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Power over Ethernet: PoE-Grundlagen für Netzwerkarchitekten

Power over Ethernet ermöglicht es, Geräte mit geringem Stromverbrauch per Standard-Ethernet-Kabel mit Strom zu versorgen. Erfahren Sie mehr über die Standards und PoE-Typen.

Power over Ethernet (PoE) ist für Netzwerkarchitekten ein äußerst wertvolles Tool. Es ist für Geräte gedacht, die Strom benötigen, aber weit entfernt von einer Steckdose stehen.

PoE wurde erstmals im Jahr 2003 als Standard IEEE 802.3af eingeführt. Zielanwendungen waren an der Decke montierte Access Points (AP), Überwachungskameras und VoIP-Telefone. Viele Netzwerkarchitekten wollten keine zusätzlichen Kosten verursachen, indem sie eine neue Steckdose setzen oder ein Verlängerungskabel verlegen, um diese Geräte mit Strom zu versorgen. Eine bessere Alternative war die Stromversorgung per Ethernet-Kabel, über das die Geräte miteinander verbunden sind.

Aktuelle Umgebungen benötigen wenig Energie und eine höhere Sicherheit in Bürobereichen, was zu neuen PoE-Anwendungen führt. Diese Anwendungen bedingen, dass Netzwerkarchitekten die Möglichkeiten von PoE, wie sie im IEEE-Standard definiert sind, und die Anforderungen der neuen Anwendungen verstehen.

PoE-Standards

Vor der Einführung des ersten PoE-Standards hatten die großen Gerätehersteller proprietäre Standards entwickelt, die es unmöglich machten, Geräte verschiedener Anbieter in einem Netzwerk zu kombinieren. Als das IEEE den 802.3af-Standard veröffentlichte, aktualisierten die Hersteller ihre Produkte, um den Standard zu unterstützen. Dadurch konnten Unternehmen das beste Produkt für den jeweiligen Zweck auswählen – auch wenn dies bedeutete, Geräte, die nach den Standards verschiedener Hersteller entwickelt wurden, miteinander zu mischen.

IEEE 802.3af

Der ursprüngliche Standard IEEE 802.3af liefert 15,4 Watt (W) am Energieversorger. Bei diesem auch Power Sourcing Equipment (PSE) genannten Gerät handelt es sich typischerweise um einen Netzwerk-Switch. Wenn ein Energieverbraucher (Powered Device, PD) über ein 100 Meter langes Kabel angeschlossen ist, sinkt die Leistung aufgrund von Verlusten im Kabel normalerweise auf 12,95 W. Kürzere Kabel verlieren nicht so viel Energie, und CAT-6-Kabel reduzieren den Leistungsverlust im Vergleich zu CAT 5e.

Geräte nach dem Standard von 2003 liefern genügend Leistung für APs und fest montierte Überwachungskameras. Geräte mit Schwenk- und Neigefunktion benötigen allerdings mehr Leistung.

IEEE 802.3at

Das IEEE reagierte auf diese höhere Leistungsanforderung mit der Veröffentlichung von IEEE 802.3at im Jahr 2009. Der 802.3at-Standard, auch als PoE+ bezeichnet, legt circa 25,5 Watt am Powered Device fest, was für Kameras mit Schwenk- und Neigefunktion sowie eine Reihe von anderen Geräten ausreicht. Aber kurze Zeit nachdem das IEEE den Standard veröffentlicht hatte, erkannten einige Anbieter, dass andere Geräte, die von PoE profitieren würden, sogar noch mehr Leistung verlangten als IEEE 802.3at spezifizierte.

Anstatt auf einen entsprechend angepassten IEEE-Standard für die elektrische Leistung zu warten, entwickelten die Anbieter wieder zahlreiche proprietäre Implementierungen. Alle Geräte gemäß diesen Standards liefern mehr Leistung als 802.3at vorsieht, indem die Stromversorgung über alle vier Leitungspaare in einem CAT-5-Kabel erfolgt. Im Gegensatz dazu stellen IEEE 802.3af und 802.3at die Stromversorgung nur über die beiden Leitungspaare bereit, die das Signal übertragen. Obwohl alle proprietären Versionen vier Paare verwendeten, waren sie nicht kompatibel. Alle behielten jedoch die Kompatibilität zu den beiden früheren IEEE-Standards bei.

IEEE 802.3bt

Als das IEEE erneut den Bedarf an höherer Leistung erkannte, begann die Organisation mit der Arbeit an einem aktualisierten Standard. Das führte 2018 zu IEEE 802.3bt. Dieser Standard unterstützt ebenfalls die Verwendung aller vier Leitungspaare und liefert je nach Typ 60 Watt bis 100 Watt Leistung. Geräte, die auf IEEE 802.3bt aufgerüstet wurden, lassen sich mit Produkten anderer Hersteller verbinden.

