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Governance Strukturen für den KI-Einsatz vorbereiten
Data Governance schafft die Grundlage für sichere und regelkonforme KI-Nutzung im Unternehmen. Dazu kommt ein Schutz vor Risiken im Umgang mit sensiblen Daten und Modellen.
Der Aufstieg generativer KI-Systeme hat die Rolle von Data Governance tiefgreifend verändert. Während Governance früher primär als Rahmen für Datenqualität, Klassifizierung und Compliance diente, steht heute ein umfassenderer Anspruch im Vordergrund. Unternehmen nutzen künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr nur für analytische Zwecke, sondern lassen sie zunehmend operative Entscheidungen treffen. Diese Entwicklung macht Data Governance zu einem strategischen Element der Unternehmensführung.
Die Grundlagen wie Datenkataloge, Rollenverantwortung, Klassifizierungsrichtlinien und Lebenszyklusmanagement bleiben wichtig, doch die Anforderungen steigen rapide. Die zentrale Herausforderung besteht darin, Governance-Strukturen so weiterzuentwickeln, dass sie mit der Geschwindigkeit und Komplexität KI-gestützter Prozesse Schritt halten können. Die strategischen und regulatorischen Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen spielen in Bezug auf Data Governance eine wichtige Rolle.
Von der Datenstruktur zur unternehmensweiten Steuerung
Data-Governance-Modelle sind kein Selbstzweck. Sie verbinden technische Mechanismen mit Managementanforderungen. Die Integration von Rollen wie Data Owner, Custodian, Steward und Officer sorgt dafür, dass Verantwortlichkeiten klar geregelt sind und über Fachbereiche hinweg zusammenarbeiten können. Diese Struktur ist notwendig, um die Kontrolle über Datenflüsse zu behalten, die in der KI-Nutzung oft hochdynamisch verlaufen. Nur wenn nachvollziehbar ist, welche Daten mit welchen Systemen in welchem Kontext verwendet werden, können Unternehmen Risiken erkennen, steuern und gleichzeitig aus Daten echten Mehrwert generieren. Klassische Zielkonflikte zwischen Business-Nutzen und Risikominimierung lassen sich nur durch eine Governance auflösen, die strategisch im Unternehmen verankert ist. Ein Data Office, das sowohl mit der Geschäftsleitung als auch mit IT und Fachbereichen vernetzt ist, bildet dafür die Grundlage.
Compliance wird zum dynamischen Steuerungsinstrument
Die Einführung des KI-Gesetzes (AI Act) der EU markiert einen Wendepunkt bei der Verwendung von künstlicher Intelligenz im europäischen Raum. Unternehmen müssen nicht mehr nur prüfen, wofür sie KI einsetzen können, sondern auch, wofür sie sie überhaupt einsetzen dürfen. Der Fokus verschiebt sich von technischer Machbarkeit hin zu rechtlicher Zulässigkeit. Damit wird Compliance zu einer aktiven Steuerungsfunktion innerhalb der Governance.
Besonders relevant sind hier die neuen Anforderungen des AI Acts an Risikoklassifizierungen, Transparenzpflichten und technische Dokumentation. Es reicht nicht aus, allgemeine Datenschutzprinzipien zu berücksichtigen. Unternehmen müssen den konkreten Verwendungszweck eines KI-Systems analysieren, potenzielle Folgen abschätzen und deren rechtliche Zulässigkeit belegen können. Für Hochrisiko-Anwendungen gelten umfassende Auflagen, von der Pflicht zur menschlichen Kontrolle bis zur Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Diese Anforderungen lassen sich nur umsetzen, wenn Governance und Compliance frühzeitig verzahnt werden.
KI-Sicherheit beginnt bei der Kontrolle der Datenbasis
Cybersecurity im Kontext von KI umfasst deutlich mehr als den Schutz vor externen Angriffen. Die Schwachstellen liegen häufig innerhalb der Organisation. Falsch konfigurierte Zugriffsrechte, unklassifizierte Dokumente und unstrukturierte File-Shares schaffen Einfallstore für Missbrauch und Datenabfluss. KI-Systeme wie Microsoft Copilot greifen automatisiert auf alle Inhalte zu, auf die der Nutzer Zugriff hat. Wenn diese Inhalte nicht sauber klassifiziert oder geschützt sind, können vertrauliche Informationen ungewollt in Prompts oder Output integriert werden.
