Getty Images

Planung und Machbarkeit von Rechenzentren im Weltraum

Die Erde verfügt nur über eine begrenzte Menge an Land. Weltraum-Rechenzentren würden den Verbrauch von Flächen und Energie senken und die Verarbeitungsgeschwindigkeit erhöhen.

Aufgrund der steigenden Nachfrage nach Datenspeicherung müssen mehr Rechenzentren gebaut werden. Um die Menge an Land, die diese Einrichtungen in Anspruch nehmen würden, zu begrenzen, gibt es ungewöhnliche Umgebungen wie den Weltraum, in denen Rechenzentren untergebracht werden könnten.

Rechenzentren im Weltraum mögen wie eine weit hergeholte, futuristische Idee klingen, aber durch Experimente mit vorhandener Computertechnologie im Weltraum könnte diese Idee in wenigen Jahren Wirklichkeit werden. Rechenzentren in einer niedrigen Erdumlaufbahn (Low Earth Orbit, LEO) könnten Land auf der Erde einsparen, die Energiekosten durch Solarenergietechnologie senken und die Datenlatenz verringern.

Vorteile von Rechenzentren im Weltraum

Rechenzentren in einer erdnahen Umlaufbahn würden niedrigere Energiekosten sowie technologische und ökologische Vorteile bieten.

Geringere Energiekosten durch Solarenergie

Auf der Erde zählen Strom- und Kühlungskosten zu den größten Betriebsausgaben von Rechenzentren. Im Weltraum würden Solarenergie und Batterien den gesamten Strom liefern und so die Betriebskosten des Rechenzentrums senken.

Außerdem umkreist ein Raumfahrzeug – in diesem Fall ein Rechenzentrum – in einer erdnahen Umlaufbahn die Erde etwa alle 90 Minuten. Während dieser Zeit sind etwa 45 Minuten sonnig, während es die restliche Zeit dunkel ist. Die Energiereserve der Solarmodule versorgt die Batterien des Rechenzentrums, um die Hardware des Rechenzentrums bei fehlendem Sonnenlicht am Laufen zu halten.

Höhere Leistung für satellitengestützte Arbeitslasten

Die Platzierung eines Rechenzentrums in der Umlaufbahn könnte die Leistung für satellitengestützte Arbeitslasten verbessern. Nehmen wir einen Satelliten, der für die Wettervorhersage eingesetzt wird. Diese Art von Satellit muss Rohdaten zur Verarbeitung zur Erde übertragen. Es könnte jedoch der Tag kommen, an dem Wettersatelliten stattdessen Daten an ein orbitales Rechenzentrum übertragen könnten.

Wenn sich das Rechenzentrum in der Nähe des Satelliten befindet, könnte der Satellit Daten mit einer höheren Durchsatzrate an das Rechenzentrum übertragen, als wenn derselbe Satellit Daten an eine Empfangsstation am Boden überträgt.

Im Orbit würden Rohdaten vor dem Senden zur Erde verarbeitet. Das würde die Gesamtleistung der Arbeitslast verbessern und Bandbreite an der Empfangsstation freisetzen.

Axiom Space hat eine Partnerschaft mit Skyloom und Kepler Space mit dem Ziel geschlossen, das weltweit erste orbitale Rechenzentrum zu schaffen. Axiom Space plant, Datenübertragungsgeschwindigkeiten von 10 GBit/s zu unterstützen.

Rechenzentren im LEO würden den begrenzten Landraum auf der Erde schonen und eine effizientere Nutzung ermöglichen, zum Beispiel für die Landwirtschaft oder den Wohnungsbau.

Auswirkungen auf die Umwelt

Ein Rechenzentrum nimmt auf der Erde in der Regel etwas mehr als 16 Hektar Land ein, Hyperscale-Rechenzentren sogar deutlich mehr. Rechenzentren im LEO würden den begrenzten Landraum auf der Erde schonen und eine effizientere Nutzung ermöglichen, zum Beispiel für die Landwirtschaft oder den Wohnungsbau. Diese Rechenzentren würden auch nachhaltige Energiequellen nutzen, anstatt das Stromnetz, das Rechenzentren am Boden verwenden.

Physische Sicherheit und Cybersecurity

Rechenzentren in LEO wären nur wenigen physischen Sicherheitsbedrohungen ausgesetzt, da es für jemanden nahezu unmöglich wäre, physischen Zugang zum Rechenzentrum zu erlangen. Orbitale Rechenzentren könnten auch über sichere Kanäle und geschlossene Kommunikationssysteme mit Satelliten und Empfangsstationen kommunizieren und so zum Schutz vor Cyberangriffen beitragen.

Herausforderungen bei Rechenzentren im Weltraum

Es gibt verschiedene Faktoren, die sich negativ auf Computer im Weltraum auswirken können, wie zum Beispiel extreme Temperaturen und die unvorhersehbare Umgebung.

Extreme Kräfte beim Start

Der erste Faktor ist der Start, der notwendig ist, um den Weltraum zu erreichen. Raumfahrzeuge sind während des Starts extremen Vibrationen und starken G-Kräften ausgesetzt. Diese Kräfte würden wahrscheinlich alle Nicht-Festkörperkomponenten, wie zum Beispiel rotierende Festplatten, beschädigen oder zerstören.

