SAP ERP: Qualitätszeugnisse in den Beschaffungsprozess integrieren

SAP bietet die Möglichkeit, Qualitätszeugnisse zu verwalten und in den Versand- und Beschaffungsprozess einzubinden. Hier ein Funktionsüberblick.

SAP ERP (Business One) bietet im QM-Modul mit der Komponente „Qualitätszeugnisse“ (QM-CA) die Möglichkeit, Qualitätszeugnisse zu chemischen oder physikalischen Eigenschaften von Waren und Produkten zu hinterlegen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Erzeugnisse den jeweils vordefinierten Qualitätsbestimmungen und -spezifikationen entsprechen und deren Qualität bescheinigen. In der Komponente QM-CA im Enterprise-Resource-Planning (ERP)-System von SAP kann sowohl der Prozess für eingehende als auch jener für ausgehende Qualitätszertifikate abgebildet werden. Mit den eingehenden Zertifikaten prüfen Unternehmen, ob Rohware oder Bauteile, die sie bei ihren Zulieferern beschaffen, gesetzliche Qualitätsanforderungen und interne Qualitätsstandards erfüllen. Der Verkäufer beziehungsweise Lieferant ist daher verpflichtet, dem Käufer bei einer Warenlieferung auch das jeweils erforderliche Qualitätszertifikat vorzulegen. Dieses Dokument soll sicherstellen, dass die gelieferte Ware tatsächlich die Qualitätskriterien und -standards aufseiten des Kunden erfüllt. Im Gegenzug stellt der Lieferant im Rahmen des Verkaufs- und Versandprozesses durch eine ausgehende Qualitätsbescheinigung sicher, dass die Lieferung den Qualitätsanforderungen seines Kunden, also dem Käufer, entspricht.

Kein Zertifikat, keine Warenannahme

Um auf Käuferseite die Qualitätszeugnisse in den Beschaffungsprozess zu integrieren, legt der für das Qualitätsmanagement verantwortliche Mitarbeiter in einem ersten Schritt einen Zertifikatstyp für jedes Material fest, das bei Lieferanten eingekauft wird. Auf diese Weise kann zum Beispiel bestimmt werden, ob die in technischen Produkten verbauten Materialien gängige Industriestandards wie ISO- und DIN-Normen erfüllen. Falls beim Wareneingang das zugehörige Zertifikat fehlt, kann der Käufer den Umgang damit intern auf unterschiedliche Weise regeln. Wie er dabei vorgeht, hängt davon ab, ob die Bescheinigung zwingend im Produktionsprozess erforderlich ist oder nicht. Ist Letzteres der Fall, wird die Ware angenommen und der Mitarbeiter im Lager lediglich systemgestützt informiert, dass das Zertifikat noch fehlt. Ist Ersteres der Fall, dann darf die Ware offiziell so lange nicht angenommen werden, bis der Zulieferer das fehlende Zertifikat übermittelt hat.

Mit der SAP-Statusverwaltung, die den aktuellen Verarbeitungsstatus dokumentiert, können die Mitarbeiter im Lager jederzeit überprüfen, ob überhaupt ein Zeugnis mitgeliefert wurde und, falls ja, wo es sich gerade befindet. Auf diese Weise lassen sich eingehende Qualitätszeugnisse transparent überblicken und jederzeit nachverfolgen. Um für das Dokument den aktuellen Status zu setzen, gibt es in der Komponente QM-CA die Funktionen „Zeugnis erwartet“, „Zeugnis eingegangen“, „Zeugnis bestätigt und archiviert“ oder „Zeugnis fehlt“.

Qualitätszeugnisse anmahnen

Anhand des Status des Zeugniseingangs lässt sich auch eine Liste aufrufen, die die noch ausstehenden Zeugnisse anzeigt. Deren Eingang kann dann bei den Lieferanten angemahnt werden, beispielsweise in Form einer einfachen Erinnerungsmeldung oder als Eilmeldung im Rahmen eines Eskalationsszenarios, etwa wenn eine Mahnfrist überschritten wurde. Die Meldungen werden vom SAP-System automatisch an den jeweiligen Lieferanten versendet.

Beide Szenarien lassen sich jeweils anhand konkreter Anwendungsbeispiele beschreiben. Unter bestimmten Umständen kann ein Unternehmen etwa mit dem Lieferanten vereinbaren, dass Qualitätszertifikate nicht gleichzeitig mit einer Lieferung im Wareneingang vorliegen müssen, sondern innerhalb einer bestimmten Frist – zum Beispiel drei Tage – nachgeliefert werden können. Das kann der Fall sein, wenn chemische Tests länger dauern als ursprünglich veranschlagt und sich dadurch die Erstellung des benötigten Qualitätszeugnisses verzögert. Fehlt das Zertifikat nach Ablauf der Frist – im Beispiel also nach drei Tagen – noch immer, wird der Lieferant vom SAP-System automatisch daran erinnert, es noch zu liefern.

Hat der Lieferant das Zertifikat auch nach Erhalt der Erinnerung nicht geschickt, wird ein Eskalationsprozess in Gang gesetzt. Der Zulieferer erhält eine Eilmeldung, die ihm die Dringlichkeit des Anliegens vor Augen führt. Eine solche Dringlichkeit wäre zum Beispiel gegeben, wenn Material wegen einer fehlenden Qualitätsbescheinigung nicht vom Eingangslager an die Produktion oder die Instandhaltung übergeben werden kann und aus diesem Grund die Logistik- und Supply-Chain-Prozesse stocken.

Der Lieferant wiederum muss sicherstellen, dass beim Versand zusammen mit der ausgehenden Ware auch das Qualitätszertifikat an den Kunden geschickt wird. Zur Erstellung des Zertifikats wird im QM-System ein Zertifikatsprofil geschaffen, das die Untersuchungsergebnisse zu den Eigenschaften eines Produkts enthält. Ein Beispiel: Ein Produkt wird unter zehn verschiedenen physikalischen und chemischen Attributen getestet, im ausgehenden Qualitätszertifikat sollen aber nur die Ergebnisse zu fünf Attributen dokumentiert werden. In diesem Fall dürfen dann nur diese fünf Attribute Bestandteil des Zertifikatprofils sein.

Der Qualitätsmanager führt für jedes Produkt zudem verschiedene Qualitätstests durch, deren Ergebnisse im SAP-System hinterlegt werden. Die aktuellen Untersuchungsergebnisse werden dann auf dem ausgehenden Qualitätszertifikat ausgedruckt, das zusammen mit jeder Warensendung als physisches Dokument an den Kunden geschickt wird.

Über den Autor: Jawad Akhtar ist Autor des Buches “Production Planning and Control with SAP ERP”, das bei SAP PRESS erschienen ist. Er ist Assistant Vice President bei AbacusConsulting, wo er sich auf Themen in den Bereichen Logistik und SAP SCM konzentriert.

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