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2026: Unbequeme Wahrheiten - KI, Security und Verantwortung

2026 wird jetzt zum wichtigen Wendepunkt: Unternehmen realisieren, dass KI zwar zum Effizienzmotor wird, dabei aber eine der größten Angriffsflächen der nächsten Jahre schafft.

Künstliche Intelligenz entwickelt sich schneller, als Sicherheitskonzepte hinterherkommen. Was heute noch als Experiment oder Schatten-KI beginnt, ist morgen schon produktiv im Einsatz – oft leider ohne klare Governance, Transparenz und Sicherheitsarchitektur.

Drei Entwicklungen stechen dabei besonders hervor. Sie sind herausfordernd, aber entscheidend, um das Sicherheitsdelta zwischen Mensch, Maschine und KI-basierten Prozessen zu schließen.

1. Die Emanzipation von KI: Wenn Maschinenidentitäten zum Sicherheitsproblem werden

Unternehmen haben in den vergangenen Jahrzehnten gelernt, Benutzerkonten, privilegierte Zugänge und sensible Daten zu schützen. 2026 verschiebt sich die Bedrohungslage jedoch massiv: KI-Systeme agieren immer autonomer. Das bedeutet, dass sie Daten bewegen, Entscheidungen treffen, Berechtigungen erhöhen oder Workflows starten und das alles oft ohne eine klare Zuordnung von Verantwortung oder Zuständigkeit, und ohne Kenntnis des Kontexts, in dem die Agenten gestartet wurden.

Das Ergebnis ist ein exponentielles Wachstum an Maschinenidentitäten. Jeder KI-Agent, jedes Modell, jeder Microservice und jede API erzeugt neue, oft unsichtbare oder flüchtige Identitäten. Sie kommunizieren miteinander, initiieren Aktionen oder führen Codes aus. Dabei gelten sie meist als vertrauenswürdig, solange ihre Credentials nicht kompromittiert werden.

KI beschleunigt nicht nur Produktivität, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der Risiken entstehen

Traditionelle Sicherheitsmodelle, die auf Benutzerkonten, Rollen oder statischen Rechten basieren, stoßen an ihre Grenzen. Unternehmen benötigen zukünftig:

  • Eine eindeutige Identitätszuordnung für KI-Agenten
  • Richtlinien für Autorisierung auf Basis von Kontext und Risiko
  • Monitoring für autonome Entscheidungen und Datenbewegungen
  • Mechanismen, die verhindern, dass KI-Modelle eigene Berechtigungen eskalieren

Ohne dies Grundlagen wird 2026 zu dem Jahr, in dem KI nicht nur innovativ, sondern auch unkontrollierbar wird.

2. Credential-Diebstahl wird zur beliebtesten Angriffstechnik – dank Cookies, Tokens und API-Keys

Während Sicherheitsteams in den vergangenen Jahren viel in MFA, Zero Trust, Passkeys und stärkere Authentifizierungsverfahren investiert haben, denken Angreifer längst einen Schritt weiter. Sie versuchen nicht mehr, Authentifizierungen zu brechen – sie umgehen sie.

2026 wird Credential Theft in neuen Varianten die bevorzugte Angriffsmethode. Und das in zwei Dimensionen:

Menschen: Cookies statt Passwörter

Session-Cookies sind die neue Währung. Mit ihnen lassen sich Login-Prozesse einfach überspringen, selbst wenn MFA aktiviert ist. Angreifer müssen keine Passwörter knacken, keinen Code ausspähen, keine Systeme infiltrieren. Ein erbeuteter Cookie genügt, um sich als legitimer Benutzer auszugeben.

Maschinen: API Keys, Tokens und Service Accounts

In KI- und Cloud-Workflows kommunizieren Systeme permanent miteinander – und authentifizieren sich über statische Secrets, Tokens oder unzureichend geschützte Service-Accounts. Für Angreifer wird es attraktiver, diese Keys zu stehlen, statt sich in Anwendungen oder Infrastrukturen zu hacken.

Je stärker Unternehmen automatisieren, desto stärker wächst diese Angriffsfläche. Das Paradigma verschiebt sich von Passwortschutz zu Schutz jeder einzelnen Identität und Session – egal ob Mensch oder Maschine.

Sicherheitsstrategien müssen 2026 stärker auf folgende Fragen ausgerichtet sein:

  • Wo existieren API Keys und wie werden sie rotiert?
  • Wie werden Session-Daten gespeichert, verwaltet und überwacht?
  • Sind KI-Agenten so abgesichert, dass sie nicht unabsichtlich Tokens oder Keys exponieren?
  • Welche Mechanismen erkennen verdächtige Session-Übernahmen in Echtzeit?

