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Auf dem Weg zu einem grünen Telekommunikationssektor

Die Hersteller und Betreiber im Telekommunikationssektor haben sich hohe Umweltziele gesetzt. Von besonderer Bedeutung sind dabei optische Transportnetze und Glasfaserinfrastruktur.

Der Europäische Green Deal mit seinen Programmen Horizont Europa, LIFE-Programm und Innovation Fund „überdenkt Richtlinien und Praktiken in der gesamten Wirtschaft im Hinblick auf Nachhaltigkeit" mit dem Ziel, Lösungen für eine „saubere Energieversorgung in der gesamten Wirtschaft, in der Industrie, in der Produktion, beim Verbrauch, bei großen Infrastrukturen, im Verkehr, bei Lebensmitteln und in der Landwirtschaft, im Bauwesen, bei der Besteuerung und bei sozialen Leistungen" zu finden.

Die Internationale Fernmeldeunion (ITU), der weltweit über 900 Unternehmen angehören, treibt die Entwicklung hin zur ökologischen Nachhaltigkeit im Telekommunikationssektor voran. Genauer gesagt konzentriert sich die Studiengruppe 5 des ITU-Normungssektors für Telekommunikation, ITU-T, auf die Umwelt und die Kreislaufwirtschaft und leitet die ITU-Normungsarbeit zur nachhaltigen digitalen Transformation, indem sie Normen für die Nutzung der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zur Bewältigung ökologischer Herausforderungen im Einklang mit den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung und dem Pariser Abkommen mit seinen wissenschaftsbasierten Zielen entwickelt.

Netto-Null-Emissionen

Der Telekommunikationssektor befindet sich bereits auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen. Für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen (THG) sind verschiedene Bereiche definiert. Scope 1 und Scope 2 der THG-Emissionsziele der Netzbetreiber werden mit klaren Plänen angegangen. Ein Beispiel dafür ist Vodafone, das sich verpflichtet hat, bis 2030 im eigenen Betrieb keine Emissionen mehr zu verursachen. Ein weiteres Beispiel ist die Deutsche Telekom, die sich das gleiche Ziel bis 2025 gesetzt hat. Scope-3-Emissionen betreffen die Zulieferer der Netzbetreiber, so dass ihre Reduzierung eine kompliziertere Aufgabe ist. Scope 3 umfasst ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Aktivitäten, die in mehrere Kategorien unterteilt sind. Die wichtigsten Kategorie betrifft die eingekauften Waren und Dienstleistungen, Investitionsgüter, brennstoff- und energiebezogene Aktivitäten, vorgelagerte geleaste Anlagen, die Verwendung verkaufter Produkte und nachgelagerte geleaste Anlagen.

In der Telekommunikationsbranche bemühen sich die Anbieter bei der Entwicklung neuer Produktgenerationen ebenfalls intensiv um die Reduzierung des Stromverbrauchs und des Platzbedarfs. Beispielsweise entwickeln sich Telekommunikationsprodukte hin zu mehr Kapazität bei kleinerem Platzbedarf und geringerem Stromverbrauch (Watt/Bit), um dem jährlichen Bandbreitenwachstum von mehr als 30Prozent gerecht zu werden. Und dieser technologische Generationswechsel beschleunigt sich.

Alle paar Jahre kommt eine neue Technologiegeneration auf den Markt, die die Produkte der Anbieter in Bezug auf Bandbreitenkapazität und Energieeffizienz verbessert. Aber nun ist es wichtig, dass Telekommunikationsprodukte umweltfreundlich gebaut werden, mit Blick auf grüne Energie und andere ökologische Herausforderungen wie Abfall- und Wassermanagement. Lösungsanbieter und Zulieferer haben eine größere Verantwortung bei der Produktentwicklung. Es gibt eine beschleunigte Entwicklung bei der Berichterstattung an verschiedene Initiativen wie EcoVadis und CDP sowie bei der Einhaltung von Normen und Vorschriften wie ISO 14001, RoHS, WEEE, REACH und anderen.

Funktionsverbesserungen und Innovationen

Auf der Anbieterseite trägt jede Technologiegeneration in der Regel zu einer Verbesserung der Leistung, der Kosten, des Platzbedarfs und des Stromverbrauchs um etwa 10 bis 30 Prozent bei. Dies allein ist jedoch nicht ausreichend. Netzbetreiber können nicht alle paar Jahre die Produkte in ihren Netzen austauschen. Dies würde zu viel Verschwendung mit sich bringen und wäre weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Um die Ziele zu erreichen, sind sowohl schrittweise Funktionsverbesserungen als auch bahnbrechende Innovationen, generationenübergreifende Konzepte, neue Bereitstellungsmethoden und effektivere Architekturen beim Aufbau von Netzen erforderlich.

