Anna Khomulo - Fotolia

Mit HAMR-Festplatten Rechenzentren effizienter betreiben

Nicht alle Workloads sind auf SSDs gespeichert, große Datensets liegen nach wie vor auf Disk und benötigen viel Storage-Platz. Hier kann die HAMR-Technologie Effizienzen bringen.

Die Datenbestände in Rechenzentren nehmen drastisch zu. Daher müssen die Betreiber Wege finden, um Storage-Ressourcen möglichst platzsparend, kostengünstig und umweltverträglich bereitzustellen. Eine Lösung sind Festplattenauf Basis der HAMR-Technologie. Sie verfügen über eine bislang unerreichte Flächendichte von drei Terabyte pro Magnetscheibe und ermöglichen Speicherkapazitäten von 30 TB und mehr je Festplatte.

Die Digitalisierung und Technologien wie künstliche IntelligenzMachine Learning und das Streaming von Musik und Videos bieten Unternehmen und privaten Nutzern viele Vorteile. Doch ein Effekt dieser Entwicklung ist, dass Rechenzentren immer größere Storage-Kapazitäten benötigen. Das gilt für die Data Center von Unternehmen und von Cloud Service Providern gleichermaßen. 

Storage-Beispiel: Trainingsdaten für KI-Modelle

Ein Faktor, der diese Entwicklung fördert, ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz. Für das Training von Modellen für generative KI-Applikationen (Generative AI) wie ChatGPT und Google Gemini sind spezielle Daten erforderlich. Ein Large Language Model (LLM) wie GPT-3 benötigt etwa 45 Terabyte solcher Daten. Beim Nachfolger GPT-4 hat das Dataset bereits ein Volumen von etwa 1 Petabyte. Neue multimodale Modelle wie Google Gemini 1.5, die neben Text auch Bilder und Videos bearbeiten können, erfordern wiederum ein Vielfaches dieser Trainingsdaten. Beewant zum Beispiel hat 3 Millionen Stunden Videomaterial für seine KI als Trainingsdaten genutzt.

Neben KI tragen auch Cloud-Services und das Internet der Dinge (IoT) maßgeblich dazu bei, dass nach Einschätzung des Marktforschungsunternehmens IDC im Jahr 2027 bereits 291 ZB an Daten erzeugt werden.

Herausforderungen für die Storage-Architektur

Um dieses Datenwachstum zu bewältigen, müssen Rechenzentren höhere Speicherkapazitäten zur Verfügung stellen. Und dies vor dem Hintergrund, dass die Kosten im Rahmen bleiben und Faktoren wie die Umweltverträglichkeit berücksichtigt werden. 

Allerdings ist es unter dem Kostenaspekt problematisch, ein Rechenzentrum fortlaufend um zusätzliche Storage-Systeme zu erweitern. Das kostet Platz und erhöht den Stromverbrauch. Speziell in Großräumen mit hohen Grundstückspreisen und Mieten ist es für Betreiber aus wirtschaftlichen Gründen keine Option, ihre Rechenzentren auszubauen. 

Hinzu kommt, dass laut der Studie Rechenzentren in Deutschland – Update 2023 des Digitalverbands Bitkom die Rechenzentrumsbetreiber in Deutschland 2022 mit rund 25 Cent pro kWh in Europa die höchsten Tarife für Industriestrom bezahlten. Mehr Daten im Rechenzentrum bedeuten somit höhere Kosten.

Zu beachten sind außerdem ab 2026 die Vorgaben des Energieeffizienzgesetzes (EnEfG) für Rechenzentren. Data Center, die vor dem 1. Juli 2026 in Betrieb genommen wurden, dürfen demnach eine Energieverbrauchseffektivität (PUE, Power Usage Effectiveness) von maximal 1,5 aufweisen. Für Rechenzentren, die nach diesem Zeitpunkt den Betrieb aufnehmen, ist ein PUE-Wert von nur 1,2 zulässig. Auch wegen dieser Vorgabe wird die Effizienz von Speicherressourcen wichtiger. 

Lösung: Flächendichte von Festplatten erhöhen

Da 90 Prozent der Daten in Rechenzentren auf Festplatten lagern, bieten sich Harddisks als Ansatzpunkt für Optimierungen an. Die effizienteste Option, um die Speicherkapazität von Festplatten zu erhöhen, ist eine höhere Flächendichte (Areal Density) der einzelnen Magnetscheiben. Technologien wie Heat Assisted Magnetic Recording (HAMR) ermöglichen es, Festplatten mit einer Speicherkapazität von 30 Terabyte und mehr herzustellen. 