Credential-Diebstahl wird 2026 zur effizientesten, leisesten und profitabelsten Angriffstechnik – und Unternehmen sollten diesen Wandel ernst nehmen.

Michael Kleist, CyberArk

„Ohne Governance, ohne Schutz der menschlichen und maschinellen Identitäten und ohne Kontrolle über KI-gestützte Entwicklung entsteht ein Sicherheitsdelta, das sich nicht mehr so einfach schließen lässt. Nur mit einer durchgängigen Identitätssicherheitsstrategie wird KI nicht zum Risiko, sondern zum echten Fortschritt.“

Michael Kleist, CyberArk

3. Entwickler und bald auch KI-Builder geraten in den direkten Fokus der Angreifer

Die Software Supply Chain ist seit Jahren ein beliebtes Ziel von Cyberkriminellen. Doch mit dem Siegeszug generativer KI verschiebt sich die Angriffsfläche noch weiter nach vorne in der Entwicklungsumgebung – und damit direkt in die Hand derjenigen, die KI-Systeme bauen, trainieren oder konfigurieren.

Ein aktuelles Beispiel ist der Shai-Hulud-NPM-Worm, ein manipuliertes Open-Source-Paket, das Entwicklerumgebungen kompromittieren konnte, um dort Anmeldedaten zu stehlen und Schadcode nachzuladen. Dieser Vorfall verdeutlicht, wie attraktiv die Software-Entwicklungsphase für Angreifer geworden ist: Wer den Code manipuliert, trifft nicht nur ein einzelnes System, sondern potenziell alle Anwendungen, die darauf aufbauen.

2026 kommt eine neue Zielgruppe hinzu: KI-Builder. Dazu zählen:

  • Prompt-Engineers
  • Teams, die eigene KI-Modelle trainieren
  • Verantwortliche für Agent-Frameworks
  • Nutzer von Low-Code und No-Code-Plattformen, die KI-gestützt agieren

Diese Personengruppen werden ähnlich attraktiv wie klassische Entwickler – oft sogar noch lohnender, da sie direkten Einfluss auf Modellverhalten, Rechte oder Integration haben.

Angreifer erkennen: Wer die Builder kontrolliert, kontrolliert die KI

Unternehmen sollten daher ihre Entwicklungsbereiche als kritische Infrastruktur betrachten, inklusive:

  • Isolierten Build-Umgebungen
  • Geprüften Software-Pipelines
  • Sicherem Umgang mit Secrets in Development-Tools
  • Schutz der Prompt- und Modell-Governance
  • Auditing von KI-generiertem Code
  • Klaren Verantwortlichkeiten für Modell-Updates und Agentenrechte

Die Supply-Chain-Angriffe der vergangenen Jahre waren nur der Anfang. 2026 wird der Blick auf KI-gestützte Entwicklung unverzichtbar.

Fazit: KI-Sicherheit braucht Identitätssicherheit – sonst entsteht ein gefährliches Delta

Die drei Trends zeigen eine gemeinsame Linie: KI schafft mehr Identitäten, mehr Sessions, mehr Entwicklungsabhängigkeiten und damit mehr Unsichtbarkeit in sicherheitskritischen Prozessen. Unternehmen stehen vor der Aufgabe, KI effektiv einzusetzen und dabei moderne Sicherheitsarchitekturen zu entwickeln, statt auf alte Ansätze zu setzen. Nur mit einer durchgängigen Identitätssicherheitsstrategie wird KI nicht zum Risiko, sondern zum echten Fortschritt.

Damit wird die zentrale Frage im Jahr 2026 lauten: Wer handelt – und wer ist verantwortlich? Ohne Governance, ohne Schutz der menschlichen und maschinellen Identitäten und ohne Kontrolle über KI-gestützte Entwicklung entsteht ein Sicherheitsdelta, das sich nicht mehr so einfach schließen lässt.

Hier wird eine moderne Identity-Security-Plattform zum Enabler: Sie schafft Transparenz, Kontrolle und Schutz über sämtliche Identitäten hinweg: von menschlichen Nutzern bis zu KI-Agenten und Maschinenidentitäten. Unternehmen erhalten so die notwendige Grundlage, um privilegierte Zugriffe, automatisierte Prozesse und KI-gestützte Workflows sicher zu steuern und Governance in hochdynamischen Umgebungen durchzusetzen.

Die Autoren sind für den Inhalt und die Richtigkeit ihrer Beiträge selbst verantwortlich. Die dargelegten Meinungen geben die Ansichten der Autoren wieder.

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