
rustamank - stock.adobe.com
Digitale Souveränität: Mit dezentraler Cloud zur Autonomie
Für viele Unternehmen ist es schwierig, digitale Souveränität zu erreichen. Eine zentrale Rolle hierfür könnte eine autonome und dezentrale europäische Cloud spielen.
Digitale Souveränität ist heute eine der wichtigsten Herausforderungen im Bereich der Cloud-Technologien. Sie beschreibt die Fähigkeit, die Kontrolle über Daten und digitale Infrastrukturen zu wahren – eine Fähigkeit, die im Kontext der zunehmenden Verbreitung von Cloud-Technologien immer entscheidender wird. In Europa gewinnt dieses Thema an Brisanz, da die steigende Nutzung von Cloud-Diensten gleichzeitig eine wachsende Abhängigkeit von wenigen globalen Akteuren nach sich zieht.
Zwar profitieren europäische Unternehmen von der Flexibilität und Effizienz der Cloud, doch der Preis dafür ist oft der Verlust an Kontrolle über sensible Informationen und kritische Prozesse – und es entsteht eine preisliche Abhängigkeit. Der Grund hierfür liegt in der marktbeherrschenden Rolle nicht-europäischer Hyperscaler, die Unternehmen durch proprietäre Technologien und intransparente Preismodelle an sich binden.
Die wachsende Dominanz der Hyperscaler
Der weltweite Cloud-Markt wird von einigen wenigen Anbietern dominiert, allen voran Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud. Diese Konzerne kontrollieren den Großteil der globalen Rechenzentren und besitzen nahezu monopolartige Macht. Europäische Anbieter spielen mit einem Marktanteil von weniger als 13 Prozent hingegen eine untergeordnete Rolle.
Die Folgen dieser Dominanz sind gravierend. Viele europäische Unternehmen – von Großkonzernen bis hin zu kleinen und mittelständischen Betrieben (KMUs) – sind auf die Dienste dieser Hyperscaler angewiesen. Die Marktmacht der Anbieter schränkt nicht nur die Wahlfreiheit, sondern auch die Innovationsfähigkeit der Unternehmen ein. Zudem setzen diese Akteure die Marktstandards und schaffen durch ihre geschützten Technologien sowie unklare Preisstrukturen eine ungleiche Wettbewerbsbasis. Dies verstärkt wiederum die Abhängigkeit europäischer Unternehmen und untergräbt die Entwicklung einer eigenständigen europäischen Cloud-Infrastruktur.
Die wachsende Abhängigkeit von wenigen dominierenden Cloud-Anbietern birgt zudem erhebliche Risiken für die Autonomie und Sicherheit Europas. Besonders heikel sind die Auswirkungen auf den Datenschutz. Die US-Cloud-Anbieter unterliegen beispielsweise nicht nur den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), sondern müssen auch dem US Cloud Act Folge leisten. Dieser verpflichtet sie dazu, Daten auf Anfrage an US-Behörden auszuliefern – selbst, wenn sie in europäischen Rechenzentren liegen sollten.
Ein weiteres Risiko ist der Vendor Lock-In: Unternehmen werden durch patentierte Technologien und hohe Wechselkosten an einen spezifischen Anbieter gebunden. Dies erschwert zum einen den Umstieg auf alternative Lösungen und schränkt gleichzeitig die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit erheblich ein. Gleichzeitig wird die Abhängigkeit weiter verstärkt.
Nicht zuletzt führt die zentrale Speicherung großer Datenmengen zu einem Phänomen namens Data Gravity: Je mehr Daten an einem Ort gespeichert werden, desto schwieriger und kostenintensiver wird deren Migration, wodurch Anwendungen und Services zunehmend an diesen Speicherorten gefangen bleiben.
Warum Gaia-X kein Ausweg ist
Die Initiative Gaia-X sollte eigentlich als europäisches Leuchtturmprojekt die digitale Souveränität stärken und eine konkurrenzfähige Cloud-Infrastruktur schaffen. Bisher hat Gaia-X allerdings keine nennenswerten Fortschritte erzielt und gilt in weiten Kreisen bereits als gescheitert.
Ein zentrales Problem war der Mangel an konkreten Umsetzungen. Kritiker bemängeln, dass das Projekt zwar eine interessante Vision bot, aber kaum greifbare Ergebnisse hervorbrachte. Bislang gibt es nur wenige praxistaugliche Produkte oder Use Cases, die den Nutzen von Gaia-X unter Beweis stellen könnten.
Darüber hinaus litt das Projekt unter einer hohen Komplexität und bürokratischen Hürden. Die Vielzahl an Beteiligten mit teils widersprüchlichen Interessen erschwerte die Entscheidungsprozesse und führte zu einer ineffizienten Umsetzung. Abstrakte Vorgaben und eine unklare Struktur sorgten für zusätzliche Verzögerungen.
