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Red-Hat-Studie: Deutsche Firmen priorisieren Souveränität

Die aktuelle Red-Hat-Studie zeigt, wie stark digitale Souveränität, transparente Cloud-Modelle und verlässlich betriebene KI-Lösungen die IT-Planung deutscher Firmen beeinflussen.

Eine aktuelle Red-Hat-Studie zum Thema digitale Souveränität wurde vom Unternehmen im November 2025 beim Red Hat Summit Connect 2025 vorgestellt und sie zeigt eine klare Entwicklung: Digitale Souveränität ist für 80 Prozent der deutschen IT-Entscheider die wichtigste strategische Aufgabe der kommenden 18 Monate. Sicherheit, Cloud-Architekturen und Virtualisierung folgen nur knapp dahinter. Dieser neue Fokus ist Resultat geopolitischer Entwicklungen, zunehmender regulatorischer Anforderungen und einer wachsenden Sensibilisierung der Unternehmen für juristische und technische Abhängigkeiten. Viele IT-Abteilungen beschäftigen sich inzwischen intensiver mit Fragen der Datenhoheit, der Kontrollmöglichkeiten über Infrastruktur und der langfristigen Kosten- und Innovationsfähigkeit ihrer Architekturentscheidungen.

Abbildung 1: Die Red-Hat-Umfrage verdeutlicht, wie sich der Fokus deutscher Unternehmen auf digitale Souveränität verschoben hat.
Abbildung 1: Die Red-Hat-Umfrage verdeutlicht, wie sich der Fokus deutscher Unternehmen auf digitale Souveränität verschoben hat.

Open Source als Fundament souveräner IT

Dass Unternehmen digitale Souveränität anstreben, beeinflusst auch ihre Softwarestrategie. Fast alle deutschen Befragten bewerten Enterprise-Open-Source als wichtig für zentrale IT-Bereiche, von Cloud über Virtualisierung bis zu Sicherheit und KI. Diese Einschätzung basiert darauf, dass offen einsehbare Software Transparenz, Auditierbarkeit und Unabhängigkeit von einzelnen Herstellern ermöglicht. Für KI-Projekte wird Offenheit zusätzlich mit Nachvollziehbarkeit von Trainingsdaten und Modellen verknüpft, ein Faktor, der besonders für regulierte Branchen zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Cloud-Nutzung bleibt komplex und wird selektiver

In der Cloud-Strategie deutscher Unternehmen dominieren laut der Studie Abwägungen zwischen Flexibilität und Kontrolle. Rund drei Viertel der Unternehmen sehen Souveränitätsrisiken als hinderlich für eine Cloud-Einführung, was deutlich macht, dass die Wahl von Betriebsmodellen nicht mehr allein von Skalierung und Kosten geprägt wird. Neben technischen Barrieren treten organisatorische Herausforderungen auf, etwa interne Silos oder Widerstände in Teams, die mit bestehenden Werkzeugen arbeiten. Bei der Entwicklung ihrer Cloud-Souveränitätsstrategie legen Unternehmen daher Wert auf klare Kontrollmöglichkeiten, Prüfbarkeit der Dienste und transparente Lieferketten. Regionale Verfügbarkeit und verlässliche Compliance spielen ebenfalls eine größere Rolle als in früheren Cloud-Adoptionsphasen.

Virtualisierung als strategisches Thema

Parallel dazu entsteht im Virtualisierungsmarkt ein neuer Druck zur Modernisierung. Unternehmen suchen Alternativen zu klassischen Virtualisierungsplattformen, insbesondere seit sich Vertragsmodelle und Lizenzbedingungen geändert haben. Viele sehen darin eine Gelegenheit, Virtualisierung und Modernisierung zugleich anzugehen. Statt reine Lift-and-Shift-Migrationen bevorzugen zahlreiche Organisationen eine Kombination aus virtuellem Betrieb und containerbasierter Transformation. Plattformen wie OpenShift Virtualization sollen dabei helfen, bestehende Workloads schrittweise in modernere Betriebsmodelle zu überführen, ohne den laufenden Geschäftsbetrieb zu gefährden.

