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Wie Rechenzentren Geothermie effizient nutzen können

Geothermie bietet Rechenzentren eine nachhaltige, wetterunabhängige Energiequelle. Sie senkt Betriebskosten, reduziert CO2-Emissionen und ermöglicht stabile Stromversorgung.

Geothermische Energie ist eine vielversprechende Quelle für saubere, erneuerbare Energie. Die Nutzung der natürlichen Wärme der Erde bietet Rechenzentren eine zuverlässige Methode zur Stromerzeugung und zur Deckung des Energiebedarfs während des gesamten Jahres.

In diesem Artikel werden die Vor- und Nachteile der Nutzung von Geothermie in Rechenzentren und ihre potenziellen Auswirkungen auf die Energielandschaft untersucht.

Was ist Geothermie?

Geothermie ist eine Energiequelle, die aus der Wärme der Erdkruste gewonnen wird. Elemente in der Erdkruste und im Erdmantel zerfallen durch radioaktiven Zerfall, wodurch Energie in Form von Wärme freigesetzt wird. Die Erdoberfläche absorbiert außerdem Wärme aus der Sonnenstrahlung. Pro 100 Meter erwärmt sich das Gestein um etwa drei Kelvin oder eben drei Grad Celsius..

Die meisten geothermischen Systeme sind mit unterirdischen Reservoirs verbunden, die aufgrund der natürlichen Wärmeerzeugung des Planeten konstant heiß gehalten werden. Das Wasser des Reservoirs wird in Dampf umgewandelt und durch Rohre und Hydrauliksysteme gepumpt, um über Turbinen Strom zu erzeugen. Viele geothermische Kraftwerke nutzen diese Technik und bohren häufig in Reservoirs, um eine Verbindung herzustellen.

Andere Methoden zur Erzeugung von geothermischer Energie sind künstliche unterirdische Reservoirs, heiße Quellen und Geysire.

Geothermie als Kühlungsmöglichkeit

Geothermie kann aber nicht nur Wärme oder Energie liefern, sondern auch für die Kühlung von Rechenzentren genutzt werden. Grund dafür ist die konstante Temperatur des Erdreichs. In Mitteleuropa liegt diese ab einer Tiefe von circa zehn Metern meist bei acht bis 12 Grad Celsius.

Passive Kühlung (Free Cooling)

Bei der passiven Kühlung wird Wärme aus dem Rechenzentrum, beispielsweise aus den Serverräumen, über Kühlkreisläufe in Erdsonden oder -kollektoren geleitet. Die Erde nimmt die Wärme auf. Dafür ist keine Wärmepumpe notwendig, nur die Pumpen des Kreislaufes müssen mit Strom versorgt werden. Diese Kühltechnik wird meist bei geringem Kühlbedarf eingesetzt oder in Jahreszeiten mit einem moderaten Wärmeeintrag.

Aktive Kühlung

Bei der aktiven Kühlung entzieht eine reversible Wärmepumpe der Erde Wärme und gibt sie an ein Kältenetz ab, das wiederum für Server-Racks genutzt werden kann. Die Wärmepumpe kann auch umgekehrt und wie eine Kältemaschine verwendet werden. Zum Einsatz kommt aktive Kühlung, wenn passive Kühlung nicht ausreicht oder wenn niedrigere Vorlauftemperaturen gefragt sind.

Vorteile der Geothermie

Geothermie kann Rechenzentren dabei helfen, ein diversifizierteres Energienetz aufzubauen, das stabil, widerstandsfähig, effizient und nachhaltig ist.

Hohe Rampenrate

Geothermieanlagen haben eine hohe Rampen- oder Anstiegsrate, je nach Bedarf kann die Leistung schnell angepasst werden. Wenn der Energiebedarf im Netz hoch ist, können Rechenzentren stattdessen geothermische Systeme nutzen, um schnell zusätzliche Kapazitäten bereitzustellen, insbesondere während Spitzenlastzeiten.

Geothermische Energie kann auch mit anderen Energiequellen wie Solar- und Windenergie kombiniert werden. Wenn beispielsweise geothermische Kraftwerke oder Systeme nicht genug Energie für die Grundlastversorgung produzieren können, lassen Rechenzentren an andere elektrische Systeme anschließen, einschließlich der Bezug von Strom aus anderen erneuerbaren Energien.

