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Plattform statt Flickenteppich: KI in der Bankenbranche

Viele Banken nutzen KI noch isoliert. Der Wandel hin zu offenen, integrierten Plattformen ermöglicht jedoch flexible, datenschutzkonforme und kundennahe Prozesse.

Banken wollen ihre Prozesse effizienter, schneller und kundenfreundlicher gestalten und künstliche Intelligenz (KI) kann genau das leisten. Doch der Weg dahin ist komplex. Viele Institute setzen noch auf Insellösungen, etwa Dialekterkennung in Sprachsystemen, Chatbots für einfache Anfragen oder Tools zur automatisierten Dokumentenverarbeitung. Die Folge ist ein Flickenteppich aus einzelnen Werkzeugen, die sich nicht untereinander austauschen. Effizienzverluste und höhere Betriebskosten sind die Folge.

Doch diese Vorreiter werden bereits von neuen leistungsfähigeren Sprachmodellen (Large Language Models, LLMs) abgelöst. Insbesondere Open-Weights-LLMs bieten eine große Bandbreite an Einsatzmöglichkeiten, wodurch sie besonders interessant für den Bankensektor sind. Bei ihnen sind die Gewichtungen und Parameter für das Training öffentlich zugänglich. Dadurch sind Anwender nicht nur auf das trainierte Modell beschränkt, sondern können die Parameter untersuchen und weiterentwickeln – angepasst an die eigene Datenlandschaft. Das Ergebnis: KI versteht Kontexte besser und arbeitet zuverlässiger.

Vom Flickenteppich zur Kundenplattform

Ein entscheidender Schritt ist der Einsatz von integrierten KI-Plattformen, die modellagnostisch sind. Das erlaubt die Kombination verschiedener KI-Modelle, die je nach Anwendungsfall, update-fähig sind und sich flexibel erweitern lassen. Damit entfällt die Abhängigkeit von einem bestimmten Anbieter oder Modelltyp. So wird verhindert, dass technologische Entscheidungen in Sackgassen führen.

Banken besitzen damit ein System, das mit neuen Anforderungen wächst und schneller auf Marktveränderungen reagiert. Zudem vereinfacht die einheitliche Architektur Wartung, Monitoring und Compliance-Prüfungen. Idealerweise führt der einfache Wechsel von Modellen nicht zu einem Bruch in den Arbeitsabläufen. Entscheidend ist, kontinuierlich zu prüfen, welches Modell für einen bestimmten Anwendungsfall am besten geeignet ist. Neue Entwicklungen müssen schnell aufgegriffen werden können, etwa bei der Verfügbarkeit technologischer Weiterentwicklungen wie Agentic AI oder bei neuen regulatorischen Anforderungen.

Datenschutz als Designprinzip

Ein häufiger Vorbehalt gegenüber KI sind Verstöße gegen den Datenschutz. Denn einzelne Anbieter nutzen die eingegebenen Daten für das Training der nächsten Modellgeneration, sodass Leaks kritischer geschäftlicher Informationen, insbesondere Kundendaten, denkbar sind. Integrierte Kundenplattformen dagegen ermöglichen eine sichere Datenhaltung und -bearbeitung über alle eingesetzten Komponenten hinweg. Das erleichtert die datenschutzkonforme Nutzung erheblich.

Vor allem der Einsatz von offenen Modellen, die direkt auf der Plattform und damit innerhalb von Europa betrieben werden, ist leicht mit den Anforderungen des schweizerischen und europäischen Datenschutzes in Übereinstimmung zu bringen. Er wird dadurch zu einem festen Bestandteil der Systemarchitektur. Datenschutz by Design schafft Vertrauen und senkt Risiken. Das ist in der Finanzbranche entscheidend für die Akzeptanz der Technologie. Denn durch klare Verantwortlichkeiten werden Missverständnisse vermieden und die Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden vereinfacht.

