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Quantencomputing: Niemand will Qubits, alle wollen Ergebnisse
Quantencomputing ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug, um Effizienz, Innovation und Wettbewerbsvorteile für Unternehmen und Regierungen messbar zu steigern.
Menschen kaufen keine Bohrmaschine, weil sie sich für die Technik begeistern. Sie kaufen sie, weil sie ein Loch in der Wand brauchen. Genauso verhält es sich mit Quantencomputing: Niemand wünscht sich Qubits, sondern was Unternehmen brauchen, sind neue Medikamente, stabilere Lieferketten oder leistungsstärkere Batterien.
Vom Nice-to-have zum Wettbewerbsvorteil
Dabei sollte der Fokus im Quantencomputing nicht nur auf rein technischen Details, sondern auch auf dem konkreten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Nutzen liegen. Entscheidend ist nicht nur der Fortschritt bei der Hardware, sondern auch, ob relevante Anwendungsfälle erkannt und in bestehende Strukturen integriert sowie mit einer langfristigen Strategie verknüpft werden. Das passiert aktuell noch zu selten.
Für erfolgreiche Unternehmen ist Quantencomputing weder Statussymbol noch Marketinggag. Es ist ein Werkzeug, mit dem sich klar definierte Geschäftsziele schneller, präziser und profitabler erreichen lassen.
Das kann bedeuten, dass Analysezyklen, die bisher Tage dauerten, auf Minuten verkürzt werden und so schnellere Entscheidungen möglich sind. Ebenso lassen sich Lieferketten, Produktionsabläufe oder Finanzmodelle in einer Genauigkeit optimieren, die klassische Rechner nicht leisten können. Und auch völlig neue Materialien oder Medikamente können entwickelt werden, die das Potenzial haben, ganze Märkte zu verändern.
Ein Praxisbeispiel: Ein globaler Logistikkonzern nutzt Quantenoptimierung, um seine Flottenrouten in Echtzeit an Wetterbedingungen, Treibstoffpreise und Hafenstaus anzupassen und spart so messbar Kosten.
Heißt konkret: Jedes Quantenprojekt sollte klar erkennbar auf harte Kennzahlen wie Effizienzsteigerung, Umsatzwachstum oder Innovationsgeschwindigkeit einzahlen. Ohne diesen Bezug ist es nichts weiter als teure Spielerei.
HPC-Zentren: Werkzeuge für das Unlösbare
High-Performance-Computing-Zentren (HPC) nutzen Quantencomputer nicht als Ersatz für klassische Rechner, sondern als spezialisierte Beschleuniger, wenn diese an physikalische oder mathematische Grenzen stoßen.
Typische Anwendungsfelder sind beispielsweise Molekül- und Materialsimulationen mit bisher unerreichter Präzision oder hochkomplexe Konstruktionsoptimierungen, bei denen kleinste Änderungen große Effekte haben können. Ebenso gehören Simulationen dazu, die so rechenintensiv sind, dass selbst modernste Supercomputer an ihre Grenzen geraten.
Hier geht es nicht darum, quantum ready zu klingen, sondern darum, Probleme zu lösen, die ohne Quantencomputing schlicht nicht lösbar wären.
Regierungen: Wohlstand, Sicherheit und technologischer Vorsprung
Für Regierungen weltweit ist Quantencomputing weit mehr als ein Zukunftsexperiment. Es ist ein strategisches Werkzeug, um wirtschaftliche Stärke, Sicherheit und Innovationsführerschaft auszubauen.
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„Quantencomputing hat das Potenzial, ganze Branchen zu verändern. Um sich gezielt vorzubereiten, ohne sich vom Hype treiben zu lassen, ist es entscheidend, zunächst klare Ziele zu definieren und Quantenprojekte mit messbaren Effekten auf Organisation, Gesellschaft oder Innovationskraft zu verknüpfen.“
Yuval Boger, QuEra
Die Technologie verspricht Mehrwert in gleich mehreren Bereichen. So können nationale Herausforderungen deutlich schneller adressiert werden – von präziseren Klimamodellen bis hin zur Optimierung komplexer Logistik für Verteidigung und Katastrophenschutz. Gleichzeitig geht es um technologische Souveränität, also die Kontrolle über eine Schlüsseltechnologie, um nicht von ausländischen Anbietern abhängig zu sein. Darüber hinaus bietet Quantencomputing eine erhebliche wirtschaftliche Hebelwirkung: Quanten-Hubs ziehen hochqualifizierte Fachkräfte, Forschungsgelder und private Investitionen an und können als Katalysator für ganze Branchen wirken, wie das Future Energy Lab in einer Analyse gezeigt hat.
Bedeutet: Regierungen, die heute in Infrastruktur, Bildung und Forschung investieren, schaffen nicht nur die Grundlagen für technologische Durchbrüche, sondern sichern sich auch einen Platz an der Spitze der globalen Innovationskette. Quantencomputing wird so zum strategischen Wirtschaftsmotor und zum Garanten für langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Vier Schritte, um Quanten-ready zu werden
Quantencomputing hat das Potenzial, ganze Branchen zu verändern. Um sich gezielt vorzubereiten, ohne sich vom Hype treiben zu lassen, ist es entscheidend, zunächst klare Ziele zu definieren und Quantenprojekte mit messbaren Effekten auf Organisation, Gesellschaft oder Innovationskraft zu verknüpfen. Danach gilt es, Wissen aufzubauen, indem Unternehmen Experten rekrutieren, Teams schulen und Partnerschaften mit Hochschulen eingehen. Anschließend sollten erste Pilotprojekte gestartet werden, um klein anzufangen, Erfahrungen zu sammeln und eigenes geistiges Eigentum aufzubauen. Schließlich muss Quantencomputing in die Unternehmens-Roadmap eingebunden werden – von der Integration in die Tech-Strategie über den Einsatz hybrider Systeme bis hin zur Planung von Post-Quantenkryptografie.
Fazit
Quantencomputing verändert die Welt nicht über Nacht, aber wenn es gezielt eingesetzt wird, wird es zum Wettbewerbsvorteil. Laut dem Quantum Readiness Report 2025 von QuEra steigen die Budgets in Deutschland sichtbar gegenüber dem Vorjahr, was die Relevanz unterstreicht. Die Erfolgsformel lautet: klare Ziele, gezielter Einsatz und die Kombination aus menschlicher Expertise und neuer Rechenpower.
Über den Autor:
Yuval Boger ist Chief Commercial Officer bei QuEra, einem Hersteller von Quantencomputern. Im Laufe seiner Karriere war er CEO und CMO bei Unternehmen in den Bereichen Quantencomputing, virtuelle Realität und drahtlose Stromversorgung. Als ausgebildeter Physiker versteht er die Zusammenhänge der Quantentechnologie und kann sie in einfacher Sprache erklären. Dabei hilft ihm auch sein Podcast The Superposition Guy’s Podcast, in dem er regelmäßig Gäste aus der Branche interviewt.
Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.