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Quanten-Computing in der Microsoft-Cloud: Azure Quantum

Quantencomputer stecken noch in den Kinderschuhen. Derzeit können Entwickler sich jedoch in Azure an der neuen Technologie versuchen. Ähnliche Angebote gibt es von AWS und IBM.

Mit Azure Quantum will Microsoft Entwicklern die Möglichkeit geben sich mit der Entwicklung von Quantenanwendungen zu beschäftigen. Dazu stellt Microsoft in Azure eine All-in-One-Lösung für Quantenanwendungen bereit. Aber auch IBM und Amazon bieten entsprechende Plattformen.

Azure Quantum ist eine Plattform für Entwickler, um mit Quantenanwendungen zu experimentieren. Microsoft stellt dafür seit Februar 2021 als Preview die Hardware zur Verfügung und einige Softwarebibliotheken.

Der Service soll als All-in-One-Lösung für das Entwickeln von Anwendungen für Quantencomputer dienen. Damit können in Zukunft komplexe Berechnungen, zum Beispiel für das Optimieren von Prozessen wesentlich schneller durchgeführt werden.

Während herkömmliche Computer mit Bits arbeiten, die zwei Zustände (0 und 1) annehmen können, arbeiten Quantencomputer mit Qubits. Diese können verschiedene Zwischenstufen von Zuständen annehmen. Mehrere Qubits werden in einem Quantenregister verbunden und können durch die verschiedenen Zwischenstufen hochkomplexe Aufgaben erfüllen, und das wesentlich schneller als herkömmliche Computer. Anwendungen, die auf einer Hardware mit einer komplett anderen Berechnungsprämisse laufen sollen, müssen darauf ausgelegt sein.

Möglichkeiten von Azure Quantum im Überblick

Für Azure Quantum sind keine lokalen Ressourcen notwendig. Um Programme zu entwickeln, benötigen Anwender jedoch die entsprechenden Entwickler-Tools. Diese stellt Microsoft aber kostenlos als Open Source zur Verfügung.

Azure Quantum kann für kleinere Probleme mitunter auch im produktiven Bereich zum Einsatz kommen. Allerdings ist die Entwicklung von Quantencomputern noch nicht so weit, dass eine Umgebung produktionsreif zur Verfügung steht. Im Fokus von steht eher, dass sich Entwickler und andere IT-Profis in die Möglichkeiten von Quantencomputern für den Geschäftsbetrieb einarbeiten können.

Derzeit kann Azure Quantum vor allem Optimierungsprobleme lösen, bei denen in komplexen Systemen sich wiedersprechende Ziele oder sich gegenseitig negativ verstärkende Trends ausgeglichen werden sollen – zum Beispiel im Bereich Verkehrsplanung, Lieferketten oder der Prozessoptimierung.

Überall da, wo traditionelle Algorithmen mit zufälliger Verteilung Probleme bekommen, ist Quanten-Computing potenziell im Vorteil. Azure Quantum verfügt außerdem für die Optimierung über Algorithmen, die das Verhalten eines Quantencomputers simulieren (sogenannte QIO, Quantum Inspired Optimization Algorithms), so dass kleinere Optimierungsaufgaben auf normaler Hardware laufen können.

Quantenanwendungen mit Azure Quantum entwickeln

Bestandteil von Azure Quantum ist auch das Quantum Development Kit und die Programmiersprache Q#. Diese stellt Microsoft zusammen mit passenden Compilern als Open Source kostenlos zur Verfügung. Das QDK lässt sich auch ohne Azure Quantum nutzen, zum Beispiel mit anderen Cloud-Quantencomputerangeboten.

Das QDK und Q# können mit Visual Studio und Visual Studio Code genutzt werden. Sie stehen also vollkommen kostenlos zur Verfügung. Q# arbeitet mit Python zusammen. Um Q# in Visual Studio zu nutzen, kann die QDK-Erweiterung eingebunden werden. Microsoft stellt dazu auch Anleitungen zur Verfügung.

Mit Azure Quantum erhalten Experten Zugriff auf verschiedene Hardwarelösungen von unterschiedlichen Anbietern. Alternativ können sie vorgefertigte QIOs benutzen, so dass sie keine kompletten eigenen Quantenanwendungen schreiben müssen.

