RHEL, SUSE, Ubuntu und Oracle: Linux-Distributionen für Enterprise-Server

RHEL, SUSE, Ubuntu oder Oracle: Welche Linux-Distribution eignet sich am besten für Enterprise-Server?

Die eine beste Linux-Distribution für alle Enterprise-Server gibt es nicht. Dafür sind die spezifischen Anforderungen jedes Unternehmens viel zu unterschiedlich. In der heutigen Zeit ist Linux weit mehr als nur ein freies Betriebssystem, mit dem man ein bisschen spielen und experimentieren kann. In vielen Unternehmen laufen auf diesem Betriebssystem Schlüssel-Applikationen für den Geschäftserfolg. 

Bei einem Vergleich der populärsten Linux-Distributionen für Server sollte man, wenn man den Business-Einsatz im Auge hat, auch den Support miteinbeziehen. Eine attraktive Feature-Liste alleine reicht bei Linux nicht aus.

Freie und kostenlose Linux-Distributionen

Jedes Unternehmen kann sich eine freie und damit kostenlose Linux-Distribution herunterladen und diese auf Server in ihrer Umgebung einsetzen. Allerdings bringen einige davon ziemliche Einschränkungen mit sich, zum Beispiel beim Thema Support oder bei der Lebensdauer bestimmter Versionen. 

In der heutigen Zeit ist Linux weit mehr als nur ein freies Betriebssystem, mit dem man ein bisschen spielen und experimentieren kann.

Die beliebte Distribution openSUSE  bietet zum Beispiel im Regelfall 18 Monaten Support. Sollte damit etwa 24 Monaten nach Veröffentlichung einer bestimmten Version ein Security-Problem auftreten, bekommen Sie keine Aktualisierungen oder Sicherheitsupdates mehr. 

Allerdings dauert es zirka 18 Monate, bis eine Linux-Distribution für den Unternehmenseinsatz als tauglich befunden wird. Distributionen mit einer kurzen Lebensdauer sollten Sie daher eher nicht in Betracht ziehen. Zu openSUSE sei allerdings noch gesagt, dass hier auch Evergreen-Versionen angeboten werden, für die dann mindestens drei Jahre Support angeboten wird.

Vermeiden Sie außerdem Distributionen, bei denen sich die Support-Zeiträume ändern. Eine Linux-Distribution für Unternehmens-Server muss gut organisiert sein. Sollten Sie sich ohne kommerziellen Support rein auf eine Open-Source-Version stützen, könnte dies in einem Fork enden oder die Software wird vielleicht sogar von einem anderen Unternehmen aufgekauft. Damit wäre der Support unter Umständen mit sofortiger Wirkung eingestellt.

Fragen Sie nach Software-Unterschieden und Support-Leistungen

Die populärsten Linux-Distributionen, die mit kommerziellem Support angeboten werden, sind Red Hat Enterprise Linux (RHEL), Ubuntu LTS (Long Term Support) von Canonical, SUSE Linux Enterprise Server (SLES) und Oracle Unbreakable Linux.

Auf der Suche nach der besten Linux-Distribution für Ihr Unternehmen dürften die Software-Unterschiede marginal sein, da mehr oder weniger alle auf Linux basierenden Betriebssysteme die gleichen Open-Source-Komponenten verwendet. Das gilt vor allem für die wirklich wichtigen Software-Pakete.

Viel wichtiger ist der bereits angesprochene Unterschied beim Support. Daher sollten Sie sicherstellen, dass der Distributor die von Ihrem Unternehmen genutzten Hauptfunktionen auch langfristig unterstützt und nicht nur technisch zur Verfügung stellt. Zum Beispiel könnte Ihre Server-Infrastruktur auf Linux-Container-Virtualisierung (LXC) setzen. 

SLES bietet LXC an, um damit viele Instanzen des Betriebssystems auf dem gleichen Kernel laufen zu lassen. LXC wird von RHEL aber zum Beispiel gar nicht unterstützt. Natürlich könnten Sie es technisch gesehen laufen lassen, aber Red Hat bietet dann keinen Support für die Unterstützung von Linux-Containern.

Eine Enterprise-Linux-Distribution muss stabile Software für die genutzte Version zur Verfügung stellen, die ihr Unternehmen im Einsatz hat. Besuchen Sie für einen ersten Überblick am besten die Website einer Distribution und sehen nach, welche Standard-Version einer Software das Betriebssystem ausliefert. 

