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Entwicklung neuer HDD-Technologien für höhere Datendichte

HAMR, MAMR und ePMR sind Technologien, mit denen Hersteller die physikalischen Grenzen herkömmlicher Festplatten überwinden und die Speicherdichte steigern.

Moderne Festplatten stehen unter erheblichem Innovationsdruck. Während Solid-State-Drives mit NVMe durch Geschwindigkeit, Energieeffizienz und kompakte Bauform dominieren, bleibt die klassische magnetische Festplatte im Bereich kosteneffizienter Massenspeicherung insbesondere für Nearline- und Backup-Anwendungen unverzichtbar. Um den steigenden Anforderungen an Speicherdichte und Kosteneffizienz gerecht zu werden, setzen Hersteller zunehmend auf sogenannte Energy-Assisted Magnetic Recording-Technologien. Zwei zentrale Ansätze dabei sind Heat-Assisted Magnetic Recording (HAMR) und Microwave-Assisted Magnetic Recording (MAMR). Beide Technologien zielen darauf ab, die physikalischen Grenzen klassischer Aufzeichnungsmethoden zu überwinden, verfolgen dabei jedoch unterschiedliche Prinzipien.

Hintergrund: Physikalische Grenzen klassischer Speichertechnologien

Die Speicherkapazität magnetischer Festplatten hängt maßgeblich von der Areal Density ab, also der Anzahl der Bits pro Quadratzoll der Plattenoberfläche. Diese ergibt sich aus der Kombination von Tracks per Inch (TPI) und Bits per Inch (BPI). Seit den 1950er-Jahren konnte die Areal Density um mehrere Größenordnungen gesteigert werden. Technologisch entscheidend waren Fortschritte wie die Einführung von Giant Magnetoresistance (GMR), Perpendicular Magnetic Recording (PMR) und zuletzt Shingled Magnetic Recording (SMR). Dennoch stagniert die Weiterentwicklung der Dichte seit Mitte der 2010er-Jahre. Der Grund liegt im sogenannten technologischen Trilemma: Kleinere magnetische Körner verringern zwar die Bitgröße, erhöhen jedoch die thermische Instabilität. Eine Reduktion der Körnerzahl pro Bit senkt das Signal-Rausch-Verhältnis, während Materialien mit höherer Koerzitivität stärkere Magnetfelder zum Beschreiben erfordern, als herkömmliche Schreibköpfe liefern können.

Grenzen klassischer PMR-Technik und Stillstand bei der Areal Density

Seit 2015 liegt die maximale realisierte Areal Density klassischer PMR-basierten Festplatten bei etwa bis zu 1,5 Tbit/in². Im Gegensatz dazu erreichen moderne SSDs mit 176-Layer-3D-NAND bereits über 6 Tbit/in². Ohne neue Aufzeichnungstechniken kann die magnetische Festplatte diese Entwicklung nicht fortsetzen.

Zur Kapazitätssteigerung durch zusätzliche Platten setzen Hersteller seit einigen Jahren auf Heliumfüllung. Helium hat nur etwa ein Siebtel der Dichte von Luft und reduziert Luftwiderstand und Turbulenz im Inneren. Dadurch lassen sich dünnere Platter verwenden. Allerdings besteht die Herausforderung darin, das Helium dauerhaft einzuschließen, Leckagen verkürzen die Lebensdauer. Western Digital hat aktuell Modelle mit bis zu elf Platter (Ultrastar 32 TB SMR), Seagate verwendet bis zu zehn Platter bei der Exos-Serie.

Grundprinzipien von HAMR und MAMR

Beide Technologien nutzen zusätzliche Energiequellen, um Datenbits in hochkoerzitive Speichermedien zu schreiben. Hochkoerzitive Materialien besitzen eine besonders hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber magnetischer Umpolung. In der Festplattentechnologie ermöglichen sie stabile Speicherung selbst bei extrem kleinen Bitgrößen. Diese hohe magnetische Anisotropie verhindert unbeabsichtigte Zustandsänderungen durch thermische Einflüsse. Gleichzeitig erfordert das Beschreiben solcher Medien jedoch deutlich stärkere oder energieunterstützte Magnetfelder, wie sie durch HAMR oder MAMR bereitgestellt werden.

