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5 Netzwerktrends, auf die Unternehmen 2023 achten sollten

Verteilte IT und Hybrid Work erhöhen die Netzwerkkomplexität. AIOps, Netzwerk- und Sicherheitskonvergenz, Multi-Cloud, privates 5G und Digital Twins werden 2023 davon profitieren.

Hochgradig verteilte IT-Umgebungen forcieren eine Netzwerkevolution. Unternehmen, die ihre Initiativen zur digitalen Transformation ausbauen, verteilen ihre Anwendungen zunehmend über mehrere private Data Center, Public Clouds und Edge-Standorte. Gleichzeitig erfordern Hybrid Work- und IoT-Initiativen, dass Firmen ihre Netzwerke an eine enorm gestiegene Zahl von Remote-Mitarbeitern und vernetzten Geräten anpassen. Dies führt zu verteilten Umgebungen mit einer größeren Angriffsfläche und einem erhöhten Risiko von Cyberattacken.

Zusammengenommen führen diese Veränderungen dazu, dass neue Netzwerktechnologien und Betriebsabläufe eingeführt werden, die Unternehmen dabei helfen, sichere Konnektivität bereitzustellen, wo und wann immer sie zur Unterstützung der Geschäftstätigkeit benötigt wird. Darüber hinaus werden ein unsicheres wirtschaftliches Umfeld und der Druck, Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, die Netzwerkentscheidungen im neuen Jahr ebenfalls beeinflussen.

Unternehmen sollten sich 2023 auf fünf Bereiche konzentrieren, um zu gewährleisten, dass ihre Netzwerke das Geschäft unterstützen können.

1. Netzwerkautomatisierung und AIOps

Die Zunahme von Unternehmensstandorten, Geräten und Remote-Mitarbeitern hat zu einer überwältigenden Anzahl von Geräten geführt, die konfiguriert, bereitgestellt und verwaltet werden müssen. Viele Unternehmen nutzen bereits Netzwerkautomatisierung – insbesondere für sich wiederholende Konfigurations- und Bereitstellungsaktivitäten. Laut einer im Dezember 2022 durchgeführten Studie der Enterprise Strategy Group (ESG) von TechTarget über Trends bei der Ende-zu-Ende-Netzwerksichtbarkeit und -verwaltung setzen 40 Prozent der Unternehmen Netzwerkautomatisierung bereits umfassend ein. Weitere 42 Prozent nutzen sie in begrenztem Umfang.

Die zunehmende Komplexität einer hochgradig verteilten Umgebung wird es jedoch notwendig machen, dass Unternehmen bei ihren täglichen Arbeitsabläufen Automatisierung einsetzen. Infolgedessen müssen alle Netzwerkinformationen erfasst, verarbeitet und analysiert werden. Da sich diese Arbeit nicht in angemessener Zeit manuell erledigen lässt, sind die Netzwerkbetriebsteams auf Technologien aus dem Bereich künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML) angewiesen, insbesondere auf adaptive KI (eine Technologie, die KI-Modelle kontinuierlich neu trainiert, um sich schnell an Veränderungen in der Umgebung anzupassen). Dadurch ist es möglich, konkret verwertbare Informationen in Echtzeit zu erhalten, etwa für das Troubleshooting, ungewöhnliche Aktivitäten, Predictive Analysis und mehr.

Allerdings nutzen laut der Studie nur 12 Prozent der in Unternehmen verwendeten Netzwerkautomatisierungs-Tools die KI/ML-Funktionen in vollem Umfang. Das muss sich ändern, wenn Unternehmen moderne Netzwerke effektiv und effizient betreiben wollen. Diese Veränderung erfordert jedoch einen kulturellen Wandel. Die Operations-Teams müssen der Technologie vertrauen, dass sie die richtigen Korrekturmaßnahmen automatisiert. Verständlicherweise wird dieser Validierungsprozess einige Zeit in Anspruch nehmen, weshalb Unternehmen jetzt mit der Umsetzung beginnen müssen.

Praktisch alle Netzwerk- und Drittanbieter stellen derzeit oder in Zukunft KI/ML-Funktionen bereit, mit denen die Operations-Teams arbeiten müssen. Dies erfordert keinen Alles-oder-Nichts-Ansatz, weil die meisten Produkte es ermöglichen, Alarme und Empfehlungen zu generieren, die dem Team helfen, die Technologie zu testen, bevor die komplette Automatisierung aktiviert wird. Die Mehrheit der Benutzer gibt an, die Empfehlungsphase zu nutzen. Angesichts des angespannten wirtschaftlichen Umfelds und der Schwierigkeit, die Zahl der Mitarbeiter zu erhöhen, ist es unerlässlich, dass Netzwerk-Operations-Teams mit AIOps und Netzwerkautomatisierungs-Tools arbeiten, um die operative Effizienz in diesen verteilten komplexen Umgebungen zu steigern.

