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Cisco-Studie: Deutschland auch bei KI bestenfalls Mittelmaß

Eine weltweite Studie zur KI-Fähigkeit von Unternehmen zeigt einen bedenklichen Rückstand in Deutschland. Nur sieben Prozent der Firmen geben an, bestmöglich vorbereitet zu sein.

In Deutschland ist vieles immer noch „Neuland“ und bestenfalls Mittelmaß, was moderne Informationstechnologie betrifft. Daher überrascht das Ergebnis einer weltweiten Cisco-Studie zum Thema AI-Readiness wenig.

Nur sieben Prozent der deutschen Firmen geben an, bestmöglich auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz vorbereitet zu sein. Grundsätzlich sind deutsche Unternehmen weder weltweit noch in Europa in irgendeiner Kategorie der Studie führend.

Daten und ausreichende IT-Infrastruktur sind Voraussetzungen

Abgesehen von grundlegenden Technologien ist für Unternehmen, die künstliche Intelligenz nutzen wollen, die IT-Infrastruktur entscheidend. Insbesondere an das Data Center hinsichtlich Rechenleistung und das Netzwerk sind die Anforderungen hoch.

Gerade in diesen Bereichen sind deutsche Unternehmen schwach aufgestellt. Bei der Infrastruktur glauben nur 34 Prozent, ausreichend vorbereitet zu sein, global sind es durchschnittlich 47 Prozent. Ähnlich sieht es beim Thema Daten aus: Hier wähnen sich nur 31 Prozent der Firmen im grünen Bereich, weltweit sind es 43 Prozent. In beiden Bereichen liegen Großbritannien und Schweden klar vor Deutschland, Italien und Polen auf ähnlichem Niveau, Niederlande, Frankreich, Spanien und die Schweiz deutlich dahinter.

Die wichtigsten Ergebnisse der AI-Readiness-Studie auf einen Blick.
Abbildung 1: Die wichtigsten Ergebnisse der AI-Readiness-Studie auf einen Blick.

Am besten schneiden deutsche Unternehmen noch bei der KI-Strategie ab: 69 Prozent glauben hier, vollständig oder gut vorbereitet zu sein, global sind es dagegen im Durchschnitt 73 Prozent. Auch im europäischen Vergleich ist Deutschland nur Mittelmaß: In Schweden fühlen sich 86 Prozent der Unternehmen strategisch gut gerüstet, in Italien 73 Prozent, in Großbritannien und der Schweiz 71 Prozent. Hinter Deutschland liegen Spanien (66 Prozent), Polen (64 Prozent) die Niederlande (48 Prozent) und Frankreich (30 Prozent).

„Die genutzte Infrastruktur bestimmt in hohem Maße die KI-Fähigkeiten eines Unternehmens, doch aktuell ist sie in Deutschland oft noch nicht bereit für einen hochskalierten Einsatz von künstlicher Intelligenz“, ergänzt Christian Korff, Mitglied der Geschäftsführung Cisco Deutschland und Leiter der Bundesfachkommission Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0 vom Wirtschaftsrat der CDU. Zwei Drittel der deutschen Unternehmen geben an, dass ihre Infrastruktur nur begrenzt skalierbar ist. Auf den deutlich steigenden Stromverbrauch durch KI sind 60 Prozent und auf zunehmende Sicherheitsbedrohungen nur 35 Prozent vorbereitet.

Vergleichsweise gut stehen deutsche Unternehmen mit 47 Prozent im internationalen Vergleich noch bei der KI-Expertise ihrer Mitarbeiter da. In Europa befindet sich nur Schweden mit 63 Prozent vor Deutschland, der globale Durchschnitt liegt bei 53 Prozent.

Dringender Handlungsbedarf

„Alle Unternehmen weltweit wollen KI für ihre Geschäfte nutzen, aber es gibt ein großes Gefälle, inwieweit sie dazu auch in der Lage sind. In Deutschland gibt es einige Exzellenz-Cluster, aber in der Breite ist die Eintrittsschwelle zu hoch, um KI einzusetzen“, so Christian Korff.

„Technologien für künstliche Intelligenz wie Large-Language-Modelle kommen zu 80 Prozent aus den USA und China. Die zum Training dieser Modelle notwendigen Daten wandern dann auch in diese Länder und lassen sich nicht mehr zurückholen. Wir müssen dringend dafür sorgen, dass wir diese Modelle auch in Europa haben“, so Korff.

Was Unternehmen tun können, um die Einsatzbereitschaft von KI zu erhöhen.
Abbildung 2: Was Unternehmen tun können, um die Einsatzbereitschaft von KI zu erhöhen.

Hinsichtlich notwendiger IT-Infrastruktur sagt Korrf, dass Firmen zunächst eine starke, GPU-basierte, Rechenleistung benötigen. Sie müssten in der Lage sein, große Datenmengen in einem Modell zu rechnen. Dazu sei zudem eine Netzwerkinfrastruktur notwendig, die mit einer geringen Latenzzeit arbeitet. Es ginge auch darum, Petabytes an Daten von A nach B schieben zu können. Schlussendlich sei eine Netzwerkinfrastruktur im Rechenzentrum ab 500 Gigabit notwendig.

Die Auskünfte der Unternehmen zu der Studie beruhen allerdings auf Selbsteinschätzungen. Es handelt sich also um eine subjektive Wahrnehmung der befragten Unternehmensvertreter. Die Qualität der Ergebnisse hängt somit stark davon ab, inwieweit diese die Anforderungen an eine IT-Infrastruktur für die Nutzung von künstlicher Intelligenz richtig einschätzen konnten.

Korrf geht davon aus, das Firmen mit einer Netzwerkinfrastruktur, die älter als fünf bis sechs Jahre alt ist, nicht wirklich in der Lage sind, ein komplexes KI-Modell zu rechnen.

Über die Studie

Die Cisco-Studie basiert auf einer Doppelblind-Umfrage unter 8.161 Geschäfts- und IT-Führungskräften aus dem privaten Sektor in 30 Ländern, davon mehr als 300 Firmen in Deutschland. Die Erhebung wurde laut Cisco von einem unabhängigen Dritten durchgeführt, der die Teilnehmenden aus Unternehmen mit 500 oder mehr MitarbeiterInnen befragte.

Der Index versucht, die KI-Bereitschaft der Unternehmen in sechs zentralen Bereichen zu bewerten: Strategie, Infrastruktur, Datenhaltung, Governance, Fachpersonal und Unternehmenskultur. Die Unternehmen wurden anhand von 49 verschiedenen Metriken untersucht, um ihre jeweilige Bereitschaft in diesen sechs Bereichen sowie eine Gesamtbewertung zu ermitteln.

Jedem Indikator wurde eine individuelle Gewichtung zugewiesen, die sich nach seiner relativen Bedeutung für die AI-Readiness richtete. Auf Basis der Gesamtbewertung hat Cisco vier Unternehmensgruppen mit unterschiedlichem Bereitschaftsgrad definiert: Schrittmacher (vollständig vorbereitet), Verfolger (gut vorbereitet), Mitläufer (begrenzt vorbereitet) und Nachzügler (nicht vorbereitet).

Die komplette AI-Readiness-Studie finden Sie hier als PDF.

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