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Digitale Transformation: vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern!

Manche Führungskräfte glauben, dass nur überwachte Mitarbeiter konzentriert arbeiten. Mikromanagement schadet jedoch der Produktivität und blockiert die digitale Transformation.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – so lässt sich die Zusammenarbeit von Arbeitnehmern und -gebern in Deutschland zusammenfassen. Denn nur ein Drittel der Führungskräfte vertraut ihren Mitarbeiten von Beginn an. Andersrum ergibt sich ein noch drastischeres Bild: Lediglich 21 Prozent der Mitarbeiter nehmen an, dass ihnen nach der Einarbeitungsphase Vertrauen seitens der Führungskräfte entgegengebracht wird. Das ergab eine Umfrage des HR-Softwareanbieters UKG unter 3.903 Führungskräften und Mitarbeitern im Juni 2020.

In einem wettbewerbsintensiven Arbeitsmarkt wie dem IT-Markt ist der Aufbau und die Aufrechterhaltung einer guten Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern von entscheidender Bedeutung.

Denn Angestellte wenden sich anderen Unternehmen zu, wenn Transparenz, Rechenschaftspflicht und klare Prozesse fehlen oder der Eindruck entsteht, dass sie keine starken und dauerhaften Beziehungen aufbauen können.

Das spiegelt sich auch in Studien wider: So möchten laut einer Umfrage von Slack unter 1.500 Wissensarbeitern in den USA 87 Prozent der Arbeitnehmer, dass ihr Unternehmen transparent ist und 80 Prozent wollen mehr darüber wissen, wie Entscheidungen in ihrem Unternehmen getroffen werden.

Mangelndes Vertrauen der Mitarbeiter durch Mikromanagement und fehlende Transparenz

Eine übermäßige Überwachung durch Führungskräfte – sogenanntes Mikromanagement – empfinden Mitarbeiter oft als Zeichen mangelhaften Vertrauens, was diese verunsichert und ihrer Motivation schadet.

Diese Problematik hat im Laufe der Pandemie mit der Arbeit im Home-Office nochmals zugenommen. Der Mangel an persönlichen Begegnungen am Arbeitsplatz verkompliziert den Aufbau von Beziehungen und vielen Arbeitgebern fällt es schwer, ihren Mitarbeitern zu vertrauen. Sie setzen daher auf mehr Überwachung, was Gegenteiliges erzielt und mehr Unmut in der Belegschaft schürt.

Tina Seuchter, Blue Prism

„Führungskräfte sollten deutlich kommunizieren, dass Transparenz ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur ist. Das sollte sich auch in den Unternehmensrichtlinien widerspiegeln und vor allem in der Praxis: eine transparente und offene Kommunikation über sämtliche Abteilungen und Positionen hinweg ist unabdingbar.“

Tina Seuchter, Blue Prism

Des Weiteren wächst das Misstrauen der Arbeitnehmer durch Top-Down-Entscheidungen, die Führungskräfte ohne Rücksprache treffen. Gerade beim Einführen neuer Technologien am Arbeitsplatz kommen Vertrauen und Transparenz Schlüsselrollen zu.

Bereits mit der industriellen Revolution, die lebensverändernde und effizienzsteigernde Technologien und Verfahren mit sich brachte, fürchteten viele Arbeitnehmer um ihre Arbeitsplätze.

Auch heute gibt es viel Skepsis gegenüber Automatisierungstechnologien. Missverständnisse führen dazu, dass viele Arbeitnehmer beispielsweise glauben, dass Automatisierung sie ersetzen soll. Die Tatsache, dass sie wie auch die industrielle Revolution die Arbeits- und Lebensqualität verbessern soll, rückt dabei in den Hintergrund.

Damit die digitale Transformation so effektiv wie möglich vollzogen werden kann, müssen Führungskräfte ihren Mitarbeitern die positiven Auswirkungen der anstehenden Wandlungsprozesse aufzeigen. Auch bei der Umsetzung von Initiativen und Programmen sollten sie Engagement zeigen und aktiv mitarbeiten, um eine Veränderungsbereitschaft sowie eine Vertrauensbasis zu schaffen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen demnach gemeinsam Automatisierung implementieren, um eine vorteilhafte Partnerschaft zwischen Mensch und Digitalisierung zu schaffen.

Vertrauen ist ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsbetriebs

Eine Vertrauenskultur ist für Unternehmen jeder Größe und Branche von Bedeutung und steigert nicht nur Kreativität und Innovationskraft. Mitarbeiter, die das Gefühl haben, dass ihnen viel Vertrauen entgegengebracht wird, sind nachweislich produktiver, arbeiten besser zusammen und bleiben ihrem Unternehmen länger erhalten.

Außerdem wirkt sich ein geringeres Maß an Stress und ein höheres Maß an Selbstzufriedenheit positiv auf die Leistung aus. Führungskräfte sollten deutlich kommunizieren, dass Transparenz ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmenskultur ist.

