Mit der richtigen Planung auf SAP S/4HANA umstellen
Um die Umstellung erfolgreich und möglichst zügig zu bewältigen, sind vorbereitende Schritte wie Analysen, Pre-Checks, Simplifizierungen und Projektplanung ausschlaggebend.
Flexibilität in der Fertigung und schnelle Reaktionsfähigkeit bei Kundenwünschen sind maßgebliche Einflussgrößen auf die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen. Damit eine Produktionsplanung diese Flexibilität herstellt, benötigt sie als Grundlage Transparenz, Zugriff auf Echtzeitdaten und somit Digitalisierung der Supply Chain.
Mit der neuen, In-Memory-basierten Suite S/4HANA von SAP steht Produktionsunternehmen eine Plattform zur Verfügung, die Daten aus dem Supply Chain Management und Informationen aus dem Shopfloor wie Maschinendaten und -verfügbarkeiten sowie Mitarbeiterqualifikation direkt integriert und miteinander verknüpft.
Für Nutzer der SAP ERP Business Suite, die bislang mit Unterstützung eigener Tools und nicht selten auch manuell planten, bringt der Umstieg auf S/4HANA eine unmittelbare und sprunghafte Verbesserung der Planungsqualität mit sich. Die neuen Fiori-basierten Benutzeroberflächen mit komfortablen Apps machen die Anwendung zusätzlich auch für die Mitarbeiter attraktiv. So wird zum Beispiel durch Apps für Kapazitätsauslastung, Plantafel oder Schichtpflege ein schnelles Switchen von der Übersicht zur Planung machbar.
Diese stark verbesserte Usability, eine vereinfachte Architektur und die Chance, an Weiterentwicklungen sofort zu partizipieren, setzen auch für die andere große Gruppe der SAP-Anwender einen Wechselanreiz: Unternehmen, die zusätzlich zum ERP bereits die Erweiterung Advanced Planning and Optimization APO SCM im Einsatz haben. Grundsätzlich ist der Umstieg nur eine Frage der Zeit, da die Wartung für die bestehende ERP Business Suite auf 2025 begrenzt ist.
Laut dem DSAG-Investitionsreport 2019 planen fast drei Viertel der befragten Unternehmen bereits den Wechsel. Doch trotz der Planung anhand vordefinierter Meilensteine ist der Umstieg nicht so einfach, denn es fehlen Routinen. Laut der Erhebung der DSAG arbeiten derzeit etwa drei Prozent der befragten SAP-Anwender mit S/4HANA. Demnach waren noch nicht alle der im Vorjahr als geplant angegebenen Projekte umgesetzt.
Die Vertreter der Anwendergruppe gehen davon aus, dass sich einige der Transformationsprojekte als komplexer und aufwendiger erwiesen als zunächst angenommen. Darin zeigt sich, wie wichtig vor allem die ersten Schritte sind: Analyse, Vorbereitung und Projektplanung. Basierend auf der Erfahrung einer Brownfield-Migration von APO SCM auf S/4HANA soll diese Vorbereitungsphase im Folgenden näher beleuchtet werden.
Ein System, ein Materialstamm
Zunächst: Was ändert sich Im Vergleich zum externen APO SCM? Die Planungsprozesse für Absatzplanung (DP), Supply Network (SNP) und globale Verfügbarkeit (GATP) werden ausgelagert. Strategische Lösung der SAP dafür ist die Integrierte Business Planung (IBP) in der Cloud. PP/DS, die erweiterte Produktions- und die Feinplanung dagegen, sind nahtlos in S/4HANA integriert. Das heißt, an die Stelle der Parallelsysteme ERP und SCM APO tritt nun ein System: Ein Materialstamm, ein Arbeitsplatz, ein MRP (Material Resource Planning).
Da die Schnittstellen-Logiken sowie alle kundeneigenen Entwicklungen im APO noch auf zwei Systeme ausgerichtet sind, werden Anpassungen nötig. Ein Beispiel dafür ist die Lohnbearbeitung, die komplett umgestellt wurde. Die lokalen Produktstämme in der Lohnbearbeitung im PP/DS entfallen, mit ihnen die CIF-Schnittstelle am Materialstamm.