Ohne konsequente Datenklassifizierung, Rollenkonzepte und Label-Management drohen Sicherheitsrisiken nicht durch Hacker, sondern durch interne Prozesse. Unternehmen benötigen daher ein abgestimmtes Zusammenspiel aus Data Loss Prevention, Sensitivity Labels, Zero-Trust-Architektur und kontinuierlicher Überwachung. Nur so lässt sich verhindern, dass KI zur Sicherheitslücke wird.
Vom Verwalten zum aktiven Gestalten von Datenstrategien
Data Governance ist nicht länger ein passives Kontrollsystem, sondern ein aktives Werkzeug zur Steuerung von KI-Initiativen. Die Verbindung zur Unternehmensstrategie ist entscheidend. Wer Data Governance isoliert betrachtet, verliert den Anschluss an Innovationen. Wer sie strategisch nutzt, kann die Potenziale von künstlicher Intelligenz mit klar definierten Regeln, Rollen und Prozessen erschließen. Dazu gehört auch die Fähigkeit, bestehende Governance-Strukturen weiterzuentwickeln, statt neue Strukturen parallel für KI aufzubauen. Die Wiederverwendung bestehender Prozesse, vom Risikomanagement bis zum Datenschutz, schafft Effizienz und Vertrauen. Die Herausforderung liegt darin, diese Systeme auf die veränderten Anforderungen auszurichten. Das betrifft sowohl technische Komponenten wie MLOps, Logging und Modelltracking als auch organisatorische Fragen zur Kompetenzverteilung und Verantwortlichkeit.
Kontinuität, Kontrolle und Klarheit als Grundpfeiler
KI verändert nicht nur die Systeme, sondern auch die Erwartungen an deren Steuerung. Wo früher Reporting und Datenverfügbarkeit genügten, erwarten Unternehmen heute nachvollziehbare, vertrauenswürdige und rechtskonforme Entscheidungen aus automatisierten Prozessen. Das ist nur möglich, wenn die Governance fortlaufend überprüft, angepasst und dokumentiert wird. Eine Einmal-Implementierung reicht nicht aus.
Die Rollen der Data Officers und KI-Verantwortlichen werden daher zunehmend übergreifend gedacht. Sie sind nicht nur Hüter der Compliance, sondern auch Impulsgeber für nachhaltige Innovationen. Erfolgreiche Unternehmen begreifen Governance als kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Sie setzen auf regelmäßige Gap-Analysen, Penetrationstests, Schulungen und ein Governance Framework, das auch in dynamischen Infrastrukturen Bestand hat.
Von Rollen, Prozessen und Richtlinien zur KI-fähigen Governance-Struktur
Ein häufig unterschätzter Aspekt beim Übergang von klassischer Data Governance zur KI Governance ist die systematische organisatorische Verankerung. Um KI-Modelle sicher und regelkonform einzusetzen, müssen bestehende Governance-Strukturen gezielt weiterentwickelt werden. Das betrifft nicht nur technische Standards, sondern auch die klare Definition neuer Verantwortlichkeiten. Neben etablierten Rollen wie Data Owner, Steward und Custodian gewinnen neue Funktionen wie ein AI Officer oder Governance Manager an Bedeutung. Diese koordinieren organisationsweit die Umsetzung von KI-Richtlinien, verantworten die Einhaltung regulatorischer Anforderungen und sorgen für den Brückenschlag zwischen Technologie, Recht und Business.
Auch KI-Literacy spielt eine Rolle. Der KI-Rechtsrahmen verlangt, dass Mitarbeiter, die mit KI interagieren, über eine angemessene Kompetenz verfügen. Das ist nicht als Einmalkurs zu verstehen, sondern als fortlaufendes Schulungskonzept. Ebenso sind kontinuierliche Risikoanalysen nötig, etwa durch Schwellenwertanalysen und Datenschutzfolgenabschätzungen nach DSGVO oder Risikobewertungen gemäß dem KI-Gesetz. Diese Verfahren lassen sich aus der bisherigen Data-Governance-Praxis adaptieren. Entscheidend ist, dass auch bei KI-Anwendungen nicht nur technische Prozesse greifen, sondern nachvollziehbare, auditierbare Mechanismen etabliert werden, die auf bestehenden Standards aufbauen und gleichzeitig neue Anforderungen abdecken.