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Intent-based Networking: Realitäts-Check 2019

2019 erscheint Intent-based Networking noch eher wie Science-Fiction. Trotzdem sollten Sie die Chance nutzen, sich mit den derzeit verfügbaren IBN-Optionen vertraut zu machen.

Der Hype, der in den letzten 18 Monaten rund um Intent-based Networking (IBN) gemacht wurde, ist kaum noch zu toppen.

Aber jenseits des ganzen Medienrummels fragen sich viele, was Intent-based Networking für sie 2019 an Vorteilen bringen kann. In diesem Artikel schauen wir hinter die Marketing-Kulissen, um zu klären, ob IBN Ihre Beachtung verdient – und falls ja, wo Sie anfangen sollten.

Das grundlegende Konzept von IBN besteht darin, das Netzwerk aus einer völlig anderen Perspektive zu betrachten. Beim Aufbau traditioneller Netzwerke ging es immer um üppige Ressourcen, die auf quantifizierbaren Metriken basierten, wie Durchsatz, Latenz und Paketverlust. Nachdem das Netzwerk entsprechend den Spezifikationen fertiggestellt war, wurden Anwendungen hinzugefügt, ohne ausreichend zu beachten, wie wichtig Datenströme sind. Das führte zu einem Netzwerk, das im Großen und Ganzen alle Daten gleich behandelte. Dabei war Quality of Service (QoS) ein Differenzierungskriterium, wenn es darum ging, unterschiedliche Level von Netzwerkservices zu bieten.

IBN dagegen ist ein Versuch, das beabsichtigte Ergebnis eines Datenstroms, das ein bestimmter Endnutzer oder eine Geschäftseinheit am ehesten akzeptiert, in den Mittelpunkt zu stellen. Aber selbst diese Erklärung ist etwas irreführend. Wenn man noch mehr von der Marketing-Rhetorik abrückt, bedeutet IBN, dass das Netzwerk ein klares Verständnis von Zweck, Nutzen und Wichtigkeit aller in ihm laufenden Anwendungen hat.

Das Verständnis bildet die Grundlage, dass IBN mittels künstlicher Intelligenz (KI) diesen generellen Überblick über die Absicht von Anwendungsservices in eine detaillierte End-to-End Netzwerk-Policy umwandelt. Das IBN-System überprüft, aktualisiert und verteilt dann diese Policy per Echtzeitautomatisierung fortlaufend. Infolgedessen wird die gesamte zugrunde liegende Komplexität von der KI maskiert und verwaltet, anstatt wie sonst üblich von Netzwerktechnikern.

Es stimmt, dass IBN höchstwahrscheinlich die Zukunft von Enterprise Networking darstellt. Erwarten Sie aber nicht, dass Ihr Netzwerk dieses Intelligenzniveau von heute auf morgen erreicht. IBN wird ein gehöriges Maß an Planung und Umstrukturierung Ihrer aktuellen Umgebung erfordern.

Ansätze für Intent-based Networking

Obwohl es IBN seit geraumer Zeit gibt, rückte es für viele erst ins Bewusstsein, als Cisco auf dem Partner Summit 2017 seine Strategie Network Intuitive ankündigte. Einige Firmen bieten derzeit Plattformen mit End-to-End IBN, doch nur große Organisationen – zum Beispiel globale Service-Provider – erkennen in dieser frühen Phase der neuen Technologie Renditemöglichkeiten. Die meisten Technologieanbieter, die IBN vorantreiben, wollen deshalb ihre Kunden dazu bewegen, in die neue Technologie einzusteigen, um Erfahrungen zu gewinnen.

Data Analytics. Einige IBN-Anbieter machen massiv Werbung für Intent-based Data Analytics als Übergang zu vollständigem IBN. Diesen Ansatz können Netzwerkarchitekten nutzen, um zu verstehen, wie anwendungsspezifische Daten sich in ihrem Netzwerk extrahieren und analysieren lassen, um unternehmensspezifische Netzwerk- und Datensicherheits-Policies zu erstellen und bereitzustellen. Die Idee dahinter: Wenn Organisationen begreifen, wie die KI Datenströme analysieren kann, um eine neue Richtlinie zu erstellen, besteht der nächste Schritt darin, Erstellung und Deployment von Policies einfach zu automatisieren – ganz ohne menschliches Eingreifen.

IBN bedeutet, dass das Netzwerk ein klares Verständnis von Zweck, Nutzen und Wichtigkeit aller in ihm laufenden Anwendungen hat.

Segmentierung. Ein anderer IBN-Ansatz ist, das Netzwerk in Intent-basierte und Nicht-Intent-basierte Segmente zu unterteilen. Durch diese Segmentierung können Sie das volle IBN-Spektrum in bestimmten kritischen Bereichen nutzen, wo sich Renditemöglichkeiten leicht ergeben.

Gleichzeitig reduziert dieser Ansatz Vorausinvestitionen und verringert die Komplexität im Zusammenhang mit der Bereitstellung von KI im gesamten Unternehmensnetzwerk. Die zwei häufigsten Netzwerksegmente, in denen IBN bereitgestellt wird, sind das WAN und das Data Center.

IBN im WAN. Das WAN ist ein Bereich des modernen Enterprise-Netzwerks, in dem es nicht möglich ist, einem Problem mit mehr Bandbreite zu begegnen. Das kann an den eingeschränkten WAN-Konnektivitätsoptionen liegen oder an den hohen Kosten für die Bereitstellung von mehr Bandbreite bei akutem Bedarf. Anstatt WAN-Konnektivitätsprobleme mit mehr Bandbreite zu lösen, können Organisationen IBN nutzen, um Datenströme automatisiert zu priorisieren. Viele Unternehmen erreichen ähnliche Ziele mit SD-WAN-Technologien (Software-defined WAN). IBN verwendet vergleichbare zugrunde liegende Prinzipien, fügt jedoch eine weitere Intelligenzebene hinzu.

IBN im Data Center. Wenn IBN im Data Center bereitgestellt wird, konzentriert sich die KI mehr auf die Server-zu-Server-Kommunikation als auf die Server-zu-User-Kommunikation. Dieser Ansatz kann die Konfiguration und Wartung einer Policy für Datenströme in verteilten Data-Center-Umgebungen dramatisch vereinfachen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass sich die Gefahr durch menschliche Fehler reduzieren lässt, wenn die KI eine solche Richtlinie neu erstellt und bereitstellt.

Man kann also festhalten, dass realistische Optionen für die Implementierung von Intent-based Networking in naher Zukunft relativ eingeschränkt sind. Doch trotz dieser Beschränkungen ist es wichtig, dass Unternehmen zumindest anfangen, sich jetzt mit unterschiedlichen IBN-basierten Optionen zu beschäftigen. Auf diese Weise können sie umfangreichere und bedeutendere Bereitstellungen in der Zukunft planen. Organisationen müssen sich IBN in sehr kleinen Schritten nähern. Nur dann entsteht ein Netzwerk, das über die Intelligenz verfügt, Traffic intentionsgesteuert zu routen.

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