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IT-Trends 2020: Das prognostizieren Gartner, IDC und Co.

Ob 5G, RPA oder Edge Computing - die Forscher der Analystenhäuser prognostizieren für die einzelnen Technologien ein deutliches Absatzwachstum.

Das neue Jahr steht vor der Tür. Viele Marktforscher geben daher einen Ausblick auf die IT-Trends 2020 und die allgemeine Technologieentwicklung. Wir haben uns daher umgeschaut, was die Experten für das kommende Jahr und darüber hinaus erwarten.

Soviel vorab: Neben allgemeinen Marktprognosen und politischen Entwicklungen fokussieren sich die Prognosen folgende Bereiche: Security, 5G, Cloud Computing, Automatisierung inklusive Robotic Process Automation (RPA), künstliche Intelligenz (KI) und Machine Learning (ML), Internet of Things (IoT) und Edge Computing, Spracheingabe und Blockchain.

IT-Markt wächst 2020 in EMEA

Laut Gartner werden die weltweiten IT-Ausgaben 2019 3,7 Billionen US-Dollar betragen. Im kommenden Jahr sollen es 3,84 Milliarden US-Dollar sein, was einem Wachstum von 3,7 Prozent entspricht. Der primäre Wachstumsbereich ist Enterprise-Software. Für die EMEA-Region erwartet Gartner einen Anstieg auf 798 Milliarden US-Dollar.

„Nach drei rückläufigen Jahren in Folge wird 2020 ein Jahr der Erholung in der EMEA-Region sein“, sagt John Lovelock, Research Vice President bei Gartner. Auch in EMEA geht der Aufwärtstrend vor allem auf den Bereich Unternehmenssoftware zurück, der um 9,2 Prozent zulegen soll.

Compliance: Teurer Hemmschuh

Forrester Research erwartet 2020 eine zunehmende Beeinträchtigung der IT-Entwicklung durch regulatorische Maßnahmen. So würde die EU-DSGVO B2B-Unternehmen zu einer Überarbeitung ihrer gesamten Datenströme in den Lieferketten zwingen. Die Folge ist, dass bereits im nächsten Jahr 20 Prozent der B2B-Kunden die Verwendung ihrer Daten für KI-Lösungen untersagen werden. Gleichzeitig werden die Investitionen in regulatorische Technologien um 103 Prozent ansteigen.

Gartner sieht dies ähnlich: Die Analysten gehen davon aus, dass die Ausgaben für Compliance stark zulegen werden, um die neuen Auflagen bei Zöllen und Handelsvorschriften einhalten zu können. „Besonders in EMEA haben Datenschutz- und Compliance-Bedenken eine hohe Priorität“, sagt Lovelock über die Situation in dieser Region.

Dauerbrenner Security

Das Katz-und-Maus-Spiel bei der IT-Sicherheit wird sich 2020 nicht nur fortsetzen, sondern neue Dimensionen erreichen. Forrester Research erwartet vor allem eine deutliche Zunahme bei Ransomware.

„Lösegeld-Erpressung durch einen blockierten Zugang ist eine einfache Methode zur Monetarisierung“, heißt es dazu in den Predictions 2020 (PDF). Und damit nicht genug: Angreifer werden mit KI und ML ihre Angriffe verbessern, indem sie die enormen Datenmengen nutzen, die inzwischen zur Verfügung stehen. Hinzu kommen moderne KI-Technologien, mit denen sich gefälschte Audio- und Videodateien erzeugen lassen, um damit die Nutzer zu täuschen. Solche Deepfakes sollen bei den Unternehmen Kosten in Höhe von 250 Millionen US-Dollar bewirken.

 „Die potenziellen Angriffspunkte für IoT, Cloud Computing, Microservices und stark vernetzte Systeme werden massiv zunehmen“, heißt es bei Gartner.

Die Marktforscher von Nucleus betrachten das Bedrohungsszenario anders: „Die größte Gefahr für ein Unternehmen ist der Endanwender. Deshalb sollte die Sensibilisierung der Endnutzer für die Folgen ihres Handelns ein wesentlicher Bestandteil der Sicherheitsmaßnahmen im Jahr 2020 sein.“

IDC erwartet darüber hinaus eine weitere Entwicklung: „Die zunehmende Cyberbedrohung sowie die Notwendigkeit zur Nutzung neuer Funktionen werden dazu führen, dass 65 Prozent der Unternehmen ihre Legacy-Systeme bis 2023 aggressiv modernisieren werden.“

5G: das neue Supernetz

Wenn es um den Mobilfunkstandard 5G geht, erwartet das Gros der Analysten massive Veränderungen in den kommenden Jahren. „5G ist die disruptivste Kraft seit vielen Jahrhunderten“, heißt es zum Beispiel bei den Marktforschern von ReportsnReports. Dort schreibt man, dass der weltweite Umsatz am 5G-Markt 2020 auf 31 Milliarden US-Dollar ansteigen wird – 2026 sollen es elf Billionen US-Dollar sein.

