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Geschäftsmodell für die KI-Ära: Smarte Lösungen monetarisieren

Wer Kunden von seinem neuesten KI-Tool überzeugen will, muss aufpassen, dass Preis und Monetarisierung stimmen. Das richtige Geschäftsmodell hängt von mehreren Faktoren ab.

Als „insane“ (verrück) bezeichnete Sam Altman in einem Beitrag auf X Anfang des Jahres das Abonnement für ChatGPT Pro. Trotz enormer Nachfrage mache das Unternehmen Verluste. Der Grund: Anwender nutzten die KI-Lösung deutlich stärker als erwartet, was die Kosten für Rechenpower in die Höhe trieb. Dass der CEO von OpenAI nach eigener Aussage den Abo-Preis von 200 US-Dollar Preis pro Monat „aus dem Bauch heraus“ festlegte, mag zu dieser Misskalkulation beigetragen haben. 

Preismodell hat Priorität

Nach Schätzungen der Stanford Universität (AI Index 2024) beliefen sich die Kosten für das Training von OpenAIs GPT-4 auf 78 Millionen US-Dollar. Googles KI-Modell Gemini Ultra verschlang schätzungsweise 191 Millionen US-Dollar an Rechenleistung. Sicher nicht jedes Unternehmen baut und trainiert sein eigenes KI-Modell. Doch das Angebot rund um generative KI und KI-Features im Portfolio von Softwareanbietern wächst kontinuierlich und muss effektiv monetarisiert werden, um langfristig wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Die Auswahl des richtigen Preismodells und dem richtigen Monetarisierungsmodell entscheidet dabei nicht erst seit KI über die Profitabilität eines Produkts. Hersteller müssen sicherstellen, dass neuausgerollte Produkte, Funktionen und Updates beim Kunden auf das erhoffte Interesse stoßen und ein faires Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.

Tatsächlich sind jedoch laut dem Revenera Monetization Monitor 2025 gerade einmal ein Drittel (36 Prozent) davon überzeugt, hier ins Schwarze zu treffen. Bei KI-Lösungen steigt die Unsicherheit, da sowohl Anwender als auch Anbieter hier noch oft Neuland betreten. Der richtige Preis lässt sich ebenso wenig klar beziffern, wie der zu erwartende Mehrwert für den Kunden und meist braucht es ein Trial-and-Error-Verfahren, ehe sich Profitabilität einstellt.

Kostenstruktur von KI

Die Ausgaben für die Cloud zum Beispiel steigen seit Jahren und die KI scheint die Kosten weiter in die Höhe zu treiben. Ein Blick auf die Kostenstruktur hilft, die Treiber zu identifizieren: 

Training von KI-Modellen

Das Teuerste an den KI-Modellen ist ihr Training. Die meisten Unternehmen setzen daher auf Standardmodelle etablierter Anbieter und integrieren die Large Language Models (LLMs) in eigene Lösungen. Die Sprachmodelle lassen sich um eigene Daten erweitern und für domänenspezifische Anwendungen anpassen. Das Fine-Tuning und Optimieren hilft, sich vom Wettbewerb zu differenzieren, die generierten Ergebnisse besser zu kontrollieren und zu validieren sowie interne Richtlinien und branchenspezifische Regulatorien zu erfüllen.

Hohe Rechenleistung

Die Ausführung von KI-Modellen in der Produktion erfordert Rechenressourcen. Die steigende Nachfrage – insbesondere nach Echtzeitanwendungen mit geringer Latenz (wie Empfehlungsmaschinen und Chatbots) – treibt diese Kosten weiter in die Höhe. Die Cloud-Kosten steigen nach Schätzungen um 20-50 Prozent.

Speicherung und Datenverarbeitung

KI ist auf große Datenmengen angewiesen. Diese großen Datensätze erhöhen wiederum den Bedarf an Speicherung und Datenverarbeitung. Die Trainingsdaten müssen gespeichert, vorverarbeitet und regelmäßig aktualisiert werden. All dies erhöht die Kosten für Speicherung und Datenübertragung. Auch hier ist also mit zusätzlichen Ausgaben für die Cloud zu rechnen, durchschnittlich etwa 10-20 Prozent.