Abbildung 1: Konventionelle 16 TB Festplatten und die HAMR-Festplatten im Vergleich: Ihre Speicherkapazität ist fast doppelt so hoch und erfordert keinen zusätzlichen Platz im Rechenzentrum. (Quelle: Seagate)
Abbildung 1: Konventionelle 16 TB Festplatten und die HAMR-Festplatten im Vergleich: Ihre Speicherkapazität ist fast doppelt so hoch und erfordert keinen zusätzlichen Platz im Rechenzentrum. (Quelle: Seagate)

So lassen sich zum Beispiel etwa auf jeder der zehn Magnetscheiben einer Exos Mozaic 3+-Harddisk drei Terabyte speichern und somit eine Speicherkapazität von 30 TB erreichen. Das ist fast doppelt so viel wie bei herkömmlichen 16 TB PMR-Festplatten (Perpendicular Magnetic Recording), die derzeit die durchschnittliche Speicherkapazität je Festplatte in großen Rechenzentren darstellen. Um auf eine vergleichbare Kapazität wie einer solchen Festplatte zu kommen, müssten bei einer PMR-Platte weitere Scheiben integriert werden. Das erfordert zusätzliche Ressourcen und erhöht den Platzbedarf im Rack. Außerdem erhöht jede weitere Scheibe den Stromverbrauch einer HDD um bis zu 12,5 Prozent.

Bei Festplattenherstellern wie Seagate oder Toshiba sind weitere Festplatten auf Basis von HAMR in Planung, die eine Kapazität von 50 TB erreichen. Auch sie lassen sich wie die 30-TB-Modelle in gängigen Storage-Arrays installieren. Für Rechenzentren hat dies den Vorteil, dass sie vorhandene Storage-Umgebungen auf einfache und kosteneffiziente Weise erweitern können, ohne zusätzliche Arrays anzuschaffen. Alle Komponenten der dieser Plattform sind zu 100 Prozent mit den Storage-Systemen und -Architekturen in Rechenzentren kompatibel. Ein Umbau der Infrastruktur und mehr Platzbedarf ist somit nicht erforderlich.

Niedrigere Stromkosten und geringer CO2-Ausstoß

Eine Plattform mit HAMR-Technologie macht es Unternehmen und Service Providern zudem einfacher, Umweltschutzvorgaben einzuhalten – etwa die Regelungen des EnEfG. Das zeigt folgendes Beispiel: Eine herkömmliche 16 TB Festplatte, die eine Flächendichte von 1,78 TB aufweist, verbraucht etwa 0,59 Watt Strom pro Terabyte. 

Abbildung 2: Gegenüber herkömmlichen 16 TB Festplatten verbrauchen HAMR-Festplatten 45 Prozent weniger Strom und reduzieren so die Energiekosten und den CO2-Fußabdruck im Rechenzentrum. Und die bei der Herstellung entstehenden CO2 Emissionen wurden um 55 Prozent pro Terabyte reduziert. (Quelle: Seagate)
Abbildung 2: Gegenüber herkömmlichen 16 TB Festplatten verbrauchen HAMR-Festplatten 45 Prozent weniger Strom und reduzieren so die Energiekosten und den CO2-Fußabdruck im Rechenzentrum. Und die bei der Herstellung entstehenden CO2 Emissionen wurden um 55 Prozent pro Terabyte reduziert. (Quelle: Seagate)

Der Strombedarf dieser Festplatte mit HAMR-Technologie und einer Flächendichte von 3 TB beträgt 0,32 Watt pro Terabyte, also 45 Prozent weniger. Das entlastet das Budget eines Rechenzentrumsbetreibers. Außerdem unterstützt es ihn dabei, den CO2-Fußabdruck des Data Center zu minimieren. 

Die höhere Speicherkapazität schlägt sich somit in Verbindung mit dem geringeren Strombedarf und der Kompatibilität mit der vorhandenen Storage-Infrastruktur positiv auf die Gesamtbetriebskosten (TCO) nieder.

