nikkytok - stock.adobe.com

Ist Massive Array of Idle Disks noch sinnvoll einsetzbar?

Für selten genutzte Daten bleibt MAID auch heute eine relevante Speicheroption. Der Fokus liegt auf Energieeinsparung, reduzierten Betriebskosten und strukturierter Datenhaltung.

Der wachsende Bedarf an Archivspeicherung trifft auf steigende Energiekosten und zunehmende Anforderungen an ökologische Nachhaltigkeit. Vor diesem Hintergrund rückt eine bekannte Speichertechnik wieder in die Diskussion. Gemeint ist MAID, kurz für Massive Array of Idle Disks. Das Funktionsprinzip basiert darauf, dass nicht dauerhaft alle Festplatten im System aktiv bleiben. Stattdessen rotieren nur jene Laufwerke, auf die aktiv zugegriffen wird. Die übrigen befinden sich im Ruhezustand.

Technisches Prinzip mit stabilen Effizienzvorteilen

Die physische Aktivierung eines Laufwerks verbraucht vergleichsweise viel Energie. Durch den selektiven Zugriff kann der durchschnittliche Stromverbrauch eines MAID-Systems signifikant gesenkt werden. Unternehmen, die ihre Archiv- und Backup-Infrastrukturen langfristig betreiben, profitieren dauerhaft davon. Voraussetzung ist, dass die gespeicherten Daten tatsächlich nur selten benötigt werden. Der Systemaufbau sieht meist eine Kombination aus wenigen ständig aktiven Festplatten oder SSDs/NVMe für Metadaten vor, während der Großteil der Speicherkapazität auf inaktive HDDs verteilt wird. Sobald ein Zugriff auf bestimmte Daten erfolgt, wird die entsprechende Festplatte aktiviert. Danach kehrt sie wieder in den Ruhezustand zurück.

Wachsende Datenmengen und Anforderungen an Nachhaltigkeit

Die Anforderungen an Speicherlösungen in Unternehmen steigen kontinuierlich. Archivdaten im Bereich Forschung, Compliance oder medizinischer Dokumentation beanspruchen heute mehrere Petabyte in großen Organisationen. Gleichzeitig fordern interne Nachhaltigkeitsprogramme und externe Regulierungsanforderungen den Nachweis stromsparender IT-Strukturen. MAID erfüllt diese Anforderungen auf eine Weise, die bei konventionellen RAID- oder Always-on-Systemen nicht gegeben ist. Zudem kann der Stromverbrauch mit intelligenten Steuerungsmechanismen weiter optimiert werden. Ein Beispiel dafür ist der gezielte Schreibzugriff auf bestimmte Plattengruppen, um möglichst wenige Laufwerke gleichzeitig betreiben zu müssen.

Vergleich mit anderen Archivtechnologien

Bänder gelten nach wie vor als etablierte Lösung für langfristige, kostengünstige Archivspeicherung. Der Nachteil liegt allerdings im verzögerten Datenzugriff. Lesevorgänge erfordern den Transport und die Positionierung der Bänder, was Zeit kostet. SSD-basierte Cold-Storage-Systeme wiederum liefern schnellen Zugriff, verbrauchen jedoch dauerhaft Strom und verursachen höhere Kosten pro Terabyte. Cloud-Angebote wie Glacier von Amazon oder Azure Archive Storage offerieren zwar ein flexibles Abrechnungsmodell, aber auch hier ist die Zugriffsgeschwindigkeit begrenzt. Zudem müssen Unternehmen den Sicherheits- und Datenschutzaspekt bei Auslagerung sensibler Daten sorgfältig bewerten.

