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Digitale Transformation: Die Herausforderungen für KMU

Die Digitalisierung wirkt sich immer umfassender auf Unternehmen und ihr Ökosystem aus. Bei allen Herausforderungen kann die Transformation zur besseren Cyberresilienz beitragen.

Der Druck für Mittelständler ist hoch wie nie. Sie müssen mit einem steigenden Transformationsdruck umgehen und finden zugleich am Standort Deutschland nicht die nötigen Rahmenbedingungen dafür. Gerade bei der Digitalisierung und der Infrastruktur hinkt der Staat den selbstgesetzten Zielen teils massiv hinterher (zum Beispiel OZG, E-Government oder Glasfaserausbau) und erschwert Unternehmen damit die Transformation. Dazu kommen – so aktuelle Studien der DZ Bank und LBBW – eine hohe Bürokratiebelastung (94 Prozent), hohe Energiepreise (91 Prozent) und ein starker Regulierungsdruck (89 Prozent), die im Mittelstand zur geringsten Investitionsbereitschaft der letzten 20 Jahre geführt haben.

Es zählt daher in vielen KMUs zur Realität, dass gerade Digitalisierungsprojekt die kurzfristig nicht direkt „erforderlich“ sind, verzögert oder sogar ausgesetzt werden. Laut dem KfW-Digitalisierungsbericht 2024 (PDF) haben erst 35 Prozent der befragten Mittelständler Digitalisierungsprojekte abgeschlossen. Vermutlich auch deshalb, weil eine klare Digitalstrategie in vielen Unternehmen fehlt – laut KfW-Bericht 2023 (PDF) betraf das 42 Prozent der befragten KMU. Das sollte besonders vor dem Hintergrund nachdenklich stimmen, dass viele Schlüsselbranchen wie etwa die Automobil- und Energieindustrie derzeit einem tiefgreifenden strukturellen Wandel unterliegen. In diesen Märkten auf bestehende Modelle zu vertrauen und Neuerungen aufzuschieben, bedeutet mittelfristig nichts anderes als der Verlust der eigenen Innovationskraft.

Digitalisierung als Wettbewerbsfaktor

Bei vielen Mittelständlern wird Digitalisierung fälschlicherweise als ein reines Goodie bewertet, das Aufgaben vereinfacht. Dabei wird unterschätzt, welche Kostennachteile Unternehmen entstehen, die digitale Lösungen nicht zur Automatisierung und Prozessoptimierung einsetzen. Sie befinden sich vielfach nicht nur in einem operativen Blindflug, weil wichtige Daten fehlen, sondern sind langfristig nicht mehr konkurrenzfähig. Das Tückische daran – in dem Moment, in dem diese betriebswirtschaftlichen Defizite sichtbar werden, befinden sie sich schon massiv im Rückstand. Dann noch das Ruder herumreißen zu müssen, gleicht einer Herkulesaufgabe.

Es gibt viele Ansatzpunkte für Digitalisierungsprojekte, mit denen Verantwortliche das Unternehmen Schritt für Schritt wettbewerbsfähiger machen können. Das reicht von Cloud-basierten ERP-Systemen, über KI-basierte Chatbots bis zur vollautomatisierten Produktion. All diese Ansätze können das Unternehmen agiler, effizienter und marktorientierter gestalten. Die gute Nachricht dabei ist, dass selbst einzelne Schritte bereits einen merkbaren Unterschied machen können.

Ein anschauliches Beispiel hierfür liefern die Stadtwerke Rotenburg an der Fulda. Um die wiederkehrenden Ausfälle der städtischen Kläranlage zu beenden, wurde ein digitales Überwachungssystem implementiert. Es nutzt Echtzeitdaten, um den Zustand zu analysieren und Störungen zu erkennen. Denn je früher die Informationen zu den Technikern gelangen, umso effektiver lassen sich Störungen vermeiden – und das mit messbarem Erfolg. Die Reparaturkosten gingen um 30 Prozent zurück und der Betrieb wurde ein Jahr lang ohne Unterbrechungen aufrechterhalten.

Digitalisierung als Attraktivitätsfaktor

Der Digitalisierungsstand eines Mittelständlers stärkt auch indirekt die Wettbewerbsfähigkeit, indem er die Attraktivität des Unternehmens erhöht. In allen Stakeholder-Beziehungen wirkt ein digitalisiertes Unternehmen heute attraktiver als ein analoges.