2. Netzwerk- und Sicherheitskonvergenz

In einer hochgradig verteilten Umgebung ist das Netzwerk zu einer wertvollen Informationsquelle geworden, die dabei hilft, Cyberangriffe zu erkennen und zu verhindern oder deren Auswirkungen zu begrenzen. Da Unternehmen kontinuierlich Zero-Trust- und SASE-Frameworks (Secure Access Service Edge) aufbauen, bringen viele Anbieter eng integrierte oder vollständig konvergente Netzwerk- und Sicherheitsprodukte sowie -dienste auf den Markt, um eine sichere Konnektivität zu jedem Standort zu ermöglichen. Auch wenn die vollständige Integration von Tools einzelner Anbieter aufgrund bestehender Investitionen einige Zeit in Anspruch nehmen kann, ermöglichen es die meisten von ihnen, in einem Bereich zu beginnen und diesen im Laufe der Zeit zu erweitern. Denken Sie daran, dass Kultur, Prozesse und die Konvergenz der Tools von Netzwerk- und Sicherheitsteams Zeit brauchen. Zudem erkennen die Operations-Teams den Wert von Informationen über den Netzwerk-Traffic, um ungewöhnliche Aktivitäten zu erkennen und Alarm auszulösen, damit Maßnahmen ergriffen werden können. Zusätzlich zu SASE setzen Unternehmen Netzwerkmanagement-Tools mit integrierten Netzwerkerkennungs- und -reaktionsfunktionen ein, um verdächtige Aktivitäten schneller zu identifizieren. Hochgradig verteilte Umgebungen bieten eine größere Angriffsfläche. Unternehmen müssen die richtigen Tools, Organisationsstrukturen und Prozesse bereitstellen, um dieses Risiko zu minimieren. Neue Sicherheits-Frameworks und Anbieter-Tools sind verfügbar, um die Konvergenz von Networking und Sicherheit voranzutreiben. Aufgrund der traditionell siloartigen Struktur der IT ist jedoch die Unterstützung der Führungsebene erforderlich, um die richtige Ausrichtung, konsistente Ziele und optimierte Prozesse für konvergente Netzwerk- und Sicherheitsteams zu gewährleisten.

3. Multi-Cloud Networking

In den letzten Jahren hat die Zahl der Unternehmen, die mehrere Public Clouds sinnvoll nutzen, drastisch zugenommen. Der ESG-Forschungsbericht Distributed Cloud Series: Application Infrastructure Modernization Trends aus dem Jahr 2022 zeigt, dass 86 Prozent der Umfrageteilnehmer mehrere Public Clouds (IaaS und PaaS) einsetzen. Obwohl die verstärkte Nutzung von Public Clouds den Unternehmen mehr Agilität ermöglicht, kann sie für das Netzwerkteam zu mehr Komplexität führen. Die Hälfte der befragten Firmen gibt einen gravierenden Wissensmangel in puncto Cloud- und IT-Architektur bei den Mitarbeitern an. Allerdings kann die Notwendigkeit, sich für jeden neuen Cloud Provider neue Kenntnisse anzueignen, diese Agilität einschränken. Zum Glück gibt es inzwischen eine Reihe von Anbietern, die Produkte oder Tools auf den Markt bringen, um die Komplexität zu abstrahieren, die verschiedenen Technologien der einzelnen Cloud-Anbieter zu erlernen. Zudem können Unternehmen sich dadurch schnell, einfach und sicher mit einem oder mehreren Public Cloud Providern verbinden. Zwar hat die Einführung dieser Technologie im vergangenen Jahr zugenommen, doch 2023 dürfte es zu einem erheblichen Zuwachs kommen, sobald die Unternehmen auf sie aufmerksam werden. In dem Maße, in dem Unternehmen ihre Abhängigkeit von mehreren Public Clouds erhöhen, wird Multi-Cloud Networking zu einer unverzichtbaren Technologie. Damit entfällt die Notwendigkeit für ein gesondertes Team, um spezifisches Know-how für die verschiedenen Cloud-Anbieter vorzuhalten. Außerdem verkürzt sich die Zeit für die Bereitstellung oder Verlagerung von Anwendungen in eine oder mehrere Public Clouds.

4. Abgrenzung der Anwendungsfälle für privates 5G und WLAN

WLAN ist eine etablierte und in quasi jedem Unternehmen vorhandene Technologie (im Grunde das moderne Äquivalent zum Telefon). Deshalb liegt es auf der Hand, dass im Firmenumfeld die neueste Generation der Wi-Fi-Technologie zum Einsatz kommt. Da aber immer mehr Frequenzen zur Verfügung stehen und immer mehr Provider Produkte und Services auf den Markt bringen, werden die privaten 5G-Installationen 2023 erheblich zunehmen. Folglich müssen Unternehmen beurteilen, inwieweit die beiden Technologien komplementär oder nicht komplementär zueinander sind. Sie müssen entscheiden, welche Technologie sich für eine konkrete Anwendung besser eignet.