Drittanbieter Dienste

Die Nutzung von verwalteten KI-Diensten (zum Beispiel Microsoft, Amazon, Google) verursacht weitere Zusatzkosten in der Cloud (rund 10-20 Prozent).

Hohe Skalierbarkeit

Wie gut ein neuer KI-Service tatsächlich beim Kunden ankommt und wie sehr dieser genutzt wird, ist selten im Vorfeld klar. Trotzdem muss es möglich sein, den Service bei Bedarf schnell skalieren zu können, ohne dass zeitgleich die Kosten explodieren. Ein gelegentlich genutzter Chatbot kann zusätzliche Kosten von 10-20 Prozent nach sich ziehen. Eine individuelle KI-Implementierung inklusive Deep Learning-Modell und Echtzeit-Inferenz treibt die Kosten schnell um 50-200 Prozent in die Höhe. Eine Roadmap, die modellhaft verschiedene Preis- und Kostenszenarien entwirft, kann helfen, die anfallenden Kosten im Griff zu behalten und schneller auf Veränderungen zu reagieren.

KI ist nicht gleich KI

Eine weitere wichtige Überlegung bei der Preisgestaltung betrifft die Frage, wie Softwarehersteller ihre KI-Lösung auf den Markt bringen wollen. Handelt es sich um ein neues Feature, das zukünftig in allen bestehenden Produkten enthalten ist (Enrichment-Modell) und das entsprechende Preisanpassungen erfordert? Ist die KI ein Add-on, das sich innerhalb eines bestehenden Angebots individuell hinzu buchen lässt? Oder geht es um ein gänzlich neues (KI-)Produkt, bei dem auch der Preis neu bestimmt werden muss?

Eine Pauschallösung gibt es bei der Preisgestaltung nicht. Momentan testen selbst viele der führenden KI-Anbieter noch neue Strategien aus. Angesichts von Milliarden an Verlusten hat beispielsweise OpenAI zu Beginn des Jahres angekündigt, seine Preisstrukturen für ChatPGT grundlegend zu überdenken.

Microsoft bietet Copilot als Premium-Feature an. Gleichzeitig hat der Konzern den KI-Dienst Mitte Januar auch in Microsoft 365-Anwendungen für Endverbraucher integriert, inklusive Preiserhöhung. Eine andere Strategie folgt Salesforce: Der CRM-Anbieter führte für seine KI-Agenten im Kundenservice und Vertrieb ein Preismodell ein, bei dem Anwender pro Transaktion zahlen müssen. Die Preisstaffel für Agentforce beginnt bei 2 US-Dollar für jeden Chat mit der KI, wobei Volumenrabatte möglich sind.

Nicole Segerer, Revenera

„Grundsätzlich empfiehlt sich: Bieten die KI-Funktionalitäten unabhängig vom Kernprodukt einen echten Mehrwert für Anwender, sollten diese als separates Produkt angeboten werden. Der Preis sollte dabei immer im Verhältnis zur KI-Funktion und zum Gesamtpaket stehen.“

Nicole Segerer, Revenera

Grundsätzlich empfiehlt sich: Bieten die KI-Funktionalitäten unabhängig vom Kernprodukt einen echten Mehrwert für Anwender, sollten diese als separates Produkt angeboten werden. Der Preis sollte dabei immer im Verhältnis zur KI-Funktion und zum Gesamtpaket stehen.

Ebenso elementar ist der Blick auf die Software Supply Chain. In vielen Fällen integrieren Softwarehersteller bestimmte Funktionalitäten (zum Beispiel Analytics oder Reporting) von Drittanbietern, vertreiben das Produkt aber weiter unter ihrer eigenen Marke (White Labeling). Setzt der Partner bei diesen Komponenten zukünftig KI ein, gilt es damit verbundene Kosten in der Gesamtkalkulation zu berücksichtigen. Andernfalls drohen die Gewinnspannen zu erodieren.

