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Holografisches Daten-Storage: Neuer Ansatz von Microsoft

Microsofts Projekt HSD (Holographic Storage Device) fokussiert auf holografischen Speicher im Cloud-Maßstab zum Sichern von warmen Daten mit Lese- und Schreibzugriff.

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Forschungsteams versucht, holografische Systeme zu bauen, um die große Nachfrage nach Daten-Storage zu befriedigen. Allerdings kam dabei über die üblichen Prototypen hinaus wenig Konkretes heraus. Doch diese Anstrengungen waren trotzdem nicht umsonst. Mit Projekt HSD (Holographic Storage Device) hauchte Microsoft dem Vorhaben, holografischen Datenspeicher zu entwickeln, neues Leben ein. MicrosoftResearch in Cambridge und Microsoft Azure arbeiteten bei dem Projekt zusammen. Sein Ziel ist es, holografische Technologie auf Cloud-Maßstäbe zu skalieren.

Das macht Holografie geeignet für Storage

Holografische oder 3D-Storage ist ein dreidimensionales Storage-System. Es verwendet wie andere optische Speichermedien Lasertechnologie, um Daten zu schreiben und zu lesen. Allerdings können Medien wie CDs, DVDs und Festplatten Daten nur auf der Oberfläche der Medien speichern. Das limitiert die Kapazität dieser Medien. Holografisches Storage nutzt dagegen das gesamte Volumen des Datenträgers. So können mehr Daten auf engerem Raum gespeichert werden. Gleichzeitig steigen die Schreib- und Lesevolumina der Daten.

Pieter J. van Heerden, Wissenschaftler bei Polaroid, war der erste, der Mitte der 60er Jahre des 20. Jahrhunderts holografisches Daten-Storage kurz nach der Erfindung des Lasers vorschlug. Bis in die frühen Nuller-Jahre verzeichneten industrielle und universitäre Forschungsteams große Fortschritte dabei, das Potential der Technologie zu zeigen. Zwei prominente Beispiele stammten von der Polaroid-Tochterfirma Aprilis und vom Bell-Labs-Spin-Off InPhase Technologies. Allerdings schaffte keines der Unternehmen den Durchbruch. Aprilis wurde von Dow Corning übernommen, InPhase ging bankrott.

Es gab mehr derartige Versuche, aber bislang konnte keiner signifikante Fortschritte erzielen. Die meisten nutzten runde Medien ähnlich CDs oder DVDs. Sie versuchten, einmal beschreibbare Nur-Lese-Storage (WORM) zu realisieren, aber im Wettbewerb mit den etablierteren Technologien, die sich ebenfalls weiterentwickelten, konnten sie sich nicht entfalten.

Festplatten beispielsweise wurden schneller und dichter. SSDs wurden billiger und haltbarer. Außerdem verließen sich die Anwender stärker auf Cloud Computing. Damit kamen skalierbare Kapazitäten und umfassende Streaming-Möglichkeiten.

Doch trotz dieser Trends wächst die Nachfrage nach innovativen Storage-Plattformen. Nach Daten von Microsoft wird die Welt bis 2024 jährlich 125 Zettabytes Daten generieren. Zwar weiß niemand genau, wie viele dieser Daten redundant, aus anderen Gründen unnötig oder nicht nutzbar sein werden, doch das Volumen ist zweifellos beeindruckend. Unternehmen und Cloud Service Provider müssen wirtschaftlich vertretbare Wege finden, diese Daten zu speichern. Zudem müssen die Storage-Medien die nötige Verfügbarkeit, Leistung und Haltbarkeit erreichen.

Die bisherigen Technologien reichen dafür nicht aus. Andere zukunftsweisende Konzepte wie die Datenspeicherung auf DNA befinden sich noch im Stadium der Grundlagenforschung. SSDs und mehrschichtige Speicherzellen entwickeln sich rasant weiter, doch sinkt die Zuverlässigkeit und Haltbarkeit ohne zusätzliche Maßnahmen, je mehr Werte eine Zelle speichern kann. Daher ist hoher Aufwand auf der Softwareseite nötig. Außerdem ist SSD-Technologie noch relativ teuer.

