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AWS versus Oracle: Kosten- und Leistungsvergleich

AWS hat sich als Marktführer im Cloud-Geschäft etabliert. Doch Oracle kann eine Alternative sein. So schneiden die Cloud-Services im Direktvergleich ab.

Amazon Web Services (AWS) und Oracle behaupten beide, dass ihre Cloud-Umgebung die beste sei. Ein Vergleich zwischen den Cloud-Services von AWS und Oracle ist allerdings schwierig. Sicher ist: AWS investierte als erster großer Anbieter in eine Cloud-Infrastruktur, und dieser Vorsprung gab AWS die Möglichkeit, eine umfangreiche Community von Nutzern aufzubauen.

Mittlerweile ist mit Oracle ein Big Player in den Cloud-Markt eingestiegen, der viele große Unternehmen als Kundenbasis hat. Diese Klientel war von Anfang an die Zielkundschaft von Oracle, weshalb Oracle sein Cloud-Portfolio mit einem starken Fokus auf Sicherheit und Governance aufbaute.

Betrachtet man als Beispiel nur die VM-Angebote der beiden Anbieter, wird deutlich, warum ein direkter Vergleich schwierig ist. Da jede virtuelle CPU (vCPU) einen Teil der Rechenleistung darstellt, die über verschiedene Busse mit Memory und Storage verbunden ist, können die VM-Angebote schwer verglichen werden. Zumindest bei den Kosten zeichnet sich aber eine Tendenz ab: Die veröffentlichten Preise und Rechenkapazitäten deuten darauf hin, dass Oracle einen kleinen Vorteil gegenüber AWS in Bezug auf den Basispreis für die Leistung hat.

Um eine Entscheidung für AWS oder Oracle zu treffen, sollte man einen Blick auf die IaaS-Ressourcen werfen. Dabei sollte man auch auf die Bedürfnisse der IT-Organisation bezüglich relevanter Funktionen und die Optionen der Anbieter für Hybrid Cloud und Edge Computing achten.

Die IaaS-Schicht

AWS und Oracle verlassen sich auf Rechen-, Speicher- und Netzwerkressourcen, um virtuelle Instanzen von Benutzern zu hosten und Workloads zu skalieren.

Core Computing

Da sich die Computer-Architekturen und die CPU-Typen von AWS und Oracle unterscheiden, können wir keine direkte Kosten-Performance-Analyse machen. Beide Anbieter verwenden ihre eigenen Kennzahlen für vCPUs. AWS kalibriert nach EC2 Compute Units, die sich auf ein Standardmaß der AWS-Maschinenleistung beziehen. Oracle hat alle Instanzgrößen auf Oracle Compute Units (OCPUs) standardisiert.

AWS bündelt seine verschiedenen VM-Services in unterschiedliche EC2-Instanzgrößen. Diese Größen spezifizieren eine bestimmte Anzahl von vCPUs und eine bestimmte RAM-Größe. AWS erweitert die meisten Instanzen mit Amazon Elastic Block Store (EBS) oder Amazon S3, die einzelne Objekte bis zu einer Größe von fünf TB speichern können. In einem S3 Bucket können AWS-Benutzer eine unbegrenzte Anzahl von Objekten aggregieren. Benutzer können einige Instanztypen auch so konfigurieren, dass sie über kostengünstige Festplatten lokalen Speicher oder leistungsfähigere Solid-State Drives (SSDs) integrieren.

Oracle hingegen bündelt seine VM-Services in Instanzgrößen. Diese werden als VM Shapes bezeichnet und beinhalten eine bestimmte Anzahl von OCPUs und Memory. Oracle-Benutzer kaufen Storage in der Regel separat über einen Dienst namens Block Volumes – damit kann bis zu ein Petabyte Speicher bestellt werden. Benutzer, die auf leistungsstarken lokalen Speicher angewiesen sind, können auch DenseIO VMs nutzen, die für große Datenbanken gut geeignet sind. DenseIO-Varianten fügen dem lokalen Speicher über angeschlossene SSDs 3,2 bis 25,5 TB hinzu, die über NVMe-Busse (Non-Volatile Memory Expressverbunden sind. Im Gegensatz zu AWS bietet Oracle keine kostengünstige Festplattenoption an.

