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KI für CIOs: Der Unterschied zwischen Realität und Werbung

Mittlerweile wird jedes mittelprächtige Automatisierungsprodukt als KI vermarktet. Doch wenn IT-Entscheider die richtigen Fragen stellen, finden sie schnell heraus, woran sie sind.

Software-Anbieter, Berater und andere Dienstleister schmücken sich heutzutage nur allzu gerne mit den schillernden Federn der künstlichen Intelligenz. Das ist auch nur logisch, angesichts der Möglichkeiten an, die diese Technologie mit sich bringt. Doch zwei wesentliche Faktoren werden dabei gern übersehen: Zum einen gibt es kein klares, einheitliches Verständnis des Begriffs KI auf dem Markt. Zum anderen ist KI nicht die Antwort auf jede Frage oder gar die Lösung für jedes Businessproblem.

Beides führt dazu, dass in Gesprächen mit KI-Experten (Künstliche Intelligenz) immer wieder Missverständnisse aufkommen und CIOs verunsichert sind, ob und in welcher Form sie KI überhaupt brauchen. Dieser Artikel enthält einen Gesprächsleitfaden, mit dem IT-Entscheider im Austausch mit Software- und Lösungsanbietern sowie Beratern die wirklich entscheidenden Antworten erhalten. Vier zentrale Fragen stehen dabei im Fokus:

Was bedeutet KI ganz konkret?

Wissenschaftler und Mathematiker erforschten in den 1950er Jahren die Möglichkeit, ob und wie Maschinen durch mathematische Formeln Entscheidungen mit menschenähnlicher Intelligenz zu treffen können. Obwohl damals Computer noch nicht einmal dazu in der Lage waren, Befehle zu speichern, sondern jede Eingabe unmittelbar ausführen mussten, war das die Geburtsstunde der künstlichen Intelligenz. Der Grund für diese Forschung liegt auf der Hand: es ging darum, Maschinen dazu zu befähigen, Aufgaben von uns Menschen zu übernehmen und uns damit das Leben zu erleichtern.

Heute ist der Begriff KI allgegenwärtig, auch wenn es nach wie vor keine konkrete, allgemeingültige Definition gibt. Umso schwieriger ist es für CIOs und deren Teams, in der Fülle von Angeboten, Lösungen und Beratungsleistungen den Ansprechpartner zu finden, dessen Auffassung von KI mit der eigenen übereinstimmt. Sprechen wir von einem simplen Automatismus, der manuelle Aufgaben nach einem Wenn-Dann-Schema erledigt? Geht es um Vorhersagen? Oder um neuronale Netze, die selbstständig lernen? Eine gemeinsame Definition ist schon ganz zu Beginn des Gesprächs Gold wert, denn dadurch stellt sich schnell heraus, ob sich ein weiterer Austausch lohnt. Außerdem fußt die Erwartungshaltung beider Gesprächspartner dann auf demselben Fundament und die Gefahr einer Enttäuschung ist erheblich reduziert.

„Es lohnt sich nur dann, das Gespräch mit dem jeweiligen Dienstleister weiterzuführen, wenn dieser ganz aufzeigen kann, welchen konkreten Vorteil die KI in seiner Lösung gegenüber einer einfacheren Alternative mitbringt. Wo liegt der Mehrwert? Welche Effizienzsteigerungen sind zu erwarten? Ist KI hier belegbar der Schlüssel zum Erfolg?“

Ulf-Gerrit James Adie, Ephesoft

Ist KI in diesem Fall sinnvoll? Warum?

Keine Frage: KI ist spannend, innovativ und liegt voll im Trend. Das sind allerdings noch keine guten Gründe für ihren Einsatz im eigenen Unternehmen. Deshalb sollte sich jeder CIO bei der Auseinandersetzung mit dieser Technologie – wie eigentlich bei jeder Frage rund um sein Business – vor allem fragen, welchen Grund es gibt, auf den Zug aufzuspringen. Wo Mitarbeiter viele Stunden investieren, um manuell repetitive Aufgaben zu erledigen und dabei möglicherweise kostenintensive Fehlerquoten produzieren, kann KI einen großen Nutzen bringen. Und auch wenn es darum geht, Datenberge zu strukturieren und analysieren, sind Lösungen mit künstlicher Intelligenz durchaus sinnvoll. In beiden Fällen ist klar, welcher Geschäftsnutzen sich aus dem Einsatz der Technologie ergibt.