Prozessintelligenz statt Bot-Silos

KI zeigt ihren besonderen Mehrwert, wenn sie direkt in die Geschäftsprozesse eingebettet wird. Dabei geht es nicht nur um einzelne Bots oder Tools, sondern um einen KI-gestützten Prozessablauf. Ein Beispiel: Ein Multi-Step AI Agent beginnt mit dem Vorqualifizieren von Kundenanfragen, übersetzt fremdsprachliche Nachrichten, erkennt die Absicht hinter einer Anfrage, greift auf Vertragsdaten und Kommunikationen zu und optimiert anschließend die Antwort darauf. Diese Schritte greifen ineinander und folgen einer übergeordneten Strategie.

KI-Agenten sollten nicht isoliert handeln, sondern sich an Use Cases orientieren. Auf diese Weise wird aus einem Werkzeugkoffer ein intelligentes System zur Unterstützung des Service. Es verkürzt die Reaktionszeit und entlastet interne Ressourcen. Parallel dazu kann KI auch Hinweise auf Verbesserungspotenzial liefern. Manche KI-Agenten protokollieren ihr Vorgehen und beinhalten eine eigene Chatfunktion für Nachfragen zu Entscheidungen und Abläufen durch den Systemadministrator. Damit wird KI zu einem Teil der Qualitätssicherung.

Dynamische Kundensegmentierung

Ein Beispiel für den Einsatz von KI ist die Kundensegmentierung. Viele Banken bewerten ihre Kundenstruktur in festen Intervallen. Häufig bleibt diese Analyse aber grob und berücksichtigt nur große Kundengruppen. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen sind deshalb pauschal und wenig flexibel. Durch KI lässt sich dieser Prozess dynamisieren und deutlich verfeinern – mit einer Segmentierung in Echtzeit.

René Konrad, BSI Software

„Plattformen, die agnostisch sind und keine bestimmten Modelle bevorzugen, sind der Kern einer nachhaltigen KI-Strategie im Bankensektor. Sie entfalten ihr volles Potenzial, sobald KI zum selbstverständlichen Bestandteil der digitalen Infrastruktur geworden ist.“

René Konrad, BSI Software

Dabei werden Verhaltensdaten kontinuierlich ausgewertet und genutzt, um Entscheidungen auf der Ebene einzelner Kunden zu treffen. Damit erhalten Banken neue Möglichkeiten für die Entwicklung individualisierter Produkte und Services, die besser auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind. Moderne Kundenplattformen sind in der Lage, automatisierte Teaser mit individuellen Angeboten oder Informationen auf das Smartphone und das Online-Banking ihrer Kundinnen und Kunden auszuspielen. KI erkennt Verhaltensänderungen frühzeitig, beugt Kundenabwanderung vor und erleichtert Cross- und Upselling. So entstehen hochrelevante Kampagnen und Berater erhalten auf ihre Kunden zugeschnittene Produktvorschläge direkt in ihren Arbeitsbereich. Auf diese Weise verändert KI die operative Steuerung im Kundenmanagement.

Fazit: Potenzial für die Praxis

Die Banken befinden sich zurzeit in einer Art Übergangsphase: Das Bewusstsein für die Potenziale von KI ist vorhanden, doch die Umsetzung ist noch herausfordernd. Es geht darum, bestehende Einzellösungen abzulösen und durch integrierte Systeme zu ersetzen. Plattformen, die agnostisch sind und keine bestimmten Modelle bevorzugen, sind der Kern einer nachhaltigen KI-Strategie im Bankensektor. Sie entfalten ihr volles Potenzial, sobald KI zum selbstverständlichen Bestandteil der digitalen Infrastruktur geworden ist. Damit erreichen Banken eine flexible, kundenorientierte Organisation, beschleunigen ihre Prozesse und positionieren sich als zukunftsfähige Unternehmen in einem dynamischen Marktumfeld, in dem technologische Anpassungsfähigkeit über Wettbewerbsfähigkeit entscheidet.

Über den Autor:
René Konrad verantwortet bei BSI Software als Community-Leiter Banking die Weiterentwicklung von CRM- und CX-Lösungen für die Finanzbranche. Seine Expertise schöpft er aus über 20 Jahren Erfahrung an der Schnittstelle von IT und Banking, unter anderem beim Banken-IT-Dienstleister Comit, bei Swisscom und als Geschäftsleitungsmitglied bei ti&m.

 

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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