Abbildung 1: So entwickelt sich der Markt für 5G nach Angaben der Marktforscher von Technology Business Research.
Abbildung 1: So entwickelt sich der Markt für 5G nach Angaben der Marktforscher von Technology Business Research.

Die Gartner-Schätzungen sind deutlich konservativer: Das Analystenhaus errechnet für das laufende Jahr einen 5G-Umsatz von 2,2 Milliarden US-Dollar, 2020 soll dieser Wert um 89 Prozent auf 4,2 Milliarden Dollar ansteigen.

Nach Berechnungen des Telekommunikationsanbieters Ericsson wird 5G 2025 65 Prozent der Weltbevölkerung abdecken. Innerhalb der nächsten sechs Jahre soll es bereits 2,6 Milliarden Nutzer geben. Der monatliche Datenverkehr wird pro Smartphone von aktuell 7,2 GB bis 2025 auf 24 GB ansteigen.

Cloud Computing ist Mainstream

Die Cloud wird immer größer und weltumspannender. Nach Angaben von Gartner wird der weltweite Markt für Public-Cloud-Services von 214,3 Milliarden US-Dollar in diesem Jahr auf 249,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2020 ansteigen. Darin ist Software as a Service (SaaS) weiterhin das größte Marktsegment, welches im kommenden Jahr voraussichtlich 110,5 Milliarden US-Dollar groß sein wird. „Heute ist die Cloud-Akzeptanz Mainstream“, sagt Sid Nag, Research Vice President bei Gartner.

Die Forscher von Nucleus Researcher sehen zudem einen weiteren Trend für das kommende Jahr: Multi-Cloud. „Aufgrund der inhärenten Flexibilität werden die Anwender verstärkt nach den besten und nicht mehr nach den bequemsten Lösungen suchen. Die Anbieter werden deshalb zunehmend von plattformübergreifenden statt von nahtlosen Integrationen innerhalb ihres eigenen Stacks sprechen“, lautet ihrer Prognose.

Ähnlich sieht man die Entwicklung bei IDC: „Bis 2023 werden 70 Prozent der IT-Organisationen Multi-Cloud als Eckpfeiler für ihre Strategie implementieren. Ziel ist es, mit Containern, Abstraktionen und APIs die Portabilität von Anwendungen und die Flexibilität beim Hosting zu verbessern.“

Automatisierung kostet Jobs

Dass RPA und der Einsatz von anderen Automatisierungs-Tools den Arbeitsmarkt verändern, gilt bei vielen Analysten als sicher. Forrester Research wagt hierzu eine Prognose. Danach werden durch die Technologien im nächsten Jahr netto 1,06 Millionen Jobs wegfallen. Das wird auch IT-Abteilungen betreffen. „CIOs werden zehn Prozent der IT-Aufgaben automatisieren und im Gegenzug die Qualifikation der IT-Mitarbeiter erhöhen“, heißt es von Seiten der Analysten.

IDC verweist allerdings auch darauf, dass die Bereitstellung von künstlicher Intelligenz zur Verbesserung, Rationalisierung und Beschleunigung des IT-Betriebs beiträgt und 60 Prozent der Unternehmen Initiativen in diesem Bereich planen.

Abbildung 2: Für Robotic Process Automation (RPA) eignen sich vor allem hochvolumige, repetitive Prozesse.
Abbildung 2: Für Robotic Process Automation (RPA) eignen sich vor allem hochvolumige, repetitive Prozesse.

Die Integration dieser Technologien wird allerdings nicht reibungslos ablaufen. „Nur sehr wenige Unternehmen haben ihre Mitarbeiter auf die Zukunft der neuen Arbeit vorbereitet, bei der man zusammen oder möglicherweise auch nur für die Automaten arbeitet. Deshalb gehen wir davon aus, dass im nächsten Jahr mindestens ein Fortune-500-Unternehmen wegen eines größeren Streiks einen PR-Alptraum erleben wird“, schreiben die Analysten von Forrester Research. Trotzdem werden sich die zugehörigen Technologien weiter ausbreiten. Forrester Research prognostiziert vor allem eine zunehmende Integration der vielen Automatisierungsinseln.

Die Gartner-Analysten sprechen bereits von Hyperautomation, was eine „Kombination aus Multiple Machine Learning (ML), Softwarepaketen und Automatisierungstools“ darstellt. So wurde der Trend zwar mit RPA eingeleitet, doch Hyperautomatisierung erfordert laut Brian Burke, Gartner Research VP, eine Kombination von Werkzeugen, um die Replikation von Lösungen zu unterstützen.