Custom Code und Simplifizierung
Aber auch unabhängig von Schnittstellen-Logiken ist die Prüfung des Custom Codes unverzichtbar. Dazu werden Pre-Checks durchgeführt, um zunächst den kundeneigenen Code zu identifizieren. Danach ist zu entscheiden: Welche dieser Entwicklungen werden auch in Zukunft noch gebraucht und wie muss der Code an die HANA-Logik angepasst werden? Das spielt zum Beispiel bei häufigen Zugriffen auf Datenbanken eine Rolle, um angemessene Laufzeiten sicherzustellen.
„Flexibilität in der Fertigung und schnelle Reaktionsfähigkeit bei Kundenwünschen sind maßgebliche Einflussgrößen auf die Wettbewerbsfähigkeit produzierender Unternehmen.“
Ralf Bernhard, CONSILIO GmbH
Wie aufgeführt, gehören auch die Bearbeitung der Simplifizierungsliste und die Vereinfachung der bestehenden Prozesse zu den grundlegenden Schritten der Vorbereitungsphase.
Greenfield oder Brownfield
Die entscheidende Frage für die Wahl des passenden Ansatzes lautet: Soll generell die Planungssituation erhalten bleiben, also auch die bisherigen Planungsergebnisse? Wenn ja, dann müssen auch die dazugehörigen Daten – Belege, Aufträge und Bedarfe – bei der Migration übernommen werden. In diesem Fall ist ein Brownfield-Ansatz angezeigt. Nach der Übernahme der Daten ist zunächst ein Upload-Download der Daten notwendig. Kundeneigene Entwicklungen, die innerhalb des PP/DS vorgenommen wurden, werden importiert, bevor dann PP/DS aktiviert wird. Anschließend erfolgt die Migration der Stamm- und Bewegungsdaten.
Ein weiterer Vorteil einer solchen Brownfield-Migration ist die Verkürzung der Einführungszeit und der Downtime. Oft lässt sich letztere auf ein Wochenende beschränken. Ein Projekt im vergleichbaren Umfang wie die beispielhaft angeführte Brownfield-Migration beim Triebwerkhersteller MTU Aero Engines ist innerhalb von 9 bis 15 Monaten umsetzbar. Eine Simplifizierung und Prozessanpassung ist in jedem Fall notwendig, jedoch kein Redesign der Prozesse.
Umgekehrt empfiehlt sich bei einem geplanten Redesign des Prozesses wie auch bei der Landscape Transformation ein Greenfield-Ansatz. Die Planung wird dann auf Basis der Daten komplett neu ausgeführt.
PP/DS zunächst im ERP einführen
Im eingangs erwähnten Fall des Umstiegs ohne externes APO geht die Initiative zur verbesserten Produktionsplanung häufig auch vom Fachbereich selbst aus, während die IT-Abteilung parallel ebenfalls den Wechsel zu S/4HANA plant.
„PP und DS im Rahmen von S/4HANA ist als die strategische Standardlösung zur Produktionsfeinplanung zu sehen“
Frank Peks, CONSILIO GmbH
Auch wenn die Feinplanungsfunktionen nach der Umstellung automatisch zur Verfügung stehen und somit die Anliegen beider Abteilungen praktisch in einem Zug erledigt scheinen, ist es doch in der Praxis oft besser, den Prozess aufzuteilen: Die Umstellung auf S/4HANA wird übersichtlicher und weniger komplex, wenn die PP/DS-Funktion im Vorfeld als Add-on auf ERP implementiert wurde.
Zusammenfassend: PP und DS im Rahmen von S/4HANA ist als die strategische Standardlösung zur Produktionsfeinplanung zu sehen. Für die Umstellung sind gründliche Analyse und Vorbereitung entscheidend, hier sollten Unternehmen auch auf die Hilfe externer Experten zurückgreifen, die bereits über Erfahrungen in der Transformation verfügen. CONSILIO hat für den Wechsel auf S/4HANA beispielsweise das FAST-TRACK-Vorgehensmodell entwickelt. Das Ergebnis ist eine unternehmensspezifische und auf Implementierungs- und Migrationspfaden basierende Roadmap für den Umstieg.
Über den Autor:
Ralf Bernhard ist Geschäftsführer der CONSILIO GmbH.
Frank Peks ist Principal Consultant SCM bei der CONSILIO GmbH.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.