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Passive Infrastruktur fürs WLAN planen
Eine stabile WLAN-Umgebung erfordert mehr als nur schnelle Access Points. Die passive Netzwerkinfrastruktur bildet das unsichtbare Rückgrat für Performance und Skalierbarkeit.
Eine leistungsfähige passive Netzwerkinfrastruktur ist die Grundlage für moderne WLAN-Umgebungen und hat direkten Einfluss auf die Stabilität, Bandbreite und Skalierbarkeit des drahtlosen Netzwerks.
Die passive Netzinfrastruktur umfasst alle Komponenten eines Netzes, die keine aktive Elektronik enthalten und keine Stromversorgung benötigen. Dazu gehören:
- Kabel (etwa Glasfaser, Kupferkabel)
- Patch-Felder
- Anschlussdosen
- Racks und Schränke
- Verteilereinrichtungen
Diese Komponenten sind für die physische Verbindung und Struktur eines Netzwerks entscheidend, da sie die Datenübertragung zwischen aktiven Geräten wie Access Points (AP), Switches, Routern und Servern ermöglichen. Die passive Infrastruktur bildet somit die Grundlage, auf der die aktive Netzwerkinfrastruktur aufbaut.
Normative Grundlagen
Die passive Netzwerkinfrastruktur baut im Kern auf einer strukturierten Datenverkabelung gemäß DIN EN 50173 und DIN EN 50174 als Bestandteil der Gebäudeinfrastruktur auf. ISO/IEC 11801 wird auch oft als internationale Referenz verwendet, insbesondere bei multinationalen Projekten.
Dabei sind sowohl im quantitativen und qualitativen Bereich entsprechende Festlegungen im Planungsprozess zu beachten.
Quantität beachten
Quantitativ empfehlen sich zwei kupferbasierende Datenanschlüsse (RJ45) je WLAN-Access-Point. Dies ist zum einen aufgrund steigender Datenraten im WLAN-Umfeld begründet, als auch im Zusammenhang mit Redundanzkonzepten zu unterschiedlichen Switches. Lediglich in Sonderfällen, wie beispielsweise in speziellen Industrieumgebungen, empfiehlt sich ein Rückgriff auf Lichtwellenleiter und eine separate Stromversorgung. Der primäre Netzwerkanschluss dient sowohl der Datenübertragung als auch der PoE-Stromversorgung. Der zusätzliche Port dient entweder als reine Redundanz oder der Linkbündelung zur Steigerung der Verfügbarkeit und der Bandbreite über das LACP (Link Aggregation Control Protocol).
Qualitative Anforderungen
Moderne WLAN-Umgebungen mit Wi-Fi 6E oder Wi-Fi 7 setzen inzwischen oft eine höhere Bandbreite als ein GBit/s ein und benötigen eine Multi-Gigabit-fähige Verkabelung für 2,5-GbE-, 5-GbE- oder 10-GbE-Ethernet im Tertiärbereich, als vom Access Switch bis zum Access Point voraus.
Die gesamte Installationsstrecke (Permanent-Link) im Kupferbereich sollte dazu der Anwendungsklasse EA bis 500 MHz entsprechen. Bei Neuinstallationen empfehlen sich S/FTP Kabel. S für ein Geflecht aus feinen Drähten als gemeinsamer Gesamtschirm, F steht für Folie, die die einzelnen Adernpaare mit einem Folienschirm umgibt und TP steht für die Leitungsart Twisted Pair (verdrilltes Adernpaar). Die gesamte Installationsstrecke sollte gemäß der Anwendungsklasse EA gemessen werden, um vor dem Roll-out der WLAN-Umgebung eine Qualitätsprüfung durchzuführen. Dabei ist zu beachten, dass die Anwendungsklasse sich immer auf die Installations-/Übertragungsstrecke bezieht.

Diese Übertragungsstrecke besteht aus Einzelkomponenten wie zum Beispiel Kabel und Anschlussdosen. Die Einzelkomponenten werden hingegen in Kategorien klassifiziert. Die Einordnung in eine Kategorie geschieht entsprechend den Messergebnissen des Herstellers oder eines Prüflabors und definiert sich anhand der maximal übertragbaren Frequenz.

