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Technologische Altlasten: Wenn Innovationen warten müssen

Auch in diesem Jahr behindern technologische Altlasten Innovationen in Deutschland. Die Menge an Zeit, Geld und Ressourcen, um veraltete IT zu warten, ist ein deutliches Problem.

Unternehmen verschwenden 40 Prozent ihres jährlichen IT-Budgets allein für die Pflege von Altlasten. Anders ausgedrückt, handelt es sich dabei um ein Budget von rund fünf Monaten. Das ergab eine Umfrage von OutSystems zum Thema Technical Debt.

Wenn Unternehmen weiterhin neue Systeme auf alten aufbauen, werden die technologischen Schulden mit Zins und Zinseszins wachsen. Infolgedessen müssen sie einen immer größeren Anteil ihres IT-Budgets für die Wartung aufwenden und ihre Fähigkeit, neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, weiter einschränken.

Technologieunternehmen sind sich dieses Problems zunehmend bewusst: 69 Prozent der Befragten sind überzeugt, dass technologische Schulden ihre Innovationsfähigkeit einschränken. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass Unternehmen – oder zumindest jene, die wachsen wollen – verstehen, wie technologische Schulden in ihrem Unternehmen entstehen. Vor allem jedoch müssen sie aktiv Maßnahmen ergreifen, um zeitraubende traditionelle Systeme zu beseitigen.

Sommeranfang – wenn sich IT endlich bezahlt macht

Umgerechnet auf dieses Jahr konnten Unternehmen mit ihrem Budget erst seit Juni eigentliche Innovationsprojekte vorantreiben und sich auf die Bereitstellung neuer Systeme und Lösungen konzentrieren, die das Unternehmenswachstum fördern. Denn erst in den Sommermonaten haben sie ihre technologischen Schulden beglichen. Langfristig werden diese dadurch jedoch nur noch weiter ansteigen: Die bestehenden Systeme werden noch älter und ineffizienter und der Monat, ab dem die Schulden abbezahlt sind, wird sich noch weiter nach hinten verschieben.

Dieser wachsende Berg an technologischen Schulden zehrt nicht nur an den Ressourcen eines Unternehmens, sondern untergräbt auch seine Innovationsfähigkeit. Je mehr ein Unternehmen mit Software überladen wird, desto schneller verliert es seine Wettbewerbsfähigkeit. Und in einer Welt, in der Innovationen in neuen Technologien wie generativer KI geschäftskritisch sind, müssen Unternehmen so viel Budget wie möglich dafür freisetzen.

Die Entstehung technologischer Schulden

Doch wie ist es zu diesem Schuldenberg gekommen? Vor allem zwei Faktoren spielen laut der Studie bei der technologischen Verschuldung eine Rolle: die große Anzahl von Programmiersprachen, die die Wartung und Aktualisierung der Systeme erschweren, und die hohe Fluktuation in den Entwicklungsteams. Dies führt dazu, dass neue Mitarbeitende die Verantwortung für Plattformen übernehmen, die sie nicht entwickelt haben und die sie möglicherweise nicht vollständig verstehen. Weitere wichtige Faktoren sind veraltete Programmiersprachen und überholte Frameworks. Oft nehmen Unternehmen auch bekannte Fehler in Kauf, um Fristen einzuhalten. All dies trägt dazu bei, dass sie Schwierigkeiten haben, kritische Systeme zu warten und zu überarbeiten.

Durch eine Vielzahl kleinteiliger Entscheidungen sammeln sich diese technologischen Schulden an und hindern Unternehmen daran, in neue Innovationen oder Dienstleistungen zu investieren. In der Regel sind diese kurzsichtigen Entscheidungen auf den Druck zurückzuführen, schnelle Lösungen zu finden und schnelle Ergebnisse zu erzielen – ohne darauf zu achten, ob diese in Zukunft auch noch Bestand haben und die benötigte Schnelligkeit sowie Agilität für Veränderungen bieten.

Wie Unternehmen ihre Schulden reduzieren

Eine langfristig erfolgreiche Strategie für den Umgang mit technologischen Schulden erfordert immer ein Gleichgewicht zwischen Qualität und Geschwindigkeit. Unternehmen sollten zunächst eine ehrliche Einschätzung ihrer grundlegenden Probleme vornehmen. Schon die Anzahl an Programmiersprachen sowie Frameworks zu reduzieren und die Fluktuation in Entwicklungsteams zu verringern, dämmt das Anwachsen technologischer Schulden ein.

Christoph Volkmer, OutSystems

„ Mit den richtigen Werkzeugen und Prozessen müssen sich Unternehmen bei der Softwareentwicklung nicht mehr zwischen Schnelligkeit und Qualität entscheiden. Innovation kann dadurch in den Fokus der IT-Bemühungen rücken.“

Christoph Volkmer, OutSystems

Der wichtigste Schritt zur Verringerung technologischer Altlasten ist jedoch die Einführung eines Entwicklungsprozesses, der sowohl kurz- als auch langfristige Ziele erfüllt. Durch die sorgfältige Abstimmung moderner Anwendungsentwicklungsplattformen mit Fokus auf Automatisierung und Flexibilität können Unternehmen kontinuierlich Altlasten abbauen – ohne den Zeitplan ihrer laufenden Projekte zu gefährden.

Ein Unternehmen, dem dies gelungen ist, ist SUEZ, ein weltweiter Anbieter von Wasser- und Abfalldienstleistungen. Mit seiner digitalen Lösung SludgeAdvanced zur Rückverfolgbarkeit von Klärschlamm unterstützt das Unternehmen seine Kunden dabei, mehr Abfälle zu recyceln und ihren Ressourcenverbrauch zu senken. Bei der Entwicklung der Lösung erkannte das Unternehmen schnell, wie entscheidend ein agiler Entwicklungsprozess ist, um die Erwartungen und Anforderungen der Kunden zu erfüllen. SUEZ war schließlich in der Lage, die Produktentwicklung schneller sowie flexibler zu gestalten und die negativen Auswirkungen der technologischen Schulden in einem kurzen Zeitrahmen zu reduzieren.

Innovation priorisieren

Mit den richtigen Werkzeugen und Prozessen müssen sich Unternehmen bei der Softwareentwicklung nicht mehr zwischen Schnelligkeit und Qualität entscheiden. Innovation kann dadurch in den Fokus der IT-Bemühungen rücken.

Über den Autor:

Christoph Volkmer verantwortet als Regional Vice President den zentraleuropäischen Markt bei OutSystems, einer High-Performance Low-Code-Plattform für Entwickler. Seit fast 40 Jahren ist er in der IT-Branche tätig und hat hier schon für viele Schwergewichte wie IBM, BMC Software, ServiceNow und zuletzt Tanium gearbeitet. Er ist verheiratet, hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit seiner Frau Karen in Hamburg.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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