Internet der Dinge: Mehr als Technologie

Wer unter IoT nur die Vernetzung von Maschinen versteht, definiert laut World Economic Forum den Begriff zu kurz. Dort heißt es: „Das IoT-Business erfordert eine grundlegende Verschiebung. Es erfordert den Übergang von produktorientierten zu serviceorientierten Geschäftsmodellen. Unternehmen, die von IoT profitieren wollen, werden zu IoT-Dienstleistern. Diese Transformation wird die Art und Weise, wie Unternehmen agieren, wie sie mit Kunden interagieren und wie sie ihr Geld verdienen grundlegend verändern. Diejenigen, die erkennen, dass es bei IoT nicht um Dinge geht, sondern um Service, werden in der Lage sein, diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, neue Einnahmequellen zu erschließen und in dieser vernetzten Welt zu gedeihen.“

Eng mit IoT ist Edge Computing verbunden. Laut Gartner ergibt sich der aktuelle Fokus auf die Technologie daraus, dass IoT-Systeme getrennte oder verteilte Funktionen für bestimmte Branchen liefern müssen. Edge Computing wird in nahezu allen Branchen und Anwendungsfällen zu einem dominierenden Faktor werden. „Komplexe Edge-Geräte wie Roboter, Drohnen, autonome Fahrzeuge und Betriebssysteme werden diesen Wandel beschleunigen“, erläutert Burke.

Der Ausgangspunkt für Edge und IoT sind eine rasant steigende Anzahl von Sensoren und anderen Endpunkte. Burke erwartet, dass in den Unternehmen und in der Automotive-Industrie im nächsten Jahr die Zahl dieser Endpunkte auf 5,8 Milliarden anwächst. Das entspricht einem Plus von 21 Prozent gegenüber 2019. Die größte Einzelbranche für IoT-Anwendungen werden Stromversorger sein, für die 2020 ein Anstieg von 1,17 Milliarden Endpunkten auf 1,37 Milliarden prognostiziert wird.

Sprache statt Tastatur und Maus

Die Gartner-Analysten prognostizieren außerdem, dass die Interaktion mit Apps und Diensten via Sprachsteuerung im kommenden Jahr an Fahrt aufnimmt. Schon jetzt ließen sich über smarte Assistenten wie Alexa, Google Assistant oder Cortana komplexe Eingaben auf wenige Sprachbefehle reduzieren. Auch in professionellen IT-Lösungen wird daher vermehrt auf die Bedienung per Sprache gesetzt - etwa bei Salesforce Einstein oder IBM Watson.

Andere Interaktionsmedien, wie Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) oder 3D-Gestensteuerung werden im nächsten Jahr an Akzeptanz gewinnen. Darüber hinaus sehen die Gartner-Experten noch einen weiteren Trend, den sie als „Interfaceless“ bezeichnen. Der Begriff umschreibt Geräte, die ohne eigenes Bedienelement auf den Markt kommen, da die Funktionssteuerung per App vom Smartphone oder Tablet erfolgt:  „Bereits heute verfügen die meisten Lösungen im IoT über keine eigenen Eingabeelemente mehr.“

Blockchain

Alle Jahre wieder wird auch der Blockchain-Technologie eine große Zukunft vorausgesagt. Doch inzwischen sind einige Analysten vorsichtiger. „Abgesehen von ein paar wenigen Anwendungsfällen liefert Blockchain noch nicht den Wert, den man sich einst davon erhofft hat. Es wird noch mindestens fünf Jahre dauern, bis es eine breite Akzeptanz erlebt“, heißt es bei Nucleus Research.

Abbildung 3: Laut IDC werden 2022 12,4 Milliarden Dollar für Blockchain-Technologien ausgegegen.
Abbildung 3: Laut IDC werden 2022 12,4 Milliarden Dollar für Blockchain-Technologien ausgegegen.

Ähnlich kritisch ist Gartner-Analysten Burke. Er bescheinigt der Technologie zwar großes Potenzial, hält sich mit konkreten Prognosen aber zurück. „Aufgrund einer Reihe technischer Probleme, zu denen auch eine unzureichende Skalierbarkeit und Interoperabilität gehören, ist Blockchain für Unternehmensanwendungen derzeit noch nicht ausgereift“, erläutert er.

Nächste Schritte

Gartner definiert Top Ten der IT-Trends 2019.

Forrester, Gartner, PAC und Co: Wohin bewegt sich Cloud ERP?

IDC-Studie: Deutsche Unternehmen setzen auf Desktop as a Service.

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