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So unterstützt künstliche Intelligenz das Disaster Recovery

Künstliche Intelligenz revolutioniert das IT-Disaster-Recovery: Sie erkennt Risiken frühzeitig, automatisiert Reaktionen und verbessert Tests sowie Wiederherstellungsprozesse.

Die zunehmende Komplexität moderner IT-Infrastrukturen erfordert neue Ansätze für das Disaster Recovery (DR). Klassische Wiederherstellungspläne stoßen bei Ausfällen, Angriffen oder Naturkatastrophen oft an ihre Grenzen. Künstliche Intelligenz (KI) kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten: Sie verbessert nicht nur die Reaktionsgeschwindigkeit, sondern ermöglicht auch präzisere Vorhersagen, automatisierte Prozesse und realitätsnahe Testszenarien.

Nachfolgend finden Sie einige zentrale Einsatzbereiche von KI im Disaster Recovery – ergänzt durch einen kritischen Blick auf Chancen und Grenzen.

1. Frühzeitige Erkennung von Risiken durch KI-gestützte Analysen

KI kann große Mengen an Betriebs-, Log- und Netzwerkdaten analysieren, um Anomalien zu erkennen, die auf bevorstehende Ausfälle oder Sicherheitsprobleme hinweisen. Machine-Learning-Modelle identifizieren Muster, die Menschen leicht entgehen, zum Beispiel ungewöhnliche Zugriffsmuster, Festplattenfehler oder instabile Netzwerkknoten.

Dadurch können Probleme oft erkannt werden, bevor sie sich zu einem echten Ausfall entwickeln. So bleibt mehr Zeit zur Intervention oder zur automatisierten Umleitung von Diensten. Diese prädiktiven Analysen sind nicht neu, aber mit den sich weiter entwickelnden KI-Algorithmen werden sie ausgefeilter und können ein größeres Spektrum an Risiken erkennen, bewerten und effektive Reaktionsvorschläge geben.

2. Automatisierte Reaktion auf Störungen

Kombiniert mit definierten Notfallplänen kann KI sofort Maßnahmen einleiten, sobald eine Störung erkannt wird: etwa das Auslösen von Failover-Prozessen, das Sperren kompromittierter Systeme oder das Aktivieren von Cloud-Backups.

Bei einem Systemausfall oder Cyberangriff kann eine KI-basierte DR-Lösung automatisch betroffene Systeme isolieren und den Datenverkehr umleiten, ganz ohne manuelles Eingreifen.

3. Optimierung von Backup-Strategien

KI kann Backup-Zeitpläne und -Prioritäten dynamisch anpassen, basierend auf Nutzungsmustern und Risikobewertungen. So lassen sich geschäftskritische Daten häufiger sichern, während weniger relevante Daten mit längeren Intervallen auskommen. Dabei werden unter anderem Datenzugriffe, Peak-Zeiten von Anwendungen und Bandbreitennutzung überwacht. Die KI kann darauf basierend entscheiden, dass bestimmte Anwendungen bei jeder Änderung ein inkrementelles Backup erhalten, andere, weniger genutzte nur einmal am Tag. Ebenso kann das Backup auf ein zweites, externes System automatisch zeitlich so eingerichtet oder angepasst werden, dass die zu nutzende Bandbreite fast ausschließlich hierfür zur Verfügung steht.

Das ergibt eine effizientere Ressourcennutzung und reduzierte Backup-Kosten, bei gleichzeitig höherer Sicherheit.

4. Verbesserungen der Cybersicherheit

Cybervorfälle sind für Unternehmen in Deutschland im Jahr 2025 das größte Risiko für den Geschäftsbetrieb, so das Allianz Risk Barometer 2025. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen tragen erheblich dazu bei, diesen Risiken zu begegnen und etwaige Schäden zu vermeiden oder zu verringern.

So kommt klassische künstliche Intelligenz seit vielen Jahren zum Einsatz, wenn es darum geht Anomalien zu erkennen. Sei es beim Netzwerkverkehr oder beim Verhalten von Anwendern wie Geräten. Damit lassen sich potenzielle Bedrohungen sehr zeitnah erkennen und im besten Fall eindämmen. KI ist in der Lage anomale Aktivitäten sehr schnell zu erkennen und zu identifizieren, ob es sich um einen tatsächlichen Angriff handelt und automatisiert eine Reaktion zur Eindämmung einzuleiten. Zunehmend wird KI auch bei der Absicherung von Identitäten eine erhebliche Rolle spielen, denn hier nimmt die Dynamik deutlich zu.

Neben der klassischen KI kommt in der Cybersicherheit auch generative KI zum Einsatz. Diese kann Security-Teams unter anderem auch bei der Erstellung von Berichten hilfreiche Dienste leisten und so die Kommunikation beispielsweise mit der Geschäftsleitung verbessern. Ein entscheidender Faktor für die Gesamtsicherheit.

Für das Disaster Recovery spielt diese eine große Rolle, da im Fall einer Wiederherstellung, sichergestellt werden kann, um welche Sicherheitsschwachstelle es sich handelt, welche Ressourcen wirklich betroffen sind und entsprechend schnell eine zielgerichtete Wiederherstellung mit sauberen Daten umsetzen.

5. Realistische Tests und Simulationen

DR-Pläne sind nur dann wirksam, wenn sie regelmäßig getestet werden. KI kann Testszenarien generieren, die auf realen Bedrohungen basieren, etwa durch Simulationen von Systemausfällen, Cyberangriffen oder Naturereignissen. Auch sogenannte Digital Twins (digitale Zwillinge von IT-Systemen) lassen sich für umfassende Tests nutzen.