Daher lohnt es sich nur dann, das Gespräch mit dem jeweiligen Dienstleister weiterzuführen, wenn dieser aufzeigen kann, welchen konkreten Vorteil die KI in seiner Lösung gegenüber einer einfacheren Alternative mitbringt. Wo liegt der Mehrwert? Welche Effizienzsteigerungen sind zu erwarten? Ist KI hier belegbar der Schlüssel zum Erfolg?

Wo genau steckt die KI im Produkt und wo kommt sie her?

Da KI eben in aller Munde ist und der Markt danach verlangt, erliegen viele Anbieter der Versuchung, diese Technologie auf Biegen und Brechen in die eigenen Systeme zu integrieren. Sie verlieren dabei manchmal den Blick für den Nutzen des Produkts für den Kunden. Umso wichtiger ist es, im Gespräch mit Beratern und Softwareherstellern genau zu verstehen, wo die KI im Produkt steckt und welche Funktion sie erfüllt. Hilft die Lösung tatsächlich bei der Beschleunigung der Prozesse sowie der Steigerung von Effizienz und Produktivität? Wenn ja, super! Wenn nicht, hat die Anwendung keinen Sinn – auch nicht, wenn sie KI enthält.

Darüber hinaus gibt es noch eine zweite relevante Wo-Frage: Wo kommt die KI her und wo wird sie gehostet? Diese Technologie boomt unter anderem auch deshalb so stark, weil sie von der Rechenpower der Cloud profitiert. Die meisten Lösungen, die künstliche Intelligenz einsetzen, verwenden Cloud-Dienste und sind damit sehr erfolgreich. Das heißt aber auch, dass CIOs sich darüber bewusst sein müssen, dass die Analyse ihrer Daten in der Cloud läuft. Vor diesem Hintergrund lohnt sich die Frage nach der exakten Umgebung, den Sicherheitsvorkehrungen und der Einhaltung von Compliance-Vorschriften. In einigen Fällen ist es sogar angezeigt, eher auf eine On-Premises-KI-Lösung zu setzen, auch wenn diese meistens kostenintensiver ist, weil dazu entsprechend leistungsstarke Hardware vorhanden sein muss.

Wie hilft KI im konkreten Business Case?

Haben Sie die vorangegangenen drei Fragen mit Ihrem Berater abgeklärt, sollten Sie bereits einen guten Einblick die eigene Situation und die Möglichkeiten der Unterstützung durch KI gewonnen haben. Zu guter Letzt sollten CIOs den konkreten Business Case noch einmal genau betrachten und final entscheiden, ob KI dafür die richtige Lösung ist.

Geht es darum, komplexe Dokumente absolut genau und fehlerfrei zu verarbeiten, kann künstliche Intelligenz helfen. Systeme mit überwachtem Machine Learning – in denen ein Mitarbeiter unsichere Fälle manuell prüft und an das System zurückgibt – unterstützen viele Unternehmen im Dokumentenmanagement. Aber es gibt auch Fälle, in denen Lösungen ohne KI schneller zum Ergebnis kommen, beispielsweise bei der Klassifizierung großer Mengen von Dokumententypen.

Es gilt daher, die SLAs (Service-Level-Agreement) und Ziele im Blick zu behalten, angebotene Lösungen kritisch zu hinterfragen und im Zweifel in einer kleineren Konfiguration auszuprobieren, um die richtige Entscheidung zu finden. Für jeden Business Case gibt es das richtige Tool – manchmal ist es KI, manchmal etwas anderes.

 

Über den Autor:

James Adie ist Vice President EMEA bei Ephesoft. Nach der Universität nutzte er seinen Abschluss in Wirtschaftswissenschaften, um eine erfolgreiche Karriere im Bank- und Versicherungswesen und in der Unternehmensberatung zu starten.

James hat Vertriebsteams in EMEA in einer Reihe von IT-Sektoren aufgebaut und geleitet, darunter Speicher- und Virtualisierungslösungen, E-Mail-Archivierung, Sicherheit und vorwiegend Dokumenten- und Workflow- und Prozessautomatisierungslösungen, wo seine frühe Beraterkarriere nützliche Einblicke in die Prozessverbesserung und Workflow-Optimierung bietet.

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