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5G: Indoor-Abdeckung stellt Betreiber vor Probleme

Die 5G-Millimeterwellen können Wände und andere massive Materialien nur schwer durchdringen. Das bedeutet für Carrier erhebliche Herausforderungen bei der Indoor-Versorgung mit 5G.

Es gibt keinen Zweifel daran, dass 5G der kommende Mobilfunkstandard ist. Aber die Mobilfunkbetreiber haben sich größtenteils auf den Consumer-Markt konzentriert. 5G wird jedoch zu einigen wichtigen Entwicklungen führen, die sich auch auf IT-Unternehmenseinkäufer auswirken werden. Geschäftskunden sollten deshalb jetzt damit beginnen, diese Entwicklungen in ihrer Mobilfunkplanung zu berücksichtigen.

Es gibt ein 5G-Feature, das offenbar jeder auf dem Radar hat: höhere Übertragungsraten. Alle Mobilfunknutzer werden sicherlich von höheren Übertragungsraten profitieren, wenn sie verfügbar sind. Allerdings könnten für Enterprise-Manager andere Probleme und Entscheidungen wichtiger sein. Mit anderen Worten: Lassen Sie sich nicht von den Geschwindigkeiten blenden, die die Mobilfunkanbieter versprechen.

5G für Unternehmen hat noch einen weiten Weg vor sich. Apple zum Beispiel hat bis hin zum iPhone 11 noch kein Smartphone mit 5G vorgestellt. Infolgedessen dürften Unternehmenskunden – von denen viele iPhone-Nutzer sind – in näherer Zukunft kaum bei der 5G-Party mitfeiern.

Das 3rd Generation Partnership Project (3GPP), das Gremium, das Mobilfunkstandards wie 5G entwickelt, hat ebenfalls extrem zuverlässige Kommunikationsservices mit geringer Latenz sowie Unterstützung für dichtere Umgebungen von IoT-Geräten versprochen. Doch diese Merkmale sind noch nicht verfügbar.

Ein großes Problem für Unternehmensnutzer, das nicht genug Aufmerksamkeit erfährt, ist die Frage nach dem Aufwand, um 5G in den Innenbereich zu bringen.

Probleme bei der 5G-Indoor-Versorgung

Die Betreiber reden zwar in ihrer Werbung über die Indoor-Abdeckung mit 5G. Aber dabei geht es in der Regel um öffentliche Orte wie Stadien und Einkaufszentren mit viel freier Fläche unter einem Dach. Für Unternehmen dreht es sich bei der Versorgung von Innenbereichen allerdings üblicherweise um die Frage, wie sich Büroräumlichkeiten abdecken lassen.

Büros sind meist von vielen Wänden und einer soliden Bausubstanz umgeben, so dass es zu jeder Menge Funklöcher kommen kann. WLAN-Experten wissen davon ein Lied zu singen. Da Bauträger zunehmend auf energieeffiziente Designs setzen, finden sich zudem häufig speziell beschichtete Fensterscheiben, die Funksignale genauso wirksam blockieren, wie sie Wärmeverluste reduzieren.

Wenn also die Anwender in Ihrem Gebäude Gespräche über ihre Handys und Smartphones führen wollen, benötigen Sie wahrscheinlich eine Signalquelle für den Mobilfunk innerhalb des Gebäudes.

Das große Potenzial der Small Cells

Traditionell installieren Carrier ein verteiltes Antennensystem (Distributed Antenna System, DAS) in Gebäuden, um die Signalabdeckung im Innenbereich zu verbessern. Diese Systeme verfügen über eine Signalquelle – entweder eine außen angebrachte Spenderantenne oder eine dedizierte Funkzelle im Keller.

Ein Netzwerk aus Kabeln, Verstärkern und Antennenköpfen verteilt das Mobilfunksignal im gesamten Gebäude. Oft wird das DAS von einem Carrier installiert, und die anderen zahlen, um darauf zugreifen zu dürfen. Ein solches Arrangement nennt sich Neutral Host.

Allerdings hat ein herkömmliches DAS ein großes Problem mit dem MIMO-Übertragungssystem (Multiple Input, Multiple Output) von 5G. Da diese Technologie entscheidend für hohe Übertragungsraten ist, propagiert die Industrie eine Idee, die sich Small Cells (Kleinzellen) nennt.

Abbildung 1: Carrier installieren Small Cells im Outdoor-Bereich, um eine dichtere Abdeckung in Gebieten mit hohem Traffic zu erreichen.
Abbildung 1: Carrier installieren Small Cells im Outdoor-Bereich, um eine dichtere Abdeckung in Gebieten mit hohem Traffic zu erreichen.

Die Abdeckung einer Small Cell ist vergleichbar mit einem Access Point (AP) für Wi-Fi und fällt sogar geringer aus, wenn Wände im Weg sind. Die Carrier haben bereits Tausende von Small Cells für Outdoor-Anwendungen installiert, um eine dichtere Abdeckung in Gebieten mit hohem Traffic zu erreichen. Jetzt planen die Anbieter, auch bei Indoor-Anwendungen Small Cells einzusetzen.

Carrier können außerdem neue, höhere Frequenzen im Millimeterwellenbereich zwischen 24 GHz und 36 GHz für ihre Small Cells im Outdoor-Bereich nutzen. Aber diese Frequenzen sind hochlinear. Das bedeutet, sie reichen nicht um Ecken. Darüber hinaus können sie nicht so leicht durch Wände dringen, so dass sie auf Freiflächen beschränkt bleiben. Für die Indoor-Nutzung bräuchte man Small Cells, die auf niedrigeren Frequenzen arbeiten und sich somit besser für Indoor-Anwendungen eignen.

Mobilfunkgespräche sind besonders problematisch

Letzten Endes ähnelt eine Small-Cell-Installation in einem Bürogebäude stark einem Enterprise-WLAN. Allerdings sind uns Small-Cell-Services in Form eines Neutral Hosts mit Unterstützung von mehreren Carriern bislang nicht bekannt. Bis sich daran etwas ändert, ist daher wohl für jeden genutzten Carrier ein separates Small-Cell-Netzwerk bereitzustellen.

Interessanterweise stellt dieses Szenario vor allem für Mobilfunkgespräche ein Problem dar, während Ihr Daten-Traffic höchstwahrscheinlich reibungslos funktioniert. Daten sind deshalb kein Problem, weil ein WLAN zur Verfügung steht. Und so gut wie alle Smartphones nutzen per Default Wi-Fi als bevorzugtes Mittel für die Datenübertragung. Sprachanrufe hingegen werden standardmäßig per Mobilfunk geführt. Tests haben gezeigt, dass ungefähr 75 Prozent des mobilen Datenverkehrs über Wi-Fi gesendet werden. Solange also mit Ihrem WLAN alles in Ordnung ist, funktioniert die Datenübertragung einwandfrei.

Letztlich bietet sich 5G zwar als interessanter Gesprächsstoff für die breite Öffentlichkeit an. Doch für Netzwerkprofis bedeutet es eine besondere Verantwortung. Die IT-Abteilungen müssen die Probleme mit 5G schnell in den Griff bekommen. Sie sollten mit dem Vertrieb ihres Mobilfunkbetreibers sprechen und mit der Planung für die 5G-Unterstützung in ihren Räumlichkeiten beginnen.

Natürlich können Sie diesen Ratschlag auch nicht befolgen, aber dann sollten Sie darüber nachdenken, Gespräche lieber per Festnetz zu führen.

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