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Mit der Nachhaltigkeitsberichtspflicht zu mehr Erfolg

Mit der Nachhaltigkeitsberichtspflicht werden Unternehmen aufgefordert, nachhaltige Geschäftspraktiken einzuführen und diese transparent zu kommunizieren. Wie das gelingt.

Mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (EU) 2022/2464 (CSRD) sollen ab dem 1. Januar 2024 alle Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeitende beschäftigen und kapitalmarktorientiert sind, sowie Banken, Versicherungen und Fondsgesellschaften mit einem Umsatz von über 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von 20 Millionen Euro über ihren Umgang mit sozialen und ökologischen Herausforderungen berichten.

Mit den neuen Regelungen wird die Anzahl der Unternehmen in Deutschland, die den europäischen Anforderungen der Nachhaltigkeitsberichtspflicht unterliegen, laut IHK von bisher 500 auf etwa 15.000 steigen. Ab dem 1. Januar 2025 soll das Gesetz ausgeweitet werden und zusätzlich Unternehmen mit 250 Beschäftigten und Nettoumsatzerlösen von mindestens 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von 20 Millionen Euro in die Pflicht nehmen.

Umweltfreundliche Investitionen vorantreiben

Mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung soll vor allem die Transparenz in den Unternehmen erhöht und das Implementieren nachhaltiger Maßnahmen gefördert werden. Für die betroffenen Unternehmen gilt es daher, sich möglichst frühzeitig mit den Anforderungen der ESRS (Europäische Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung) auseinanderzusetzen.

Hierbei soll verstärkt in Technologien investiert werden, mit denen die Umwelt entlastet wird und Schritte ergriffen werden, die zum Umweltschutz beitragen. Immer häufiger zeigt sich dabei, dass sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit keineswegs ausschließen. Green Business Process Management (BPM) kann einen wichtigen Beitrag leisten, um Geschäftsprozesse auf Nachhaltigkeit auszurichten und somit die Ziele der ESRS zu erfüllen und gleichzeitig wirtschaftlich erfolgreich zu bleiben.

Nachhaltigkeit durch einen grünen BPM-Lebenszyklus

Green BPM kann als Ergänzung zu eingeführten BPM-Systemen angesehen werden und lässt sich mit wenig Aufwand in vorhandene BPM-Systeme integrieren. Vor der Implementierung von Green BPM sollten die Verantwortlichen ihre Unternehmensprozesse jedoch überprüfen und feststellen, ob und in welchem Ausmaß ihre Prozesse, Infrastruktur, Lieferantenbeziehungen und internen Anforderungen den gesetzlich vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsaspekten und -vorgaben entsprechen.

Green BPM konzentriert sich vor allem auf zwei Bereiche: Die Analyse der Materialien und Ressourcen, die für jede Aktivität verwendet werden und deren Auswirkungen auf die Umwelt, sowie die anschließende Bewertung der vorgenommenen Optimierungen.

Grünes Prozessmanagement durchläuft dabei dieselben fünf Phasen des BPM-Lebenszyklus wie eingeführte Geschäftsprozesse auch, nur dass diese in jeder Phase stärker auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ausgerichtet werden.

Schritt 1: IST-Analyse

  • Identifikation und Analyse bestehender Geschäftsprozesse
  • Verständnis des Ist-Zustands mit Fokus auf Prozesse und Prozessschritte, die sich belastend auf die Umwelt auswirken
  • Darstellung der Ergebnisse durch Prozessmodelle

Schritt 2: Modellierung

  • Kennzeichnung negativer Umweltauswirkungen durch im Prozessmodell hinterlegte Attribute und visuelle Symbole
  • Integration von Nachhaltigkeits-KPIs mit festgelegten Grenzwerten
  • Definition von Gegenmaßnahmen und Kontrollmechanismen zur regelmäßigen Überprüfung der verursachten Umweltschäden

Schritt 3: Ausführung

  • Durch transparente Dokumentation stärkeres Bewusstsein für nachhaltiges Handeln bei Mitarbeitenden schaffen
  • Unterstützung der korrekten Ausführung von Prozessen durch klar verständliche Informationen
  • Aktive Überwachung implementierter Prozesse mit Echtzeitdaten und relevanten Metriken

Schritt 4: Überwachung

  • Regelmäßige Überprüfung der Einhaltung definierter Grenzwerte durch automatisierte Kontroll-Workflows
  • Früherkennung von Problemen und Abweichungen im Geschäftsumfeld
  • Einhaltung von Kontrollintervallen durch automatisierte Erinnerungen

Schritt 5: Optimierung

  • Kontinuierliche Optimierung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen
  • Verbesserungen basierend auf den in der Überwachungsphase gesammelten Daten
  • Reduktion der Umweltbelastung bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz und Kostenreduktion
BPM-Lebenszyklus
Abbildung 1: Grünes Prozessmanagement durchläuft dieselben fünf Phasen des BPM-Lebenszyklus wie eingeführte Geschäftsprozesse, nur dass diese in jeder Phase stärker auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit ausgerichtet werden.

