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Fünf Tipps für bessere Lieferantenbeziehungen

Die effiziente Zusammenarbeit mit Lieferanten ist Grundvoraussetzung für stabile Prozesse entlang der Wertschöpfungskette. Wie Unternehmen ihre Lieferantenbeziehungen optimieren.

Fehlende Mikrochips, überteuertes Baumaterial und ausverkaufte Werkstoffe: Rund 25 Milliarden Euro könnten die anhaltenden Lieferprobleme der deutschen Volkswirtschaft laut Schätzungen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) kosten. Da viele Unternehmen ihre Produktion immer noch nicht auf das Vorkrisenniveau hochgefahren haben, bekommen Produzenten, Händler und Konsumenten die globalen Lieferengpässe zu spüren.

Die Folge: mangelnde Produktionsmittel, stillstehende Werke und steigende Preise. Zahlreiche Betriebe nehmen die aktuelle Entwicklung daher zum Anlass, ihre Lieferketten widerstandsfähiger und agiler aufzustellen. Die Beziehungen zu den Lieferanten sind dabei ein zentraler Aspekt – sie definieren, wie flexibel Unternehmen auf Engpässe oder Verzögerungen reagieren können.

Digitale Lösungen machen Unternehmen krisenfest

Wenn Unternehmen ihre Lieferantennetzwerke nicht pflegen und sich auf einige wenige Händler verlassen, werden ihre Lieferketten deutlich anfälliger für Störungen – das hat die Krise klar gezeigt. Trotzdem sind viele Betriebe in einem problematischen Ausmaß auf bestimmte Zulieferer angewiesen. Laut einer Deloitte-Studie ist die Abhängigkeit von Dritten in der Automobilbranche bei 42 Prozent der Befragten teilweise und bei elf Prozent sogar erheblich gestiegen.

Einer Studie der Kreditversicherungsgruppe Euler Hermes zufolge suchen 55 Prozent der befragten Unternehmen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten nach neuen Lieferanten. Doch damit allein ist es nicht getan – wer seine Beschaffung in Zukunft krisensicher aufstellen möchte, muss konsequent in die digitale Transformation der Lieferkette investieren.

Nicht umsonst sind genau die Unternehmen am besten gegen unvorhersehbare Ereignisse gewappnet, die bereits vor der Krise in entsprechende Technologien investiert haben. Das zeigt eine Studie von SAP und Oxford Economics, für die 1.000 Unternehmen aus den Bereichen Beschaffung und Supply Chain Management befragt wurden. Die Digitalisierung allein schafft allerdings noch keine stabileren Lieferantenbeziehung – erst ein ganzheitlicher und datengetriebener Transformationsansatz führt zum Erfolg.

Folgende fünf Strategien unterstützen bei dieser Transformation.

1.  Weniger Kooperation, mehr Kollaboration

Erst die Digitalisierung der Supply-Chain-Prozesse samt Integration in ein zentrales ERP-System erlaubt eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten. Diese Plattformen fördern dabei die Kommunikation und vereinfachen den Austausch. Betriebe und Lieferanten erkennen knappe Bestände oder Lieferengpässe auf einen Blick und finden gemeinsam schnelle Lösungen für Verzögerungen oder ausverkaufte Waren. Das stärkt die Partnerschaft und schafft langfristige Beziehungen.

Moderne Lösungen entlasten Einkäufer und Lieferanten, indem sie Routineaufgaben und Workflows beim Vertrags- oder Rechnungsmanagement automatisieren. Intelligente Assistenten überprüfen über eine zentrale Datenbank sämtliche Dokumente auf landesspezifische Regelungen und Compliance-Konformität. Das reduziert den Aufwand und macht Risiken frühzeitig sichtbar.

Mit digitalen Lösungen sind alle Parteien einer Lieferantenbeziehung in der Lage, effizient zusammenzuarbeiten. Die Schnittstellen der Prozesskette rücken in den Fokus, so dass die beteiligten Unternehmen ihre Kernprozesse angleichen und in einem einheitlichen System abbilden können. Der Effekt: Betriebe und Zulieferer rücken enger zusammen und stärken ihre Beziehung nachhaltig.

2. Lieferantenbeziehungen müssen agiler werden

Scrum, Design Thinking oder Kanban – immer mehr Unternehmen setzen auf agile Arbeitsmethoden, um kundenzentrierte Produkte und Dienstleistungen schneller auf den Markt zu bringen. Weil Einkaufsabteilungen vielerorts noch in anderen Zyklen agieren, müssen Unternehmen das Tempo und Mindset ihrer Beschaffung an diese Arbeitsweise angleichen.

Das Ziel: agile Lieferantenbeziehungen. Wenn Unternehmen die Routineaufgaben in ihren Einkaufsabteilungen mit digitalen Lösungen automatisieren, kommen sie diesem Wunschzustand schnell näher. Technologien wie Robotic Process Automation (RPA) oder künstliche Intelligenz (KI) legen die Grundlage dafür. Deshalb können die Mitarbeiter immer mehr Teilaufgaben innerhalb der Prozesskette an digitale Assistenten übertragen. Den Angestellten stehen auf diese Weise mehr Kapazitäten zur Verfügung, um die Beziehungen zu den Lieferanten weiter auszubauen.

