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Migration zu SAP S/4HANA: Die Datenqualität muss stimmen

Egal ob Greenfield- oder Brownfield-Projekt, bei der Migration zu S/4HANA spielt Datenqualität eine zentrale Rolle. Die wichtigsten Schritte des Datenmanagements.

In sechs Jahren endet der Support von SAP für seine ERP-Kernanwendung Business Suite. Kunden müssen bis dahin auf S/4HANA umsteigen. Doch die Migration kann sich komplex gestalten – schließlich handelt es sich nicht nur um eine reine Systemmigration, auch die vorhandenen Daten müssen erfolgreich nach S/4HANA transformiert werden.

Und hier liegt die Krux: Laut einer Gartner-Studie sprengt die Hälfte aller Datenmigrationsprojekte Budget oder Zeitplan, samt negativer Auswirkungen auf das Geschäft.

Grundsätzlich gibt es für den Umstieg auf S/4HANA zwei Wege:

  1. Die erste Option – die Greenfield Transition – ist, S/4HANA von Grund auf neu zu implementieren und dann die bestehenden Daten in das neue System zu migrieren.
  2. Alternativ ziehen es manche Firmen vor, ihre bestehenden SAP ERP-Komponenten samt aller Anpassungen und Daten im so genannten Brownfield-Ansatz auf S/4HANA zu übertragen.

Bei der Entscheidung, welcher Weg der richtige ist, sollten nicht nur Softwareversionen, Integrationen, Modifikationen und Schnittstellen in Betracht gezogen werden. Von zentraler Bedeutung sind auch die ERP-Daten. Zum einen, weil S/4HANA nur Unicode unterstützt und die Daten eventuell erst konvertiert werden müssen. Zum anderen, weil im neuen System nur die relevanten Daten In-Memory verarbeitet werden sollen und deshalb zu entscheiden ist, welche Informationen in Zukunft wie und wo gespeichert werden.

Und schließlich bringt S/4HANA ganz neue Datenqualitätsanforderungen mit sich, da bei der Verarbeitung in Echtzeit jegliche Zwischenschritte zur Vorbereitung der Daten ausfallen: Die Datenqualität im System selbst muss stimmen.

Egal welche Migrationsstrategie ein Unternehmen wählt, ein verstärkter Fokus sollte in jedem Fall auf der Datenbereinigung liegen. Denn vollständige, genaue und saubere Daten reduzieren nicht nur Kosten, Komplexität und Risiken der Umstellung. Umgekehrt gilt auch: Sind nach der Migration Daten nicht vorhanden, nicht korrekt konvertiert oder formatiert, werden die neuen SAP-Anwendungen beim Go-Live nicht wie geplant funktionieren. Und die Fehlersuche kann sich dann schwierig und langfristig gestalten.

Scheitern vorprogrammiert?

In vielen Unternehmen scheitern Datenmigrationsprojekte deshalb, weil ihre Bedeutung und Komplexität nicht ernst genug genommen werden. Ad-hoc-Planung, eingeschränkte Projekttransparenz, isolierte Entscheidungen und mangelhafte Kommunikation sind zusätzliche Faktoren. Zudem macht manchen Firmen die technische Seite zu schaffen, wenn sie versuchen, Daten mittels selbst programmierter, benutzerdefinierter Integrationen in den Griff zu bekommen.

Die Datenmigration ist jedoch weit mehr als eine rein technische Aufgabe. Wie bei so vielen anderen Großprojekten gilt auch hier: Planung ist der Schlüssel zum Erfolg.

Zunächst gilt es, sich einen Überblick über die bestehende Datenlandschaft und die Qualität der vorhandenen Daten zu verschaffen. Welche Daten sind zentral für die Prozesse im Unternehmen und welche Standards müssen sie erfüllen?

Wo sind Lücken, Inkonsistenzen, Fehler?

Danach heißt es, klare und realistische Qualitätsziele zu formulieren, die – das ist wesentlich – den Bedürfnissen aller Geschäftsbereiche und -prozesse gerecht werden.