Die Implementierung von speziellen Nachhaltigkeits-KPIs (Key Performance Indicators) in Phase zwei des Green BPM Lebenszyklus ist ein entscheidender Schritt, um den Erfolg von Nachhaltigkeitsmaßnahmen präzise zu messen und zu bewerten. Der Energie- und Wasserverbrauch lässt sich beispielsweise durch Festlegen von maximalen Abgabemengen und minimalen Verbleibmengen genau kontrollieren. Für den Fall einer Über- oder Unterschreitung können vordefinierte Eskalationsmöglichkeiten im BPM-System automatisch aktiviert werden, um schnell und effektiv auf Abweichungen zu reagieren.

Emissionen lassen sich durch das Definieren energieeffizienter Prozesswerte geringhalten, was sich unter anderem positiv auf den CO2-Fußabdruck (CO₂) auswirkt. Eine systematische Abfallvermeidung und Abfallverwertung wie das Recyclen von Materialien trägt ebenfalls zu nachhaltigem Arbeiten und Produzieren bei und kann – sofern konsequent umgesetzt – signifikante Einsparungen erzielen.

Entwicklung umweltfreundlicher Geschäftsmodelle

Green BPM ermöglicht eine umfassende Betrachtung aller im Unternehmen eingesetzten Prozesse, einschließlich der, die in der vorgelagerten und nachgelagerten Wertschöpfungskette eingesetzt werden. Es vereinfacht nicht nur das Erstellen von Nachhaltigkeitsberichten oder das Erbringen von Nachweisen hinsichtlich Emissions- und Ressourcenverbrauch, sondern es ist auch bei der Risikoanalyse oder Kostenabschätzung von Projekten hilfreich.

Gerade für BPM-Neulinge empfiehlt es sich, Prozesse erst einmal auf Basis existierender Optimierungsmodelle zu evaluieren und an die notwendigen ökologischen Vorgaben anzupassen. Dabei stehen mehrere strategische Ansätze bzw. Theorien zur Auswahl:

Mit dem Common Process Improvement Procedure Model können Unternehmen anhand spezifischer Parameter nach potenziellen Optimierungsmethoden suchen. Vor dem Ausführen eines Prozesses besteht die Möglichkeit, seine Auswirkungen auf die Umwelt zu untersuchen und kontraproduktive Aktivitäten möglichst zu reduzieren.

Nachhaltige Prozessmodifikationen können mit einem hohen Aufwand und damit auch mit Mehrkosten verbunden sein, der sich in einem höheren Preis niederschlägt.

Gregor Greinke, GBTEC Software AG

„Green BPM ermöglicht eine umfassende Betrachtung aller im Unternehmen eingesetzten Prozesse, einschließlich der, die in der vorgelagerten und nachgelagerten Wertschöpfungskette eingesetzt werden.“

Gregor Greinke, GBTEC Software AG

Das Green Variant Procedure Model bietet Unternehmen die Möglichkeit, zusätzlich zu den bereits vorhandenen Produkten eine umweltfreundliche Alternative zu entwickeln, die gemäß dem Motto „teurer, aber dafür nachhaltig“ zu einem entsprechend höheren Preis an den Endkunden weitergegeben werden kann.   

Oder Anwender verwenden das Green Compensation Procedure Model, in dem die verursachten Umweltauswirkungen durch das regelmäßige Spenden an Umweltschutzprojekte kompensiert werden. Bei Bedarf ist es auch möglich, die drei Modelle miteinander zu kombinieren und gezielt an individuelle Gegebenheiten anzupassen.

Erfolgreich durch Nachhaltigkeit

Schon jetzt gelten die Nachhaltigkeitsberichtspflicht und Green BPM als entscheidende Schritte hin zu einem verantwortungsvolleren Management – um eine größere Transparenz zu schaffen und Unternehmen zu einem Mehr an Verantwortlichkeit in Umwelt- und Sozialfragen zu bewegen. So werden sowohl Investoren als auch Verbraucher qualifizierter informiert und können fundiertere Entscheidungen treffen.

Langfristig werden sie maßgeblich dazu beitragen, Unternehmen durch nachhaltigeren Ressourcenverbrauch und ökologische Prozesse so umzugestalten, dass sie Kosten sparen, die Effizienz steigern und gleichzeitig die Umwelt schützen.

Mittelfristig kann Nachhaltigkeit zu einem neuen Imperativ werden und Green BPM zu einem zentralen Treiber der nachhaltigen digitalen Transformation machen. Ein grünes Geschäftsprozessmanagement wird langfristig zu mehr Vertrauen und Glaubwürdigkeit bei Mitarbeitern, Investoren und Kunden führen und die Wettbewerbsposition stärken. Unternehmen, die sich dem Wandel stellen, statt vor ihm davonzulaufen, werden dank neuer Technologien und Praktiken auch in einer zunehmend nachhaltig ausgerichteten Wirtschaft bestehen. Sie kann das erreichen, was lange Jahre als nur wenig erfolgsversprechend galt: Mit nachhaltigen Geschäftsmodellen wirtschaftlichen Nutzen erzielen.

Über den Autor:
Gregor Greinke ist ein wahrer Pionier im Bereich Business Process Management. Über zwei Jahrzehnte hinweg hat er Fortune 500-Unternehmen und international agierende KMUs bei der Gestaltung, Analyse, Automatisierung und Optimierung ihrer Geschäftsprozesse begleitet. Mit der Gründung von GBTEC im Jahr 2005 hat er ein heute weltweit bekanntes Softwareunternehmen im Bereich Business Process Management etabliert.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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