Einsatzbedingungen und Grenzen im praktischen Betrieb

Die Eignung von MAID beschränkt sich auf eine bestimmte Kategorie von Anwendungen. Diese umfassen Daten, auf die selten zugegriffen wird, bei denen jedoch jederzeit ein Zugriff möglich sein muss. Typische Einsatzfelder finden sich im Bereich der Langzeitarchivierung, bei der Aufbewahrung steuerlich relevanter Dokumente, bei Forschungsergebnissen mit gesetzlicher Speicherpflicht oder bei forensischen Backups. Für produktive Workloads mit hoher Zugriffsdichte ist MAID ungeeignet. Die Latenz durch das Anlaufen der Festplatten liegt physikalisch bedingt bei mehreren Sekunden. Deshalb sind für Anwendungen mit Echtzeitanforderungen andere Speicherformen vorzuziehen.

Systemanforderungen und technische Integration

Für einen zuverlässigen Betrieb benötigen MAID-Systeme ein intelligentes Datenmanagement. Dieses muss erkennen können, welche Informationen permanent verfügbar sein müssen und welche temporär ausgelagert werden dürfen. Auch die Wiederherstellungszeit bei einem Ausfall muss kalkulierbar sein. Da MAID im Gegensatz zu RAID keine automatische Redundanz bietet, muss der Ausfallschutz auf einer höheren Ebene, etwa durch Software-Defined Storage (SDS) oder anwendungsspezifische Replikationsmechanismen, organisiert werden. Die Auswahl geeigneter Laufwerke spielt ebenfalls eine Rolle. Nicht alle HDDs sind für häufige Spin-Up- und Spin-Down-Vorgänge ausgelegt. Langfristig zuverlässige MAID-Implementierungen setzen daher auf speziell zertifizierte Medien mit hoher Belastungsfähigkeit in Bezug auf mechanische Schaltvorgänge.

Entwicklungen der Anbieter und Marktpotenzial

Mittlerweile beschäftigen sich wieder kleinere Hersteller und einige spezialisierte Anbieter mit der Modernisierung des Konzepts. So etwa das Unternehmen Leil, das an einer MAID-Architektur arbeitet, die durch intelligent gesteuerte Zugriffsmuster und energieoptimierte Plattenplatzierung eine höhere Betriebseffizienz erreichen soll. Entscheidend für die Marktakzeptanz bleibt, ob sich diese Systeme in bestehende Rechenzentrumsarchitekturen integrieren lassen und ob die Softwarekompatibilität mit bestehenden Data-Management-Plattformen gewährleistet ist.

Alternative MAID-Konzepte ohne RAID und mit physischer Entkopplung

Ein Anbieter, der das Grundprinzip von MAID weiterdenkt, ist die britische Disk Archive Corporation. Das Unternehmen hat mit dem ALTO-System eine Speicherarchitektur entwickelt, die vollständig auf aktiv heruntergefahrene Festplatten setzt. Im Unterschied zu klassischen MAID-Umsetzungen verzichtet ALTO auf RAID und damit auf synchronisierte Spindelgruppen, die bei Zugriffen unnötig viele Laufwerke aktivieren. Stattdessen wird jede Datenkopie auf zwei separate Laufwerke geschrieben, die unabhängig voneinander verwaltet werden. Eine Festplatte verbleibt im System, die andere kann physisch entnommen und an einem anderen Ort aufbewahrt werden.

Damit entsteht nicht nur eine technische Trennung, sondern auch eine physische Barriere, die Ransomware-Zugriffe verhindert. Der Energiebedarf des Gesamtsystems bleibt dabei niedrig. Bei 22- bis 24-TB-Festplatten liegt der Verbrauch pro Petabyte bei rund 210 Watt. In vielen Installationen beträgt die jährliche Laufzeit der Festplatten weniger als fünfzig Stunden, wodurch sich ihre Lebensdauer deutlich verlängert. Das System ist modular aufgebaut, verzichtet auf Roboterarme oder mechanische Medienwechsler und wird vor allem in Bereichen eingesetzt, in denen große Mengen an Video- und Audiodaten über Jahrzehnte hinweg archiviert werden müssen. Der Einsatzbereich erstreckt sich über Rundfunk, Filmproduktion und Justizbehörden, wo die Geschwindigkeit nicht oberste Priorität hat, aber der Zugriff dennoch online erfolgen soll. Das zugrunde liegende Konzept zeigt, dass MAID-Ansätze auch ohne RAID und mit vollständig abgeschalteten Festplatten skalierbar und wirtschaftlich umsetzbar sind, sofern die Betriebslogik und die Datenorganisation entsprechend angepasst werden.