Dabei geht es nicht primär um eine Steigerung der Feldstärke, sondern um eine temporäre Reduktion der Energiebarriere, welche die magnetische Ausrichtung stabilisiert. Statt einfach nur ein stärkeres Magnetfeld zu nutzen, helfen HAMR und MAMR dabei, den Bereich auf der Festplatte kurzzeitig leichter beschreibbar zu machen. HAMR macht das, indem es den Punkt auf der Platte mit einem Laser erhitzt. MAMR nutzt dafür Mikrowellen. So können Daten auch bei sehr kleinen Speicherbereichen zuverlässig geschrieben werden. Diese Techniken lassen sich mit zwei verschiedenen Arten kombinieren, wie die Daten auf der Platte angeordnet sind: entweder klassisch (CMR) oder überlappend (SMR). Dadurch entstehen insgesamt acht verschiedene Varianten moderner Festplatten.

HAMR erreicht dies durch punktuelles Erhitzen des Plattenmaterials, MAMR dagegen durch gezielte Mikrowellenanregung. Beide Verfahren lassen sich mit CMR- oder SMR-Layout kombinieren, wodurch sich acht Varianten moderner HDDs ergeben: PMR+CMR, PMR+SMR, ePMR+CMR, ePMR+SMR, HAMR+CMR, HAMR+SMR, MAMR+CMR, MAMR+SMR.

HAMR: Präzise Hitze als Schlüssel zu extremer Bitdichte

Heat-Assisted Magnetic Recording basiert auf der lokalen Erwärmung des Plattenmaterials während des Schreibvorgangs. Hierzu enthält der Schreibkopf einen nanophotonischen Laser, dessen Strahl durch einen sogenannten Near-Field Transducer (NFT) auf eine Fläche von etwa 10 × 60 Nanometer fokussiert wird. Die Temperatur steigt dabei kurzzeitig auf bis zu 450 °C. Durch diese thermische Unterstützung verringert sich die Koerzitivität des Plattenmaterials, wodurch sich das Magnetfeld auch bei extrem kleinen Körnern zuverlässig umpolen lässt. Unmittelbar nach dem Schreibvorgang kühlt das Material schnell ab, wodurch die neue Ausrichtung stabil fixiert bleibt.

Seagate setzt HAMR im Rahmen seiner Mosaic 3+ Plattform ein und nutzt speziell entwickelte Platinlegierungen mit hoher magnetischer Anisotropie (Superlattice FePt). Aktuelle Laufwerke auf HAMR-Basis erreichen bereits Kapazitäten von 36 Terabyte mit zehn Plattern und SMR-Spurlayout (zum Beispiel Seagate Exos M). Es sind bereits Platter mit sechs Terabyte pro Scheibe im Einsatz. Langfristig strebt Seagate Kapazitäten von über 100 Terabyte pro Laufwerk an.

MAMR: Mikrowellenresonanz für energieeffizientes Schreiben

Microwave-Assisted Magnetic Recording verfolgt einen anderen Ansatz. Hier erzeugt ein Spin Torque Oscillator im Schreibkopf ein Mikrowellenfeld mit typischerweise 15 bis 20 GHz. Dieses Feld wirkt auf das magnetische Medium ein und bringt es in Resonanz, wodurch sich die Energiebarriere der Körner reduziert. So lässt sich die magnetische Ausrichtung auch bei hoher Koerzitivität mit einem schwächeren Feld umkehren. Der Vorteil von MAMR liegt in der geringeren Komplexität: Es ist keine Hitzeeinwirkung notwendig, was Kühlung und Materialanforderungen vereinfacht.