Zerstörung von Geräten durch Radioaktivität und kosmische Strahlung

Strahlung kann zu Bit-Flips und Memory-Beschädigungen führen. Ebenso kann die galaktische kosmische Strahlung dazu führen, dass hochenergetische Partikel auf Orbitalsysteme treffen. Diese Teilchen können die Lebensdauer von Transistoren zerstören oder verkürzen. Fehlerkorrigierende Memorys können helfen, Memory-Fehler zu vermeiden, doch es ist auch eine Abschirmung gegen radioaktive Partikel erforderlich.

Kühlungssysteme

Im Weltraum kann der Temperaturunterschied zwischen Sonnenlicht und Schatten mehrere hundert Grad betragen. Herkömmliche Kühlsysteme sind im Weltraum nicht so effektiv, da die Konvektion in der Mikrogravitation nicht funktioniert. Bei Computern im Weltraum, wie denen auf der Internationalen Raumstation (ISS), werden jedoch mit Ammoniak gefüllte Radiatoren eingesetzt.

Weltraumbedrohungen und geeignete Baumaterialien

Die Infrastruktur eines orbitalen Rechenzentrums muss die Hardware im Inneren vor Mikrometeoriteneinschlägen und Temperaturschwankungen schützen. Die Ingenieure des Rechenzentrums würden hochbelastbare strukturelle Komponenten hauptsächlich aus Edelstahl oder Titan herstellen, während für den Großteil der Konstruktion Aluminiumlegierungen verwendet würden.

Das Rechenzentrum würde außerdem eine Schicht aus Gold- oder Silberfolie benötigen, um es vor bestimmten Arten von Strahlung zu schützen und die Temperaturkontrolle zu unterstützen. Eine Schicht aus Kevlar und Nextel könnte Schutz vor Stößen bieten, während eine externe Wärmedämmmatte eine zusätzliche Isolierung gegen extreme Temperaturen bieten würde.

Sind orbitale Rechenzentren realistisch?

Angesichts der Tatsache, dass die Weltraumumgebung für Computerhardware so ungünstig ist, sollte man sich fragen, ob die Hardware von Rechenzentren im Weltraum funktionieren könnte. Experimente von HPE haben die Haltbarkeit und Leistung von Computerhardware beim Abflug und in der Umlaufbahn getestet.

Im Jahr 2017 brachte HPE einen Supercomputer zur ISS, um herauszufinden, ob Standard-Computerhardware ohne Modifikationen im Weltraum funktionieren kann. Die beiden Server verbrachten mehr als eineinhalb Jahre im Orbit. Während das System online blieb und keinen Datenverlust erlitt, fielen neun von 20 Solid-State-Laufwerken während der Mission aus.

Letztlich hat das Experiment gezeigt, dass handelsübliche Hardware für Rechenzentren im Weltraum zuverlässig funktionieren kann. HPE setzte jedoch eine spezielle Software für seinen Spaceborne Computer ein, um einen reibungslosen Betrieb der Systeme zu gewährleisten. Diese Software erkennt und korrigiert Fehler, die durch Radioaktivität oder galaktische kosmische Strahlung verursacht werden. HPE hat Folgemissionen geplant.

Neben HPE und Axiom Space hat sich auch das EU-finanzierte Projekt ASCEND (Advanced Space Cloud for European Net Zero Emission and Data Sovereignty) von Thales Alenia Space mit dem Thema Rechenzentren im Weltraum auseinandergesetzt. Die Studie kam zu dem Schluss, eine Realisierung eines solchen Rechenzentrums ist möglich. Bis 2030 soll ein Entwicklungsplan für ein nutzbares System entwickelt werden, bis 2035 die dazugehörigen Transport-, Bereitstellungs-, Wartungs- und Reparaturmöglichkeiten. Antrieb des Projekts ist das Ziel, den ökologischen Fußabdruck und den Energieverbrauch auf der Erde zu reduzieren.

Überlegungen für weltraumgestützte Rechenzentren

Es gibt Maßnahmen, damit Computer im Weltraum ordnungsgemäß funktionieren. So waren beispielsweise die Space Shuttles Challenger, Discovery und Endeavour mit fünf Allzweckcomputern (General-Purpose Computer, GPCs) ausgestattet. Es gab Bedenken, wie sich die Weltraumumgebung auf die Zuverlässigkeit der Computer auswirken könnte.

Die GPCs der Raumfähren funktionierten ähnlich wie eine moderne Failover-Clustering-Umgebung, da im Normalbetrieb vier Computer gleichzeitig online waren. Jeder dieser Computer hatte eine Stimme. Wenn einer der Computer einen Fehler machte, wurde er von den anderen GPCs überstimmt. Der fünfte GPC diente als Backup-Flugsystem, das nur funktionierte, wenn einer der primären Computer ausfiel.

Damit ein Computer im Weltraum funktioniert, müssen zahlreiche Herausforderungen berücksichtig und bewältigt werden, weshalb die GPCs der Shuttles diese Konfiguration hatten. Wie bei den Space Shuttles wird es auch bei einem permanenten orbitalen Datenzentrum, das wahrscheinlich unbemannt sein wird, nur durch Trial und Error gelingen. Mit genügend Forschung- und Experimentierbemühungen könnten diese Projekte Umsetzung finden.

Erfahren Sie mehr über Data-Center-Betrieb