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SAP S/4HANA Public Cloud geht im Cloud-Wirrwarr unter

Die Public-Cloud-Version von SAP S/4HANA ist eine optimierte SaaS-Version des ERP-Systems. Einige Unternehmen kombinieren es aber mit Private-Cloud-Optionen.

S/4HANA Public Cloud ist die SaaS-Version der lokalen oder gehosteten S/4HANA ERP-Suite von SAP. Klingt einfach, ist aber etwas komplizierter.

„Bei S/4HANA gibt es zwei Möglichkeiten: Die eine Option ist die On-Premises-Version, die vor Ort installiert wird. Die andere Option ist die Public-Cloud-Variante“, sagt Sven Denecken, SAP Senior Vice President of Product Management and Co-Innovation für S/4HANA. Public-Cloud-Anbeiter, die S/4HANA hosten, sind zum Beispiel Amazon Web Services (AWS) und Microsoft Azure.

S/4HANA Public Cloud wird als Software as a Service (SaaS) betrieben. Bei SaaS liefert der Anbieter mehreren Kunden, deren Daten in derselben Cloud gehostet werden, ein Standardprogramm. Das ist effizient, kostengünstig und skalierbar – der Anbieter kann jederzeit, sobald die Nachfrage zunimmt, mehrere Computer steuern und mehrere Instanzen erzeugen.

S/4HANA Public Cloud ist in zwei Varianten verfügbar: der klassischen SaaS-Multi-Tenant- und der Single-Tenant-Version, sagt Denecken. Obwohl die meisten SAP-Kunden die Multi-Tenant-Version einsetzen, entscheiden sich manche Unternehmen, zum Beispiel aus stark regulierten Branchen wie dem Nahrungsmittel- oder Pharmasektor, für die Single-Tenant-Version. Der Grund: Sie wollen oder dürfen keine Ressourcen gemeinsam nutzen.

„Alle Public-Cloud-Lösungen sind vorkonfiguriert“, erläutert Denecken. „Der entscheidende Unterschied bei Multi-Tenant ist: Sie sind ein Mieter unter mehreren Kunden und der Preis ist niedriger. Zweitens machen wir viermal im Jahr an einem Samstag tausende von Kunden-Upgrades auf einmal. Und deshalb ist das vorkonfiguriert. Es gibt keine Kundenanpassung – nichts, was man tun könnte, um es zu verkomplizieren.“

Bei einem Single-Tenant-Modell können Kunden hingegen ihre Datenmodelle nicht ändern, aber sie können einige Anpassungen vornehmen.

„Wir sind jetzt ein deutsches Ingenieurbüro: Wir sind ehrlich und solide. Wir machen keine verworrenen Sachen“, sagt Denecken. „Ich rechne Hosting nicht zur Public Cloud. Die Public Cloud ist ein SaaS Cloud-ERP. Und, ja, wenn Sie Ihren eigenen Server haben wollen, können Sie eine Single-Tenant-Edition nehmen. Sie bezahlen dafür einen höheren Preis, können dort aber mehr machen.“

Public und Private Clouds verschmelzen manchmal

Michael Jolton, Vice President of Service Delivery bei Nimbl, einem SAP-Partner mit Sitz in Denver, stimmt zu, dass es zwei Optionen für den Betrieb von S/4HANA in der Cloud gibt: die Public-Cloud-Option, die SAP als Multi-Tenant-Option bezeichnet, und die Private-Cloud-Option.

„Multi-Tenant ist das, was viele von uns als Cloud-Software betrachten. Sie bekommen es als Service“, sagt Jolton. „Man ist gemeinsamer Mieter zusammen mit mehreren Unternehmen und mehreren Geschäftskunden. Und es gibt vierteljährliche Updates und andere Vorteile. Die andere Möglichkeit – so verwirrend es ist – ist die Private Cloud. Die S/4HANA Private-Cloud-Option – oder S/4HANA Cloud Single-Tenant – ist ebenfalls eine echte Cloud-Lösung. Diese wird als Service erworben. Und sie wird vollständig von SAP verwaltet.“

Beide Optionen basieren auf der S/4HANA On-Premises Code-Basis. Der Unterschied ist: Die Multi-Tenant-Version ist vorkonfiguriert und die Single-Tenant-Version nicht. „SAP musste mit einem Geschäftsmodell mit einem bestimmten Konfigurationseinstellungen beginnen, was die Multi-Tenant-Version auf die von SAP gewählte Konfiguration beschränkt“, sagt Jolton.

