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Dezentrale Identität und künstliche Intelligenz

Das dezentrale Management von Identitäten bietet Unternehmen zukünftig einige Vorteile in Sicherheit. Es gilt aber noch einige Herausforderungen und Hindernisse zu bewältigen.

Dezentrale Identitätssysteme (DCI) stellen den nächsten Evolutionsschritt im Identity and Access Management (IAM) dar. Diese Technologie verspricht nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch Compliance.

In einer zunehmend komplexen digitalen Landschaft sieht sich auch die deutsche Wirtschaft verstärkten Bedrohungen durch Identitätsbetrug gegenüber. So berichteten laut Bitkom 56 Prozent der betroffenen Unternehmen von gestohlenen Kundendaten, während 33 Prozent den Diebstahl von Mitarbeiterdaten meldeten. Identitätsbetrug stellt damit eine der häufigsten Bedrohungen dar, die Unternehmen in Deutschland begegnen. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für Identitätsbetrug nimmt ebenfalls zu, indem diese Technologien für gezielte Angriffe wie Phishing und Social Engineering verwendet werden, um zentrale Autoritäten und Zugangssysteme zu kompromittieren.

Identitätsmanagement und Datenschutz

Die EU-Agentur für Cybersicherheit (ENISA) identifiziert in ihrem Bericht zu aktuellen Sicherheitsbedrohungen KI-gesteuerten Identitätsbetrug und automatisierte Angriffe als wachsende Probleme. Moderne, verteiltes Identitätsmanagement wie DCI kann laut ENISA dabei helfen, diesen Bedrohungen einen Schritt voraus zu sein.

Viele Unternehmen sind jedoch nicht skeptisch, wie eine aktuelle Umfrage von Ping Identity unter 700 IT-Entscheidern zeigt – demnach werden die Vorteile zwar gesehen, doch die Akzeptanz und Umsetzung in Unternehmen bleibt vorerst gering. Vor allem in stark regulierten Regionen wie Deutschland, Österreich und der Schweiz werden Unternehmen in Zukunft jedoch von Systemen wie DCI profitieren; die Einhaltung strenger Datenschutzgesetze gepaart mit der Identitätsprüfung in immer komplexeren Systemen führt zu einer doppelten Herausforderung, die nach einem flexiblen, sicheren und benutzerorientierten Ansatz im Identitätsmanagement verlangt.

Vorteile: Datenhoheit, KI-Integration, Skalierbarkeit

Dezentrale Identitätssysteme lösen sich von der Abhängigkeit zentraler Autoritäten durch die Nutzung von Distributed-Ledger-Technologien, vergleichbar mit der Blockchain. Diese Verlagerung bietet nicht nur eine erhöhte Sicherheit, sondern entspricht auch der wachsenden Nachfrage nach Privatsphäre und Datenhoheit. Besonders in datenschutzsensiblen Märkten wird dieser Aspekt immer wichtiger.

Ein zusätzlicher Vorteil von DCI, der häufig übersehen wird, ist die Möglichkeit, künstliche Intelligenz nicht nur als Bedrohung, sondern als Abwehrmechanismus einzusetzen. Durch die Integration von KI in dezentrale Identitätssysteme können Anomalien und potenzielle Bedrohungen frühzeitig erkannt und abgewehrt werden. Unternehmen, die in DCI investieren, sollten daher auch KI-gestützte Sicherheitstechnologien in Betracht ziehen, um ihre Systeme weiter zu stärken.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil von DCI ist die hohe Skalierbarkeit der Technologie. Dezentrale Identitätssysteme können problemlos an die Bedürfnisse von Unternehmen jeder Größe angepasst werden, von kleinen Unternehmen bis hin zu großen multinationalen Konzernen. Die flexible Architektur von DCI ermöglicht es, Identitätsmanagementlösungen in verschiedenen geografischen Regionen und Marktsegmenten konsistent und effizient zu implementieren. 

Dies ist besonders wichtig für Unternehmen, die global operieren und gleichzeitig regionale Datenschutzanforderungen erfüllen müssen. Die Skalierbarkeit von DCI stellt sicher, dass die Technologie mit dem Wachstum des Unternehmens Schritt halten kann, ohne dass grundlegende Änderungen an der Infrastruktur erforderlich sind.