Im Bereich der optischen Transportnetze sind einige Innovationen dazu prädestiniert, die erhebliche Verbesserungen zu ermöglichen:

  • Die photonische Integration bietet die Möglichkeit, mehrere photonische Komponenten wie Laser und Detektoren auf einem einzigen Mikrochip zu kombinieren. Sie kann auch aktive und passive Funktionen auf demselben Chip koppeln. Die Betreiber können mit diesen Produkten mehr Bandbreite mit deutlich weniger Geräten und geringerem Stromverbrauch übertragen.
  • Kohärente Übertragung: Die kohärente Optik nutzt die Modulation von Amplitude und Phase über zwei Polarisationen. Diese Technik ermöglicht die Übertragung von wesentlich mehr Daten über wesentlich größere Entfernungen. Zusammen mit abstimmbarer Modulation wie 64QAM (Quadrature Amplitude Modulation) und probabilistischem Constellation Shaping (PCS) verbessert die kohärente Übertragung die Effizienz von Glasfasern, da mehr Daten über eine einzige Faser übertragen werden können. So lassen sich heute beispielsweise maehr als 80 TBit/s über ein Glasfaserpaar über mehrere hundert Kilometer transportieren. Die Betreiber können nun auch ihre Transceiver für eine optimierte Übertragung programmieren und einfachere photonische Leitungssysteme betreiben.
  • Punkt-zu-Multipunkt-Kohärenzoptiken ermöglichen die Verbindung eines einzelnen Lasers mit mehreren Lasern. Heutige Netzwerke werden mit Punkt-zu-Punkt-Optik betrieben, bei der jeder Laser mit einem anderen Laser verbunden ist. Da der Datenverkehr überwiegend von Punkt zu Punkt fließt, ermöglicht die kohärente offene XR-Optik-Technologie den Betreibern den Aufbau effizienterer Netzwerkarchitekturen und eine radikale Reduzierung der in ihren Netzwerken benötigten Ausrüstung, wodurch sowohl die Investitions- als auch die Betriebskosten gesenkt werden können.
  • Multigenerationale Optiktechnologie (XR-Optik) bietet die Möglichkeit, eine kohärente Optikgeneration mit höherer Geschwindigkeit mit einer Optikgeneration mit niedrigerer Geschwindigkeit zu verbinden. Betreiber können ihre Netzwerke schneller, einfacher und mit weniger Standortbesuchen ausbauen.
  • Die Konsolidierung der Schichten optimiert die Netzwerkarchitekturen: Die Switching- und IP-Schichten verschmelzen und die OTN-Schichten werden entfernt. Die Betreiber können ihre Netzinfrastrukturen vereinfachen, indem sie Schichten reduzieren, die weniger effektiv geworden sind.
  • Offene Standard-APIs mit Standard-Datenmodellen bieten eine einheitliche und standardisierte Methode für die Kommunikation mit Netzelementen und ermöglichen einen nahtloseren Betrieb von Netzen mehrerer Anbieter. Sie versetzen Betreiber in die Lage, offene optische Netze einzusetzen, die Innovation zu beschleunigen, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern und eine größere Auswahl an Anbietern zu ermöglichen. Beispiele hierfür sind NETCONF und OpenConfig YANG.

Die Bedeutung von optischen Transportnetzen und Glasfaserinfrastrukturen kann heute gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, da sie die Grundlage für unser gesamtes Ökosystem der Telekommunikationskonnektivität bilden. Glasfaser ist ein wichtiges Gut, denn sie bietet die unvergleichliche Möglichkeit, große Datenmengen über große Entfernungen bei minimalem Energieverbrauch pro Bit zu übertragen und gleichzeitig den ständig wachsenden Kapazitätsanforderungen gerecht zu werden.

Aktive Verfolgung von Umweltzielen

Darüber hinaus haben die optischen Transceiver bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Mit den neuesten CMOS-Entwicklungen wie dem 7-nm-Prozessknoten können wir heute 400G-Transceiver bauen, die Funktionen auf Systemebene und Punkt-zu-Multipunkt-Fähigkeiten in einem standardmäßigen 20-Watt-QSFP-DD-Formfaktor von der Größe eines Fingers enthalten. Im Vergleich zur 2,5G-Transpondertechnologie mit 28 Watt aus dem Jahr 2003 haben wir die Kapazität um mehr als das 200-fache erhöht, während der Gesamtstromverbrauch gleich geblieben ist und die Größe in nur zwei Jahrzehnten um mehr als 90 Prozent reduziert wurde.

Christian Uremovic, Infinera

„Der Telekommunikationssektor, einschließlich der Betreiber und Anbieter, verfolgt aktiv Umweltziele und hält sich an die wissenschaftlich fundierten Ziele, die für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen festgelegt wurden.“

Christian Uremovic, Infinera

Aufgrund ihrer hohen Technologieintegration, ihres geringen Stromverbrauchs und ihres geringen Platzbedarfs werden diese kohärenten Pluggables jetzt auch in Routern, Switches und Servern eingesetzt und nicht mehr nur in optischen Transportnetzwerken. Dadurch werden die Netzarchitekturen weiter optimiert und der Bedarf an aktiven Geräten in Telekommunikations- und Rechenzentrumsnetzen verringert.

Der Telekommunikationssektor, einschließlich der Betreiber und Anbieter, verfolgt aktiv Umweltziele und hält sich an die wissenschaftlich fundierten Ziele, die für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen festgelegt wurden. Die optische Transporttechnologie entwickelt sich weiter und bietet verbesserte Technologien sowie neue Innovationen, die neue Architekturkonzepte zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen ermöglichen. Die Reise hat bereits vor Jahren begonnen, und die Branche sieht sich auf einem guten Weg zur Erreichung der Netto-Null-Emissionen.

Über den Autor:
Christian Uremovic ist Direktor Lösungsmarketing bei Infinera, einem weltweiten Anbieter offener optischer Netzwerklösungen und optischer Halbleiter.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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