Welche neuen Anforderungen wird S/4HANA an die Daten stellen? Wie lassen sich Datensätze entsprechend transformieren und um fehlende Informationen ergänzen? Und: Mit welchen Prozessen wird künftig die Korrektheit der Daten autorisiert und validiert?

Schritt für Schritt vorgehen

Sind die Rahmenanforderungen geklärt, lässt sich das Migrationsprojekt selbst in mehrere Schritte unterteilen: Vorbereitung, Datenextraktion, Datenprofilierung – also das Analysieren und Bereinigen der Quelldaten –, Datendesign mit Erarbeitung des nötigen Datenschemas für das Zielsystem, Datenmapping zwischen Quell- und Zielsystem, Datenkonstruktion der fehlenden Datensätze etwa für neue Datenfelder, Datentransformation mit Simulation und Validierung des Ladevorgangs, und schließlich das Laden der gesamten Daten in das Produktionssystem.

Diese strukturierte Vorgehensweise hat sich in zahlreichen Projekten bewährt und hilft, alle Beteiligten – Projektmanager, Systemintegratoren, SAP-Nutzer, die IT-Abteilung und die Datenverantwortlichen – auf dem richtigen Kurs zu halten.

Zudem ist ein iterativer Ansatz sinnvoll, der die Migrationsdaten zunächst in kleinere, besser handhabbare Einheiten zerlegt. Simulierte Ladevorgänge helfen, Probleme frühzeitig vor dem Go-Live zu erkennen.

Frank Schuler, BackOffice Associates

„Die Datenmigration ist jedoch weit mehr als eine rein technische Aufgabe. Wie bei so vielen anderen Großprojekten gilt auch hier: Planung ist der Schlüssel zum Erfolg.“

Frank Schuler, BackOffice Associates

Viele Datenbereinigungs- und Migrationsschritte lassen sich automatisieren und sind ohne professionelle Tools kaum zu bewältigen. Bei der Auswahl solcher Tools kommt es nicht nur auf die technische Integration mit Datenquellen und Firmensystemen an; sie sollten auch Funktionalitäten bieten, die das Projektmanagement, die interdisziplinäre Zusammenarbeit sowie Best-Practice-Methoden unterstützten. Je komplexer und dynamischer die Migration, desto wichtiger ist, dass das Tool anhand definierter Messgrößen und Ziele einen stetigen Überblick über den Fortschritt jedes Projektabschnitts erlaubt.

SAP bietet hier eine umfassende Lösung, die sowohl Greenfield- als auch Brownfield-Umstellungen unterstützt. Sie besteht aus mehreren Komponenten, darunter das Datenvorbereitungs-Tool SAP Agile Data Preparation, das ETL-Tool SAP Data Services, das SAP Migration Cockpit, das als Teil von S/4HANA ausgeliefert wird, und SAP Advanced Data Migration, das mit optimierten Datenvalidierungsprozessen und transparenten Workflows die Migrationszeit deutlich verkürzt. Mit diesen Tools lassen sich zahlreiche Aufgaben automatisieren und damit Risiken, Kosten und Projektdauer der Datenmigration deutlich reduzieren.

Die Migration ist jedoch erst der Anfang. Auch nach der Systemumstellung muss die Integrität und Relevanz der Daten langfristig und kontinuierlich gesichert bleiben. Denn digitale Prozesse generieren täglich Unmengen neuer Informationen, deren Wert sich nur erschließen lässt, wenn die Datenqualität stimmt.

Intelligente Data-Monitoring-Lösungen dienen als zentraler Ort für die Definition aller Datenregeln im Unternehmen und können Datenmängel automatisch aufdecken und korrigieren, bevor Probleme auftreten. Denn auch mit S/4HANA gilt: die Zuverlässigkeit von Unternehmensentscheidungen steht und fällt mit der Zuverlässigkeit der zugrundeliegenden Daten.

Über den Autor:
Frank Schuler ist SAP Mentor und Vice President SAP Technical Architecture bei BackOffice Associates.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder und entsprechen nicht unbedingt denen von ComputerWeekly.de.

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