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CPU-Kern statt Sockel: Neue Lizenzmodelle veränden den Hardwarekauf

Aufgrund der steigenden Anzahl an CPU-Kernen ändern viele Softwareanbieter ihr Lizenzmodell. IT-Abteilungen sollten ihr Einkaufsverhalten anpassen.

Die Virtualisierung bot schon immer finanzielle Anreize – nicht nur als Werkzeug zur Konsolidierung physischer Server. In den letzten Jahren haben allerdings viele Softwarehersteller ihre Lizenzbedingungen für Virtualisierungs-Produkte durch das Aufkommen von Mehrkernprozessoren angepasst.

Statt Software auf Basis der physischen Prozessoren beziehungsweise der CPU-Sockel zu lizenzieren, basieren viele Lizenzgebühren jetzt auf der Anzahl der CPU-Kerne.

Das wird zwar nicht bedeuten, dass sich Anwender von Mehrkernprozessoren abwenden, aber es kann durchaus Einfluss auf unser Einkaufsverhalten haben. Mit den aufkommenden Lizenzänderungen sollte auch die Einkaufsstrategie für Hardware im Virtualisierungs-Einsatz neu überdacht werden.

Weniger Kerne bedeuten geringere Lizenzkosten

Heutzutage geben wir oft mehr Kernen den Vorzug vor einer höheren CPU-Geschwindigkeit, um eine bessere Unterstützung für virtuelle Umgebungen zu erreichen. Mit der zunehmenden Anpassung von Lizenzmodellen auf die steigene Anzahl an CPU-Kernen erhalten wir nun aber die Gelegenheit, uns wieder auf die hohen Taktraten moderner Prozessoren zu konzentrieren.

In einigen Fällen kann es schon heute sinnvoll sein, die Anzahl physischer Kerne in aktuell genutzten Servern zu reduzieren und stattdessen schnellere Prozessoren zu erwerben, um die hierfür anfallenden Lizenzkosten zu verringern. Dabei sollte man aber berücksichtigen, dass das Aufstocken der Prozessorgeschwindigkeit den Leistungsverlust des Streichens von CPU-Kernen nicht vollständig kompensieren wird. Ganz generell wird also jede Reduzierung von CPU-Kernen zu einer Leistungseinbuße führen, auch wenn dafür ein schnellerer Prozessor verwendet wird. Das Einsparpotenzial im Bereich der Lizenzkosten durch die Reduzierung physischer CPUs lässt sich aber nur schwer ignorieren.

Für viele IT-Abteilungen ist die Reduzierung von CPU-Kernen allerdings unbekanntes Terrain. Die Entscheidung dafür oder dagegen muss letztlich auf einer Auswertung des Prozessorbedarfs basieren, bei der CPU Ready Time und Gesamtauslastung betrachtet werden. Mit guten Monitoring-Tools und ein wenig Mathematik lässt sich damit relativ schnell in Erfahrung bringen, ob die Reduzierung von CPU-Kernen in Frage kommt. Dies vorausgeschickt, könnte das Optimum schlicht bei acht physischen Kernen pro Prozessor liegen – was keine technische Begrenzung ist, sondern eine von Microsoft.

Microsofts neues Lizenzmodell

Windows Server in der Datacenter Edition war immer eine ideale Wahl für Unternehmen, die Server auf Basis einer virtuellen Plattform lizenzieren wollten. Microsofts neues Lizenzmodell macht es nun erforderlich, dass Unternehmen zusätzliche Lizenzpakete für Prozessoren mit mehr als acht CPU-Kernen erwerben. Ein oder zwei solcher Pakete zu bezahlen ist dabei nicht das Problem – schaut man sich aber die aktuellen High-End-Prozessoren von Intel und AMD mit bis zu 18 physischen Kernen an, so könnten sich die Lizenzkosten für Windows Server ohne Probleme glatt verdoppeln.

