in der Regel von einer flexiblen Infrastrukturbereitstellung ab, um Aktivitäten wie das Testen neuer Workloads, Bereitstellung und Migration zu unterstützen. Eine Hybrid-Cloud-Strategie ist für diese Agilität einzigartig geeignet – Mitarbeiter stellen Ressourcen in einer Private Cloud bereit und verschieben Workloads und Daten zwischen Public und Private Clouds.

Herausforderungen der Hybrid Cloud

Während eine gut konzipierte Hybrid Cloud überzeugende Vorteile bietet, sind auch verschiedene Nachteile der Hybrid Cloud zu berücksichtigen, darunter die folgenden:

  • Anspruchsvolle Umsetzung. Der Aufbau einer Hybrid Cloud von Grund auf, insbesondere einer heterogenen Hybrid Cloud Marke Eigenbau, kann technisch anspruchsvoll und zeitaufwändig sein. Nicht alle Hybrid-Cloud-Projekte sind erfolgreich oder erfüllen die Erwartungen des Unternehmens. Ein Unternehmen muss kompetente Mitarbeiter und sinnvolle Tools finden, bevor es eine Hybrid-Cloud-Initiative startet.
  • Kosten. Durch Kostenmanagement lässt sich zwar der Preis von Hybrid Clouds drücken; Private Clouds sind jedoch immer noch im Unterhalt vergleichsweise teuer. Dasselbe gilt für das Erarbeiten von Workflows und Richtlinien für die Cloud-Nutzung. Berücksichtigen Sie bei der Planung eines Hybrid-Cloud-Projekts alle Kosten.
  • Kompatibilitätsprobleme. Der Sinn einer Hybrid Cloud besteht darin, eine Private und eine Public Cloud zusammenzubringen und genau das ist eine der größten Herausforderungen. Updates und Patches können hilfreich sein, oder aber die gesamte Infrastruktur lahmlegen.
  • Netzwerkprobleme. Hybrid Clouds sind auf WAN-Konnektivität (Wide Area Network) angewiesen. Jegliche Störung kann die Hybrid Cloud funktionsunfähig machen.

Multi-Cloud versus Hybrid Cloud: Was sind die wichtigsten Unterschiede?

Hybrid-Cloud- und Multi-Cloud-Bereitstellungsmodelle unterscheiden sich in Zweck und Infrastrukturdesign und weisen demnach Ähnlichkeiten und Unterschiede auf. Sie teilen die folgenden Eigenschaften:

  • Sie bieten mehr Flexibilität und Redundanz;
  • sie versetzen Unternehmen in die Lage, hochgradig maßgeschneiderte Infrastrukturen bereitzustellen; und
  • sie erlauben das Ersetzen von Capex durch Opex.

Gleichzeitig gibt es wichtige Unterscheidungen, darunter:

  • Hybrid Clouds bestehen immer aus Public und Private Clouds, während Multi Clouds nur Public Clouds (IaaS, PaaS und SaaS) kombinieren.
  • Hybrid Clouds verbinden eine Private und eine Public Cloud, um eine einheitliche Umgebung (einschließlich Management) zu simulieren; Multi-Clouds können ein heterogenes Erscheinungsbild beibehalten.

Kann eine Hybrid Cloud Multi Cloud sein?

Aufgrund ihrer Ähnlichkeiten und Unterschiede werden Hybrid Cloud und Multi Cloud typischerweise als separate Ansätze oder Architekturen betrachtet, die unterschiedliche Ziele verfolgen.

Sie können jedoch nebeneinander existieren. Gibt es bereits eine Private Cloud im Betrieb und diese wird dann mit einer bestimmten Public Cloud zur Hybrid Cloud zusammengeschlossen, ist es möglich, zusätzlich andere Cloud-Anbieter im Rahmen einer Multi Cloud in Anspruch zu nehmen; auch der Einsatz einer einheitlichen Verwaltungsschicht ist bei diesem Konstrukt eine Option.

Theoretisch ist es demnach möglich, eine hybride Multi Cloud zu schaffen, aber dazu wäre eine Private Cloud erforderlich, die mit mehreren Public Clouds gleichermaßen kompatibel ist. In der Praxis lohnen sich die komplexen technischen Hürden bei solchen simultanen Integrationen selten. Nur sehr große und technisch versierte Unternehmen mit anspruchsvollen hybriden Projektanforderungen sollten ein solches Vorhaben in Betracht ziehen.

So wählen Sie aus, welche Cloud für Ihr Unternehmen am besten geeignet ist

Bei der Wahl zwischen einer Hybrid- und Multi-Cloud-Strategie stehen vor allem Eigentums- oder Kontrollfragen im Mittelpunkt. Die Wahl ist nicht immer offensichtlich oder einfach, aber sie beginnt immer damit, dass Sie Ihre spezifischen Geschäftsanforderungen und -ziele bestimmen.

Die Hybrid Cloud ist besonders gut geeignet, wenn ein Unternehmen Cloud-Flexibilität, Ressourcen und -Dienste benötigt, dabei aber dazu verpflichtet ist, bestimmte Daten oder Workloads lokal zu hosten. So möchten beispielsweise viele Unternehmen Cloud-native Anwendungen erstellen und einige Anwendungen in der öffentlichen Cloud hosten, müssen jedoch bestimmte kritische Workloads lokal ausführen.

Wann sollte man sich für eine Multi-Cloud-Strategie entscheiden? Sie ist attraktiv für Unternehmen, die Services, Ressourcen, Infrastruktur oder Kostenmodelle benötigen, die nur von bestimmten Cloud-Anbietern bereitgestellt werden. Ein Unternehmen kann sich beispielsweise für Virtuelle Maschinen (VMs) und Speicherinstanzen eines öffentlichen Cloud-Anbieters entscheiden, aber zeitgleich SaaS-Angebote für Produktivitäts-Apps von anderen Providern beziehen und von einem dritten die KI-Funktionen nutzen.

Wählen Sie immer eine Cloud-Architektur basierend auf den spezifischen Geschäftsanforderungen und -zielen. Es gibt keine beste Cloud, nur eine geeignete. Verstehen Sie vielmehr die Komplexitäten und Herausforderungen, die jede Cloud-Option mit sich bringt.

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