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CIOs müssen mehr Transparenz bei der Nachhaltigkeit schaffen

Die zunehmend strengeren Auflagen und Normen für soziale und umweltbezogene Nachhaltigkeit zwingt Unternehmen dazu, ihre Versprechen umzusetzen und wirksame Maßnahmen zu ergreifen.

In den letzten zehn Jahren wurden Umwelt-, Sozial- und Governance-Grundsätze (ESG) immer wichtiger für den Ruf von Unternehmen, und seitenlange Erklärungen und Versprechen zu Nachhaltigkeit und Ethik hielten Einzug in die Jahresberichte. Dann kamen die Regulierungsbehörden und ließen diese Blase platzen.

Als Aktivisten, Verbraucher und Aktionäre schlauer und skeptischer wurden und mehr Transparenz einforderten, begannen die politischen Entscheidungsträger, gegen irreführende Behauptungen vorzugehen.

Infolgedessen stellt das Hinterfragen von Greenwashing heute eine der größten – wenn nicht sogar die größte – finanzielle und strategische Herausforderung für das Geschäftsmodell dar und wirkt sich auf alles aus, von der finanziellen Stabilität bis hin zu Strategie und Ruf.

Dabei stehen die Regulierungsbehörden erst am Anfang. Zwei neue EU-Richtlinien – die Richtlinie über die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und die Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflicht von Unternehmen – sollen zwischen 2024 und 2026 in Kraft treten und werden Tausende von Unternehmen mit einer Präsenz in der EU, darunter auch multinationale Unternehmen aus den USA und dem Vereinigten Königreich, dazu zwingen, detaillierte Informationen darüber vorzulegen, wie sie mit Umwelt- und Menschenrechtsrisiken in ihrer gesamten Wertschöpfungskette umgehen.

Da die neuen Richtlinien ESG-Offenlegungspflichten in Bezug auf die Umweltauswirkungen von Ressourcen, das Handling von Elektroschrott und die Umsetzung von Kreislaufwirtschaftssystemen vorsehen, ist es klar, dass führende Unternehmen der Technologiebranche jetzt handeln müssen.

Bislang lag der Schwerpunkt beim verantwortungsvollen Umgang mit Technologie vor allem darauf, die Beschaffung von Technologie nachhaltiger zu gestalten und die Umweltverträglichkeit digitaler Hardwarelösungen durch Design und Software zu verbessern. Und es gibt durchaus Beispiele dafür, dass dieser Ansatz zu Ergebnissen führt, wie etwa die jüngste Ankündigung von Amazon Web Services, die Lebensdauer seiner Server zu verlängern.

Diese neuen Richtlinien fordern jedoch, dass die Verantwortung nicht mit der Nutzungsphase endet – ganz gleich, wie lange diese ist. Die bevorstehenden verpflichtenden Angaben zur Kreislaufwirtschaft, zur Auswirkung auf die biologische Vielfalt und zum Abfallmanagement zeigen, dass heute auch die Art und Weise, wie ein Gerät am Ende seiner Lebensdauer gehandhabt wird, als Teil eines jeden Nachhaltigkeitsanspruchs sorgfältig berücksichtigt werden muss.

Konsequenzen für CIOs

Was bedeutet dies nun alles für CIOs und andere Technologieverantwortliche?

Zunächst einmal bedeutet es, dass sie Butter bei die Fische geben müssen. Ohne eine Strategie, die den gesamten Lebenszyklus eines Geräts – von der Beschaffung bis zur Entsorgung von IT-Assets (Information Technology Asset Disposal, ITAD) – berücksichtigt, geht es einfach nicht mehr.

Das bedeutet auch, dass die Entscheidungsträger schon heute damit beginnen müssen, die Grundsätze der Kreislaufwirtschaft in ihre Pläne für die digitale Transformation einzubinden, wenn die Unternehmen zu den nachhaltigen Betriebsmodellen übergehen wollen, die in der bevorstehenden EU-Gesetzgebung vorgesehen sind. Wo soll man also anfangen?

Das zirkuläre Technologielebenszyklus-Management (TLM) bietet eine hervorragende Vorlage für die Ausrichtung von Technologiestrategien auf einige der kritischen Punkte des neuen Rechtsrahmens, erfordert jedoch, dass Sie über Geräte grundsätzlich anders nachdenken – als etwas, das man benutzt und wiederverwendet, anstatt es zu besitzen und wegzuwerfen. Nicht jedes Unternehmen ist bereit, diesen Sprung zu machen.