Red Hat hilft Anwendern, beispielsweise von VMware in eine andere virtualisierte Umgebung zu migrieren. Wichtig ist, dass sich häufig eine Virtualisierungsumgebung nicht einfach in einer anderen 1:1 abbilden lässt. Der Softwarehersteller empfiehlt hier eine umfassende Modernisierung mit klar dargelegten Erwartungen, Zielstellungen und Umsetzungsschritten.

KI-Initiativen wachsen, aber viele Unternehmen verharren in frühen Phasen

Deutsche Unternehmen investieren zunehmend in künstliche Intelligenz (KI), planen bis 2026 aber vor allem eine deutliche Ausweitung der Budgets. Während nahezu die Hälfte der Umfrageteilnehmer sich aktuell erst mit der Erkundung von Anwendungsfällen beschäftigt, erreicht nur ein kleinerer Teil bereits die Phase, in der messbarer Kundennutzen entsteht. Hier macht sich bemerkbar, dass die interne Koordination zwischen IT, Fachbereichen und spezialisierten KI-Teams noch nicht optimal funktioniert. Die häufig genannten Barrieren – hohe Implementierungskosten, fehlende Modelltransparenz und organisatorische Silos – spiegeln diese Herausforderungen wider. Zugleich fehlt in vielen Unternehmen eine ausreichende Grundlage, um KI systematisch in bestehende Systeme einzubetten.

Abbildung 2: Noch immer müssen viele Unternehmen sich in erster Linie um die KI-Akzeptanz ihrer Mitarbeiter bemühen.
Abbildung 2: Noch immer müssen viele Unternehmen sich in erster Linie um die KI-Akzeptanz ihrer Mitarbeiter bemühen.

Fachkräftemangel bremst KI- und Cloud-Projekte

Besonders groß ist der Engpass bei KI-Kompetenzen. Fast vier von fünf IT-Verantwortlichen sehen laut der Studie einen akuten Mangel an Talenten, die Datenanbindung, Modellnutzung oder agentenbasierte Technologien effektiv beherrschen. Auch Schulungen für Mitarbeitende werden als dringlich eingestuft, da Unternehmen KI breiter verfügbar machen möchten. Der Fachkräftemangel wirkt sich dabei unmittelbar auf Cloud- und Modernisierungsprojekte aus, da KI immer stärker in die Betriebsprozesse integriert wird und Cloud-Architekturen zunehmend auf KI-Workloads abgestimmt sein müssen.

Abbildung 3: Fehlendes Fachwissen ist laut der Red-Hat-Umfrage noch immer eine der größten Hürden bei der Umsetzung von Projekten.
Abbildung 3: Fehlendes Fachwissen ist laut der Red-Hat-Umfrage noch immer eine der größten Hürden bei der Umsetzung von Projekten.

Schatten-KI entwickelt sich zu einem Governance-Problem

Ein weiteres Resultat der Studie ist der weit verbreitete Einsatz von Schatten-KI. 91 Prozent der befragten Unternehmen berichten von Fällen, in denen Beschäftigte ohne offizielle Freigabe KI-Werkzeuge nutzen. Diese Nutzung geschieht häufig aus Effizienzgründen, birgt jedoch Risiken hinsichtlich Datenschutz, Modellqualität und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen. Unternehmen stehen damit vor der Aufgabe, Richtlinien zu etablieren, Werkzeuge bereitzustellen und gleichzeitig produktive Nutzung nicht zu behindern.