Unternehmen erhalten so ein realistisches Bild der eigenen Wiederherstellungsfähigkeit und können gezielt nachbessern.

6. Entscheidungsunterstützung im Krisenfall

In einem Ernstfall kann KI verschiedene Handlungsempfehlungen geben, Prioritäten vorschlagen und alternative Wiederherstellungswege simulieren. Besonders hilfreich ist das bei komplexen Multi-Cloud- oder Hybridumgebungen, wo viele Komponenten gleichzeitig betroffen sein können.

Dabei könnte die KI beispielsweise analysieren und vorschlagen, welche Systeme zuerst wiederhergestellt werden müssen, um geschäftskritische Abläufe schnellstmöglich zu sichern?

7. Self-Healing-Systeme

Moderne DR-Plattformen setzen zunehmend auf Self-Healing-Mechanismen. Hier übernimmt KI nicht nur die Diagnose, sondern auch die Behebung von Problemen, etwa durch das Neustarten von Diensten, das Ausrollen von Patches oder das Umleiten von Workloads auf gesunde Ressourcen.

Dadurch lassen sich Ausfälle reduzieren oder vollständig vermeiden, ohne dass IT-Personal sofort eingreifen muss. Die KI kann eine Berichterstattung an den IT-Verantwortlichen senden, der zusätzlichen prüfen kann, ob die Troubleshooting-Maßnahme ausreichend war.

8. Integration mit Cloud- und Edge-Infrastrukturen

KI ermöglicht eine intelligente Steuerung von Backup- und Wiederherstellungsprozessen über Cloud-, On-Premises- und Edge-Systeme hinweg. Besonders in verteilten Architekturen kann KI helfen, Datenstandorte dynamisch zu verwalten und Wiederherstellungsprozesse flexibel zu steuern.

Diese Integration bringt eine bessere Ressourcennutzung, bei der die KI das Management der verteilten Architektur erleichtern kann. Dabei kann die KI entweder auf einem Storage-System oder als Service aus der Cloud genutzt werden.

Grenzen und Herausforderungen beim Einsatz von KI

Trotz aller Vorteile ist KI kein Allheilmittel. Der Erfolg hängt stark von der Qualität und Vollständigkeit der zugrundeliegenden Daten ab. Außerdem sind KI-Modelle oft schwer nachvollziehbar (sie ähneln einer Black Box), was in sicherheitskritischen Szenarien problematisch sein kann.

Weitere Herausforderungen:

  • Falsch-positive Alarme durch unzureichend trainierte Modelle
  • Abhängigkeit von externen KI-Diensten (zum Beispiel aus der Cloud)
  • Kosten und Aufwand für die Integration in bestehende Systeme
  • Hohe Datenqualität muss gewährleistet sein

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz kann Disaster-Recovery-Prozesse in Unternehmen deutlich effizienter, schneller und sicherer machen. Von der präventiven Risikoanalyse über automatisierte Reaktionen bis hin zu realitätsnahen Simulationen eröffnen sich zahlreiche neue Möglichkeiten. Voraussetzung ist jedoch eine durchdachte Integration, gute Datenbasis und ein realistisches Verständnis der Grenzen von KI.

Das Wichtigste in Kürze: KI für das Disaster Recovery

Die wachsende Komplexität moderner IT-Infrastrukturen macht klassische Disaster-Recovery-Strategien zunehmend unzureichend. Künstliche Intelligenz (KI) eröffnet hier neue Perspektiven: Sie ermöglicht nicht nur eine frühzeitige Erkennung potenzieller Risiken, sondern automatisiert auch Reaktionen, optimiert Backup-Prozesse und verbessert die Cybersicherheit. So analysiert KI etwa Betriebs- und Netzwerkdaten in Echtzeit, erkennt Anomalien, bevor sie zu Ausfällen führen, und leitet automatisch Gegenmaßnahmen ein – vom Failover bis zur Systemisolation.

Darüber hinaus lassen sich Backup-Strategien dynamisch anpassen: Kritische Daten werden häufiger gesichert, weniger relevante mit längeren Intervallen – ressourcenschonend und effizient. Im Bereich der Cybersicherheit erkennt KI verdächtige Aktivitäten blitzschnell und kann Angriffe eindämmen, noch bevor Schaden entsteht. Auch die Wiederherstellungsplanung profitiert: Mit realitätsnahen Testszenarien, digitalen Zwillingen und KI-gestützter Entscheidungsfindung in Krisenfällen lässt sich die Resilienz von Unternehmen deutlich steigern. Selbstheilende Systeme, die Fehler automatisch beheben oder Dienste neustarten, sorgen für zusätzliche Ausfallsicherheit.

Die Integration von KI in Cloud- und Edge-Umgebungen schafft dabei neue Flexibilität, insbesondere in hybriden Infrastrukturen. Dennoch ist KI kein Allheilmittel: Die Qualität der zugrunde liegenden Daten, die oft schwer nachvollziehbare „Black-Box“-Logik der Modelle sowie potenzielle Fehlalarme und Integrationsaufwand bleiben zentrale Herausforderungen. Unternehmen sollten deshalb Chancen und Grenzen sorgfältig abwägen – und KI als mächtiges, aber gezielt einzusetzendes Werkzeug im Disaster Recovery verstehen.

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