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Die Bedeutung von Green Coding in der Softwareentwicklung
Green Coding bietet nicht nur die Chance, den Ressourcenverbrauch zu optimieren, sondern auch die Qualität und Effizienz von Software zu verbessern.
In einer Zeit, in der Nachhaltigkeit zu einem gesellschaftlichen Imperativ geworden ist, steht auch die IT-Branche in der Pflicht, ihren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. In der Softwareentwicklung hat sich in den letzten Jahren Green Coding als vielversprechender Ansatz herauskristallisiert, um diesem Ziel näher zu kommen. Es handelt sich hierbei keineswegs um ein bloßes Schlagwort, sondern um eine echte Chance für die gesamte Branche, sich neu zu positionieren und zukunftsfähig aufzustellen.
Die wachsende Bedeutung von Green Coding
Die Softwareentwicklung steht an einem Wendepunkt. Mit der zunehmenden Verbreitung rechenintensiver KI-Modelle wird der Energieverbrauch von Software zu einem immer kritischeren Faktor. Green Coding bietet hier nicht nur die Möglichkeit, den Ressourcenverbrauch zu optimieren, sondern auch die Qualität und Effizienz von Software insgesamt zu verbessern. Auch in Ausschreibungen beginnt das Thema seit einigen Jahren vermehrt aufzutreten, wenn auch noch nicht wirklich umfassend.
Insbesondere im Bereich der künstlichen Intelligenz zeigt sich die Dringlichkeit des Themas. Die Entwicklung und der Betrieb von KI-Systemen verbrauchen enorme Mengen an Energie – und mittlerweile finden sich KI-Funktionen in fast jedem Software-Tool. Dies bietet den Nutzern zwar hilfreiche Unterstützung, doch wird der Energieverbrauch solcher KI-Anwendungen oft übersehen. Überspitzt gesagt: simple Entscheidungen von KI lösen zu lassen ist im Prinzip wie mit dem 5,0 Liter V8 zum Supermarkt nebenan zu fahren.
Hier liegt eine der größten Herausforderungen, aber auch Chancen für Green Coding. Denn durch effizientere Algorithmen und optimierte Softwarearchitekturen kann der Energiebedarf signifikant reduziert werden, ohne Abstriche bei der Leistungsfähigkeit machen zu müssen.
Green Coding als Qualitätsmerkmal
Green Coding geht weit über die reine Energieeffizienz hinaus. Es umfasst auch Aspekte wie Ressourcenschonung, Langlebigkeit und Wartbarkeit von Software. Indem Entwickler diese Prinzipien berücksichtigen, schaffen sie nicht nur nachhaltigere, sondern auch qualitativ hochwertigere Produkte – eine Win-Win-Situation, bei der ökologische und ökonomische Interessen Hand in Hand gehen.
Darüber hinaus ist der Schritt zum Green Coding keiner, der weg vom Code führen soll. Vielmehr sollte der Ansatz als ein Beschleuniger gesehen werden mit dem Ziel, effizienter zu programmieren. Dieser Ansatz kann ebenso als Impuls dafür dienen, klassische Probleme der Softwareentwicklung wie nicht dokumentierten Code oder Fehleranfälligkeiten auszuschließen.
Die Chance zur Selbstregulierung
Der Zeitpunkt für die Weichenstellung zu Green Coding könnte aktueller nicht sein. Die IT-Branche steht vor der einmaligen Möglichkeit, den Wandel zu einer nachhaltigeren Softwareentwicklung selbst voranzutreiben. Anstatt auf gesetzliche Vorgaben zu warten, können Unternehmen und Entwickler proaktiv Standards setzen und Best Practices etablieren. Dies ermöglicht es der Branche, flexibel und innovativ auf die Herausforderungen zu reagieren, anstatt sich starren Regularien anpassen zu müssen.
Andernfalls besteht die Gefahr, dass Regularien von Institutionen erstellt werden, die ihren Finger nicht am Puls der Branche haben. Anstatt darauf zu warten, sollte die Softwarebranche die Initiative ergreifen und sich realistische Standards selbst erarbeiten.
Bestehende Hürden
Trotz der offensichtlichen Vorteile steht die Implementierung von Green Coding vor einigen Hürden. Zum einen erfordert sie ein Umdenken in der Softwareentwicklung, das nicht von heute auf morgen geschehen kann. Zum anderen müssen Unternehmen bereit sein, kurzfristig in die Umstellung ihrer Entwicklungsprozesse zu investieren, um langfristig von den Vorteilen zu profitieren.
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„Die zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen IT-Lösungen, die sich auch in Ausschreibungen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen widerspiegelt, zeigt jedoch, dass das Thema an Fahrt gewinnt und sich von einem Nischenthema zu einem integralen Bestandteil moderner Softwareentwicklung gemausert hat.“
Thomas Lorenz, Appian
Eine weitere Herausforderung liegt in der Messung und Quantifizierung des Energieverbrauchs von Software. Hier fehlen oft noch standardisierte Methoden und Werkzeuge, die eine zuverlässige Bewertung ermöglichen. Die Entwicklung solcher Tools und Metriken wird ein wichtiger Schritt sein, um Green Coding als festen Bestandteil der Softwareentwicklung zu etablieren.
Fazit: Eine Branche im Aufbruch
Green Coding steckt zweifellos noch in den Kinderschuhen. Die zunehmende Nachfrage nach nachhaltigen IT-Lösungen, die sich auch in Ausschreibungen von Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen widerspiegelt, zeigt jedoch, dass das Thema an Fahrt gewinnt und sich von einem Nischenthema zu einem integralen Bestandteil moderner Softwareentwicklung gemausert hat.
Die IT-Branche hat jetzt die Chance, sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu positionieren und aktiv an der Gestaltung zukünftiger Standards mitzuwirken. Sie kann als Vorbild für andere Branchen dienen und einen wesentlichen Beitrag zur gesamtgesellschaftlichen Nachhaltigkeitstransformation leisten.
Über den Autor:
Thomas Lorenz ist ein Diplom-Wirtschaftsinformatiker mit umfangreicher Erfahrung in den Bereichen Solutions Consulting und Software Delivery. Er hat sich während seiner Laufbahn insbesondere mit den Themen Prozessautomatisierung, Künstliche Intelligenz, Service Management, Projekt Management, Coaching sowie Teambuilding beschäftigt. Zurzeit leitet er das Solutions Consulting Team für Appian in der Region Central Europe.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.