Das sollte sich auch in den Unternehmensrichtlinien widerspiegeln und vor allem in der Praxis: eine transparente und offene Kommunikation über sämtliche Abteilungen und Positionen hinweg ist unabdingbar. Ein durchgängig offener Dialog mit allen Teammitgliedern sowie klare Zugangswege zu den Vorgesetzten ermöglichen es, Schwierigkeiten oder Bedenken zu adressieren. Führungskräfte sollten Argumente von Arbeitnehmern offen und aufmerksam anhören und gemeinsam reflektieren. Im Zuge dessen sollten Mitarbeiter jederzeit die Möglichkeit haben, sich zu wichtigen Entscheidungen zu äußern und regelmäßig Informationen über Fortschritte erhalten.

Viele Branchenführer haben dies bereits erkannt und investieren daher in eine vertrauensbasierte Arbeitsgemeinschaft: So gaben rund 90 Prozent der von pwc befragten 4.446 CEOs weltweit an, Maßnahmen für mehr Vertrauen und Selbstbewusstsein unter den Mitarbeitern zu ergreifen.

Die Rolle von Top-Management und Mitarbeitern bei der Umsetzung von Automatisierungsprozessen

Die Umsetzung digitaler Strukturierung und Automatisierung eines Unternehmens ist ein zentrales Vorhaben des Top-Managements, welches klar definierte Ziele, wie die Steigerung der Kundenzufriedenheit, die Beschleunigung der Reaktionszeiten bei eintreffenden Aufträgen sowie die teil- oder voll automatisierte Bearbeitung von Prozessen verfolgt.

Aber nicht nur die Führungskräfte, sondern auch die Mitarbeiter eines Unternehmens können beim Implementieren neuer Automatisierungsprozesse eigene Ideen in ihre fachlichen Arbeitsbereiche einbringen, um sich von zeitraubenden Routineaufgaben zu entlasten. In Anlehnung an die klassische Prozessautomatisierung, werden heute digitale Hilfskräfte für viele Aufgaben eingesetzt. Sie finden so guten Anklang in den Abteilungen, dass Mitarbeiter ihnen manchmal sogar Spitznamen geben.

Indem Führungskräfte beim Umsetzen des Change Managements den Dialog eröffnen, Konzepte gemeinsam transparent definieren, Ziele und Verbesserungen erläutern und die Beschäftigten bei der Umsetzung von Wandlungsprozessen aktiv unterstützen, zeigen sie ihren Mitarbeitern, dass Automatisierung keine Konkurrenz für Sie ist.

Sie erfahren direkt, dass die Kombination menschlicher und digitaler Fähigkeiten es ihnen ermöglicht, sich auf Aufgaben zu konzentrieren, die ihre Kreativität, ihr kritisches Denken und ihr direktes Engagement erfordern. Mitarbeiter sollten in umfangreichen Programmen und Fortbildungen nicht nur neue Perspektiven für ihre Fachbereiche entdecken, sondern sie können sich auch neue Fähigkeiten aneignen, die sie zusätzlich für die digitale Transformation motivieren und den Digital-First-Ansatz vertiefen.

Die Einbindung eines Chief Digital Officers (CDO) oder eines Center of Excellence (CoE), das mit qualifizierten Experten besetzt ist, hilft dabei, die Kluft zwischen Mitarbeitern und digitalen Arbeitskräften zu überbrücken und die Integration von Automatisierung im gesamten Unternehmen zu erleichtern. Das Implementieren der neuen Technologien läuft wesentlich einfacher ab, wenn Mitarbeiter ihren Wert verstehen und die zugehörigen Prozesse genau erkennen.

Grundsätzlich hilft es auch, definierte Ziele auf Teams oder interne bereichsübergreifende Arbeitsgruppen zu verteilen, die sich in die Lösungsfindung einbringen eigene Projekte umsetzen. Häufig werden dabei nicht nur agile Methoden eingesetzt, die zu schnellen Ergebnissen führen, sondern auch Erfahrungen, Strategien sowie Best Practices geteilt und neu erlangtes Wissen im Unternehmen verbreitet.

Die Mitarbeiter sind also ein wesentlicher Bestandteil für die erfolgreiche Einführung neuer Technologien wie Automatisierung, denn sie begleiten den gesamten Prozess, unterstützen das Unternehmen bei der digitalen Reise und sind damit entscheidend für den Erfolg. Mit Offenheit, Transparenz und Vertrauen können Arbeitgeber das Vertrauen von Mitarbeitern gewinnen und gemeinsam das Unternehmen weiterbringen.

Über die Autorin:
Tina Seuchter hat die Leitung als VP Central, Eastern & Northern Europe inne und ist bei Blue Prism für das Wachstum in dieser Region zuständig. Sie verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Vertriebsmanagement für komplexe Softwarelösungen und der Führung von teilweise internationalen Teams. Im Fokus stehen immer die Verbesserung der Geschäftsergebnisse und der Kundenerfahrung. Bevor Tina Seuchter zu Blue Prism kam, war sie unter anderem bei Pegasystems, Open Text und Genesys tätig.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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