Der 802.3bt-Standard definiert auch eine Möglichkeit, um zwei unterschiedliche Leistungsstufen gleichzeitig zur Verfügung zu stellen. Ein Dual-Signature-Gerät verwendet zwei der vier Leitungspaare im Kabel, um als ein Gerätetyp zu agieren und die Versorgung auf der dazugehörigen Leistungsstufe bereitzustellen. Über die anderen zwei Leitungspaare lässt es sich als zusätzlicher Typ in einer weiteren Leistungsstufe betreiben.

Dual Signature ist hilfreich für Anwendungen, die unterschiedliche Leistungsstufen benötigen. Eine Workstation kann zum Beispiel das Signal und den Strom für den Prozessor verwenden, während der Monitor eine unterschiedliche Leistungsstufe benötigt, aber nicht auf das Signal zugreifen muss.

Zu den üblichen Anwendungen für PoE gehören LED-Beleuchtung, Überwachungskameras und VoIP-Telefone.
Abbildung 1: Zu den üblichen Anwendungen für PoE gehören LED-Beleuchtung, Überwachungskameras und VoIP-Telefone.

PoE-Typen

Jeder der Standards definiert PoE-Typen, wobei jeder Typ in der Lage ist, mehrere Leistungsklassen zu unterstützen.

IEEE 802.3af definiert Typ 1, der eine von vier Leistungsklassen von 3,84 W bis zu 12,95 W am Powered Device spezifiziert.

IEEE 802.3at unterstützt Geräte des Typs 1 und die dazugehörigen Leistungsklassen. Außerdem fügt dieser Standard Typ 2 sowie eine zusätzliche Klasse hinzu, die 25,5 Watt am Powered Device erlaubt.

IEEE 802.3bt ergänzt Typ 3 und Typ 4 sowie vier weitere Leistungsklassen. Die neuen Typen und Klassen definieren Leistungsstufen, die von 60 Watt am PSE und 51 Watt am Powered Device (Typ 3) bis zu 100 Watt am PSE und 71 Watt am Powered Device (Typ 4) reichen.

So funktioniert PoE

Powered Devices fordern die benötigte Leistungsstufe über eine Initialisierungssequenz an. Diese Sequenz beginnt, wenn der Energiequelle eine schwache Spannung auf das Kabel legt, um zu erkennen, ob es sich beim Gerät am anderen Ende des Kabels um ein PoE-Gerät handelt. Wenn der Stromfluss zeigt, dass das Gerät einen Widerstand von 25.000 Ohm besitzt, führen der Energieversorger und das Powered Device eine Initialisierungssequenz durch.

Es gibt zwei Möglichkeiten, wie Powered Devices ihren Leistungsbedarf angeben können:

  1. Sie tauschen eine Reihe von Impulsen mit der Energiequelle aus.
  2. Sie nutzen das Link Level Discovery Protocol (LLDP) oder IEEE 802.1ab, wodurch Parameter festgelegt werden, die die zwei Geräte austauschen, um den Typ und die benötigte Leistungsstufe zu bestimmen. Falls sich der Leistungsbedarf ändert, kann das Powered Device ein anderes LLDP-Paket senden, um die Energiequelle über die Änderung zu informieren.

Wenn ein Powered Device ausgeschaltet wird, muss es weiterhin in regelmäßigen Abständen Leistung aufnehmen, um den Versorger zu informieren, dass es noch verbunden ist. Während frühere Standards vorschreiben, dass ein Powered Device 20 Prozent der Zeit zehn Milliampere zieht, verlangt IEEE 802.3bt, dass ein PD nur 1,875 Prozent der Zeit Leistung aufnimmt. Diese Reduktion macht einen erheblichen Unterschied für Anwendungen wie LED-Beleuchtung aus, bei denen eine Vielzahl von Geräten in der Nacht und an Wochenenden ausgeschaltet sind.

Mit PoE lassen sich auch auf andere Weise Kosten senken. Wenn man Strom für die Beleuchtung per PoE liefert, entfällt die Notwendigkeit für eine Stromversorgung bis unter die Decke und den Aufbau eines Stromsteuerungssystems zusätzlich zu dem für das Netzwerkmanagement.

Fazit

PoE wird zunehmend genutzt. Die zahlreichen neuen Produktbereiche, in denen PoE zum Einsatz kommt, bedeuten, dass Netzwerkarchitekten über diese neuen Produkte auf dem Laufenden bleiben- Sie müssen deren Möglichkeiten kennen, um zu entscheiden, welche davon sich für ihre Netzwerke am besten eignen. Angesichts des schnellen Wachstums von PoE-Anwendungen und -Produkten sollten Netzwerkarchitekten damit rechnen, dass sie viel Zeit in die Evaluierung von PoE-Nutzung und -Anwendungen investieren müssen.

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