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Trends der Cybersicherheit für das Jahr 2026

Das Tempo technologischer Veränderungen bleibt 2026 hoch und bringt Herausforderungen in Sachen Cybersicherheit mit sich. Mit welchen Trends können IT-Verantwortliche rechnen?

Organisationen fällt es zunehmend schwerer, die Kontrolle über nicht verwaltete und übermäßig privilegierte Nutzerberechtigungen zu behalten. Der quantitative Anstieg digitaler Identitäten und Nutzerprivilegien stellt IT-Sicherheitsabteilungen vor gewaltige Herausforderungen.

Mit der rasanten Ausweitung von Cloud-Diensten und einer steigenden Automatisierung durch Agentic AIv erhöht sich die Zahl nicht-menschlicher Identitäten exponentiell und führt zu einem gefährlichen Anstieg schwer zu kontrollierender, autonomer Systeme.

1. KI-Risiken und digitale Schwachstellen

Der Siegeszug von Agentic AI wird im neuen Jahr fast jede Technologie betreffen — sowohl im privaten als auch geschäftlichen Kontext. Autonome KI-Agenten kommen bei Routineaufgaben und zur Interaktion mit anderen Nutzern in Betracht und werden 2026 in nahezu jeder Technologie integriert sein. Die Einsatzmöglichkeiten von IoT-Technologien sind riesig und reichen von smarten Kameras bis zu Thermostaten oder Betriebstechnologie (Operational Technology, OT) in der Industrie.

Auch eine Reisebuchung für den Sommerurlaub oder die Temperatursteuerung im Haus lassen sich bequem automatisieren, was KI-Systeme damit zur neuen Middleware aufwertet. Daraus entstehen verschiedene Bedrohungsszenarien, wenn Angreifer beispielsweise legitime Privilegien der KI-Systeme zu Missbrauchszwecken ausweiten. Eine verwirrte KI mit Datenzugriff lässt sich durch einen geschickt formulierten Befehl dazu verleiten, sensible Informationen an Unbefugte weiterzugeben. Noch fehlen die notwendigen Sicherheitsvorgaben, die bei Secure by-Design-Prozessen fest integriert sind.

2. Neoclouds ziehen auf

Die Cloud, wie wir sie bisher kennen, reißt gewissermaßen auf und zeigt in Zukunft ein deutlich fragmentierteres Bild. CIOs werden 2026 zunehmend auf Neocloud-Anbieter setzen und einzelne Aufgaben punktuell von klassischen Cloud-Anbietern (Hyperscalern) abziehen. Zum einen ist das die Folge attraktiver Angebote mit leistungsstarker GPUaaS-Infrastruktur (GPU-as-a-Service) für KI-Workloads. Als weiteren Vorteil verspricht man sich zum anderen ein besseres Entwicklererlebnis, für das kein Universitätsabschluss zur Bewältigung hunderter APIs und Services erforderlich ist — im Unterschied zur Software-Bereitstellung in Hyperscaler-Umgebungen.

Klassische Cloud-Infrastrukturen kämpfen damit, KI-Workloads oder datenintensive Aufgaben effizient zu verarbeiten und behandeln sie als Zusatzdienste. Neoclouds dagegen bieten eine KI-orientierte, GPU-zentrierte Architektur, um Bare-Metal-Performance, transparente Preisgestaltung und Flexibilität neben einer vereinfachten Implementierung zu ermöglichen. Keine Frage: Hyperscaler werden auch weiterhin den Markt beherrschen, aber sie werden ihre KI-Architekturen vereinfachen, neu überdenken und stärker die Entwicklererfahrung berücksichtigen müssen, anstatt ausschließlich auf Skalierung zu setzen.

3. Aufstieg des KI-Widerstands

Im Jahr 2026 trifft die KI-Revolution erstmals auf kulturellen Widerstand. Viele Organisationen werden die Vorstellungen einer wachsenden Anzahl von Mitarbeitern oder Kunden berücksichtigen müssen, die den Einsatz künstlicher Intelligenz grundsätzlich ablehnen. Auf Unternehmensseite lässt sich die Technologieskepsis der KI-Veganer unter anderem durch eine transparente IT-Governance, Opt-out-Mechanismen und mitarbeiterorientierte Alternativen geschäftlicher Produkte und Arbeitsabläufe begegnen. Eine Maßnahme könnten Suchmaschinen sein, über die sich KI-generierte Inhalte kennzeichnen und aussortieren lassen.

Natürlich findet sich KI-Content mittlerweile fast überall, so dass KI-Skeptiker voraussichtlich eine Minderheit bleiben. Zur Einhaltung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) hingegen sind Einschränkungen bei der Nutzung energieintensiver KI-Technologien ein wichtiger Aspekt. Wachsende Bedenken wegen solcher Umweltkosten können auch zu einer KI-Greenwashing-Welle führen, denn in der Cybersicherheit wird der Einsatz von KI-Technologien wohl kaum verzichtbar sein. Im Endeffekt könnte sich die Haftung vom Dienstleister zurück auf die Nutzer verschieben, die KI und damit verbundene Sicherheitssysteme ablehnen.

4. Vergiftete Konten

Manipulierte Konten, über die Angreifer automatisiert falsche Zahlungsempfänger in Finanzsysteme einschleusen, werden zu einer immer größeren Gefahr. Über vergiftete Konten lassen sich Schwächen bei der Identitätsprüfung ausnutzen, so dass erhebliche Finanzverluste drohen. Bei dieser Angriffsmethode wird Schadsoftware über kompromittierte Benutzerkonten ins Unternehmensnetz eingeschleust oder Geldforderungen in Verknüpfung mit anderen Online-Zahlungsquellen an Kunden und Geschäftspartner verschickt.