Redundanz, Wartung und Risikomanagement

Einer der zentralen Kritikpunkte an MAID liegt in der mechanischen Beanspruchung der Laufwerke. Jeder Anlaufvorgang stellt eine Belastung dar, insbesondere wenn er häufig erfolgt. Hinzu kommt das Risiko erhöhter Ausfallraten bei nicht regelmäßig betriebenen Disks, da sich Temperatur- und Druckverhältnisse im Gehäuse verändern können. Unternehmen müssen daher ein belastbares Wartungskonzept vorhalten, das neben SMART-Werten auch präventive Austauschintervalle und Temperaturüberwachung umfasst. Predictive-Maintenance-Ansätze, die mit KI-gestützten Algorithmen Anomalien frühzeitig erkennen, lassen sich hier sinnvoll einsetzen. So können ungeplante Ausfälle minimiert und der Betrieb wirtschaftlich stabil gehalten werden.

Langfristige Wirtschaftlichkeit und Bewertung aus Sicht der Unternehmen

Im direkten Kostenvergleich erscheint MAID zunächst teurer als andere Speichertechnologien. Die Investitionskosten für spezialisierte Systeme liegen oft über denen konventioneller Disk-Arrays. Jedoch können Unternehmen über die gesamte Laufzeit signifikant Betriebskosten einsparen, wenn sich die geplante Nutzung auf langfristige Speicherung mit geringem Zugriff beschränkt. Die Bewertung solcher Speicherstrategien erfolgt zunehmend anhand des gesamten Betriebszyklus. Wer hier dauerhaft Strom, Kühlleistung und Platzbedarf reduziert, kann die Investition über fünf bis sieben Jahre hinweg amortisieren. Voraussetzung ist ein belastbares Datenklassifizierungsmodell, das definiert, welche Daten überhaupt archiviert werden müssen und wie häufig auf sie zugegriffen wird.

Prognose zur Rolle von MAID in hybriden Speicherarchitekturen

Die meisten Unternehmen setzen heutzutage nicht mehr auf monolithische Speichersysteme, sondern auf hybride Architekturen. Diese kombinieren schnelle SSDs, klassische Festplatten, Cloud-Elemente und oft auch Tape. MAID fügt sich in dieses Bild als ergänzende Speicherkomponente ein, die unter genau definierten Bedingungen ihren Nutzen entfaltet. Der Trend zur Trennung von Hot, Warm und Cold Data gewinnt weiter an Bedeutung. Dort, wo Cold Data inhouse aufbewahrt werden soll, ohne dafür laufend Strom zu verbrauchen, bleibt MAID eine praktikable Option. Nicht als Ersatz für etablierte Technologien, sondern als spezifischer Baustein innerhalb eines durchdachten Speicherplans.

Fazit zur strategischen Einordnung von MAID

MAID eignet sich nicht für jede Speicheranforderung, aber in klar definierten Szenarien leistet die Technologie einen Beitrag zur nachhaltigen Speicherstrategie. Unternehmen, die über ein gutes Verständnis ihrer Datenstrukturen verfügen, können MAID gezielt einsetzen, um Energieverbrauch, Kühlbedarf und Gesamtbetriebskosten zu senken. Der langfristige Nutzen hängt stark von der Integration in übergreifende Speicherprozesse und die vorhandene IT-Landschaft ab. Die Technik bleibt anspruchsvoll in der Verwaltung, bietet aber dort Vorteile, wo wirtschaftlicher Betrieb und dauerhafte Archivierung Hand in Hand gehen müssen.

Erfahren Sie mehr über Datenverwaltung