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Microsoft-KI: Agenten gesellen sich zu Copiloten
Microsoft baut sein KI-Ökosystem konsequent aus – mit spezialisierten KI-Agenten, die eigenständig agieren und sich tief in Unternehmensprozesse integrieren lassen.
Mit der Einführung von Microsoft 365 Copilot hat der Hersteller eine erste Brücke zwischen generativer KI und produktiver Arbeit geschlagen. Die Copiloten erstellen Inhalte, fassen Informationen zusammen und unterstützen die tägliche Kommunikation. Doch diese Form der KI bleibt reaktiv – sie antwortet, wenn sie gefragt wird. Die nächste Entwicklungsstufe setzt einen Schritt früher an: KI-Agenten initiieren Aufgaben selbstständig, bewerten Kontexte und verfolgen definierte Ziele.
Microsoft präsentierte auf der Entwicklerkonferenz Build 2025 eine Vielzahl neuer Funktionen, die diesen Paradigmenwechsel einläuten. Im Mittelpunkt steht der Übergang von reinen Assistenten zu autonomen Akteuren. Dabei unterscheidet sich der Agenten-Ansatz grundlegend: Statt sich durch statische Workflows zu bewegen, analysieren die neuen Agenten dynamische Datenlagen und entwickeln kontextsensitive Lösungen. Sie operieren innerhalb definierter Rahmenbedingungen, agieren jedoch eigenverantwortlich – ein grundlegender Unterschied zur bisherigen KI-Logik.
Neue Tools für eine neue Logik
Microsoft verzahnt die Copilot-Plattform zunehmend mit spezialisierten Entwicklungsumgebungen, die eine differenzierte Agentensteuerung ermöglichen. Für einfache Anwendungsfälle steht mit dem Agent Builder ein Low-Code-Tool zur Verfügung, das innerhalb der gewohnten Copilot-Oberfläche arbeitet. Unternehmen können dort deklarative Agenten oder SharePoint-Agenten definieren – zum Beispiel für IT-Support, HR-Services oder SharePoint-gestützte Informationsprozesse.
Komplexere Anforderungen deckt Microsoft über das Copilot Studio ab. Hier lassen sich mehrstufige Agenten mit eigener Logik, API-Anbindung und Systeminteraktion erstellen. Besonders im Zusammenspiel mit Microsoft Graph, der zentrale Unternehmensdaten erschließt, eröffnen sich neue Automatisierungsoptionen – von der intelligenten Leadgenerierung bis zur proaktiven Ressourcenplanung.
Ergänzt wird dieses Angebot durch vorgefertigte Agenten für Standardprozesse, die Microsoft kontinuierlich erweitert. Beispielsweise übernimmt ein Vertriebsagent eigenständig die Kundenansprache, Terminkoordination und Dokumentation. Er greift auf CRM-Daten, Kalender und Kommunikationsverläufe zu, kombiniert diese Informationen und schlägt nächste Schritte vor. So entstehen KI-Anwendungen, die weit über das bloße Beantworten von Fragen hinausgehen.
Offen, interoperabel, vorgabenkonform
Ein weiterer Schritt in Richtung produktiver KI-Nutzung ist die zunehmende Offenheit des Microsoft-Ökosystems. Über standardisierte Schnittstellen – etwa über das Model Context Protocol (MCP) – lassen sich externe Plattformen wie Salesforce oder ServiceNow einbinden. Agenten erhalten so Zugriff auf kontextbezogene Informationen über Systemgrenzen hinweg. Parallel entwickelt Microsoft mit NLWeb einen offenen Webstandard, über den Agenten in natürlicher Sprache mit Webinhalten interagieren können.
Sicherheit und Governance spielen in dieser Architektur eine zentrale Rolle. Der sogenannte Responsible AI Layer sorgt dafür, dass sämtliche KI-Aktivitäten in Einklang mit bestehenden Richtlinien stehen. Unternehmen können granular definieren, auf welche Daten Agenten zugreifen dürfen, und welche Inhalte ausgeschlossen werden – etwa personenbezogene Informationen oder sensible Finanzdaten. Die Integration in Microsoft Purview schafft zusätzliche Transparenz und Kontrolle. Diese Architektur erlaubt es, regulatorische Anforderungen wie DSGVO oder den EU AI Act technisch abzusichern, ohne externe Tools einzubinden.