Angriffe auf private und geschäftliche Finanzkonten gibt es natürlich schon länger. Online-Banking und digitale Transaktionen sind Standard bei der Bezahlung von Rechnungen, so dass Bedrohungsakteure stets nach Sicherheitslücken suchen und Geld an unberechtigte Empfänger transferieren. Unternehmen müssen ihre Sicherheitsprotokolle überprüfen und verstärkt ihre Automatisierungsprozesse überwachen, bei denen sich Änderungen an Zahlungsempfängern vornehmen lassen.

Morey J. Haber, BeyondTrust

„Der Siegeszug von Agentic AI wird im neuen Jahr fast jede Technologie betreffen — sowohl im privaten als auch geschäftlichen Kontext. Autonome KI-Agenten kommen bei Routineaufgaben und zur Interaktion mit anderen Nutzern in Betracht und werden 2026 in nahezu jeder Technologie integriert sein.“

Morey J. Haber, BeyondTrust

5. Alexa erhöht die Sicherheit

Das neue Jahr verspricht spannende Neuerungen bei der Smart-Home-Automatisierung, die Komfort und Benutzerfreundlichkeit auf ein höheres Niveau bringen. Nicht immer können Sprachassistenten oder auf Software basierende persönliche Assistenten ähnlich hohe Standards in puncto Privatsphäre und beim Zugang zu E-Mails und Kalenderdaten im digitalen Alltag einhalten. Aus Sicherheitsgründen werden deshalb Garagentoröffner aus Smart-Home-Netzwerk schnell wieder entfernt. Aber was wäre, wenn auch der Schutz automatischer Prozesse einfacher würde und nicht mehr die betreffende App manuell konfiguriert werden muss?

Zukünftig lassen sich manuelle Aufgaben über einfache, native Spracheingaben automatisieren, die eine deutlich fortschrittlichere Konfiguration erlauben. Gartenbewässerung, Laufzeit der Poolpumpe oder Zeitsteuerung der Garagenbeleuchtung könnten zukünftig per Sprachbefehl konfiguriert werden. Hausbesitzer weisen an, die Türklingelkamera, Haussicherheitssysteme, WLAN-Switches und Smart-TV auf ein dediziertes VLAN (Virtual Local Area Network) zu legen, das nur für interne Geräte erreichbar ist. Damit fallen sowohl komplexe IFTTT-Logikprozesse als auch teure Stundensätze für beauftragte Experten weg.

6. AirTags als Tagesziel

Standorterkennungsgeräte wie Apples AirTags oder Life360 Tiles bieten zahlreiche Anwendungsfälle zum Wiederfinden verlorener Schlüssel bis hin zur Lokalisierung fehlender Reisekoffer. Bekleidungshersteller werben mit dem Einsatz von AirTags in Turnschuhen, damit besorgte Eltern ihren minderjährigen Nachwuchs finden. Auch im Gesundheitssektor sind Standorttracker auf dem Vormarsch, um beispielsweise vermisste Demenzpatienten schnell aufspüren zu können.

Im Jahr 2026 müssen wir verstärkt mit der Nutzung kostengünstiger Geolokalisierungs-Tracker zu bösartigen Zwecken rechnen. Bekannt wurden bereits Missbrauchsszenarien, bei denen Stalking-Opfer über Lokalisierungsdienste überwacht wurden. Unlängst beobachten Sicherheitsforscher auch, wie Cyberkriminelle die IT von Logistikunternehmen unterwanderten und wertvolle Fracht stahlen. Auf Frachttransporte platzierte Tracker erlaubten es den Angreifern, Routen und Fahrpläne zu kartieren und Pläne für einen physischer Raub zu entwickeln.

7. Digitale Steuern und Zölle

Weltweit treiben Regierungen unterschiedliche Steuern oder Zölle auf digitale Dienste voran. Die rechtlich-politisch Neugestaltung betrifft Streaming-Dienste und Softwarekäufe, die außerhalb nationalstaatlicher Grenzen angeboten oder gehostet werden. Erste Schritte sind bereits eingeleitet, durch eine Internetsteuer die Erhebung, Speicherung, Verarbeitung und Weitergabe digitaler Informationen neu zu regeln.

Streaming-, Software- und andere Online-Services sind mittlerweile allgegenwärtig, so dass digitale Zölle nicht überraschend kommen. Mit der Durchsetzung solcher Abgaben könnten neue Geschäftsfelder entstehen, die sich auf die Überwachung konsumbasierter Prozesse konzentrieren. Die neuen Steuergebühren schaffen eine Situation, dass Nutzer für die Datenmenge bezahlen, die einem Mobilgerät verbraucht wurden — vergleichbar mit der Situation in den 90er Jahren, als Flatrate-Tarife nicht verfügbar waren. Im Ergebnis fördern digitale Zölle regionale Innovationen und verändern die globalen Datenflüsse.

Der Wert von Sicherheitsvorhersagen

Die Vorhersage wichtiger Security-Trends dient als wichtige Hilfe für eine erfolgreiche Ausrichtung der IT-Sicherheitsstrategie im Unternehmen, aber dafür muss nicht jede Prognose vollumfänglich eintreffen. Es geht vielmehr darum, grundlegende Best-Practice-Empfehlungen konsequent umzusetzen, damit Datenschutz konsequent durchgesetzt und Risiken minimiert werden. Dafür müssen Nutzer und Anbieter ihre Sicherheitsmaßnahmen zur Kontrolle von Geräten immer wieder neu bewerten und aktuelle Anwendungsfälle wie KI oder Neoclouds in die Analyse einbeziehen.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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