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Leil Storage: Hyperscale-Effizienz im eigenen Rechenzentrum

Leil Storage will mit seiner Hardwarelösung eine neue Ära des Storage am eigenen Standort einleiten. Die Kombination von HM-SMR und hoher Energieeffizienz soll den Markt überzeugen.

Leil Storage ist ein junges Unternehmen, das sich auf die Bereitstellung von On-Premises Backup-Speicherlösungen spezialisiert hat. Mit Sitz in Estland und einer Registrierung in der Europäischen Union bietet Leil Storage eine Backup-Lösung, die sich durch ihre Kombination aus Hyperscale-Effizienz, Skalierbarkeit und Kosteneffektivität vom Wettbewerb abheben soll. Das Wort Leil bedeutet so viel wie Atem oder Geist/Seele und wird mit dem Konzept der Wiedergeburt assoziiert. Dies lässt sich so interpretieren, dass Leil Storage eine Rennaissance des Speichers im eigenen Rechenzentrum anstoßen will.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Cloud-basierten Speicherlösungen setzt Leil auf On-Premises-Speichertechnologie, die speziell für große Datenmengen und Backup-Workloads optimiert ist. Dieses System nutzt Technologien, die bisher vorwiegend Hyperscalern vorbehalten waren, und macht sie für ein breiteres Spektrum von Unternehmen zugänglich. Eine der Hauptstärken liegt in der Möglichkeit, die Speicherkapazität nahtlos und ohne Ausfallzeiten zu erweitern, was die Notwendigkeit aufwändiger Datenmigrationen eliminiert.

Die zugrunde liegende SaunaFS-Technologie, ein quelloffenes POSIX-Dateisystem, wird durch proprietäre Erweiterungen wie den Infinite Cold Engine (ICE) und Arctic Forest Concept ergänzt. Diese ermöglichen nicht nur eine verbesserte Datenintegrität und Energieeffizienz, sondern auch eine nahtlose Skalierbarkeit.

Einsparungen durch HM-SMR und ICE

Mit der Integration von Host-Managed Shingled Magnetic Recording (HM-SMR)-Festplatten und innovativen Funktionen wie dem Power Disable-Feature reduziert Leil den Energieverbrauch um bis zu 43 Prozent. Die Festplattenbieten eine höhere Dichte und somit größere Kapazitäten als herkömmliche Harddrives und sind zudem zuverlässiger. Zwar arbeiten diese Laufwerke unter bestimmten Umständen Langsamer, beispielsweise bei zufälligen Schreibprozessen, da die Systeme aber für Backups konzipiert sind, wird es hier wahrscheinlich nicht zu Engpässen kommen, da ein Backup-Stream kontinuierlich ist. Die Laufwerke eignen sich gut für sequenzielle Workloads. Im Leil-Storage kommen Festplatten von Western Digital mit 28 und 32 TByte zum Einsatz. Eine Standardkonfiguration besteht aus acht Nodes beziehungsweise acht JBODs in einem Rack mit 17 PByte nutzbarem Storage. Hierbei fungiert eine Node als so genannte Head-Node mit zwei HBAs zu jedem JBOD. In der regel ist die Startkonfiguration ein Cluster mit 10 PByte, dass sich bei Bedarf erweitern lässt.

Die Funktion Infinite Cold Engine wurde vom Hersteller eingeführt, um Power Disable zu ermöglichen. Dabei nutzt ICE das verteilte SaunaFS, um den Datenzugriff auf eine kleine Gruppe von Laufwerken zu konzentrieren, während die Mehrheit der Laufwerke ausgeschaltet bleiben kann. ICE soll fbis 2026 ür vier Phasen zuständig sein:

  1. HM-SMR-Unterstützung (macht 18 Prozent Energieeinsparung aus)
  2. Write-Grouping (Konzenpt in 2024, 43 Prozent Einsparung)

SMR-Festplatten werden über Server hinweg für acht Server gruppiert. Festplatten deaktivieren sich, wenn sie voll sind, und reaktivieren sich für Datenlesevorgänge, wobei Paritätsplatten ausgeschaltet bleiben.