Diese Listen ändern sich aber natürlich regelmäßig. Wann immer Sie sich für eine Betriebssystemversion entscheiden, sollten Sie daher einen kurzen Blick darauf werfen, selbst wenn Sie nur wenige Monate zuvor bereits nachgesehen haben.

Zudem kann die Preisgestaltung bei Linux-Distributionen für Unternehmen verwirrend sein. Sie zahlen genau genommen nicht für die Software, sondern für den Support. Auch hier gibt es natürlich von Distribution zu Distribution Unterschiede. Ubuntu liefert die Patches zum Beispiel kostenlos aus, während sich andere Anbieter für diese Art Support bezahlen lassen. Alle Distributoren bieten dabei einen Basis-Support und darauf aufsetzenden Premium-Support.

Red Hat Enterprise Linux (RHEL)

Der Marktanteil von Red Hat beträgt mit RHEL bei Enterprise-Servern inzwischen um die 65 bis 80 Prozent. Damit ist RHEL in vielen Data Centern inklusive Support-Verträgen von Hardware- und Software-Anbietern zu finden. Dieser Ansatz gilt vielen anderen Linux-Distributionen natürlich als Vorbild.

Allerdings hat Red Hat mehr Entwickler angestellt als andere Linux-Distributoren. Aus diesem Grund spielt Red Hat auch in vielen verschiedenen Open-Source-Projekten eine entscheidende Rolle. Wer eine der modernsten Open-Source-Plattformen sucht, ist damit bei Red Hat gut aufgehoben.

Red Hat führt viele Produkte im Portfolio, mit denen Sie eine komplette Open-Source-Infrastruktur bereitstellen können. Dazu gehören zum Beispiel Red Hat Enterprise Virtualization oder ein eigenes OpenStack-Angebot. Red Hat bietet außerdem die Middleware-Plattform JBoss an, die von IT-Teams zur Applikationsentwicklung eingesetzt wird.

Die kostenlose Nutzung der Red-Hat-Software ist schwierig. Aus diesem Grund haben sich Distributionen wie Scientific Linux und CentOS entwickelt. Red Hat und CentOS haben allerdings kürzlich eine Zusammenarbeit angekündigt, was die Zukunft des aus dem RHEL kompilierten Betriebssystems inzwischen etwas unsicher erscheinen lässt.

SUSE Linux Enterprise Server (SLES)

SUSE läuft auf ungefähr 25 Prozent aller Linux-Enterprise-Server und ist damit die zweitgrößte Linux-Distribution mit Support. In Unternehmen kommt dabei die Distribution SLES zum Einsatz.

Eine Enterprise-Linux-Distribution muss stabile Software für die genutzte Version zur Verfügung stellen, die ihr Unternehmen im Einsatz hat.

SUSE fokussiert auf spezifische Geschäftspartner und arbeitet mit anderen Branchengrößen wie SAP und VMware zusammen. So bekommen VMware-Kunden SLES zusammen mit VMware ESXi zum Beispiel kostenlos. Weiterhin ist SUSE die bevorzugte Plattform von SAP. 

Microsoft rät seinen Kunden ebenfalls zu SUSE, sollten diese eine Linux-Distribution benötigen. Der Support dafür wurde bis 2016 ausgeweitet. Diese Zusammenarbeit begann im Jahre 2006 und hat dazu geführt, dass Microsoft SUSE Linux bei seinem Kunden Walmart einführte.

Aus einer technischen Perspektive ist SUSE Linux zugänglicher als andere Linux-Distributionen mit Support. Weiterhin gilt SUSE als  administratorfreundlichste Distribution. Das integrierte YaST beispielsweise erleichtert komplizierte Managementaufgaben, die für Linux notwendig sind. SUSE ist der Hauptentwickler von Pacemaker High Availability. Es handelt sich hier um das Standard-Tool für High-Availability Cluster in allen Linux-Distributionen.

Anders als Red Hat bietet SUSE keine eigene Virtualisierungsplattform an. Verfügbar ist zudem SUSE Cloud, das auf OpenStack basiert. Mithilfe von SUSE Manager können Sie Dutzende an SUSE- und Red-Hat-Installationen mithilfe einer zentralisierten Schnittstelle verwalten.

Ubuntu LTS

Ubuntu hat als eine komplett freie Distribution angefangen. Später hat die Firma hinter Ubuntu, Canonical, professionelle Services rund um die Distribution angeboten. Wer Ubuntu LTS in einer unterstützten Umgebung laufen lassen will, sollte daher einen Vertrag mit Canonical abschließen. Falls Sie allerdings nur an der Software und einer garantierten Zeitspanne, in der die Distribution mit Updates versorgt wird, interessiert sind, kann Ubuntu aber kostenlos heruntergeladen und installiert werden.