Technologien wie Software-defined Storage, Software-defined Memory und die Integration von Rechenpower in Speichermodule oder -systeme (Computational Storage) lösen zwar das Flaschenhals-, nicht aber das Kapazitätsproblem.

Project HSD setzt auf holografische Storage

Das Microsoft-Projekt Holographic Storage Device (HSD) setzt auf holografische Technologien. Ziel des Kooperationsvorhabens mit Microsoft Azure ist es, Cloud-Support für warme Daten, also solche, die nicht nur alle paar Monate oder Jahre benötigt werden, zu realisieren.

HSD gehört zur Microsoft-Gruppe „Optics for the Cloud“ und ist am Microsoft-Forschungslabor in Cambridge, England, angesiedelt. Ein weiteres Vorhaben dieser Gruppe ist Project Silicea. Es experimentiert mit der Nutzung von Kristallen for die langfristige Datenarchivierung. Allerdings konzentriert sich Project Silica auf WORM-Technologien und ähnelt damit traditionellen Herangehensweisen an holografisches Storage. Projekt HSD zielt auf löschbare und wieder beschreibbare Medien. Außerdem sind schnellere Lese- und Schreibgeschwindigkeiten angestrebt.

Laut Microsoft will das Projekt „dauerhaftes Cloud Storage ohne mechanische Teile bauen, das sowohl leistungsfähig als auch kosteneffizient ist.“ Laut Microsoft hat das Projekt bereits 1,8mal höhere Speicherdichten erreicht als frühere volumetrische holografische Daten-Storage-Ansätze. Das Team arbeitet daran, die Speicherdichte und die Zugriffsgeschwindigkeiten weiter zu erhöhen.

Dafür verwendet Project HSD handelsübliche Komponenten wie hochauflösende Kameras und Displaytechnologien, wie sie in Smartphones angewandt werden. Das Projekt verwendet auch Deep Learning und Maschinenlernen (ML) um Leistung und Präzision weiter zu verbessern. Im Ergebnis hat das Team optische Verzerrungen und die Fertigungstoleranzen bereits reduziert. Es verwendet Software, um diese zu kompensieren und das System während des Betriebs zu kalibrieren.

Projekt HSD unterscheidet sich durch das Material des Storage-Mediums von anderen Versuchen auf diesem Gebiet. Sie verwendeten meist Polymere, um dauerhafte Materialveränderungen zu speichern. Das begrenzte sie auf den Betrieb als WORM-Medium.

Projekt HSD dagegen speichert die Hologramme in elektrooptischen kristallinen Materialien. Jedes Hologramm wird als räumliche Variation in der Verteilung der Elektronendichte gespeichert. Diese lässt sich verändern, indem das Medium Licht einer spezifischen Wellenlänge ausgesetzt wird. Die Hologramme lassen sich löschen, indem man sie erneut UV-Licht aussetzt.

Trotz Microsofts Ausstieg aus traditionellem holografischen Storage bleibt der grundlegende Ansatz beim Schreiben und Lesen von Daten weitgehend gleich. Der Storage-Prozess beginnt, indem ein Laserstrahl in zwei Signale geteilt wird. Einer der Strahlen leitet die Daten zum Storage-Medium. Man bezeichnet ihn als Objekt-, Daten- oder Signalstrahl. Er läuft durch einen speziellen Lichtmodulator, der Licht an Punkten, die mit 0 oder 1 codiert werden sollen, hindurchlässt oder blockiert. Der modulierte Datenstrahl setzt sich dann bis zum Medium fort.

Der zweite Lichtstrahl wird als Referenzstrahl bezeichnet. Er passiert keinen Modulator, sondern wird von einem Spiegel reflektiert und zum Storage-Medium zurückgeleitet, wo er sich mit dem Datenstrahl überschneidet und dabei ein dreidimensionales Interferenzmuster im optischen Material erzeugt.

Dieses Muster bildet ein winziges Hologramm. Es repräsentiert eine einzelne Datenseite, die Hunderte Kilobytes Daten fassen kann. Dabei besetzt sie nur einen winzigen Raum innerhalb einer Zone des optischen Materials. Eine Zone kann mehrere Seiten enthalten und das Storage-Material mehrere Zonen.