Das von SAP verwendete Geschäftsmodell war ursprünglich auf einen Komponentenhersteller zugeschnitten. Es wurde vorwiegend in der diskreten Fertigung eingesetzt und in Unternehmen, die professionelle Dienstleistungen anbieten – zum Beispiel in einer Beratungsfirma, einem Ingenieurbüro oder einer Anwaltskanzlei, so Jolton. SAP ergänzt inzwischen das Geschäftsmodell und wird schließlich über die Multi-Tenant-Option mehr Funktionalität zur Verfügung haben.

Cloud-Bereitstellungen starten nur langsam

SAP hat möglicherweise Schwierigkeiten, die Akzeptanz der S/4HANA Public Cloud zu erhöhen. Im Januar gab das Softwareunternehmen bekannt, dass rund 1.500 Kunden S/4HANA einsetzen – das sind 19 Prozent der 7.900 Unternehmen, die zu diesem Zeitpunkt S/4HANA-Lizenzen oder Abonnements erworben hatten. Bis Juni stieg die Gesamtzahl der S/4HANA-Kunden auf 8.400.

SAP sei „sehr glücklich über das Wachstum“ der S/4HANA Public Cloud, so Denecken. Allerdings gebe das Unternehmen keine genaueren Zahlen bekannt.

„Wenn zwei Produkte wie Business ByDesign und S/4HANA in einem engen Markt konkurrieren, dann wird SAP am Ende mit sich selbst konkurrieren.“
Paul SaundersGartner

Einem Analysten zufolge sind diese Zahlen ziemlich niedrig. „Ich würde sagen, SAP hat bisher etwa 100 bis 180 Cloud-Kunden“, sagt Duy Nguyen, Research Director bei Gartner. „In Wirklichkeit kämpft SAP ziemlich damit, den Umsatz für ihre S/4HANA Cloud-Angebote zu erhöhen. Am meisten wirft noch die On-Premises-Variante ab. Die ganze Cloud-Geschichte bewegt sich aber nur langsam voran.“

Ein Grund dafür ist, dass SAP seinen Kunden beide Möglichkeiten anbietet: Die On-Premises- und die Cloud-Variante. „Die Cloud-Version ist noch nicht ausgereift“, sagt Nguyen. „Es gibt eine Menge Funktionen, die noch fehlen. Wenn sie also behaupten, dass neue Funktionen und Innovationen zuerst in die Cloud gehen, dann sind das keine wichtigen Funktionen: Es sind Funktionen, die den Leuten entweder egal sind, für die sie nicht bereit sind oder die für das, was sie machen möchten, nicht relevant sind.“

Ein weiterer Grund für die zögerliche Akzeptanz der S/4HANA Public Cloud liegt darin, dass Unternehmen ihre ERP-Produkte „auf Teufel komm raus“ angepasst haben, sagt Paul Saunders, ebenfalls Research Director bei Gartner.

„Alle Organisationen auf der ganzen Welt haben ihre ERP-Systeme auf den eigenen Bedarf zugeschnitten“, sagt Saunders. „Die Unternehmen haben damit nicht das Problem, wie sie ihr bestehendes ERP in die Cloud verschieben können und welche Vorteile ihnen die Public Cloud bringt. Es geht ihnen vor allem darum, wie sie dieses Durcheinander, das sie in den letzten 10 bis 15 oder 20 Jahren geschaffen haben, entwirren und zukunftsfähig machen können.“

Um diese Herausforderung zu meistern, beginnt SAP inzwischen, seinen Fokus zu verlagern – laut Saunders von „OK, lass uns deine Sachen in die Cloud bringen“ auf „Wie können wir es dir ermöglichen, einen Geschäftsnutzen zu erzielen?“. Die Cloud bleibt für SAP weiter ein zentrales Thema, wird aber anders verkauft. „Die Cloud ist ein Teil davon, den Business-Nutzen zu steigern und weiterhin ein großer Teil von SAPs intelligenter Unternehmensstrategie. Aber wir müssen abwarten, wie viel davon Marketing ist und wie viel davon tatsächlich real sein wird.“

SAP steht an einem Scheideweg. Um die Akzeptanz der S/4HANA Public Cloud voranzutreiben, wird der Anbieter erklären müssen, wie S/4HANA nicht sein SaaS-basiertes ERP-System Business ByDesign kannibalisiert.

„Wenn ich ein SAP-Kunde wäre, würde ich mich fragen, ob ich mich für Business ByDesign oder S/4HANA entscheiden soll“, sagt Saunders. „S/4HANA hat all diese tollen und angesagten Features wie Machine Learning, KI, den CoPilot [Anm. der Red. digitaler Assistent] und vieles andere mehr. Aber wenn es um den Preis geht, wird Business ByDesign wahrscheinlich S/4HANA schlagen. Und wie Sie aktuell gerade sehen können: Wenn zwei Produkte wie Business ByDesign und S/4HANA in einem engen Markt konkurrieren, dann wird SAP am Ende mit sich selbst konkurrieren.“

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