Eine Oracle VM.Standard.E2.1-Instanz mit 1 OCPU, 8 GB Memory und 700 Mbit/s Netzwerkanschluss kostet – zum Zeitpunkt der Veröffentlichung – 0,0269 Euro. Oracle bepreist seine Instanzen in OCPU pro Stunde.

Sowohl AWS als auch Oracle bieten Bare-Metal-Instanzen an. Sie verbessern die Sicherheit und geben den Benutzern die Möglichkeit, die Anwendungsinfrastruktur in der Cloud anzupassen. AWS nennt seine Bare-Metal-Angebote I3-Instanzen. Die I3-Instanzfamilie beginnt mit i3.large mit 2 vCPUs, 15,25 GB Memory und 475 GB NVMe Speicher und kostet 0,156 US-Dollar pro Stunde. Die größte Instanz ist derzeit der i3.metal, die 72 vCPUs, 512 GB Speicher und 15,2 TB NVMe-Speicher umfasst und 4,992 US-Dollar pro Stunde kostet.

Oracle verfügt ebenfalls über mehrere Klassen von Bare-Metal-Instanzen. Sie beginnen mit dem BM.Standard.E2.64 mit 64 OCPUs, 512 GB RAM und 50 Gbit/s aggregiertem Netzwerkdurchsatz. Dieses Basisangebot kostet ebenfalls 0,0269 Euro pro Stunde. Oracle hat aber auch für große Workloads und Datenbanken eine DenseIO-Variante. Das BM.DenseIO2.52 beinhaltet 52 OCPUs, 768 GB Speicher und 51,2 TB NVMe SSD-Speicher und kostet 0,1145 Euro pro Stunde.

Storage

Im Allgemeinen sind die Cloud-Storage-Preise bei Oracle niedriger als bei AWS – mit Ausnahme von Object-Storage-Diensten. Oracle bietet auch den Anwendern, die Daten aus der Cloud übertragen müssen, einen erheblichen Kostenvorteil im Vergleich zu anderen Cloud-Services.

Während der Datentransfer in Richtung Amazon S3 oder Oracle kostenlos ist, kostet der Transfer nach außen Geld. Die Gebühren für die Datenübertragung von AWS S3 ins Internet beginnen bei 0,09 Dollar pro GB – nach dem ersten GB. Die Oracle-Datentransfers für ausgehende Daten sind für die ersten 10 TB pro Monat kostenlos. Danach kostet der Transfer 0,0076 Euro pro GB.

Die DenseIO-Instanzen von Oracle verfügen über einen nativen NVMe-Speicher und versprechen eine bessere Leistung für Datenbankanwendungen. Im Gegensatz dazu hat AWS eine spezielle Klasse von EBS-Service für bereitgestellte IOPS, die als Add-on zu EBS erworben werden können.

Vernetzung

Bei kleineren Maschinengrößen profitiert AWS davon, dass die Netzwerkkapazität für Cloud-Anwender nicht ausreicht. So beginnen zum Beispiel die M5-Instanzen mit 10 Gbit/s Netzwerkbandbreite und 3,5 Gbit/s EBS-Bandbreite. Größere m5.large Instanzen unterstützen bis zu 25 GBit/s Bandbreite und 14 GBit/s EBS Bandbreite.

Das vergleichbare Oracle-Angebot VM.Standard.E2.1 hat im unteren Bereich nur 700 MBit/s Netzwerkgeschwindigkeit. Die Netzwerkkapazität wächst jedoch mit der Anzahl der Kerne bis zu einem Gesamtvolumen von 24,6 GBit/s.

Funktionsumfang und Sicherheit

Die rohe Hardware-Power sollte bei weitem nicht das einzige Kriterium sein, wenn IT-Teams von Unternehmen Cloud-Angebote von AWS und Oracle vergleichen. Kriterien wie Verfügbarkeit und Stabilität sind mindestens ebenso wichtig – entsprechend werben Public-Cloud-Services mit solchen Kennzahlen auch um Unternehmen.

Verfügbarkeit

AWS war im Public Cloud IaaS-Markt ein Early Mover. Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit und Stabilität der AWS-Services spiegeln den Reifegrad der AWS-Plattform wider. „AWS ist in diesen Kategorien eindeutig führend“, sagt Bill Saltys, Senior Vice President für Allianzen bei Apps Associates, einem Anbieter von Cloud-Migration und Managed Services, der sowohl mit AWS als auch mit Oracle arbeitet.