In besonderem Maße gilt das für die Arbeitgebermarke, denn viele KMU können im Wettbewerb um gesuchte Fachkräfte nicht mit Großunternehmen mithalten. Da Mitarbeitende heute Alternativen haben, ist die Bereitschaft, sich mit unschönen Arbeitsbedingungen zu arrangieren, deutlich gesunken. In einer Bitkom-Studie von 2023 gaben 78 Prozent der Befragten an, dass digitale Arbeitsbedingungen ein entscheidendes Kriterium der Arbeitgeberwahl seien. Dabei wurden besonders die Infrastruktur für mobiles Arbeiten sowie kollaborative IT-Tools genannt.

Die Digitalisierung am Arbeitsplatz bietet jedoch weitaus mehr Vorteile als nur das Plus an Flexibilität für einzelne Mitarbeiter. Denn digitale Arbeitsplätze sind ein wesentliches Kriterium, um kollaboratives Arbeiten effizient zu gestalten und interne Reibungsverluste zu reduzieren. Ohne einen hohen Digitalisierungsgrad bleibt ein agiles und standortübergreifendes Projektmanagement eine reine Illusion. In der Praxis wird oft versucht, eine fehlende technische Basis durch mehr Kontrolle und eine zentrale Steuerung zu kompensieren. Das ist nicht nur ineffizient, sondern auch ein Faktor, der gerade junge Mitarbeitende in die Flucht treibt.

Digitalisierung als Servicefaktor

Eine Studie von HR-Campus offenbart die Kausalität: wer digital sehr mit seinem Arbeitgeber zufrieden ist, hat ein deutlich höheres Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Egal ob es um IT-Zugänge, eine schnelle Dokumentenfreigabe oder kollaborative Zusammenarbeit geht – mit digitalen Anwendungen lassen sich viele Probleme des Arbeitsalltags schnell und effizient lösen. Das reduziert den Alltagsfrust, weil Mitarbeitende nicht das Gefühl haben, ihre Arbeitszeit zu verschwenden oder sinnlose Tätigkeiten ausführen zu müssen.

Ein moderner Service-Desk ist dabei viel mehr als nur ein reines Störungsportal. Als zentrale Anlaufstelle unterstützt er viele Prozesse – vom Onboarding neuer Mitarbeiter, über die Konfiguration von Geräten bis zur Hilfestellung für IT-Anwendungen. Mit einem Ticketsystem lässt sich eine schnelle Bearbeitung von wichtigen Anliegen sicherstellen. Das ist entscheidend für eine gute Support-Erfahrung.

Auch bei der Geräteverwaltung trägt ein höheres Digitalisierungsniveau zu einer gesteigerten Servicequalität bei. Ein zentral gesteuertes UEM (Unified Endpoint Management) gibt einen transparenten Überblick über alle eingesetzten Devices. IT-Teams können so schneller auf Supportanfragen reagieren, gezielt Fehler beheben und Updates einheitlich ausrollen. Dadurch sinken die Ausfallzeiten und gerade im hybriden Arbeitsumfeld können Mitarbeitende standortunabhängig sicher arbeiten.

Gerald Eid, Getronics

„Die Digitalisierung am Arbeitsplatz bietet jedoch weitaus mehr Vorteile als nur das Plus an Flexibilität für einzelne Mitarbeiter. Denn digitale Arbeitsplätze sind ein wesentliches Kriterium, um kollaboratives Arbeiten effizient zu gestalten und interne Reibungsverluste zu reduzieren.“

Gerald Eid, Getronics

Digitalisierung als Sicherheitsfaktor

Sicherheit ist in der aktuellen Cyberbedrohungslage von hoher Relevanz. Mit veralteter Software, ungepatchten Systemen, fehlenden Schulungen und einfachen Login-Systemen riskieren Verantwortliche schwere und teure Sicherheitsangriffe – nicht selten mit existentiellen Folgen für das Unternahmen.

Durch den Einsatz moderner Technologien können Sicherheitsteams gegensteuern. Redundante Systeme, Cloud-basierte Backups und automatisierte Sicherheitsprozesse schützen nicht nur vor Datenverlust, sondern sichern den laufenden Betrieb auch in Krisenzeiten. Gerade aus Compliance-Perspektive ist ein Echtzeit-Monitoring ein wichtiger Aspekt, um sensible Abläufe besser kontrollieren und dokumentieren zu können. So können gesetzlich Anforderungen der DSGVO oder NIS2 eingehalten werden.

Digitale Transformation kann nicht warten

All diese Bereiche zeigen, dass die digitale Transformation auf sehr vielfältige Weise zu einem unmittelbaren Mehrwert für Mittelständler beitragen kann – von mehr Effizienz, über einen besseren Service bis zu einer resilienteren Gesamtsituation. Digitale Projekte auf morgen zu schieben, heißt deshalb nicht weniger als wertvolle Chancen zu verschenken und dadurch den Anschluss zu verlieren.

Über den Autor:
Gerald Eid ist Regional Managing Director DACH bei Getronics.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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