Die Dominanz von Microsoft im Markt für Serverbetriebssysteme könnte Intel und AMD davon überzeugen, ihre Produktplanungen anzupassen, damit ihre Kunden die Lizenzkosten ihrer Serverbereitstellungen leichter im Griff behalten können. Einer der Vorteile, die Intel hierbei hat, ist die Hyper-Threading-Technologie, mit der ein einzelnen Prozessorkern zwei unterschiedliche CPU-Threads handhaben kann, damit quasi wie zwei separate CPU-Kerne arbeitet und trotzdem keine zusätzlichen Lizenzkosten für Windows Server verursacht – zumindest bisher nicht.

Natürlich könnte Microsofts Vorgehen gut und gerne die Schleusen öffnen und auch weitere Softwarehersteller zu entsprechenden Lizenzänderungen bewegen. Laut Microsoft wurde diese Änderung am Lizenzmodell mit der Absicht eingeführt, Workloads einfacher von eigenen Servern auf Microsofts Public Cloud Azure verschieben zu können. Das mag natürlich ein möglicher Grund hierfür gewesen sein, trotzdem bedeutet es für die meisten Kunden aber auch zusätzliche Kosten.

Auch wenn dieser neue Trend in der Produktlizenzierung nicht direkt Intels oder VMwares Fehler ist, war es doch ihre Technologie, die Administratoren die Flexibilität an die Hand gab, Compute-Ressourcen so flexibel zuzuweisen. Ein Softwarelizenzmodell, das zum Beispiel einer virtuellen Maschine vier Prozessoren zuordnet, kann sehr viel mehr Kosten verursachen als ein Prozessor mit vier Kernen. Das ist nicht direkt ein Schlupfloch, trotzdem haben dies viele Unternehmen bei der Lizenzierung zu ihrem Vorteil genutzt, und wie es aussieht, reagieren Hersteller wie Microsoft jetzt auf diesen Trend.

Neue Möglichkeiten für Prozessorhersteller

Seit vielen Jahren findet das eigentliche Wachstum bei Prozessoren vor allem in der Anzahl der Kerne statt. Wird eine Änderung am Lizenzmodell Chip-Hersteller jetzt davon überzeugen, sich auf das Bauen von Prozessoren mit schnelleren Taktraten und weniger Kernen zu konzentrieren? Wenn Administratoren feststellen, dass die neuen Lizenzmodelle die Kosten zu weit in die Höhe treiben, kann es durchaus sein, dass sie auf die geänderte Kundennachfrage reagieren.

Open-Source- und Linux-Software wie beispielsweise Samba oder Univention Corporate Server sind natürlich eine andere Alternativen zu den hohen Lizenzkosten. Aber auch wenn diese Produkte im Grunde dasselbe Verbreitungspotenzial wie Windows haben, werden sie nun einmal nicht so häufig genutzt. Hauptsächlich wohl aufgrund fehlender Unterstützung und Kompatibilität. Faktisch setzt der Großteil der Welt auf Windows, und der Umzug auf andere Plattformen kann zu zusätzlichen Ausgaben führen, etwa durch Schulungen, Inkompatibilitäten und Produktivitätsverlusten.

Statt reflexartig Produkte oder Hersteller zu wechseln, sollten IT-Abteilungen daher zunächst ihre Umgebung besser kennenlernen. Diese Kenntnis dürfte in Zeiten grundlegender Änderungen an Lizenzmodellen der eigentliche Hebel zur Senkung von IT-Ausgaben sein. Die glücklichen Tage möglichst großer Hosts und des einfachen Hinzufügens virtueller Hardware zu virtuellen Maschinen sind damit wohl endgültig vorbei. Neue Lizenzmodelle machen demgegenüber eine wesentlich detailliertere Kenntnis der eigenen Umgebung notwendig, in der IT-Abteilungen ihre Workloads und virtuellen Maschinen wesentlich besser auf die physischen Hosts abstimmen müssen, um zusätzliche Lizenzkosten zu vermeiden.

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