Toshiba setzt MAMR als Flux Control MAMR (FC-MAMR) produktiv ein und kombiniert diese Technik mit SMR- und CMR-Layouts. Erste Festplatten mit 24 Terabyte (CMR) und 28 Terabyte (SMR) sind bereits verfügbar. Als Weiterentwicklung existiert MAS-MAMR (Microwave-Assisted Switching), das zusätzliche Leistungsreserven für künftige Generationen verspricht. WD hatte MAMR ursprünglich als zentrale Zukunftstechnologie vorgestellt, sich aber ab 2020 zugunsten von ePMR zurückgezogen.

ePMR als Übergangstechnologie

Western Digital verfolgte zwischenzeitlich MAMR, verlagerte jedoch den Fokus auf eine weniger disruptive Lösung: Energy-Assisted Perpendicular Magnetic Recording (ePMR). Diese Variante nutzt einen elektrischen Stromfluss durch den Hauptpol des Schreibkopfs während des gesamten Schreibvorgangs, um die Stabilität und Geschwindigkeit der magnetischen Umschaltung zu verbessern. Das reduziert das Timing-Jitter und ermöglicht höhere BPI-Werte. Die Technik lässt sich mit bestehenden PMR-Layouts kombinieren. WD bietet mit ePMR derzeit Festplatten mit bis zu 32 Terabyte (SMR, UltraSMR) und 26 Terabyte (CMR, Ultrastar DC HC590) an. Letzteres Modell erreicht laut Hersteller Schreibgeschwindigkeiten von über 280 MB/s.

Marktverfügbare Festplatten mit aktuellen Technologien

Die Seagate Exos M ist eine Enterprise-Festplatte mit 36 TB Kapazität, die HAMR-Technologie nutzt. Western Digital bietet die Ultrastar DC HC560 mit ePMR und 20 TB Kapazität. Toshibas MG10-Serie kombiniert FC-MAMR mit bis zu 20 TB Speicherplatz. Alle Modelle verfügen über 7.200 U/min, hohe MTBF-Werte und eignen sich für 24/7-Betrieb in Rechenzentren und Storage-Clustern.

Technologische Bewertung im Vergleich

HAMR bietet die höchsten erreichbaren Datendichten und gilt als Schlüsseltechnologie für künftige Generationen extrem großer Festplatten. Der Aufwand bei Integration und Fertigung ist jedoch beträchtlich. MAMR ist einfacher umzusetzen und besser in bestehende Produktionslinien integrierbar, liefert jedoch aktuell eine geringere Steigerung der Datendichte. ePMR stellt einen evolutionären Zwischenschritt dar, mit moderaten Verbesserungen bei geringer Umstellung der Fertigung. Entscheidend für alle drei Technologien ist die kombinierbare Spurarchitektur, sowohl CMR als auch SMR lassen sich mit ePMR, HAMR oder MAMR verbinden.

Marktdynamik und wirtschaftlicher Kontext

Während SSDs im Endkundensegment zunehmend klassische Festplatten verdrängen, bleibt der Bedarf an Nearline-Storage im Unternehmensumfeld hoch. HDDs behalten durch ihre niedrigen Kosten pro Terabyte ihre Relevanz. Dennoch zeigt sich auch hier eine Konsolidierung. Sowohl Seagate als auch Western Digital verzeichneten 2023 Umsatzrückgänge von rund 30 Prozent. Die Verzögerungen bei HAMR und der Strategiewechsel bei MAMR spiegeln die wirtschaftliche Unsicherheit in der Branche wider.

Zukünftige Konkurrenz: Band und DNA-Speicher

Langfristig konkurrieren Festplatten nicht nur mit SSDs, sondern auch mit alternativen Speichermedien wie modernen Bandlaufwerken (zum Beispiel LTO mit 20 TB pro Kassette) und experimentellen Technologien wie DNA-Speicherung. Diese Systeme bieten Vorteile bei Haltbarkeit, Energieeffizienz und langfristiger Datenintegrität. Ob HAMR einen ähnlichen Innovationssprung wie EUV in der Halbleiterfertigung realisieren kann, bleibt offen. Andernfalls droht eine erneute Konsolidierungswelle innerhalb der HDD-Industrie.

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