
Olivier Le Moal - stock.adobe.co
Ein Blick auf die HPE-Strategie mit Juniper für KI-Netzwerke
Die jüngsten Fortschritte von HPE im Bereich Netzwerke und die Übernahme von Juniper Networks zielen darauf ab, Netzwerkstrategien für KI neu zu gestalten, meint Jim Frey von ESG.
Die letzten Wochen waren für HPE im Bereich Netzwerk eine wichtige Zeit. Auf seiner Discover-2025-Konferenz vom 23. bis 26. Juni 2025 in Las Vegas hat HPE einige wichtige Ankündigungen zum Thema Netzwerk gemacht. Wenige Tage nach Ende der Konferenz gab das US-Justizministerium seine Einwände gegen die Übernahme von Juniper Networks durch HPE auf Grundlage einer ausgehandelten Einigung auf. HPE schloss die Übernahme kurz darauf ab. Zusammen haben diese Entwicklungen große Auswirkungen auf Unternehmen jeder Größe, die es zu verstehen gilt.
Netzwerk-Updates von der HPE Discover 2025
Obwohl das übergeordnete Thema KI war, legte HPE auf der Konferenz einen verstärkten Fokus auf Netzwerkprodukte und -technologien. Tatsächlich wurde das Netzwerk neben KI-Software und hybrider Cloud-Infrastruktur als eines der drei wesentlichen Elemente der Strategie von HPE genannt.
HPE-CEO Antonio Neri sagte in seiner Keynote, dass „die Zukunft des Erfolgs von KI vom Netzwerk abhängt“. Aktuelle Untersuchungen der Enterprise Strategy Group (ESG) kommen zu ähnlichen Schlussfolgerungen: 90 Prozent der Unternehmen sind sich einig, dass Netzwerke mit dem Einzug der KI an Bedeutung gewonnen haben.
Zwar ist uns schon lange bewusst, dass sich Netzwerke weiterentwickeln müssen, um GPU-intensive Lerncluster im Rechenzentrum zu unterstützen, doch die Auswirkungen sind weitreichender. Sie betreffen Campus-, Zweigstellen- und WLANs, da sich verteilte Inferenz und agentische KI zunehmend durchsetzen und sowohl höhere Bandbreiten als auch geringere Latenzen erfordern.
Netzwerke für den Einsatz von künstlicher Intelligenz
Die Technologie-Updates von HPE spiegeln die Bemühungen des Unternehmens wider, Netzwerke für KI zu optimieren. Dazu gehören der CX 10040, ein Smart Switch der zweiten Generation mit integrierten AMD-Pensando-Datenverarbeitungseinheiten (DPU), zwei neue CX-8325-Konfigurationen für Rechenzentren und Campuskernnetze sowie vier neue Modelle der CX-6300-Serie stapelbarer Layer-3-Switches. All diese Produkte sollen den Durchsatz und die Leistung steigern, um den Erfolg von KI-Implementierungen zu verbessern. Auch im Bereich der Wi-Fi-7-Access-Points gab es Fortschritte sowie eine neue integrierte Plattform für private 5G-Implementierungen.
Die folgenreichsten Ankündigungen betrafen KI für Netzwerke und insbesondere die neue agentische KI-Mesh-Architektur für HPE Aruba Networking. Die erste Phase des agentischen KI-Meshs wird 15 speziell entwickelte Agenten sowie einen Super-Agenten zur Orchestrierung umfassen. Sie wird sich in erster Linie auf schnellere und effizientere Abläufe als Teil des Netzwerkmanagements von HPE Aruba Networking Central konzentrieren.
Dieses agentic Mesh wird auch dazu verwendet, das Netzwerk in das neue GreenLake-Intelligence-Angebot von HPE einzubinden. Damit will HPE die seit langem bestehende Herausforderung eines effektiven domänenübergreifenden Infrastrukturmanagements für Rechenleistung, Speicher und Netzwerk angehen. Die Ergänzung des HPE-Management-Stacks um die OpsRamp-Integration ist für eine konsistente Multivendor-Betriebsüberwachung von entscheidender Bedeutung.