Kontinuierliche Energie- und Kühlquelle

Im Gegensatz zu Solar- und Windenergie kann geothermische Energie unabhängig von Wetter- oder anderen Umwelt- oder Klimabedingungen das ganze Jahr über erzeugt werden. Die Erde speichert Wärme auf natürliche Weise, sodass geothermische Energie kontinuierlich gewonnen werden kann, ohne die Stabilität der Umwelt zu beeinträchtigen.

Das Gleiche gilt auch für die Kühlung, da die Erdtemperatur ganzjährig relativ konstant bleibt und unabhängig von Außentemperaturen oder Wetterbedingungen ist.

Geringe Betriebskosten

Geothermiekraftwerke haben zudem minimale Betriebskosten. Laut einer Studie der Global Geothermal Alliance werden die Betriebs- und Wartungskosten auf etwa zehn Cent pro Megawatt pro Jahr geschätzt. Langfristig kann diese Art der Energieerzeugung eine kostengünstige Lösung sein, um den steigenden Energiebedarf von Rechenzentren zu decken.

Für die Kühlung sind keine Kältemittel oder energieintensivere Kältemaschinen notwendig. Außerdem handelt sich bei den eingesetzten Systemen um sehr langlebige: Erdsonden bleiben oft für 50 oder mehr Jahre einsatzbereit.

Reduzierung des CO2-Fußabdrucks

Geothermische Energie verschmutzt in der Regel weder die Oberfläche, die Luft noch das Wasser, verursacht keine Rauchentwicklung und erzeugt keine schädlichen Partikel. Sie ist nahezu emissionsfrei und produziert nur wenig bis gar keine Treibhausgase.

Geothermiekraftwerke benötigen außerdem nur wenig Land und Süßwasser. Im Gegensatz zu Wind- oder Solarkraftwerken, für die große Flächen gerodet werden müssen, benötigen Geothermiekraftwerke einen viel geringeren Platzbedarf. Sie werden unterirdisch gebaut, sodass die oberirdische Umwelt und das Ökosystem intakt bleiben. Geothermiekraftwerke verbrauchen außerdem wenig Wasser für ihren Betrieb und erzeugen im Vergleich zu anderen Energiesystemen mehr Strom.

Ein Projekt des National Renewable Energy Laboratory untersuchte die Technologie der kalten unterirdischen Wärmespeicherung, um mit Strom aus Zeiten mit geringer Auslastung eine kalte Energiereserve unter der Erde zu schaffen. In Spitzenlastzeiten könnte diese Reserve die Temperaturen in Rechenzentren aufrechterhalten und Serverausrüstung kühlen. Eine solche Technologie könnte dazu beitragen, unterirdische Rechenzentren noch widerstandsfähiger und autarker zu machen.

Das Potenzial der Geothermie ist weitgehend ungenutzt. Neue Technologien machen sie praktikabler und effizienter, da sie im Vergleich zu anderen Kraftwerken nur minimale Landnutzung erfordern und geringe Geräuschpegel erzeugen.

Nachteile der Geothermie

Die Nutzung von Geothermie hat jedoch auch Nachteile, insbesondere bei der Suche nach dem richtigen Standort für den Betrieb. Ähnlich wie bei der Auswahl des Standorts für ein Rechenzentrum sollten Administratoren die Auswirkungen berücksichtigen, die der Bau einer Geothermieanlage auf die Umgebung haben könnte.

Standortabhängigkeit

Nicht jeder Boden eignet sich für den Betrieb von Geothermieanlagen, beispielsweise aufgrund von bestimmten geologischen Schichten, Grundwasser oder zuvor benötigten Genehmigungen. So gibt es Regionen mit generellen Bohrverboten oder bestimmten Auflagen, die bei einer geothermischen Nutzung einzuhalten sind, wie in Trinkwasserschutzgebiete.

Bohrungen

Die größte Herausforderung bei der Geothermie ist es, einen geeigneten Standort zu finden und zu erschließen. Moderne Überwachungssysteme mit maschinellem Lernen können zwar dabei helfen, potenzielle Standorte zu identifizieren und vorherzusagen, doch oft sind noch Probebohrungen erforderlich, um unterirdische Reservoirs zu finden. Diese Bohrungen müssen meist mehr als 500 Meter tief durchgeführt werden und haben oft eine Fehlschlagquote von 20 Prozent.  Dies kann teuer und gefährlich sein, da Bohrungen in der Nähe einer Verwerfungslinie ein Erdbeben auslösen könnten. Pro Sondenfeld ist je nach Tiefe und Beschaffenheit des Bodens mit mehreren zehntausend Euro zu rechnen.