Aus diesem Grund wenden sich viele Unternehmen an ITAD als schnelle Lösung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Geräten. Auch wenn ITAD zweifellos ein guter erster Schritt auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft sein kann, müssen sich die Verantwortlichen darüber im Klaren sein, dass nicht alle Anbieter gleich gut für diesen Service qualifiziert sind.

Sie sollten Ihren Anbieter nicht nur anhand der Koten auswählen, sondern anhand dessen, ob er in der Lage ist, echte Transparenz zu bieten, wie er Altgeräte verwertet und wo er sie entsorgt. Schätzungen zufolge werden jedes Jahr mehr als 350.000 Tonnen Elektronikschrott illegal von Recyclinganlagen in der EU in Entwicklungsländer verbracht, wo sie der Umwelt schaden. Der ungeregelte Umgang mit Abfall – einschließlich Elektroschrott – stellt auch eine Herausforderung für die Menschenrechte dar, und zwar nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch direkt in Europa.

Datensicherheit

Mit der ungeregelten und unregistrierten Entsorgung von Geräten kommt das Problem der Datensicherheit. Es ist bereits vorgekommen, dass große Unternehmen durch ihr Versäumnis, alte Anlagen mit sensiblen Daten nicht ordnungsgemäß zu löschen, Schaden erlitten haben. Diese Praktiken bergen auch das Risiko, dass Unternehmen zur Zielscheibe von Ransomware oder anderen Sicherheitsverletzungen werden, die ihren Ruf ruinieren und sie – erheblichen – regulatorischen Sanktionen aussetzen können.

Es liegt auf der Hand, dass Unternehmen ohne vollständige Transparenz und eine ordnungsgemäße Lieferantenbewertung im Bereich ITAD Gefahr laufen, zu glauben, sie seien konform, verantwortungsbewusst und grün, während die Realität ganz anders aussieht. Sie lagern einfach Verantwortlichkeiten aus, um das Problem los zu sein.

Um ITAD zu einer strategischen Geschäftspraxis zu machen – in Ermangelung eines vollständigen Plans für das Management des Technologie-Lebenszyklus – sollten Unternehmen nur Anbieter in Betracht ziehen, die eine strenge Überwachungskette, einen vollständigen Prüfpfad für jedes Gerät, die digitale Nachverfolgung von IT-Assets, eine sichere Datenvernichtung und eine umweltverträgliche Reparatur und Wiederaufbereitung garantieren. 

Unternehmen sollten nach ISO-zertifizierten Prozessen Ausschau halten, um die Einhaltung internationaler Gesetze, Vorschriften und Normen zu gewährleisten, sowie nach Best-Practice-Verfahren für den Umgang mit Daten und Umwelt.

Deutlich mehr Sorgfaltspflicht

Dabei gilt es zu bedenken, dass internationale Zertifizierungen, die heute noch ein Muss sind, schon bald das absolute Minimum sein werden. Die neuen EU-Richtlinien werden von den Unternehmen eine weitaus größere Sorgfaltspflicht verlangen, als das, was derzeit schon als besonderes Engagement durchgeht. Es ist zu erwarten, dass in Zukunft noch strengere Richtliniengenerationen kommen werden.

Aber das soll keine Schwarzmalerei sein. Die europäischen Politiker setzen die Forderungen von Verbrauchern und Aktionären nach umweltfreundlichen, transparenteren Praktiken in Gesetze um – die Anpassung der Geschäftspraktiken an den neuen Rechtsrahmen wird also den Ruf eines Unternehmens erheblich verbessern.

Die Kreislaufwirtschaft bietet eine wirtschaftliche Chance von 4,5 Milliarden Dollar – hier gibt es also viel zu gewinnen. Ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Umgang mit Geräten und sozialer Verantwortung spielt außerdem eine entscheidende strategische Rolle in jedem Risikomanagementplan eines Unternehmens. Nicht zuletzt ist die Wirtschaft darauf angewiesen, dass es auch noch in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren Ressourcen gibt, mit denen Unternehmen arbeiten können. Was es bedeutet, sein Geschäftsmodell auf Verträge mit moralisch fragwürdigen Partnern zu aufzubauen, bekommt gerade die gesamte europäische Wirtschaft am Beispiel Russlands vorgeführt.

Indem sie die neuen Richtlinien nicht als Bedrohung, sondern als Blaupause für den geschäftlichen Erfolg betrachten, haben kluge Tech-Führungskräfte eine enorme Chance, ihre Technologiestrategie zu überdenken und Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit, Compliance und soziale Unternehmensführung in den Mittelpunkt ihrer Pläne zur digitalen Transformation zu stellen.

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