Ein holografisches Storage-System liest Daten, indem der Referenzstrahl des Hologramms in das Speichermedium gebrannt wird. Der Datenstrahl wird dafür nicht benötigt. Eine Kamera nimmt das eingebrannte Bild auf, nach dem sich dann die Original-Datenseite rekonstruieren lässt. Ein holografisches Storage-System kann unterschiedliche Hologramme lesen, indem der Winkel des Referenzstrahls gewechselt wird. Es kann Hologramme mit UV-Licht löschen, so dass das Medium neu beschrieben werden kann.

Holografische Storage verspricht eine kosteneffektive Methode zur Lösung bestimmter geschäftlicher Daten-Storage-Probleme mit akzeptablen Zeitcharakteristiken.

Mögliche Anwendungen

Durch die Verwendung kristalliner Materialien nutzt Projekt HSD den inhärenten Parallelismus der Optik. Daten können parallel vom Storage-Medium gelesen oder auf es geschrieben werden. Das erhöht den Durchsatz. Die Herangehensweise des Projekts minimiert auch die Zahl optischer Komponenten, von denen in HDDs viele stecken.

Stattdessen begrenzt holografisches Storage die Bewegung für die Neuausrichtung des Laserstrahls. Alle anderen Komponenten sind ohnehin fest montiert. Zudem kann holografisches Storage das gesamte Volumen des Datenträgers beschreiben, nicht nur seine Oberfläche, was größere Dichten als bei aktuellen Typen optischem Speicher bedeutet.

Traditionelle Herangehensweisen an holografisches Storage konzentrierten sich auf Datenarchivierung und effektivere WORMs. Projekt HSD zielt auf warme Daten sowie Schreib- und Lesevorgänge ab. Das könnte Cloud-Providern und den Rechenzentren von Unternehmen nutzen. Auf warme Daten wird typischerweise seltener zugegriffen. Sie werden auch seltener aktualisiert als Daten, die man für wichtige geschäftliche Anwendungen braucht und müssen selten in Echtzeit gewartet werden. Allerdings benötigen warme Daten meist eine höhere Skalierungsfähigkeit. Die Leistungsanforderungen sind unterschiedlich, je nach den unterstützten Workloads.

Holografischer Datenspeicher verspricht eine kosteneffiziente Antwort auf bestimmte geschäftliche Herausforderungen in einem absehbaren Zeitraum. Ihre hohe Leseleistung und die Möglichkeit, Daten zu aktualisieren, machen sie zu einer passenden Technologie für Data Warehouses, Big Data Analytics und Anwendungen, zu denen fortschrittliche Technologien wie vorausschauende Analyse oder KI gehören.

Organisationen, die regelmäßig Berichte erstellen müssen, etwa wöchentliche Call-Center- oder monatliche Vertriebsstatistiken, könnten von holografischem Storage profitieren. Holografischer Speicher kann auch weniger kritische Abläufe wie die Bereitstellung von Hintergrundinformationen für Wartungspersonal im Kundendienst unterstützen.

Wann kommt holografisches Storage auf den Markt?

Trotz dieser vielversprechenden Aussichten wird es wohl noch länger dauern, bis sich holografisches Storage aus der Forschungsphase zu kommerziell erhältlichen Produkten weiterentwickelt hat. Hersteller müssen das gesamte Systemdesign anpassen, um solche Storage-Technologien einzusetzen. Alle Komponenten müssen hochgenau montiert werden, damit die Laserstrahlen auch ihr Ziel finden.

Zudem haben sich die Teilprojekte von HSD bisher darauf konzentriert, auf eine Zone zu schreiben oder sie auszulesen. Nun muss die Leistung, die mit einer Zone erreicht wird, auf mehrere Zonen ausgedehnt werden. Ein weiteres Thema ist es zu verhindern, dass das Storage-Medium versehentlich UV-Licht ausgesetzt werden kann und dabei Daten verliert.

Weil holografisches Storage schon so viele Fehlstarts erlebt hat, kommt es wenig überraschend, dass Microsoft bislang Versprechungen hinsichtlich der kommerziellen Verfügbarkeit vermieden hat. In der Zwischenzeit gibt es viele andere Herangehensweisen, mit denen sich die Storage-Industrie beschäftigen kann. Dazu gehören die oben bereits erwähnten: DNA-Storage und Storage Class Memory.

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