Im Gegensatz dazu ist Oracle im Public-Cloud-Markt relativ neu und musste, wie alle Anbieter, seine Dienste, seine Bereitstellung und seinen Support im Laufe der Zeit immer wieder anpassen und weiterentwickeln. „Die größte Herausforderung für alle Anbieter von Public Clouds ist die Geschwindigkeit: Sie müssen schnell sein. Zum einen, um mit AWS Schritt halten zu können, zum anderen aber auch, um an Boden zu gewinnen“, erklärt Saltys.

Für Oracle besteht ein Vorteil darin, dass es End-to-End Service Level Agreements (SLAs) anbietet, die Leistung, Verfügbarkeit und Verwaltbarkeit von Services abdecken. Amazon bietet seinen Nutzern ebenfalls SLAs an – aber diese beinhalten eine längere Liste mit Ausnahmen.

Featurebreite

Wenn es um die Breite der Dienste und den Funktionsumfang geht, übertrifft AWS alle Wettbewerber am Public-Cloud-Markt. Das beachtliche Ausmaß der AWS-Innovation und Service-Releases ist schwer zu übertreffen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die Los Angeles Clippers, ein professionelles Basketballteam, investierten in AWS-Technologie nur deswegen, weil AWS mit Augmented-Reality-Technologie das Fan-Erlebnis erweitern konnte. Diese Art von innovativen Features und Fähigkeiten sind ein zentrales Kernelement von AWS – und grenzt AWS klar von Oracle und anderen Cloud-Konkurrenten ab.

Oracle hat sich in erster Linie auf seine eigenen Stack- und Datenbank-Produkte konzentriert und macht diese nun über die Cloud verfügbar. Diese Strategie ist laut Saltys sinnvoll und muss von Oracle umgesetzt werden, um eine tragfähige Option und einen zukunftsfähigen Weg für seine Kunden und für die Zukunft des Unternehmens als Cloud-Computing-Anbieter zu gewährleisten.

So hat Oracle beispielsweise eine Reihe robuster SaaS-Anwendungen geliefert, die Oracles erste as as-a-Service-Angebote waren. Es folgten PaaS-Angebote in Bereichen wie Analytics und Datenbanken. Im Vergleich zu AWS decken Oracle und andere Anbieter jedoch nicht identische Landschaften ab. Wahrscheinlich beabsichtigen die Oracle-Verantwortlichen dies auch nicht, da sie es für wichtiger erachten, Cloud-Computing-Funktionen bereitzustellen, die zu den Kernaufgaben des Unternehmens passen.

Governance

Die AWS-Infrastruktur entwickelte sich als Reaktion auf Erfolgsgeschichten von Start-ups wie Netflix und Airbnb. Oracle hat hingegen jahrzehntelang nur die Unternehmensinfrastruktur bedient und verwaltet. Diese Geschichte erklärt auch die unterschiedlichen Ansätze und Zielgruppen: Der Ansatz von AWS hat es Unternehmen – insbesondere Start-ups – leicht gemacht, mit dem AWS-Ökosystem schnell neue Anwendungen zu erstellen.

In der Cloud-Debatte AWS versus Oracle deutet eine Bewertung der Spezifikationen und Kosten verschiedener Infrastrukturservices darauf hin, dass Oracle bei vielen Services einen Vorsprung im Preis-Leistungs-Verhältnis hat.

Der Nachteil ist, dass mit diesem Ansatz auch eklatante Sicherheitslücken entstanden sind, wie zum Beispiel die Offenlegung sensibler Daten auf ungesicherten S3 Buckets. AWS hat jedoch gute Arbeit geleistet und inzwischen einen robusten IAM-Service (Identity and Access Management) implementiert.

Im Gegensatz dazu entwickelte sich der Sicherheitsansatz von Oracle aus dem jahrzehntelangen Aufbau einer Enterprise-Data-Management-Infrastruktur. Diese Infrastruktur verlangte von Anfang an nach starken Governance und Sicherheitsfeatures. Oracle hat dazu eine Architektur entwickelt, die es einfach macht, die Anwendungskontrolle von den Daten zu trennen.