Setzen Sie Ubuntu als eine Server-Plattform ein, verwenden Sie dafür die LTS-Version (Long Term Support / Langzeitunterstützung). LTS-Versionen werden mindestens fünf Jahre lang mit Updates und Security-Patches versorgt. LTS-Ausgaben gibt es immer im April gerader Jahreszahlen. Die derzeit aktuelle Version ist 14.04 LTS. Andere Ubuntu-Versionen erhalten lediglich neun Monate Updates.

Ubuntus Desktop-Edition ist für seine einfache Benutzeroberfläche bekannt. Das gilt allerdings nicht zwingend für die Server-Version. Die meisten Management-Aufgaben müssen Sie in guter alter Kommandozeilen-Manier erledigen. Das beinhaltet beispielsweise die Modifikation von Konfigurationsdateien, das Ausführen von Befehlen oder das Starten von Prozessen.

Ubuntu basiert auf Debian GNU/Linux, das vor allem bei Entwicklern sehr beliebt ist. Debian GNU/Linux bietet selbst allerdings keinen Enterprise-Support an. Durch die Verwendung von Ubuntu LTS kommen Anwender allerdings sehr nahe an diese Distribution heran.

Oracle Linux

Oracles Unbreakable Linux ist genau genommen eine Modifizierung der auf Red Hat basierenden Open-Source-Software, um eine Plattform für Oracle-Datenbanken zu erschaffen.

Oracles Distribution war bisher kein sehr durchschlagender Erfolg. Allerdings wird sie auch lediglich in Unternehmen genutzt, die Oracle-Datenbanken im Einsatz haben. In der Regel dürfte sie immer dann zum Einsatz kommen, wenn der Datenbank-Administrator die Linux-Distribution aussucht. 

In vielen Firmen gibt es aber schon eine Linux-Policy, die vor Oracles Open-Source-Initiative ausgearbeitet wurde, weswegen in den meisten Unternehmen meist auch schon eine Standarddistribution vorhanden ist. Aus diesem Grund laufen viele Oracle-Datenbanken auf SUSE oder Red Hat.

Oracle bietet zudem auch kaum zusätzliche Open-Source-Produkte, mit denen die Plattform komplettiert werden könnte. Nennenswert ist lediglich die Xen-basierte Virtualisierungs-Plattform Oracle VM. Weiterhin befindet sich das Betriebssystem Solaris in Oracles Besitz. Somit spielt Oracle Linux eine eher weniger wichtige Rolle.

Linux auf Enterprise-Servern – was ist die beste Distribution?

Red Hat ist wohl die beste Wahl für Unternehmen, die ihre eigenen Applikationen entwickeln und laufen lassen wollen. Zudem setzen viele Unternehmen einfach aufgrund des großen Marktanteils auf RHEL. 

Möglicherweise würde sich aus einem technischen Standpunkt aber vielleicht SUSE oder Oracle Unbreakable Linux besser eignen, und trotzdem bleiben viele Unternehmen bei Red Hat, weil es zuverlässige Software von einem zuverlässigen Distributor ist. Canonical scheint sich schwer zu tun, die Fortune-500-Unternehmen von seinem Können zu überzeugen. Das wirkt sich entsprechend auf die Annahme von Ubuntu in Enterprise-Umgebungen aus.

Natürlich ist RHEL die populärste Linux-Distribution im Enterprise-Bereich. Wer aber Oracle-Anbieter oder -Anwender ist, der viel mit Oracle-Datenbanken zu tun hat, der ist vielleicht mit Oracle Linux am besten bedient. Wer dagegen einen attraktiven Preis, einfache Administration und eine Linux-Distribution sucht, die gut mit Microsoft-Umgebungen zusammenarbeitet, der sollte sich SLES genauer ansehen.

Über den Autor:
Sander van Vugt ist freiberuflicher Trainer und Consultant. Er ist Experte in den Bereichen Linux High Availability, Virtualisierung und Performance. Sander van Vugt war in mehreren Projekten involviert, die alle drei Gebiete vereinten. Weiterhin ist er Autor einiger Bücher mit Linux als Thema. Dazu gehören Beginning the Linux Command Line, Beginning Ubuntu Server Administration und Pro Ubuntu Server Administration.

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