HPE schließt Übernahme von Juniper ab
Kurz nach der HPE Discover wurde die lang erwartete Übernahme von Juniper Networks überraschend abgeschlossen. Der Übernahmeplan war erstmals im Januar 2024 bekannt geworden, wurde jedoch vom US-Justizministerium mit der Begründung abgelehnt, er würde den Wettbewerb im Bereich der Wi-Fi-Netzwerke einschränken. Dies änderte sich jedoch, als das Justizministerium seinen Widerstand gegen den Deal aufgab, nachdem es eine Einigung mit HPE erzielt hatte.
Als die Übernahme erstmals angekündigt wurde, veröffentlichte die Enterprise Strategy Group eine detaillierte Analyse ihrer Auswirkungen, die nach wie vor weitgehend gültig ist. Im Wesentlichen werden die beiden Unternehmen gemeinsam ein umfangreicheres Angebot für Rechenzentren, Routing, Niederlassungen, Campusnetzwerke und WLANs sowie eines der ausgereiftesten KI-Tools für Netzwerke, Marvis AI, bereitstellen.
Da zwischen der Ankündigung und dem Abschluss jedoch 18 Monate liegen, haben sich die Marktnachfrage und das Angebot verändert, was sich auf die Relevanz der Übernahme auswirkt.
- Der Schwerpunkt der Netzwerkplanung und -strategie für KI hat sich über das Rechenzentrum hinaus auf Campus-, Zweigstellen- und Edge-Netzwerke verlagert, um Remote-Inferencing und verteilte agentische KI-Anwendungen zu ermöglichen.
- Der Wettbewerbsvorteil von Mist-Marvis AI, den Juniper aufgebaut hatte, ist nicht mehr so groß wie früher. Noch vor 18 Monaten hatte Juniper einen deutlichen Vorsprung gegenüber allen Wettbewerbern – einschließlich HPE – im Bereich KI für Netzwerke. Das Aufkommen der agentischen KI hat dieses Bild jedoch radikal verändert. Juniper liegt nun tatsächlich hinter anderen Netzwerkanbietern wie HPE, Cisco und Extreme zurück, was die Integration von agentischer KI in seine Plattform angeht. Durch die Kombination von Junipers Marvis AI mit dem agentischen KI-Netzwerk von HPE kehrt das fusionierte Unternehmen wieder an die Spitze zurück.
- HPE Aruba war der erste große Netzwerkanbieter, der DPUs in Switches integrierte. Auf der diesjährigen Discover hat das Unternehmen die zweite Produktgeneration vorgestellt. Mit der Veröffentlichung der Smart Switches und Router von Cisco zu Beginn dieses Jahres ist HPE allerdings nicht mehr der einzige Anbieter dieser Lösung. Dies muss ein zentraler Punkt der Strategie sein, da Smart Switching sowohl für KI-Implementierungen als auch für die Konvergenz von Netzwerken und Sicherheit wichtige Vorteile verspricht. Letztere wird für Unternehmen schnell zu einer zwingenden Anforderung.
Der Weg für HPE Networking
Nach der Übernahme wird die neue Organisation den Namen HPE Networking tragen und aus zwei Teams bestehen: HPE Aruba Networking und HPE Juniper Networking. Nun beginnt die Herausforderung der Zusammenführung von Produkten, Technologien, Roadmaps und Teams. Zwar wird das Angebot an Netzwerkprodukten von HPE erheblich erweitert, allerdings müssen die Produktlinien und Architekturen insbesondere für Campus- und Zweigstellen konsolidiert werden. Die Herausforderung für HPE besteht darin, die Umstellung so durchzuführen, dass die Beziehungen zu Kunden und Partnern nicht gestört werden und diese nicht nach Alternativen suchen.
Es gibt noch viele Details zu klären, doch das Ziel ist klar: Ein neues HPE Networking soll umfassendere Technologien bieten und weltweit wettbewerbsfähiger sein. Wir werden die Fortschritte genau beobachten.
Über den Autor:
Jim Frey ist Principal Analyst bei der Enterprise Strategy Group und befasst sich mit dem Thema Netzwerke. Die Enterprise Strategy Group ist Teil von Omdia. Ihre Analysten unterhalten Geschäftsbeziehungen zu Technologieanbietern.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.