  1. Smart Data Placement (geplant 2025, 50 Prozent Energieeinsparung)

Bei dieser Methode werden die Daten mit Hilfe von Zugriffswahrscheinlichkeit verteilt, wobei die Daten zunächst auf Staging-Disks gespeichert werden, um sie dann nach Dateiattributen und Benutzerverhalten zu klassifizieren. Diese Daten werden dann in Batches auf den Hauptspeicher übertragen.

  1. KI-gesteuerter Background Service (geplant 2026, 70 Prozent Einsparung)

In dieser Phase werden im Hintergrund zum Beispiel Daten zum Energieverbrauch, Nutzerverhalten und Systemveränderungen gesammelt, um Energie sparen zu können. Ebenso testet das Tool die Datenklassifizierungsparameter mittels Simulation und Kombinationsexperimenten. Dabei wird ein Vergleich des tatsächlichen mit dem simulierten Energieverbrauch vor der Installation durchgeführt. Hier gibt das System Empfehlungen zur Anpassung an die theoretischen Ergebnisse.

Diese Funktion ist jedoch nicht mit MAID (Massive Array of Idle Disks) zu verwechseln. Hierbei werden Daten gleichmäßig auf die Medien verteilt, um diese dann alle entweder in einen Ruhezustand zu versetzen oder aktiv zu halten. Im Ruhestand sind die Daten allerdings nicht gleich abrufbar. ICE hält eine Gruppe an Medien aktiv, so dass Daten ständig verfügbar sind. Darüber hinaus bietet MAID keine Scale-Out-Architektur, kein SDS und keinen Fokus auf die Workload.

Die Lösung verwendet Erasure Coding (6+2) für Datenredundanz und organisiert Festplatten in Schreibgruppen. Mit dieser Funktion und den damit einhergehenden Energieeinsparungen hofft das Unternehmen, eine attraktive und leistungsstärkere Alternative zu Tape-Systemen bieten zu können. 

In Bezug auf die Kostenstruktur verfolgt Leil Storage einen progressiven Ansatz: Je mehr das System genutzt wird, desto vorteilhafter wird das Preismodell für den Kunden. Dies macht die Lösung interessant für wachsende Unternehmen mit steigenden Datenmengen. 

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Datensicherheit. Leil Storage bietet einen robusten Schutz gegen Ransomware-Angriffe durch die Implementierung von sofortigen Copy-on-Write Snapshots. Diese Technologie gewährleistet die Unveränderlichkeit der gesicherten Daten und bietet somit eine zusätzliche Schutzebene gegen moderne Cyberbedrohungen.

Die Lösung unterstützt verschiedene Protokolle wie FUSE (für Linux und Windows), NFSv4 und S3, was eine einfache Integration in bestehende IT-Infrastrukturen ermöglichen soll. Darüber hinaus bietet das System spezifische Integrationen für populäre Backup-Softwarelösungen wie Acronis, Cohesity und Veeam, was die Einbindung in vorhandene Backup-Strategien erleichtert. Derzeit arbeitet der hersteller an der Integration der Veritas-Backup-Software. Derzeit gibt es keine detaillierten Informationen zur Datenverschlüsselung, aber die Funktion der Immutable Daten ist bereits eine Sicherheitsmaßnahme, die eine Manipulation der Daten grundsätzlich unmöglich macht.

Mögliche Einsatzgebiete

Der hersteller sieht klare Einsatzszenarien für seine Storage-Hardware. Dabei sollen spezifische Vorteile für diese Anwendungsgebiete den interessierten Nutzer überzeugen. Die wichtigsten sind hier zusammengefasst.

Active Archive

Hier soll die Kombination aus Nearline Storage und Cold-Archive-Speicher die Herausforderungen aktiver Archive erfüllen. In einem solchen Archivspeicher müssen die daten stets zugreifbar sein und dafür den kostengünstigsten Speicherplatz bieten. Darüber hinaus wachsen Archive meist schnell zu großen Datenmengen an, die mit rasch skalierbaren Systemen adressiert werden müssen. Dabei darf der Energieverbrauch nicht zu groß werden, denn dies schafft kontinuierlich wachsende Kosten

Künstliche Intelligenz

Beim Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) und generativer KI fallen enorme Datenmengen an, die nicht nur schnell von GPUs verarbeitet werden müssen, sondern auch langfristig für weitere Trainings- und Entwicklungszecke bereits stehen müssen. Dabei muss Speicher für die Rohdaten, die Vorverarbeitung, die Inferenz-Engine, neu generierte Inhalte und das Training bei Bedarf sofort verfügbar und ausreichend vorhanden sein. 