Für Entwickler, die mehr über das Programmieren mit Q# lernen möchten, stellt Microsoft Dokumentationen und Lernassistenten zum Thema Quantencomputer zur Verfügung. Mit Quantumcomputing-Grundlagen lernen Anwender acht Modulen den generelle Umgang mit der Technologie.

Auch auf GitHub stehen Ressourcen dazu zur Verfügung. Codebeispiele für die Verwendung von Azure Quantum sind in der Microsoft-Dokumentation zu finden.

Umfassende Anleitungen für Q# und das QDK sowie andere Komponenten zur Quantenanwendungsentwicklung sind in der Azure-Quantum-Dokumentation zu finden.

Kosten von Azure Quantum

Im Testzeitraum steht Azure Quantum kostenlos zur Verfügung. Danach kostet die Verwendung etwa 8,50 Euro pro Stunde Rechenzeit, wenn fünf Jobs gleichzeitig gestartet sind. Wer zum Beispiel 100 Jobs gleichzeitig nutzen will, muss mit 75 Euro pro Stunde rechnen. Genauere Informationen entnehmen Sie der Preistabelle auf der Azure-Seite.

Entwicklungsschnittstellen zu Quanten-Computing- und Optimierungslösungen

Bestandteil von Azure Quantum sind auch Entwicklungsschnittstellen für externe Quantencomputing-Angebote. Über Azure Quantum kann auf Lösungen von Microsoft-Partnern zugegriffen werden, die ebenfalls mit Quantencomputern arbeiten. Dazu gehören Honeywell Quantum Solutions und IonQ. Hier arbeitet Microsoft an Erweiterungen und der Anbindung weiterer Partner.

Microsoft unterstützt in Azure Quantum zudem Quantum Intermediate Representation (QIR). Dabei handelt es sich um eine Open-Source-Zwischensprache auf Basis von LLVM. QIR spezifiziert einen Satz von Regeln zur Darstellung von Quantenkonstrukten in LLVM. Microsoft will QIR als gemeinsame Schnittstelle für verschiedene Quanten-Programmiersprachen über unterschiedliche Plattformen hinweg etablieren. Mehr zu QIR ist im DevBlog bei Microsoft zu finden.

Amazon Bracket und IBM Quantum Experience als Alternative nutzen

Microsoft ist nicht der einzige Anbieter von Quantencomputern in der Cloud. AWS bietet mit Amazon Bracket einen Dienst an, mit dem sich Entwickler mit Quantencomputern und zugehörigen Diensten auseinandersetzen können. Amazon arbeitet in diesem Bereich mit D-Wave, IonQ und Rigetti zusammen.

Wie bei Azure Quantum stehen auch bei Amazon Bracket in AWS vor allem die Entwickler im Fokus. Dafür stellt Amazon ihnen Beispielcode und Simulationen zur Verfügung.

IBM bietet mit Quantum Experience einen ähnlichen Dienst.

Außerdem stellt die Fraunhofer-Gesellschaft Mitte April eine Quantencomputer-Forschungsplattform vor, die sie gemeinsam mit IBM entwickelt hat

Fazit

Derzeit sind Quantencomputer in der Praxis noch Mangelware. Es ist aber davon auszugehen, dass zunächst die großen Cloud-Anbieter wie Azure, AWS oder Google Cloud Platform zahlreiche Dienste zur Verfügung stellen werden, die Berechnungen auf Quantenbasis ermöglichen.

Azure Quantum ist ein guter Weg, um einen Einstieg in Quantenanwendungen zu schaffen. Vor allem, wenn es um Optimierungsberechnungen geht, können Unternehmen schon jetzt einen praktischen Nutzen aus der Technologie ziehen.

Auch wenn Quantencomputer derzeit noch weit vom produktiven Einsatz entfernt sind, kommt die Forschung immer weiter voran. So haben zum Beispiel chinesische Forscher eine Rechenaufgabe in 200 Sekunden mit einem Quantencomputer gelöst, für die der beste chinesische Supercomputer über 2.500.000.000 Jahre brauchen würde.

Das zeigt, dass Quantencomputer langfristig in vielen Bereichen eingesetzt werden. Angesichts der Relevanz komplexer Modelle für große Themen der Zeit, wie Umweltzerstörung, globale Lieferketten, Kryptographie und Verkehr, werden Quantencomputer sich voraussichtlich in vielen Branchen etablieren.

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