Bob Laliberte, ESG

„Allerdings nutzen laut der Studie nur 12 Prozent der in Unternehmen verwendeten Netzwerkautomatisierungs-Tools die KI/ML-Funktionen in vollem Umfang.“

Bob Laliberte, ESG

Bestimmte industrielle Anwendungsfälle bevorzugen 5G (insbesondere solche mit privatem LTE), während Wi-Fi 6/6E auch künftig im Bürobereich genutzt werden wird. Bei Großveranstaltungen, etwa in Sportstadien, wird weiterhin beides eingesetzt, um am Spieltag ein differenziertes Erlebnis zu bieten. Außerdem lässt sich 5G als primäre Verbindung für SD-WAN-Bereitstellungen verwenden, aber es ist unwahrscheinlich, dass es sich dabei um private Bereitstellungen handelt. Immer wenn wir in unserer Studie im vergangenen Jahr nach der Einführung von 5G gefragt haben, gab es eine große Zahl von Stimmen für dessen Einführung. Auch wenn es sich dabei um Wunschvorstellungen handeln mag, zeigt die Realität doch, dass viele Anbieter Produkte vorstellen, um privates 5G im Unternehmensbereich zu implementieren. Sicherlich besitzt privates 5G das Potenzial, im passenden Anwendungsfall erhebliche geschäftliche Vorteile zu erzielen. Es kann jedoch kostspielig und komplex in der Bereitstellung sein sowie neue Kenntnisse erfordern. Daher sollten Unternehmen die ersten privaten 5G-Installationen 2023 genau verfolgen, um festzustellen, ob sie für ihre spezifischen Umgebungen geeignet sind. Wer private 5G-Lösungen anstrebt, sollte auch erwägen, diese als Managed Services zu nutzen, um die Bereitstellung zu beschleunigen und operative Effizienz zu gewährleisten.

5. Zunehmende Nutzung der Digital-Twin-Technologie im Networking

Laut der ESG-Studie 2023 Technology Spending Intentions ist die Steigerung der operativen Effizienz das wichtigste IT-Ziel für die digitale Transformation eines Unternehmens. Die Digital-Twin-Technologie ermöglicht es Netzwerk-Operations-Teams, eine identische virtuelle oder digitale Netzwerkumgebung (einen sogenannten Twin beziehungsweise übersetzt Zwilling) aufzubauen, die das Netzwerk eines Unternehmens nachbildet.

Durch die ständige Erfassung von Netzwerkzustandsdaten können Operations-Teams Elemente virtuell verschieben, hinzufügen und ändern, um zu sehen, was dann passiert, ohne physische Netzwerkverbindungen zu unterbrechen. Dies ist von entscheidender Bedeutung für den täglichen Betrieb, der stattfindet, wenn ein Produkt ausgeliefert oder dem Kunden zur Verfügung gestellt wird, und der sich auf die Wartung, Überwachung und Optimierung des Systems konzentriert. Sobald das Netzwerk produktiv genutzt wird, machen sich die Auswirkungen eines Problems viel stärker bemerkbar. Unternehmen können mit dieser Technologie auf eine Karte der aktuellen Netzwerkumgebung zugreifen und ein höheres Maß an Business-Resilienz erreichen, indem sie vorhandene Schwachstellen identifizieren und potenzielle Probleme im Zusammenhang mit Änderungen beheben, bevor diese tatsächlich auftreten.

Die Möglichkeit, diese Funktion anbieterübergreifend bereitzustellen, wäre ein großer Vorteil. Während die meisten Digital Twins bislang von Drittfirmen stammen, bauen auch Netzwerkanbieter diese Technologie aus, um ihre Kunden zu unterstützen. Angesichts der derzeitigen Verzögerungen in der Lieferkette können Operations-Teams die Digital-Twin-Software nutzen, um sich mit der Technologie vertraut zu machen und die Netzwerkgeräte in der virtuellen Umgebung zu konfigurieren. Wenn die Geräte dann eintreffen, können die Operations-Teams einfach die Konfiguration auf die Geräte herunterladen und sicher sein, dass sie korrekt konfiguriert sind.

Ein vollständiger Einblick in die Netzwerkumgebung und die Möglichkeit, alle Verschiebungen, Hinzufügungen oder Änderungen in einer virtuellen Umgebung zu validieren, bevor sie in einer physischen Umgebung bereitgestellt werden, verringern das damit einhergehende Risiko erheblich. Zudem sind Unternehmen dadurch in der Lage, Lifecycle-Management-Aktivitäten zu beschleunigen.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

ESG ist ein Geschäftsbereich von TechTarget.

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