Backup im eigenen Rechenzentrum

Cloud-Backups sind für viele Unternehmen attraktiv, haben aber auch ihre Nachteile, wie zu lange Datenübertragungsraten und Egress-Kosten. Deswegen lohnt sich für geschäftskritische und große Datenmengen ein On-Premise-Backup. Die Herausforderungen bestehen hier in den Leistungs- und Kapazitätsanforderungen, möglicherweise komplexen Adminaufgaben und Skalierbarkeit. 

Speicher für Videoüberwachung

Der Anbieter sieht auch in der Videoüberwachung einen Markt für seine Systeme. Es gibt kaum Lösungen, die auf diesen Bereich zugeschnitten sind und kostengünstige Langzeitüberwachung für große Datenmengen, Daten-Immutability und die Energieeffizienz für wachsende Speicherumgebungen bieten kann.

File Sharing

Beim File Sharing in großen Unternehmensumgebungen kommt es laut Leil auf Flexibilität und Performance an. Anwender sollen hier von der Skalierbarkeit von Speicherkapazität und Leitung sowie der Option unveränderbarer Daten und geringerer Kosten pro TByte profitieren.

Medien- und Video-Post-Produktion

Speichersysteme im Medienbereich müssen in der Regel für enorme Datenmengen ausgelegt sein. Das ständige Datenwachstum und die Wartungskomplexität verlangen nach einer Lösung, die nicht nur Kosten- und Energieeffizienz, sondern auch optimierte Prozesse für die spezifischen Workloads bietet. 

Kubernetes Storage im eigenen Rechenzentrum

Unternehmen haben verstanden, dass auch Containerdaten Datensicherungen benötigen. Dabei spielt Kubernetes eine große Rolle. Daten, die aus diesen Umgebungen gesichert werden sollen, haben sehr spezielle Anforderungen. Leil sieht hier den Bedarf nach HCI-optimierten Storage und seine eigene Lösung in einer guten Marktposition.

Herausforderungen und Potenzial

Trotz der zahlreichen Vorteile der HM-SMR-Technologie, gibt es auch einige Einschränkungen. Dazu gehört die eingeschränkte Verfügbarkeit der Technologie. Während Leil SMR-Technologie auch für mittelständische Unternehmen zugänglich macht, bleibt die Implementierung dieser Festplatten anspruchsvoll und erfordert spezielle Anpassungen, die sich bislnag noch nicht im Speichermarkt in großen Zahlen durchgesetzt hat. Hinzu kommt die Komplexität bei der Wartung. Die fortschrittliche Technologie und Modularität können für kleinere IT-Teams durchaus eine Herausforderung darstellen. Nicht zuletzt müssen die Enstiegskosten erwähnt werden. Die initialen Investitionen für Hardware und Infrastruktur können höher ausfallen als bei Standardlösungen. Hier müssen interessierte Unternehmen prüfen, wann die Kostenvorteile der Lösung die Anschaffungskosten amortisiert haben werden. 

Im Vergleich zu traditionellen Tape-Libraries oder High-Capacity-HDD-Arrays bietet Leil Storage eine bessere Energieeffizienz und Skalierbarkeit. Tape-Libraries sind zwar kostengünstig, jedoch nicht für schnellen Datenzugriff geeignet. High-Capacity-HDD-Arrays hingegen haben höhere Betriebskosten und sind weniger nachhaltig. Gegenüber Public-Cloud-Lösungen punktet Leil mit Datenschutz und Unabhängigkeit, während es gleichzeitig Hyperscale-Effizienz bietet, die traditionell großen Cloud-Anbietern vorbehalten war.

Es ist ungewöhnlich, in Zeiten des Cloud-Speichers und alteingesessener Storage-Anbieter ein Startup mit einer Hardwarelösung frisch am Markt zu sehen. Das Energiekonzept könnte überzeugen, aber eine flächendeckende Verbreitung dieses Speichertypen wird sich wohl erst etablieren, wenn weitere Hersteller die SMR-Technologie untsertützen.

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