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ERP in die Cloud migrieren: acht Gründe für ein Scheitern

SaaS-ERP verspricht Leichtigkeit. Doch CIOs und Projektteams sollten die Minenfelder verstehen, die eine Migration scheitern lassen. Hier die acht häufigsten Gründe.

Lokales On-Premises-ERP ist seit Jahren das Rückgrat vieler großer und mittelständischer Unternehmen. Doch Cloud-Optionen locken Unternehmen immer häufiger von ihren bewährten Systemen weg. Die SaaS-Versionen (Software as a Service) bieten einfach viele Vorteile.

Zu diesen Vorteilen gehören beispielsweise potenzielle Kosteneinsparungen und eine einfachere Wartung. Allerdings birgt der Einsatz von SaaS-ERP auch Risiken – und das Potenzial für Fehlschläge. Aus diesem Grund sollten Projektteams die wichtigsten Gefahren verstehen.

Hier sind acht Ursachen für das Scheitern einer Cloud-ERP-Migration.

Übersehene Datenabhängigkeit

Die Datenmigration ist ein kritischer Aspekt jeder erfolgreichen ERP-Implementierung –das gilt auch bei einer SaaS-ERP-Implementierung. Da Unternehmensdaten aus verschiedenen IT-Systemen voneinander abhängig sind, kann das Übersehen von Problemen bei Datenabhängigkeiten und Integrationen leicht zum Scheitern der Implementierung führen.

„Ein unterbrochener Prozess der Datenmigration kann zu Schwierigkeiten mit Datenabhängigkeiten und kaskadierenden Fehlern führen“, sagt Mike Leone, Senior Analyst bei der Enterprise Strategy Group. „Dies gilt insbesondere bei komplexen Workflows über mehrere Module hinweg, bei denen die meisten, wenn nicht sogar alle Daten auf einmal migriert werden müssen.“

Abbildung 1: Die ERP-Deployment-Optionen im Vergleich.
Abbildung 1: Die ERP-Deployment-Optionen im Vergleich.

Widerstände gegen Veränderungen übergehen

Widerstand von Mitarbeitern gegen Veränderungen äußert sich auf vielfältige Weise – zum Beispiel durch die Entwicklung von Umgehungslösungen für neue Systeme. Dies ist eine häufige Ursache für das Scheitern von Cloud-ERP-Implementierungen.

So etwas ist nachvollziehbar: Die Leute fühlen sich mit ihren vertrauten Systemen wohl, selbst wenn diese Systeme ihnen nicht wirklich dienen. Viele sind nicht bereit, das zu verlieren, was sie kennen und beherrschen.

„In Zeiten, in denen die Kosten immer mehr unter die Lupe genommen werden, kann es eine harte Pille sein, zu akzeptieren, dass man nicht mehr auf eine Funktion zugreifen kann, die zu nutzen man gewohnt ist“, sagt Leone.

Das Projekt in die Hände der IT geben

Einer der Hauptgründe für das Scheitern von ERP-Cloud-Migrationen ist die Tatsache, dass die Umstellung als rein technisches Projekt behandelt wird – und die Komponenten zur Neugestaltung von Geschäftsprozessen übersehen werden.

„Eine Cloud-ERP-Implementierung sollte immer vom Business geleitet werden, wobei die IT-Gruppe eine unterstützende Rolle spielt“, erläutert Frank Scavo, Partner beim Beratungsunternehmen Avasant.

Fehlende Planung

Eine weitere mögliche Ursache für ein Scheitern ist die Ansicht, dass die Früchte bei einer Cloud-ERP-Implementierung niedrig hängen, so dass es keinen Bedarf für eine Planung gibt. Das ist ein Irrtum.

Wichtig ist es, „zu planen, planen, planen und dann noch mehr zu planen“, sagt Ed Featherston, Director Hybrid Cloud Architecture bei Thermo Fisher Scientific. „Jedes Technologieprojekt erfordert ein gutes Projektdesign und eine gute Planung. Dazu gehört auch SaaS-ERP. ERP-Systeme sind komplex, mit vielen beweglichen Teilen, und die müssen jongliert werden.“ Und weiter: „Sie sollten sicherstellen, dass Sie alle notwendigen Aufgaben und Prozesse, die vorhanden sein müssen, geplant haben.“

Sich zu früh für zu viele Funktionen entscheiden

Das Shiny-Object-Syndrom – die magische Anziehung eines funkelnden neuen Objekts – ist auch bei der Umstellung auf ein ERP-System aus der Cloud ein Risiko. Diese Gefahr besteht in vielen Technologiebereichen. Um das Shiny-Object-Syndrom zu vermeiden, sollten Verantwortliche bei der Auswahl der ersten Funktionen besser Zurückhaltung üben.

Projektteams müssen laut Featherston außerdem der Versuchung widerstehen, bestehende Systeme, die funktionieren, mit all den glänzenden neuen Funktionen im SaaS-ERP zu ersetzen. Das Hinzufügen von Komplexität zu einem bereits komplexen Migrationsprozess endet in der Regel nicht gut.