Das stellte die Wettbewerbsfähigkeit von Gaia-X stand von Beginn an infrage. Während etablierte Hyperscaler wie AWS und Microsoft längst den Markt beherrschten, kam Gaia-X zu spät und brachte nicht die notwendige Innovationskraft mit, um im globalen Wettbewerb zu bestehen. Die Einbindung nicht-europäischer Akteure in das Projekt verstärkte zudem die Skepsis, ob Gaia-X tatsächlich in der Lage ist, europäische Werte und Datensouveränität zu gewährleisten. Diese Probleme zeigen, dass ein neuer Ansatz notwendig ist, um Europas digitale Zukunft erfolgreich zu gestalten.
DePIN: Wegbereiter der Digitalen Souveränität Europas
Im Gegensatz zu Gaia-X bietet der DePIN-Ansatz (Decentralized Physical Infrastructure Network) eine praxisorientierte und wettbewerbsfähige Alternative. DePIN verfolgt einen marktorientierten Ansatz, der auf Effizienz, Flexibilität und Resilienz setzt. Diese Eigenschaften machen es zu einer realistischen Chance, Europas digitale Infrastruktur zu stärken.
![]()
„Europas Unternehmen und Rechenzentren haben nun die Chance, durch den Aufbau einer dezentralisierten Cloud-Infrastruktur einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Dabei geht es nicht um eine digitale Abschottung, sondern um die Schaffung einer Plattform, die Datenschutz, Transparenz und Sicherheit in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig international konkurrenzfähig bleibt.“
Dr. Kai Wawrzinek, Impossible Cloud
Ein entscheidender Vorteil von DePIN ist seine Fokussierung auf die Nutzung bestehender Ressourcen. Statt neue Infrastrukturen von Grund auf zu schaffen, vernetzt DePIN bestehende Rechenzentren und Speicherressourcen in Europa. Dies senkt nicht nur die Kosten und steigert die Gesamteffizienz, sondern adressiert auch ein zentrales Problem des europäischen Cloud-Marktes: Der Einstieg ist aufgrund hoher Investitionskosten oft kaum möglich, was es europäischen Anbietern erschwert, Marktanteile zu gewinnen. DePIN durchbricht diese Hürde, indem es den Zugang zu Cloud-Ressourcen erleichtert und so eine realistische Alternative für digitale Souveränität in Europa schafft.
Durch die dezentrale Architektur bietet DePIN zudem ein hohes Maß an Sicherheit und Ausfallschutz. Im Gegensatz zu zentralisierten Modellen gibt es keine einzelnen Schwachstellen, die zu großflächigen Ausfällen führen könnten. Diese Resilienz ist besonders in einer Zeit zunehmender Cyberangriffe von großer Bedeutung.
Auch in puncto Leistung hat DePIN viel Potenzial. Die Daten werden näher am Endnutzer gespeichert und verarbeitet, was zu kürzeren Latenzzeiten und einer besseren Nutzererfahrung führt. Die dezentrale Natur des Netzwerks ermöglicht es außerdem, die Infrastruktur nahtlos zu skalieren und flexibel an steigende Anforderungen anzupassen.
Durch seinen privatwirtschaftlichen Ansatz kann DePIN schneller auf Marktbedürfnisse reagieren als bürokratische Initiativen. Unternehmen profitieren von einer Lösung, die sowohl technisch innovativ als auch wirtschaftlich tragfähig ist. DePIN ist somit eine echte Chance für Europa, seine digitale Souveränität zurückzugewinnen.
Ein Appell
Die digitale Zukunft Europas hängt entscheidend davon ab, ob es gelingt, technologische Abhängigkeiten zu überwinden und eine autonome Cloud-Infrastruktur aufzubauen. Die Dominanz der Hyperscaler und Co. stellt letztlich nicht nur ein wirtschaftliches Risiko für europäische Unternehmen dar, sondern gefährdet auch die Innovationskraft, Sicherheit und digitale Souveränität des gesamten Kontinents. Europas Unternehmen und Rechenzentren haben nun die Chance, durch den Aufbau einer dezentralisierten Cloud-Infrastruktur einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Dabei geht es nicht um eine digitale Abschottung, sondern um die Schaffung einer Plattform, die Datenschutz, Transparenz und Sicherheit in den Mittelpunkt stellt und gleichzeitig international konkurrenzfähig bleibt.
Über den Autor:
Dr. Kai Wawrzinek steht als Mitgründer und CEO an der Spitze der Impossible Cloud GmbH, einem führenden Anbieter von dezentralen Cloud-Speicherlösungen. Der promovierte Jurist und erfolgreiche Serienunternehmer bringt seine Leidenschaft für innovative Technologien ein, um die Zukunft der Cloud voranzutreiben.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.