Abo allein greift zu kurz

Herkömmliche Monetarisierungsmodelle eignen sich nur bedingt, um die KI-Kosten zu decken. Abonnements bescheren Softwareanbietern zwar wiederkehrende Einnahmen. Daran geknüpfte Named-User-Lizenzen sind jedoch wenig rentabel und gehen zudem oft an den Bedürfnissen der Kunden vorbei. Das zeigt das oben erwähnte Beispiel des ChatGPT Pro-Abos. Da die Infrastruktur der Cloud (und damit von KI) in der Regel auf variablen Preismodellen basiert, gehen Hersteller dazu über, hybride Monetarisierungsmodelle für ihre Software und IoT-Geräte einzuführen. Besondere Beliebtheit erfreut sich die Kombination aus Abonnement und nutzungsbasierten Ansatz.

Das Abonnement deckt die tägliche Nutzung des Softwareprodukts ab, während Prepaid-Guthaben in Form von Credits separat verkauft werden, um bestimmte Anforderungen zu erfüllen. Dazu zählen beispielsweise Aktivitätsspitzen, der On-Demand-Zugang zu Premium-Funktionen (zum Beispiel KI) oder die kurzfristige Nutzung verschiedener Anwendungen innerhalb desselben Portfolios. Diese Form der Lizenzierung (Elastic Access) eignet sich sehr gut für KI-Produkte, da sie beiden Seiten entgegenkommt: Anbieter generieren über das Prepaid-Modell wiederkehrende Einnahmen, Kunden wiederum können ihre Credits flexibel nutzen.

Eine weitere interessante Option zur Monetarisierung von KI-Lösungen ist die ergebnisorientierte Preisgestaltung. Hier zahlt der Nutzer neben dem Zugang auch für den geschäftlichen Nutzen, den er mit Hilfe der KI-Lösung generiert. Innerhalb eines KI-basierten Kundenservices könnte zum Beispiel die automatische Schließung eines Support-Tickets ein Ergebnis darstellen. Die Kosten pro Ergebnis sind dabei in der Regel recht hoch angesetzt, um Rentabilität zu garantieren.

ROI nachweisen

KI ist in vielerlei Hinsicht experimentell. Das gilt ebenso für die Preisgestaltung. Letztendlich müssen Unternehmen ins kalte Wasser springen und so früh wie möglich beginnen, datenbasierte Erkenntnisse zu gewinnen. Nur so lässt sich die KI-Investition zielgenau steuern und ihr wirtschaftlicher Erfolg messen. Innovation Accounting bietet an dieser Stelle einen methodischen Ansatz zur Bewertung des Fortschritts von innovativen und risikobehafteten Projekten in unsicheren Märkten. Er liefert Produktverantwortlichen quantifizierbare Metriken wie Nutzerverhalten, Kundenbindung und Conversion-Raten und ermöglicht fundierte Entscheidungen über die Preisgestaltung und Weiterentwicklung der KI-Produkte.

Parallel dazu sollten Unternehmen eine zentrale Verwaltung der Nutzungsrechte aufbauen, um den Zugang zu neuen Features und Produkten zu kontrollieren und Übernutzung sowie Lizenzmissbrauch zu verhindern. IoT- und Monetarisierungsplattformen steuern nicht nur die Berechtigungen, sondern sammeln auch wertvolle Daten über die Softwarenutzung. Die damit gewonnenen Einblicke helfen, das Pricing und die Paketierung von KI-Angeboten kontinuierlich zu optimieren. So lassen sich nicht nur die Akzeptanz und Zufriedenheit beim Kunden abfragen. Die datengetriebene Strategie eröffnet ferner Chancen für das Up- und Cross-Selling und gibt Aufschlüsse über die zukünftige Entwicklung von Produkten – im hochdynamischen KI-Markt ein klarer Vorteil.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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