Deutschland sieht sich als möglichen KI-Standort der Zukunft

Trotz aller Herausforderungen ist der Optimismus groß: 98 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Deutschland bereits eine relevante KI-Rolle spielt oder sie innerhalb der kommenden drei Jahre erreichen kann. Kritische Stimmen verweisen auf fehlende Recheninfrastruktur, unzureichende öffentliche Förderung oder unklare politische Rahmenbedingungen. Insgesamt zeigt sich jedoch ein breiter Wille, in Technologien und Kompetenzen zu investieren – ein Trend, der sich auch in branchenspezifischen Projekten widerspiegelt.

Red Hat führt ein EU-weites Support-Modell für souveräne Umgebungen ein

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hat Red Hat Confirmed Sovereign Support for EU eingeführt. Dabei handelt es sich um ein Support-Modell, das sicherstellt, dass Supportdaten ausschließlich in der EU verarbeitet werden und ausschließlich durch dort ansässige und europäische Mitarbeitende bearbeitet werden. Der übliche globale Follow-the-Sun-Ansatz wird für diese Kunden ausgeschlossen, um die Anforderungen an Datenstandorte, Verarbeitungsketten und Support-Sicherheit zu erfüllen. Das Angebot geht im ersten Quartal 2026 an den Start und richtet sich vor allem an Organisationen, die regulatorisch oder unternehmenskritisch an enge geografische Rahmenbedingungen gebunden sind. Technisch erweitert es den bestehenden Enterprise-Support nicht, stellt aber zusätzliche betriebliche Garantien bereit, die für viele europäische Projekte zunehmend wichtig werden.

Praxisbeispiele: Wie Unternehmen Souveränität und KI verbinden

Die im Rahmen des Summit Connect präsentierten Fallstudien verdeutlichen, wie unterschiedlich die Wege zu souveränen und KI-fähigen Umgebungen aussehen können. Volkswagen nutzt OpenShift Lightspeed, um komplexe Compliance-Anforderungen mit einer skalierbaren Plattform zu verbinden und gleichzeitig Mitarbeitende besser zu unterstützen. Rossmann hat hingegen eine Cloud-Plattformstrategie eingeführt, die Azure Red Hat OpenShift als verbindende Schicht nutzt und damit eine einheitliche Entwicklungs- und Betriebsbasis aufbaut. Beide Beispiele zeigen, dass Unternehmen zunehmend hybride Modelle einsetzen, um Flexibilität zu bewahren und gleichzeitig Kontrolle über Daten und Workloads auszuüben.

Ein Markt zwischen Modernisierungsschub und Risikobewusstsein

Es ergibt sich ein Markt, in dem Unternehmen neue Technologien schnell adaptieren wollen, gleichzeitig aber stärker auf Transparenz, Standorttreue und Nachvollziehbarkeit achten. KI, Cloud und Virtualisierung greifen zunehmend ineinander, wodurch Abhängigkeiten und Datenflüsse genauer bewertet werden. Souveränität wird damit weniger als abstraktes Ziel verstanden, sondern als praktischer Rahmen, innerhalb dessen Unternehmen Architektur- und Beschaffungsentscheidungen treffen.

Bereits jetzt gewinnt die Marktsituation im Bereich digitaler Souveränität an Dynamik. Red Hats neues Support-Modell ist dabei ein Baustein unter vielen, zeigt jedoch exemplarisch, wie Anbieter auf die sich verändernden Anforderungen europäischer Unternehmen reagieren. So gibt es andere souveräne Cloud-Angebote wie AWS European Soverreign Cloud, Microsoft Sovereign Cloud oder die Oracle Sovereign Cloud. Darüber hinaus etablieren sich immer mehr europäische/deutsche Cloud Provider wie STACKIT, die eine Alternative zu amerikanischen Angeboten offerieren wollen.

Das Thema der digitalen Souveränität wird uns noch lange begleiten und IT-Umgebungen nachhaltig verändern. Eine vollständige Unabhängigkeit wird sich wahrscheinlich nicht erreichen lassen, aber zumindest ein Grad, der das Risiko aufs geringste Niveau minimiert.

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