Wer ein agiles Mindset auf seine Beschaffung übertragen möchte, muss dabei in einem engen Kontakt mit seinen Lieferanten stehen. Nur so stellen Unternehmen das gebotene Maß an Transparenz und Vertrauen her, dass für eine solche Arbeitsweise notwendig ist. Der Erfolg steht und fällt dabei nicht zuletzt mit der Bereitschaft aller Beteiligten, sich kontinuierlich in den Verbesserungsprozess einzubringen.

3. Ballast abwerfen und Lieferantennetzwerke optimieren

Wenn Unternehmen ihre Lieferantennetzwerke nicht sorgfältig pflegen, häufen sie über die Jahre eine Menge Ballast an. Inaktive Kontakte, falsche Ansprechpartner und teure Anbieter kosten den Einkauf nicht nur viel Zeit und Geld, sondern bringen auch Risiken mit sich.

Mit einer einheitlichen Datenstruktur identifizieren Unternehmen solche Schwachstellen im Lieferantennetzwerk, können sie verbessern und damit ihre Lieferkette optimieren. So wissen die Einkäufer beispielsweise immer, wann sie auf Zwischenhändler verzichten oder Vorlieferanten in die Verhandlungen einbeziehen können. Die erhöhte Transparenz trägt in Kombination mit den Möglichkeiten der Automatisierung wiederum dazu bei, das redundante und weniger wertschöpfende Tätigkeiten schnell abgestellt sind.

Sollte doch einmal nicht der passende Lieferant zur Hand sein, finden Einkäufer mit der richtigen Plattform innerhalb kürzester Zeit nützliche Alternativen. Das befähigt Unternehmen dazu, ihr Lieferantennetzwerk selbstbewusst zu verschlanken, sich aus der Abhängigkeit einzelner Händler zu befreien und die Lieferkette auch in Ausnahmesituationen aufrecht zu erhalten.

4. Mit KI und Predictive Analytics den Datenschatz heben

Das ERP-System fungiert in vielen Unternehmen als die Schaltzentrale für sämtliche Prozesse und aggregiert große Datenmengen. Um diese Daten auch sinnvoll nutzen zu können, müssen sich Unternehmen verstärkt mit künstlicher Intelligenz und Datenanalyse auseinandersetzen. Wenn die Technologien genutzt werden, um die Rechnungslegen oder das Contract Management zu automatisieren, profitieren davon auch die Lieferanten erheblich.

Mit Predictive Analytics erkennen Unternehmen bereits im Voraus wichtige Markttrends. Die auf Algorithmen basierenden Vorhersagen speisen sich aus den Informationen der Supply-Chain-Partner und weiteren externen Quellen. So werden Betriebe nicht mehr von Lieferengpässen oder Verzögerung überrascht und können zeitnah auf kritische Entwicklungen reagieren. Das zeigt Wirkung: Unternehmen, die Predictive Analytics bereits nutzen, berichten in einer SAP-Studie von deutlichen Effizienzsteigerungen.

5. Fokus auf Wissensmanagement und Best Practices

Erst wenn sämtliche Supply-Chain-Partner und -Prozesse auf einer einheitlichen E-Procurement-Plattform zusammengeführt werden, wird Transparenz zum Wettbewerbsvorteil. Sobald Unternehmen und Lieferanten das Silodenken entlang der Lieferkette überwunden haben, entsteht ein für alle fruchtbarer, interdisziplinärer Austausch. So wachsen starke Partnerschaften, aus denen sich wiederum innovative Lösungen für ganz spezielle Herausforderungen entwickeln.

Ellen Foerster, SAP

„Wenn Unternehmen ihre Lieferantennetzwerke nicht pflegen und sich auf einige wenige Händler verlassen, werden ihre Lieferketten deutlich anfälliger für Störungen.“

Ellen Förster, SAP

Daten sind die Basis dafür – sie tragen erheblich dazu bei, das Lieferantenbeziehungsmanagement zu optimieren. Neben Informationen zu Lagerbeständen, Warengruppen, Verträgen oder Lieferantenterminen müssen Unternehmen dabei auch externe Wissensquellen und Projektberichte berücksichtigen. Durch die transparente Dokumentation von Best Practices in Bereichen wie Datensicherheit oder Materialqualität geht wichtiges Wissen nicht verloren und wird so zum wichtigen Kompass für andere Projekte.

Über den Autor:
Mit mehr als sieben Jahren Vertriebserfahrung in verschiedenen Führungspositionen im IT-Sektor liegt Ellen Försters Fokus als Leiterin des Intelligent Spend & Business Network Teams in Mittel- und Osteuropa vor allem auf dem Vorantreiben der Digitalen Transformation der SAP Kunden durch die Verknüpfung von digitalem Wissen mit Geschäftsprozessen im Einkauf.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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