Es ist anzumerken, dass die Anschaffungskosten für Geothermie zwar hoch sind, ihre Effizienz und niedrigen Betriebskosten diese Kosten jedoch langfristig ausgleichen können.

Wärmeverlust der Umgebung

Die unnatürlich schnelle Entnahme von Wärme aus der Erde kann sich auf die Umgebung auswirken. Beispielsweise kann die Wärmeentnahme die Gesteine in der Nähe abkühlen und die Gesamttemperatur der Umgebung senken. Ohne sorgfältige Überwachung würde dies das natürliche Ökosystem der Pflanzen- und Tierwelt beeinträchtigen. Obwohl die Umgebung die Temperaturen erhöht und sich auf natürliche Weise anpasst, führt eine übermäßige Wärmeentnahme bei kontinuierlicher Rate schließlich dazu, dass sich die Umgebung nicht mehr anpassen kann.

Treibhausgase

Je nach System kann die Erzeugung von geothermischer Energie Treibhausgase freisetzen, wenn auch in minimaler Menge. Wenn beispielsweise zum ersten Mal auf ein Reservoir zugegriffen wird, können während des Bohrens oder Grabens unterirdische Gase in die Atmosphäre entweichen. Darüber hinaus können offene Systeme minimale Luftemissionen freisetzen, während geschlossene Systeme entwichene Gase wieder in die Erde zurückleiten.

Allerdings sind diese Emissionen weitaus geringer als bei anderen Energiequellen, insbesondere im Vergleich zu fossilen Brennstoffen.

Verantwortungsbewusstes Ressourcenmanagement

Eine übermäßige Entnahme von Wärme kann sich durch Temperatur- und Flüssigkeitsverlust negativ auf die Reservoirs auswirken. Daher muss besonders darauf geachtet werden, die Reservoirs zu erhalten und zu schützen, was oft die Rückführung von Wasser in das Reservoir erfordert, um den Wasserstand zu stabilisieren. Für diesen Prozess ist kein Frischwasser erforderlich, aber die Verwendung von schmutzigem Wasser könnte zu Kontaminationsproblemen führen. Die Überwachung des Gebiets ist entscheidend, um zu verhindern, dass Schadstoffe in den Boden gelangen.

Wenn ein Gebiet ohne eine saisonale Regeneration nur für die Kühlung genutzt wird, kann sich das Erdreich langfristig erwärmen, wodurch die Effizienz sinkt. Deshalb ist immer eine Kombination von Kühl- und Heiznutzung empfohlen.

Nutzung der Geothermie in Deutschland

In Deutschland gibt es 41 tiefgeothermische Anlagen, die insgesamt eine Leistung von 408 Megawatt erzielen. Diese Anlagen befinden sich überwiegend im Oberrheingraben oder in Molassenbecken.

In Deutschland gilt Geothermie als erneuerbare Energie und soll daher vermehrt genutzt werden. Durch den Entwurf des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes (GeoBG) sollen unter anderem Genehmigungsverfahren im Berg- und Wasserrecht beschleunigt, beziehungsweise oberflächennahe Geothermie aus dem Bergrecht größtenteils ausgenommen werden. Gleichzeitig erhalten laut des Entwurfes die Wärmeinfrastruktur und die Geothermie den Status eines überragenden öffentlichen Interesses, so wie Wind- oder PV-Anlagen.

Das Tool ISONG (Informationssystem Oberflächennahe Geothermie) aus Baden-Württemberg erlaubt Risikoabschätzungen und somit die Planung von geothermischen Sonden, die nicht tiefer als 400 Meter bohren. Das Tool ist öffentlich zugänglich.

Rechenzentren in Deutschland setzen vor allem auf die Kühlmöglichkeiten durch Geothermie und die effektive Nutzung von Abwärme. Das ColocationIX-Rechenzentrum der Consultix GmbH in Bremen wird über Erdwärmesonden gekühlt, ebenso wie ein bestehendes Rechenzentrum des Vogelsbergkreises. In Berlin-Spandau wird die Abwärme des Rechenzentrums Berlin 1 über Wärmepumpen von 20 bis 30 Grad Celsius auf 65 Grad Celsius hochgeheizt und so über ein Nahwärmenetz verteilt.

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