Qualitativ sollten in Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses mindestens Kabel der Kategorie 7 (Cat7) mit AWG 22 (0,3240 Quadratmillimeter Querschnitt) zur Anwendung kommen. AWG22 empfiehlt sich aufgrund der hohen PoE-Leistungen im WLAN-Umfeld. Dies ist darin begründet, dass man beim Kabel von einer längeren Betriebsdauer, als bei den Anschlusskomponenten ausgeht.
Bei den Anschlusskomponenten, wie Patch-Feldern und Keystone-Modulen, sollten Komponenten der Kategorie 6A (Cat6A) zum Einsatz kommen, um die aktuellen Geschwindigkeiten bis zu 10 GBit/s auf Tertiärstreckenlängen von bis zu 100m zu erreichen. Keystone-Module sich auch am Patch-Feld im Gegensatz zu statischen Patch-Feldern, um spätere Umverlegungen in andere IT-Verteilerschränke oder einzelne Austausche aus Qualitätsgründen oder bei Fehlern zu ermöglichen. Cat8 wird zunehmend für kurze Strecken im Rechenzentrum genutzt, ist für WLAN-Infrastrukturen aber noch meist überdimensioniert.

Die höheren Bandbreiten zu den WLAN-APs wirken sich an den Switches wiederum auf die Uplink-Bandbreite und entsprechende Überbuchungen aus. Normalerweise kalkuliert man vom Access Switch, der die Access Points terminiert zu den Distributions-Switches mit einer Überbuchung 1:20 und von der Distributionsebene zur Core-Ebene mit 1:4. Dies kann wiederum ein Upgrade der Uplinks von 10 GBit/s auf 25 oder 40 GBit/s von der Access- zur Distribution-Ebene erforderlich machen, was sich seinerseits auf die Qualität der Glasfaserverbindung zwischen den vorgenannten Switches auswirken kann. In Folge sind in Abhängigkeit der Länge und der Qualität der vorhandenen Glasfaser-Installationsstrecke gegebenenfalls Anpassungen von Multimode- auf Singlemode-Verkabelungen nötig. Für Neuinstallationen empfiehlt sich direkt die Verwendung von OS2-Singlemode-Verkabelungen.
IT-Verteilerräume
Darüber hinaus sind im Bereich der passiven Infrastruktur auch IT-Verteilerräume und IT-Verteilerschränke zu berücksichtigen. Zunächst einmal müssen diese über genügend Platz an Höheneinheiten verfügen, um die zusätzliche strukturierte Datenverkabelung aufnehmen zu können. Dies liegt an zusätzlich nötigen Patch-Feldern oder Trägerplatten für Keystone-Module, als auch eventuell zusätzlich benötigte Switches.
Zudem ist die zusätzlich erforderliche PoE-Leistung für den Betrieb der WLAN-APs auch bei der Dimensionierung der unterbrechungsfreien Stromversorgungen (USV) zu berücksichtigen. Dies bringt gleichzeitig eine höhere Abwärme mit sich. Somit muss die Wärmelast der aktiven Netzwerkkomponenten im IT-Verteilerraum neu berechnet werden, was wiederum Auswirkungen auf die Klimatechnik des Raums haben kann. Bei aktuellen WLAN-APs mit Wi-Fi 7 kann man auf Switch-Seite je nach Modell mit 30 bis 60 Watt kalkulieren. Die genauen Werte muss man dem Datenblatt des jeweiligen Herstellers entnehmen. In Folge ist die PoE-Leistung aus diesem Wert und der Anzahl der eingesetzten Access Points in Kombination mit der benötigten PoE-Leistung für weitere Endgeräte, wie beispielsweise IP-Telefone oder IP-Kameras, zu berechnen.
Schneller Überblick: Passive Netzwerkinfrastruktur für WLAN
- Basis für WLAN-Performance: Stabile, skalierbare WLANs brauchen eine starke passive Infrastruktur – Kabel, Dosen, Racks und Co.
- Normen: Planung nach DIN EN 50173/50174, teilweise ISO/IEC 11801. Kabelauswahl: Cat.7 (AWG 22) empfohlen, S/FTP-Verkabelung, Installationsklasse EA.
- Access Points: Zwei RJ45-Anschlüsse pro AP (Daten + Redundanz/LACP), PoE-Leistung beachten.
- Bandbreite und Uplinks: Multi-Gigabit-fähig (2,5/5/10 GBit/s), Uplink kann 25-40 GBit/s erfordern.
- Glasfaser: Bei Bedarf auf OS2-Singlemode umstellen.
- Verteilerräume: Genügend Platz, PoE-Budget kalkulieren, Klima & USV neu bewerten.
- Wi-Fi 7: Bis zu 60 Watt PoE pro AP, zukunftssichere Planung erforderlich.
Dies ist der vierte Teil unserer Serie zur WLAN-Planung. Der erste Teil behandelt die Planungsgrundlagen, im zweiten Teil geht es um die Qualitätsparameter und im dritten Teil widmen wir uns Simulation und Pre-Deployment Site Surveys.