Lizenzierung mit Strategie statt Standardtarif
Die Lizenzstruktur bleibt trotz wachsender Funktionalität modular. Während einfache Copilot-Features kostenfrei im Rahmen bestehender Microsoft-365-Abonnements verfügbar sind, erfordern leistungsstarke Agentenfunktionen zusätzliche Ressourcen und optionale Add-ons. Microsoft setzt verstärkt auf nutzungsbasierte Abrechnung – ein Modell, das Flexibilität verspricht, aber auch neue Anforderungen an Kostenkontrolle und Monitoring stellt. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig ein Lizenzmodell wählen, das zu ihrer Nutzungsstrategie passt.
Ein externer CSP-Partner kann nicht nur günstigere Konditionen aushandeln, sondern auch helfen, versteckte Kostenrisiken zu identifizieren. Gerade bei hybriden Nutzungsszenarien – etwa der Kombination von Microsoft-KI mit externen Agentenplattformen – lohnt sich die Beratung durch einen erfahrenen Anbieter.
Von der Spielwiese zur strategischen Plattform
Ob sich Microsoft Copilot und die neuen Agentenfunktionen lohnen, hängt weniger von der Technologie als vom Anwendungsfall ab. KI sollte nie isoliert betrachtet werden. Sie entfaltet ihren Nutzen dort, wo Prozesse klar definiert, Ziele präzise formuliert und Daten strukturiert zugänglich sind. Vor jeder Entscheidung steht deshalb die Analyse: Welche Engpässe bestehen, welche Aufgaben lassen sich automatisieren, welche Ziele verfolgt das Unternehmen?
Workshops mit spezialisierten Partnern helfen, diese Fragen zu klären und Potenziale realistisch einzuschätzen. Dabei geht es nicht nur um Technik, sondern auch um Verantwortlichkeiten, Nutzerakzeptanz und rechtliche Rahmenbedingungen. Wer KI im Unternehmen nachhaltig einsetzen will, braucht eine belastbare Governance, transparente Regeln und ein technisches Fundament, das sich flexibel erweitern lässt. Microsoft bietet hierfür eine solide Plattform – vorausgesetzt, sie wird mit Weitblick und Fachkenntnis genutzt.
KI-Verständnis als Wettbewerbsvorteil
Der Umgang mit KI-Agenten erfordert mehr als technisches Wissen. Anwender müssen verstehen, wie die Systeme funktionieren, wie sie denken und wie sie auf Anweisungen reagieren. Zwar teilen Plattformen wie ChatGPT und Copilot dieselbe Modellbasis – ihre Implementierungen unterscheiden sich jedoch teils erheblich. Ein erfolgreicher Einsatz hängt davon ab, wie präzise Instruktionen formuliert und wie intelligent Datenquellen verknüpft werden. Schulungen und praktische Trainings – etwa in virtuellen Lab-Umgebungen – helfen, dieses Wissen aufzubauen.
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„Der Umgang mit KI-Agenten erfordert mehr als technisches Wissen. Anwender müssen verstehen, wie die Systeme funktionieren, wie sie denken und wie sie auf Anweisungen reagieren.“
Tomislav Karafilov, SoftwareOne
Gerade mittelständische Unternehmen profitieren davon, die Erstellung und Steuerung eigener Agenten intern zu verstehen, um nicht dauerhaft auf externe Dienstleister angewiesen zu sein. Wer KI nicht nur konsumiert, sondern gezielt gestaltet, sichert sich langfristig technologische Souveränität.
Fazit: Microsoft-KI ist bereit – sind es auch die Unternehmen?
Die neue Generation KI-basierter Agenten markiert einen Wendepunkt. Sie entlasten nicht nur, sie verändern die Art, wie Arbeit geplant, delegiert und organisiert wird. Microsoft liefert dafür eine stabile, vorgabenkonforme Plattform mit wachsendem Funktionsumfang und starker Integration in bestehende Systeme.
Doch Technologie allein genügt nicht. Unternehmen müssen bereit sein, Verantwortung zu übernehmen – für Daten, Prozesse und Ergebnisse. Wer strategisch vorgeht und auf qualifizierte Unterstützung setzt, kann die Microsoft-KI produktiv einsetzen und zum Treiber der eigenen digitalen Transformation machen.
Über den Autor:
Tomislav Karafilov ist Principal Consultant bei der SoftwareOne Deutschland GmbH und ein erfahrener Experte für Microsoft-Technologien. Seine Expertise liegt in den Bereichen Power Platform, M365 und Copilot. Seit vier Jahren wird Tomislav von Microsoft als Most Valuable Professional (MVP) in den Kategorien „Business Applications“ und „M365 Apps and Services“ ausgezeichnet.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.