Wie HAMR funktioniert

Um eine Flächendichte von 3 TB und mehr zu erreichen, werden zum Beispiel bei der Mozaic-Plattform mehrere Technologien eingesetzt. Um mit dem HAMR-Verfahren Daten auf die magnetische Scheibe zu schreiben, wird eine winzige Stelle kurz durch eine am Schreibkopf befestigte Laserdiode erhitzt. Dadurch kann der Schreibkopf die magnetische Polarität einzelner Bits kurzzeitig ändern, sodass sich Daten auf die Scheibe schreiben lassen. Das Erhitzen und Abkühlen jedes Bits dauert nur eine Nanosekunde. Das heißt, es kommt zu keinen unerwünschten Auswirkungen auf die Temperatur, Stabilität und Zuverlässigkeit der Festplatte. 

Hugo Bergmann, Seagate

„Da 90 Prozent der Daten in RZs auf Festplatten lagern, bieten sich Harddisks als Ansatzpunkt für Optimierungen an. Die effizienteste Option, um die Speicherkapazität von Festplatten zu erhöhen, ist eine höhere Flächendichte der einzelnen Magnetscheiben. Technologien wie HAMR ermöglichen es, Festplatten mit einer Speicherkapazität von 30 Terabyte und mehr herzustellen.“

Hugo Bergmann, Seagate

Als Material für die Magnetscheiben dient eine Supergitter-Platin-Legierung, die die magnetische Koerzitivkraft der Nanopartikel erhöht. Die Legierung ermöglicht ein präzises Schreiben der Daten und eine hohe Bit-Stabilität. Beim Schreiben kommt ein plasmonischer Schreibkopf mit einem nanophotonischen Laser zum Einsatz, der einen Wärmepunkt auf der Scheibe erzeugt. Die Datenbits lassen sich nur durch diese punktuelle Erwärmung verändern, was die hohe Bitstabilität bei dieser Datendichte ermöglicht.

Abbildung 3: Die Mozaic 3+ verwendet neben der HAMR-Technologie noch weitere Nano-Technologien. Ein Laser erhitzt kurzzeitig eine winzige Stelle auf der Magnetscheibe, bevor die Daten geschrieben werden. Der Vorgang dauert nur eine Nanosekunde und hat keine Auswirkungen auf die Temperatur, Stabilität und Zuverlässigkeit der Festplatte. (Quelle: Seagate)
Abbildung 3: Die Mozaic 3+ verwendet neben der HAMR-Technologie noch weitere Nano-Technologien. Ein Laser erhitzt kurzzeitig eine winzige Stelle auf der Magnetscheibe, bevor die Daten geschrieben werden. Der Vorgang dauert nur eine Nanosekunde und hat keine Auswirkungen auf die Temperatur, Stabilität und Zuverlässigkeit der Festplatte. (Quelle: Seagate)

Für das Lesen der Daten kommt ein Gen-7-Spintronic-Lesegerät zum Einsatz. Es ist mit einem der weltweit kleinsten und empfindlichsten Magnetfeld-Lesesensoren ausgestattet. Das Lesegerät kann kleinste Änderungen in der Magnetisierung erkennen und stellt auf diese Weise sicher, dass Daten auch bei hoher Dichte schnell und präzise gelesen werden können. Als Steuerzentrale dient ein 12-nm-Controller. Er ist als System on a Chip (SoC) ausgeführt und hat eine bis zu dreimal höhere Leistung als frühere Ausführungen. 

Trotz der komplexen Technologie weisen HAMR-Festplatten eine hohe Lebensdauer auf und sind für den anspruchsvollen 7 x 24-Stunden-Einsatz in Rechenzentren bestens geeignet.

Fazit

Mehr Speicherplatz zu akzeptablen Kosten und mit einer höheren Effizienz und Umweltverträglichkeit – diese Ziele können Unternehmen und Serviceprovider etwa mit HAMR und neuen Plattformen erreichen. Noch wichtiger ist jedoch, dass diese hochkapazitive Speicherlösung Anwender in die Lage versetzt, aus ihren Datenbeständen den optimalen Nutzen zu ziehen und die Entwicklung datenorientierter Geschäftsmodelle kosteneffizient voranzutreiben.

Über den Autor: 
Hugo Bergmann ist Senior Product Marketing Manager bei Seagate.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

Erfahren Sie mehr über Storage-Hardware

ComputerWeekly.de
Close