„Das bedeutet nicht, dass Sie nicht irgendwann mehr Funktionen nutzen könnten. Aber bringen Sie bitte zuerst Ihre Basis zum Laufen. Und machen Sie dann erst eine ordentliche Analyse und Planung für die nächsten Schritte“, sagt er.

Wer an SaaS-ERP denkt, vernachlässigt die Sicherheit

Hacker haben es zunehmend auf Cloud-Infrastrukturen abgesehen. Nur weil ein Unternehmen auf SaaS umsteigt, heißt das nicht, dass IT- und Sicherheitsteams beruhigt sein können.

Sicherheit ist bei einem ERP-Projekt immer ein Risiko, auch bei Cloud-ERP. Es ist wichtig, das Modell der geteilten Verantwortung in der Cloud zu verstehen. Provider und ERP-Betreiber teilen sich diese, letztendlich liegt aber die Sicherheit immer noch in der Verantwortung der Organisation, die das ERP-System nutzt.

„Die Sicherheit der ERP-Implementierung selbst liegt im Wesentlichen beim Anbieter. Allerdings kontrollieren Sie als ERP-Betreiber, wer Zugriff auf die Daten hat. Und die können versehentlich einen Einstiegspunkt bieten“, sagt Featherston.

IT-Teams, die auf ein SaaS-ERP-Modell umsteigen, müssen sich dieser Risiken stets bewusst sein, insbesondere in Bezug auf mögliche Angriffsflächen beim Benutzerzugriff. „Das sind Angriffsflächen, die geschützt und überwacht werden müssen, und es muss ein Reaktionsplan für den Fall einer Sicherheitsverletzung vorhanden sein“, erläutert Featherston.

Abbildung 2: Tipps zur Absicherung von Cloud-ERP-Systemen.
Abbildung 2: Tipps zur Absicherung von Cloud-ERP-Systemen.

Keine Planung für Support-Prozesse

Die Support-Prozesse, die die interne IT-Abteilung entwickelt hat, und die Prozesse, die der SaaS-ERP-Anbieter offeriert, sind nicht immer aufeinander abgestimmt. Der Wechsel in die Cloud sollte zum Beispiel den Bedarf an internem ERP-Helpdesk-Support verringern. Unternehmen müssen jedoch Prozesse schaffen, die genau festlegen, was das Modell der geteilten Verantwortung erfordert. Werden alle Support-Funktionen des On-Premises-Systems in der Cloud repliziert oder muss es eine oder mehrere Personen geben, die sich um die Ausnahmen kümmern?

„Ich habe gesehen, dass viele Unternehmen nicht berücksichtigt haben, wie der Helpdesk funktionieren soll, wenn das ERP in die Cloud migriert wird“, sagt Featherston.

Es ist besonders wichtig, die genauen Abläufe zu verstehen, damit jeder weiß, was zu tun ist und wer verantwortlich ist, falls Unterbrechungen auftreten.

Ein gemeinsamer Bereich: Wie oft sichert der SaaS-Anbieter die Daten oder macht Snapshots, im Vergleich zu dem, was die interne IT mit einem On-Premise-System gemacht hat? Nicht ausgesprochene Erwartungen können eine Katastrophe sein, wenn man beispielsweise ein granulares Wiederherstellungsziel erwartet, das Datenänderungen alle drei bis fünf Minuten erfasst, während der Cloud-Anbieter davon ausgeht, dass einmal pro Stunde oder zweimal pro Tag ausreicht.

„Aus Sicht der Wiederherstellung endet so manches Unternehmen in Disaster-Recovery- und Business-Continuity-Prozessen, die nicht unbedingt mit dem Cloud-Anbieter übereinstimmen“, sagt Featherston. „Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Prozesse und SLAs mit den Angeboten deckungsgleich sind, die der Provider bereitstellt.“

Nur solche Klärungen und Übereinkünfte stellen sicher, dass ein Beteiligter – der Anbieter, die interne IT, die interne Informationssicherheit oder ein anderer benannter Stakeholder – nichts ungeschützt lässt.

Unzureichende Konnektivität

Das Übersehen der Konnektivität ist ein schneller Weg zum Scheitern von Cloud-ERP. Einkaufsteams und die IT-Abteilung vergessen manchmal eine grundlegende Eigenschaft von Cloud-Systemen – nämlich, dass ein Unternehmen hier viel mehr auf eine zuverlässige Netzwerkverbindung angewiesen ist als bei lokalen Systemen.

„Wenn das Netzwerk ausfällt, fällt auch das ERP-System aus – so einfach ist das. Also sollten Sie sich Zeit nehmen, um die Zuverlässigkeit Ihres Netzwerks zu bewerten“, sagt Berater Scavo.

In einigen Fällen werden Unternehmen eine zweite oder Backup-Netzwerkoption einrichten wollen. Laut Featherston ist es wichtig, den Bandbreitenbedarf zu verstehen. „Wie viele Daten gehen ein und aus, und sind die Leitungen groß genug.“

Nicht zuletzt sollten IT-Teams überprüfen, ob das Cloud-ERP alle Daten erhält, die es benötigt. „Einige Verbindungen wurden vielleicht nicht berücksichtigt und werden es nicht sein, bis die benötigten Informationen nicht mehr in einem Bericht auftauchen“, sagt Featherston.

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