Der Ansatz von Oracle berücksichtigte die verschiedenen Möglichkeiten, wie IT-Organisationen typischerweise Sicherheitslücken übersehen. Entsprechend reagierte Oracle mit mehr Sicherheitsvorkehrungen, um versehentliche Kompromittierungen zu vermeiden. Die Entwicklungsteams müssen jedoch selbst entscheiden, ob diese zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen auch den Lebenszyklus der App-Entwicklung verlangsamen – was sie wieder eher in die Arme von AWS treibt.

Hybrid- und Edge-Funktionen

Neben Public-Cloud-Services entwickeln AWS, Oracle und andere große Anbieter Produkte für Edge Computing und hybride Cloud-Architekturen.

Edge Services

AWS entwickelt die meisten seiner Edge-Services so, dass sie nur zum eigenen Ökosystem passen. Oracle zieht es hingegen vor, kleinere Services zu akquirieren und anzubieten, die Benutzer in ihren Entwicklungslebenszyklus integrieren können.

Edge-Services beziehen sich auf Dienste, die zwischen der Cloud und den Nutzern liegen, oder sogar auf konkrete IoT-Produkte wie AWS IoT Greengrass. Erstere verwandeln eine Sammlung von VMs in ein robustes Web Application Framework. Dazu gehören Zusatzdienste wie Content-Distribution-Netzwerke, Firewalls, Web-Proxies, Monitoring und DNS-Dienste (Domain Name System). AWS hat in diesem Segment verschiedene Angebote entwickelt – wie Amazon CloudFront für Content-Distributionsdienste, CloudWatch für das Monitoring und Route 53 für DNS-Dienste.

Die meisten dieser Amazon-Dienste wurden zur Unterstützung des AWS-Ökosystems entwickelt. Diese Strategie könnte Entwickler ermutigen, die AWS-Tools und -Dienste, mit denen sie vertraut sind, auch bei der Arbeit an Edge-Projekten zu verwenden.

Im Gegensatz dazu hat Oracle zur Verbesserung seiner Kernangebote verschiedene Unternehmen übernommen. Dazu gehören etwa Dyn, ein gemanagter DNS-Dienst, und Zenedge, ein hybrides Sicherheits-Start-up, das jetzt Oracle Dyn Web Application Security heißt. Die Entwickler müssen hier aber selbst beurteilen, wie einfach oder komplex sich mit diesen Diensten arbeiten lässt.

Hybrid Cloud

AWS hat es Unternehmen generell sehr schwer gemacht, eine echte hybride Infrastruktur zu schaffen. Dieses Manko hat zum Wachstum mehrerer hybrider Cloud-Add-ons von Drittanbietern geführt. Wie bereits erwähnt, erhebt Amazon S3 eine beträchtliche Gebühr, um Daten aus der Cloud zu übertragen.

Inzwischen hat AWS einige Schritte zur Vereinfachung der hybriden Cloud-Bereitstellung unternommen. Dazu gehören zum Beispiel die Partnerschaft mit VMware und die Einführung von AWS Outposts, die die AWS-Infrastruktur ins lokale Rechenzentrum expandieren.

Da der Großteil des bestehenden Geschäfts von Oracle lokal angesiedelt ist, verfolgt das Unternehmen eine Strategie, die es Anwendern ermöglicht, Workloads in die Cloud zu migrieren – wobei Sicherheit und Governance im Vordergrund stehen. Dabei bietet Oracle günstigere Preise für die Verlagerung von Daten aus der Cloud und bessere Integrationsmöglichkeiten für das bestehende Portfolio von Oracle-Anwendungen in Unternehmen.

Fazit

In der Cloud-Debatte AWS versus Oracle deutet eine Bewertung der Spezifikationen und Kosten verschiedener Infrastrukturservices darauf hin, dass Oracle bei vielen Services einen Vorsprung im Preis-Leistungs-Verhältnis hat. Oracle passt sich auch gut den Unternehmensanforderungen an, wenn es um Sicherheits- und Hybridanwendungen geht.

Langfristig dürfte sich die Oracle-Cloud als eine praktikable Option für Unternehmen mit einer bereits großen Basis von Oracle-Anwendungen erweisen. In der Zwischenzeit müssen die Entwickler selbst entscheiden, inwieweit das Entwicklungsökosystem von Oracle eine gute Alternative zu AWS darstellt.

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