Herausforderungen: Integration und klare Vorgaben

Trotz der Vorteile zögern viele Unternehmen bei der Einführung von DCI. Ein Grund dafür ist die Herausforderung, DCI nahtlos in bestehende IAM-Frameworks zu integrieren. Eine klare Kommunikation des geschäftlichen Nutzens von DCI ist daher entscheidend, um interne Unterstützung zu gewinnen. Laut der oben genannten Umfrage unter IT-Entscheidern können gezielte Schulungen helfen, Wissenslücken zu schließen und die Akzeptanz zu erhöhen.

Detlev Riecke, Ping Identity

„Um das volle Potenzial von DCI auszuschöpfen, müssen erhebliche Hindernisse überwunden werden, darunter der Bedarf an besserer Bildung, klareren Vorschriften und umfassenden Integrationsstrategien.“

Detlev Riecke, Ping Identity

Zudem fehlt es in der DACH-Region noch an klaren regulatorischen Vorgaben für den Umgang mit dezentral verwalteten Identitäten. Institutionen wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) arbeiten jedoch daran, diese Lücke zu schließen und damit das Vertrauen in DCI zu stärken.

Auch auf europäischer Ebene laufen die Bemühungen für mehr Akzeptanz der digitalen Identität. Die aktuelle Initiative der Europäischen Kommission zielt darauf ab, ein sicheres und vertrauenswürdiges Rahmenwerk für die digitale Identität zu schaffen, das in allen Mitgliedstaaten genutzt werden kann und ein starkes regulatorisches Rückgrat bietet, das die DCI-Einführung in der DACH-Region beschleunigen könnte.

Tipps für IT-Entscheider

Unternehmen, die sich heute schon auf die Zukunft des Identitätsmanagements vorbereiten möchten, sollten folgende Schritte in Betracht ziehen:

Weiterbildung: Schulungsprogramme helfen, das technische und strategische Wissen rund um DCI zu erweitern. Dies umfasst sowohl die IT-Mitarbeiter als auch die C-Suite.

Ausrichtung an Geschäftszielen: DCI sollte zur Verbesserung der Cybersicherheit, Compliance und Nutzererfahrung beitragen, was sowohl DSGVO-Ziele unterstützt als auch das Vertrauen der Nutzer stärkt.

Public-Private Partnerships (PPP): Die Zusammenarbeit mit staatlichen und privaten Akteuren kann die Einführung von DCI durch den Austausch von Ressourcen und Wissen beschleunigen.

Pilotprojekte: Die Implementierung von DCI in einer kontrollierten Umgebung ermöglicht es Unternehmen, die Technologie zu verstehen und die Vorteile zu bewerten, bevor sie in größerem Umfang eingeführt wird.

Strategische Notwendigkeit

Dezentrale Identitätssysteme bieten eine vielversprechende Lösung für die wachsenden Herausforderungen der Cybersicherheit, die durch KI entstehen. Für Unternehmen stellt DCI nicht nur ein technisches Upgrade dar, sondern eine strategische Notwendigkeit. 

Durch die Befähigung des Einzelnen, seine digitale Identität zu kontrollieren, und die Verringerung der Abhängigkeit von zentralisierten Dienstanbietern bietet DCI einen sichereren und benutzerzentrierteren Ansatz für das Identitätsmanagement. Die Integration von KI in diese Systeme kann dabei helfen, das volle Potenzial von DCI auszuschöpfen und Unternehmen in die Lage zu versetzen, sich gegen die komplexen Bedrohungen der Zukunft zu wappnen.

Um das volle Potenzial von DCI auszuschöpfen, müssen jedoch noch erhebliche Hindernisse überwunden werden, darunter der Bedarf an besserer Bildung, klareren Vorschriften und umfassenden Integrationsstrategien. Mit Blick auf die Zukunft werden Organisationen, die proaktiv in DCI investieren, besser in der Lage sein, sich in der komplexen digitalen Landschaft zurechtzufinden und einen robusten Schutz in einer zunehmend vernetzten Welt zu gewährleisten.

Über den Autor:
Detlev Riecke ist Regional Vice President DACH Europe bei Ping Identity.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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